Demokratie im Sinkflug
Von Dr. Oliver Everling | 21.August 2017
Im Länderrating sind solche Staaten im Vorteil, die eine stabile, gelebte Demokratie zeigen. Umstritten ist allerdings der Ansatz US-amerikanischer Agenturen, das US-amerikanische Vorbild zum Maßstab für solche Staaten zu machen, denen ein Rating in der obersten Kategorie zuteil werden soll. In jedem Fall muss aber ein Buchtitel aufschrecken, der die Demokratie im Sinkflug sieht, und das Buch auch noch von einem Autor oder – im vorliegenden Fall – Autorin stammt, der man ein Urteil darüber zutraut.
Prof. Dr. Gertrud Höhler ist seit der Zeit des Höhepunktes der Machtentfaltung der Deutschen Bank in Europa jedem Top-Manager ein Begriff. Von 1987 bis 1990 entwickelte sie die strategische Kommunikation der Großbank und genoss bis zu seiner Ermordung 1989 das Vertrauen von Alfred Herrhausen.
Das Buch „Demokratie im Sinkflug – Wie sich Angela Merkel und EU-Politiker über geltendes Recht stellen“ ist kein Buch der Rechtswissenschaften, in dem Paragraph für Paragraph mit vielen Fußnoten nachgewiesen würde, welchen Rechtsbrüchen sich die deutsche Bundeskanzlerin und EU-Politiker wie Claude Juncker schuldig machen. Die Literaturwissenschaftlerin Höhler lehrte von 1972 bis 1993 an der Universität Paderborn Germanistik.
Mit ihrem neuen Buch liefert Höhler ein Werk ab, das dem Leser in einer Zeit kurzsilbiger Twitter-Nachrichten in Erinnerung ruft, dass Literatur eine Gattung der Kunst sein kann. So dürfte die Lektüre ihres Buches selbst denen ein literarischer Genuss sein, die am liebsten schon heute Straßen und Plätze den Namen der deutschen Bundeskanzlerin geben und der großen Politikerin Denkmäler errichten würden.
Das Buch handelt von der über Deutschland hinausreichenden Demontage der Demokratie. Angela Merkel wurde für ganz Europa, sogar über Europa hinaus eine bedeutende Persönlichkeit der Geschichte durch ihren Einfluss auf den Abbau von Demokratie und Rechtsstaat. Höhler skizziert den Weg von Angela Merkel, die als Skeptikerin der Volksbewegung der DDR und „Dilettantin“ in der Politik begann und im Systemwechsel weg von Demokratien hin zur Autokratie zu enden droht.
Das Buch gewinnt seinen Spannungsbogen wie auch seine Stringenz aus der Konzentration auf die Hauptperson Angela Merkel, die im Rollenspiel mit Wladimir Wladimirowitsch Putin, Donald Trump, Recep Tayyip Erdoğan und anderen Kontur erhält. Höhler identifiziert Gemeinsamkeiten der Autokraten, die sich nicht in Ideen von „gelenkten“ Demokratien und Rechtsbrüchen im „Rettungsgeschäft“ erschöpfen.
Die Hoffnung stirbt zuletzt: Wie aus einem Akt der Verzweiflung fügt Höhler ihrem Buch gleich in ihrem ersten Kapital „Wenn die Sonne sinkt“ einen Abschnitt „Das Medium ist die Message“ im Umfang von vier Seiten über den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz ein. „Er ist die Alternative“, beschwört Höhler den Leser und verstört damit jeden, der sich mit der roten Spur von Martin Schulz in Europa befasst hat.
Statt die aussichtslose Kandidatur von Martin Schulz zum Beweis zu nehmen, wie weit sich Deutschland bereits von einem funktionierenden demokratischen Wettbewerb entfernt hat, wo die Liberalen über eine Legislaturperiode hinweg entsorgt wurden und mit der AfD nur neue Dilettanten, wie Höhler sie nennt, in die Parlamente drangen, glaubt Höhler in Martin Schulz einen ernstgemeinten Kanzlerkandidaten zu sehen. Sozialdemokraten hätten ihn wohl kaum einstimmig zum Kandidaten gewählt, wenn die Delegierten in ihm ernsthaft den nächsten Kanzler gesehen hätten – denn dann hätte der interne Streit um hochdotierte Beamten- und Ministerposten usw. ihm längst auch frustrierte Widersacher im eigenen Lager eingebracht. Erfahrungsgemäß kostet einem künftigen Kanzler das Gezänk der Genossen um Ämter immer auch Delegiertenstimmen.
Höhler erkennt zwar korrekt, dass sich Europa mit Angela Merkel auf dem Weg in eine sozialistische Planwirtschaft befindet, sieht aber nicht den Unterschied zu China oder anderen sozialistischen Staaten, in denen Pläne in einem geordneten Verfahren entstehen. Deutschlands Problem ist doch gerade die planlose Planwirtschaft, die aus einer unübertroffenen Fülle von Verboten und Maßregelungen besteht, aber kein im Konsens herbeigeführtes Ziel kennt. Die von Höhler ausführlich diskutierten Beispiele wie die unvorhergesehene Verstaatlichung der Energiewirtschaft sowie die von der Bundeskanzlerin aufgelösten Grenzen ihrer Macht, beispielsweise in der Flüchtlingspolitik, liefern dafür doch genügend Evidenz.
Das Buch von Höhler verhindert den Wahlsieg von Angela Merkel nicht. Gerade deshalb ist es aber auch noch nach der Wahl zum Deutschen Bundestag 2017 eine klare Literaturempfehlung: Höhlers Buch bleibt weit über den Wahltag hinaus von politischem, literarischem und historiographischem Wert.
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Etikettenschwindel in der Heilpraxis
Von Dr. Oliver Everling | 21.August 2017
Im deutschen Gesundheitswesen existieren zwei Parallelwelten – die Welt der akademischen Medizin und die Welt der Heilpraktiker. Während die akademische Medizin auf wissenschaftlichen Fakten beruhe und nach begründetem Fortschritt strebe, seien Heilpraktiker in der sogenannten „Komplementären und Alternativen Medizin (KAM)“ verankert, sagt eine auf Initiative von Bettina Schöne-Seifert, Professorin für Medizinethik der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU), ins Leben gerufene 17-köpfige Expertengruppe („Münsteraner Kreis“).
Auch der Ausbildungsgang ist verschieden: Während Mediziner ein langes Studium absolvieren, ist die Ausbildung zum Heilpraktiker kurz und weitgehend unreguliert. Da Heilpraktiker gleichwohl das Etikett „staatlich anerkannt“ bekämen, könnten Patienten leicht den Eindruck gewinnen, dass es sich bei Medizinern und Heilpraktikern um gleichwertige Alternativen handele.
Seit vielen Jahren gibt es immer wieder teilweise intensiv geführte Diskussionen um das Thema Komplementäre und Alternative Medizin. Zu den hunderten von Verfahren wurden zahlreiche klinische Studien durchgeführt, deren Qualität allerdings häufig sehr gering ist. Überzeugende Belege für eine Wirksamkeit fehlen meist. Zudem widersprechen die tradierten Krankheitskonzepte und Interventionen oft fundamentalen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen.
Auf Initiative von Bettina Schöne-Seifert von der WWU wurden nun durch die Expertengruppe („Münsteraner Kreis“) erste Vorschläge erarbeitet, wie das Heilpraktikerwesen zum Nutzen der Patienten reformiert werden sollte. Der Appell der Experten richtet sich gegen die ihrer Einschätzung nach „unangemessene Ausbildung und die meist unhaltbaren Krankheitskonzepte“ der Heilpraktiker.
Der Münsteraner Kreis hat jetzt das „Münsteraner Memorandum Heilpraktiker“ verabschiedet und im „Deutschen Ärzteblatt“ veröffentlicht. Darin werden zwei Lösungsvorschläge skizziert: 1. Der Heilpraktikerberuf wird abgeschafft 2. Der Heilpraktikerberuf wird abgelöst durch die Einführung spezialisierter „Fach-Heilpraktiker“ als Zusatzqualifikation für bestehende Gesundheitsfachberufe.
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Trotz leichter Zielverfehlung AA+
Von Dr. Oliver Everling | 18.August 2017
TELOS hat den Stadtsparkasse Düsseldorf Absolute Return Fonds geratet. Der Fonds erfüllt nach Ansicht der Ratingagentur aus Wiesbaden sehr hohe Qualitätsstandards und erhält die Bewertung „AA+“ auf einer Skala von A bis AAA (höchste Qualitätsstandards).
„Der Stadtsparkasse Düsseldorf Absolute Return Fonds ist ein aktiv gemanagtes Produkt,“ heißt es im TELOS-Kommentar, „das auf die Erzielung einer stabilen, positiven Rendite auf Kalendarjahrbasis ausgerichtet ist. Angestrebt wird eine jährliche Wertentwicklung, die mindestens den durchschnittlichen 1-Monats-Euribor+2% p.a. übertrifft. Die Wertschwankungen sollen dabei gering gehalten werden. Der Fonds enthält seit seiner Auflage 2005 Seed-Money der Stadtsparkasse Düsseldorf (SSKD) in signifikanter Höhe. Dieses bleibt als langfristige Beteiligung weiterhin im Fondsvermögen als Commitment enthalten, wodurch die Interessenidentität mit den Investoren bestehen bleibt.“
Innerhalb der Anlagestrategie liege ein starker Fokus auf dem Kapitalerhalt. Um diesen sicherzustellen, sei im Rahmen des aktiven Managements, wozu auch die Pflege des Investmentprozesses gehört, 2009 das Wertsicherungskonzept als Reaktion auf die Marktbewegungen der Finanzkrise konkretisiert worden. Im April 2014 – nach den hochkorrelierten Marktbewegungen im Juni 2013 – erfolgte eine Adjustierung der VaR-Obergrenze von vormals 3% auf 5% (sinnvolle Erweiterung des Handlungsspielraums im gegebenen volatilen Umfeld).
„Basis, Ausgangspunkt und wichtigste Quelle der Performancegenerierung ist die als Kernreputation des Hauses festgestellte strategische Asset Allocation, in der die richtige Einschätzung mittel- bis langfristiger Trends in verschiedenen Märkten erfolgen soll. Die Einzeltitelselektion spielt als Performancetreiber zwar eine sekundäre Rolle, findet aber sehr wohl, z.B. in der Wahl geeigneter Assetgruppen (s. z.B. Direkt-, Fonds-, Zertifikateanlagen), ihren besonderen Einfluss.“
Das oberste Ziel der Verlustvermeidung konnte in 2016 leider nach Kosten nicht ganz erreicht werden. Trotz breiter Diversifikation (kein Positionierungszwang gegenüber einer Benchmark) konnte sich der Fonds dem negativen Kapitalmarktumfeld nicht entziehen. „In Phasen einer Unsicherheit und hoher Korrelationen zwischen den Assetklassen kam es zu kleineren Verlusten. Das Risiko des Fonds liegt mit einer annualisierte Volatilität unter 4% in allen Betrachtungszeiträumen im angestrebten niedrigen Bereich. Der Stadtsparkasse Düsseldorf Absolute Return Fonds hat auf 10-Jahressicht eine positive annualisierte Performance von 1.91% erzielt.“
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Führungslos durch ETFs
Von Dr. Oliver Everling | 18.August 2017
Passives Investieren ist auf dem Vormarsch; in Europa werden bereits annähernd 600 Mrd. Euro in ETFs verwaltet. Während die ETF-Branche Absatzrekorde feiert, warnen die Verfechter aktiven Managements vor Marktverzerrungen und Governance Problemen. Ebenfalls geteilter Meinung sind die im DVFA e.V. organisierten Investment Professionals in Deutschland: Sie erkennen an, dass ETFs das bessere Preis-/Leistungsverhältnis haben (74 Prozent). Gleichzeitig sehen sie aber, dass der Siegeszug des passiven Investierens das Potenzial hat, die Stabilität der Finanzmärkte zu beeinträchtigen (62 Prozent).
Vorstandsvorsitzender Stefan Bielmeier kommentiert: „Sollte der Anteil von Indexprodukten weiter zunehmen und tatsächlich zu Anzeichen von Fehlbewertungen führen, würde dies im Gegenzug die Chancen für aktive Fondsmanager wieder erhöhen. So könnte die Effizienz der Märkte bei der Preisfindung wiederhergestellt werden“.
Indem für ETFs unterschiedslos Aktien eines Index aufgekauft werden, unterlaufen sie die Korrekturfunktion freier Märkte so lange, bis die dysfunktionale Kapitalallokation von aktiven Managern für Überrenditen ausgenutzt werden kann. Würden im nur theoretisch denkbaren Fall alle Aktien durch ETFs gehalten und alle Anleger lediglich in ETFs investieren, gäbe es für die Unternehmensführungen keine Anreize mehr, Unternehmenswerte zu erhalten und zu steigern.
Die überwältigende Mehrheit der Analysten, Fondsmanager, Banker und Berater (90 Prozent) rechnet damit, dass der ETF-Markt weiter wachsen wird; sogar noch schneller als bisher (41 Prozent). Das liegt ihrer Ansicht nach vor allem daran, dass die meisten aktiv gemanagten Fonds zu stark am Index klebten (76 Prozent) und ETFs das bessere Preis-/Leistungsverhältnis hätten (74 Prozent). Die oft angeführte Begründung, aktives Management bringe in den seltensten Fällen Outperformance, teilen hingegen nur 57 Prozent der Befragten; 38 Prozent sind dezidiert anderer Meinung.
Die großen Marketinganstrengungen der ETF-Anbieter halten dementsprechend fast drei Viertel der Befragten (72 Prozent) für ein wichtiges Erfolgskriterium. Außerdem erhalte der Vertrieb von ETFs Rückenwind von der Regulatorik – etwa durch die Mifid II (50 Prozent). Dass das Wachstum der Branche neue Anbieter auf den Plan rufen werde, erwarten allerdings nur 35 Prozent der Befragten; eher sehen sie eine Konsolidierung des Marktes (50 Prozent).
Was die Rolle der ETFs als treuhänderische Eigentümer von Unternehmen angeht, ist die Meinung der Investment Professionals ebenfalls geteilt. Zwar glaubt die Hälfte von ihnen, dass durch einen immer höheren Anteil passiver Investoren die Corporate Governance bei den investierten Unternehmen leide. Aber 23 Prozent sind in dieser Frage unentschieden, und 27 Prozent sehen dieses Problem nicht. Jedenfalls wachse der Einfluss der ETF-Anbieter auf die von ihnen gehaltenen Unternehmen (72 Prozent).
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Fonds sichern Wohnraum für alle
Von Dr. Oliver Everling | 17.August 2017
Jede Nachfrage schafft sich ihr Angebot – so verhält es sich auch bei kleinteiligem und bezahlbarem Wohnen. Lässt man Investoren freie Hand, sind im Wettbewerb unter marktwirtschaftlichen Bedingungen erschwingliche Mieten die Konsequenz. Das Team der Catella Real Estate AG hat den offenen Immobilien-Publikumsfonds „Catella Modernes Wohnen“ aufgelegt. Dieser investiert in kleinteiliges und damit bezahlbares Wohnen mit dem Fokus auf alle Ein- und Zweipersonenhaushalte in deutschen Agglomerationszentren.
„Über 75 % der Haushalte in Deutschland sind Ein- und Zweipersonenhaushalte, jedoch nur 3 % des Wohnungsbestandes in Deutschland sind 1-Zimmer-Wohnungen inkl. der 2-3-Zimmerwohnungen sind es nur knapp über 30 %. Die im Neubau durchschnittlich realisierten 95 m² Wohnfläche gehen am Bedarf vorbei. Mit unserem neuen Fonds werden wir in kleinteiligen und damit bedarfsgerechten, bezahlbaren Wohnungsbau investieren. Neben Studenten sprechen wir hierbei ebenso die enorm große Gruppierung der Pendler, Berufseinsteiger und vor allem auch Senioren an. Da sprechen wir über ca. zehn bis zwölf Millionen Haushalte, die städtisch bezahlbar Wohnen wollen. Das funktioniert nicht auf 80 bis 100 m², sondern muss auf 20 bis 50 m² realisiert werden, um die Gesamtmiete erschwinglich zu halten. Der Catella Modernes Wohnen zielt darauf ab, die größte Nutzergruppe im Bereich Wohnen, die immer weiter steigende Zahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte in Deutschland mit leistbarem Wohnraum zu versorgen“, so Michael Keune, Portfolio Manager bei Catella.
Als erstes Investment hat der Fonds EUR 25 Mio. in ein Apartmentobjekt in Mainz, fußläufig zum Hauptbahnhof, investiert. Das Objekt wird im September fertiggestellt und umfasst 77 Einzel- und 65 Doppelapartments. Das Investment ist Teil eines Micro-Living Komplexes mit weiteren Serviced Apartments und Studentenapartments welche ebenso durch weitere durch Catella betreute Fonds erworben sind. In Summe hat Catella damit an dem Standort Mombacher Straße in Mainz in ca. 900 Apartments für Studenten, Berufseinsteiger und Pendler investiert.
Weitere Projekte für Mikrowohnen, Studentenwohnen, Seniorenwohnen und temporäres Wohnen (Boardinghouse) befinden sich bereits in der Ankaufsprüfung. Der Fonds hat ein Zielvolumen von ca. EUR 500 Mio. und eine BVIGesamtzielrendite von 3,5-4,5% p.a..
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Unabsichtlich die nächste Krise geschürt
Von Dr. Oliver Everling | 16.August 2017
Ein Jahrzehnt nach der historischen Diskontsatzsenkung der amerikanischen Notenbank am 17. August 2007 sieht sich James Athey, Senior Investment Manager bei Aberdeen Standard Investments, zu einem Kommentar veranlasst. Damals hatte die FED den Diskontsatz um einen halben Prozentpunkt auf 5,75 % gesenkt. Dies war die erste bedeutende Reaktion der Fed auf die Finanzkrise.
Athey kommentiert in diesem Zusammenhang: „Der Schnitt war tatsächlich der Beginn der Fed, die aufkeimende Krise zu bekämpfen. Es ist sinnvoll, sich daran zu erinnern, wie unvorbereitet wir damals für das waren, was passieren sollte. Die Fed hatte schnell ihre konventionellen Mittel verbraucht und machte innerhalb eines Jahres mit dem Einleiten des QE den Schritt in unkonventionelles geldpolitisches Terrain.“
Während dessen waren nach Ansicht von Athey viele Investoren völlig kurzsichtig in Bezug auf das, was im Gang war. Statt Warnschuss wurde ein positives Signal gesehen, denn der S&P schloss über 2,5 % im Plus trotz Schwierigkeiten an den Kreditmärkten. Das Problem bei US Immobilienkrediten sei aber schon evident gewesen.
„Die US Wirtschaft ist heute zweifellos in einer besseren Verfassung, aber die Munition der Fed,“ warnt Athey, „um die Rezession zu bekämpfen, wurde seit der Krise nicht mehr erneuert. Ihre übertriebene Vorsicht bei der Umkehr ihres geldpolitischen Kurses begünstigt jene Art der Kredit-Akkumulation, welche für die letzte Krise so charakteristisch war. Die Ironie dabei ist, dass die Fed unabsichtlich die nächste Krise schüren könnte, gerade weil sie die Mittel, diese zu bekämpfen, nicht hat.“
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Krieg garantiert keinen Kursgewinn
Von Dr. Oliver Everling | 16.August 2017
MARS Research von MARS Asset Management befasst sich angesichts der verbalen Attacken aus den USA und Nordkorea mit den möglichen Implikationen eines Kriegsausbruchs auf die Aktienmärkte. „Die Wertentwicklung war vor und nach Beginn einer militärischen Auseinandersetzung in der Vergangenheit im Durchschnitt positiv. In dieser historisch langfristigen Auswertung sind selbstverständlich Ereignisse mit sehr negativen Aktienrenditen bei Kriegsausbruch (z.B. Korea 1950) sowie Ereignisse mit sehr positiven Aktienmarktbewegungen (z.B. Libyen 1986) enthalten. Im Mittel ziehen Militäraktionen außerhalb des eigenen Territoriums die Aktienmärkte nicht nach unten – weder in den Monaten davor noch danach“, schreiben die Experten aus Bad Homburg.
Eine sehr ausgiebige Kriegshistorie hat auch Frankreich. Einen heftigen Schock versetzte nach Recherchen der Analysten die Revolution von 1848 den Aktienmärkten. „Den Ersten Weltkrieg überstanden Aktien ebenfalls nur mit einer Halbierung und den Zweiten Weltkrieg mit einem Absturz von 60%. Dennoch stiegen französische Aktien seit 1800 während Kriegszeiten häufiger als sie fielen.“
Das Fazit der Experten von MARS: „Aktien haben sich in den Monaten vor und nach Kriegsbeginn im Durchschnitt gut behauptet. Die Auswirkungen während der Kriegszeiten sind dagegen nicht ganz klar und hängen von zahlreichen Einflussfaktoren (z.B. regionaler Begrenzung, eigenes/fremdes Territorium, Inflation, Währungsreform) ab. Werterhalt durch Aktien in Kriegszeiten ist deshalb eher ein Münzwurf als eine Strategie.“
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Neuer Dienst von SchreiberDohms
Von Dr. Oliver Everling | 16.August 2017
Aus dem bekannten Journalistenbüro SchreiberDohms gibt es einen neuen Dienst, Initiator Heinz-Roger Dohms beschreibt ihn wie folgt: „Finanz-Szene.de ist ein Newsportal für die deutsche Banken- und Fintech-Branche. Den Kern unseres Angebots bildet der Finanz-Szene.de-Newsletter, der nach Möglichkeit viermal wöchentlich – dienstags bis freitags immer gegen 6 Uhr morgens – kostenlos an Professionals und sonstige Interessierte versandt wird.“
Der Newsletter erscheint in zwei Varianten, nämlich einmal mit dem Themenfokus Banking und einmal mit dem Themenfokus Fintech. „Beide Fassungen enthalten allerdings auch die wichtigsten Themen aus dem jeweils anderen Bereich“, verspricht Dohms und lädt dazu ein, sich auf http://finanz-szene.de/newsletter/ kostenlos anzumelden. „Und wenn Sie mit unserem Angebot nicht zufrieden sind, können Sie sich hier auch wieder abmelden.“
Entsprechend dem Claim wollen die Journalisten ihre Leser gleich nach dem Aufstehen mit den „Top-Stories aus der deutschen Banken- und Fintech-Branche“ versorgen. „Dafür screenen wir alle für die Branche wesentlichen Tageszeitungen, Magazine, News-Sites und Blogs – darunter das Handelsblatt, die Börsenzeitung, die FT, manager-magazin.de, capital.de, reuters.com, bloomberg.com, die FAZ, die SZ, gruenderszene.de, finextra.com, das IT-Finanzmagazin und Paymentandbanking. Analysen, Karriere-Themen, Lese-Tipps und exklusive ‚Scoops‘ runden unser Angebot ab.
Gründer von Finanz-Szene.de ist der selbständige Finanzjournalist Heinz-Roger Dohms. Er war von 2007 bis zur Einstellung Ende 2012 knapp sechs Jahre Redakteur bei der Financial Times Deutschland. Anschließend startete er gemeinsam mit seiner ehemaligen FTD-Kollegin Meike Schreiber, die inzwischen als Banken-Redakteurin für die SZ arbeitet, das Journalistenbüro SchreiberDohms.
In den vier Jahren seit der Gründung sind weit mehr als 500 Artikel von SchreiberDohms unter anderem in der SZ, der Zeit, dem Handelsblatt, dem Manager Magazin und Capital erschienen. 2016 gewann das Büro den PSD Journalistenpreis. Zudem war SchreiberDohms für den Ernst-Schneider-Preis, den State-Street-Preis sowie mehrfach für den Deutschen Journalistenpreis nominiert.
Finanz.Szene.de verspricht unabhängig zu sein, rein journalistisch und will bis auf weiteres kein anderes Ziel verfolgen, als möglichst viele Leser zu begeistern. „Aufgrund von Krankheit oder anderer besonderer Umstände wird ab und zu mal eine Ausgabe ausfallen. Wir bitten um Verständnis – unsere Ressourcen sind begrenzt.“ Gestartet ist das Portal Mitte August 2017.
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Setzt EuGH der EZB Grenzen?
Von Dr. Oliver Everling | 15.August 2017
„Der Europäische Gerichtshof muss der Europäischen Zentralbank jetzt klare Grenzen setzen“. Das fordert Dr. Heinz-Werner Rapp, Vorstand und Chief Investment Officer von FERI. Mit seiner Entscheidung, das laufende Anleihen-Kaufprogramm der EZB vom Europäischen Gerichtshof überprüfen zu lassen, habe das Bundesverfassungsgericht heute ein starkes Signal gesetzt.
In der Vergangenheit habe sich der EuGH in geldpolitischen Fragen allerdings immer sehr tolerant gegenüber der EZB positioniert. „Mit seiner eher politisch motivierten Rechtsprechung ließ der EuGH der Europäischen Zentralbank bislang eine viel zu lange Leine“, so Rapp. 2015 hatte Europas höchstes Gericht frühere Staatsanleihen-Käufe durch die EZB für rechtens befunden. Demnach überschritt das damalige Programm nicht die währungspolitischen Befugnisse der EZB und verstieß auch nicht gegen das Verbot der monetären Finanzierung von Mitgliedstaaten. Nicht geklärt wurde jedoch bis heute, ob das derzeitige, sehr viel umfassendere Q.E.-Programm der EZB mit ihrem Mandat im Einklang steht. Die nun anstehende Prüfung durch den EuGH müsse hier eindeutige Aussagen und Grenzen schaffen.
„Was bis heute fehlt, ist ein klarer Kriterienkatalog, der der EZB auch für die Zukunft Grenzen setzt“, so Rapp. Sonst könne die unkontrollierte Ausweitung der Geldpolitik irgendwann zu einer „offenen“ Finanzierung staatlicher Defizite bzw. zu einer „offenen“ Übernahme staatlicher Schulden durch die Notenbanken führen – von Experten als „Overt Monetary Financing (OMF)“ bezeichnet. „Das wäre dann die nächste geldpolitische Bombe und eine neue Dimension monetärer Verwässerung“, sagt Rapp.
Wozu es führt, wenn Zentralbanken unlimitiert neues Geld schaffen und welche Auswirkungen OMF auf die zugrundeliegenden Wirtschafts- und Finanzsysteme hätte, analysiert das FERI Cognitive Finance Institute unter dem Titel „Overt Monetary Finance (OMF) and its Implications – Blessing or Curse?“. Die Studie gibt es zum Download auf der Website des FERI Cognitive Finance Institute: http://www.feri-institut.de/media-center/studien/.
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Amazon-Rating dient Produktverkauf
Von Dr. Oliver Everling | 11.August 2017
Die Aufnahme von Kundenrezensionen zu fast allen angebotenen Produkten gehört zu den ältesten Prinzipien, nach denen der Online-Händler Amazon seit den 1990er Jahren Empfehlungen entwickelt. Kunden werden nach wenigen Mausklicks in die Lage versetzt, ihr Urteil über Produkte mit Sternen preiszugeben – im günstigsten Fall mit fünf Sternen, im ungünstigsten mit nur einem Stern. Das ordinale Klassifizierungssystem sorgt schnell für Orientierung.
Um Kundenrezensionen oder Kundenantworten erstellen zu können, müssen Rezensenten über ihr Amazon-Konto Artikel für mindestens 50 EUR eingekauft haben. Die Mitgliedschaft bei Amazon Prime und die Nutzung von Aktionsgutscheinen zählen nicht dazu. Bis zu 5 Rezensionen pro Woche können von Kunden auch dann verfasst werden, wenn diese von Amazon nicht mit dem Zusatz „Verifizierter Kauf“ versehen werden können. Die Berechnung der Anzahl erfolgt dabei nach strengen Regeln, von Sonntag 00:00 Uhr bis Samstag, 23:59 Uhr. Die Richtlinie bezieht sich allerdings nicht auf Vine Kundenrezensionen oder Rezensionen zu digitalen oder physischen Büchern, Musik und Videos.
Darüber hinaus müssen Kunden verständlicherweise einige weitere Richtlinien einhalten (http://www.amazon.de/review-guidelines). So dürfen keine Inhalte eingestellt werden, die bedrohend, beleidigend, diffamierend, belästigend, obszön, pornografisch oder anstößig sind. Obszöne oder vulgäre Ausdrücke sind ebenso verboten wie Hass auf oder Intoleranz gegenüber Menschen auf der Grundlage von Rasse, Ethnie, Nationalität, Geschlecht oder Geschlechtsidentität, Religion, sexueller Orientierung, Alter oder Behinderung aus – auch nicht durch die Bewerbung von Organisationen mit solchen Ansichten.
Das Erstellen, Ändern oder Veröffentlichen von Inhalten zu Produkten oder Dienstleistungen von Mitbewerbern, im Austausch für jegliche Art von Vergütung (einschließlich kostenfreie oder vergünstigte Produkte) oder im Auftrag einer anderen Person wie auch das Anbieten oder Verlangen einer Vergütung (einschließlich kostenfreier oder vergünstigter Produkte) für das Erstellen, Ändern oder Veröffentlichen von Inhalten sind ebenso untersagt. Weitere Details ergeben sich aus den genannten Richtlinien (http://www.amazon.de/review-guidelines).
Schließlich sind die Rezensenten aufgefordert, auch auf Nützlichkeit und Relevanz zu achten. Hier fragt sich allerdings, nützlich für wen? Offenbar folgt Amazon hier eigenen Maßstäben. Im Einzelfall weist Amazon die Rezension eines Produktes selbst dann zurück, wenn der Rezensent es mit vier Sternen beurteilt. Da hilft auch kein auf Amazon hochgeladenes Produktfoto, durch das ein Mangel erkennbar und der zur Bestnote fehlende fünfte Stern begründet werden.
Amazon lehnt Rezensionen ohne genaue Angaben von Gründen ab: „Danke, dass Sie eine Kundenrezension an Amazon.de gesendet haben. Ihre Rezension konnte in der gegenwärtigen Form nicht auf der Website veröffentlicht werden. Wir anerkennen Ihren Zeitaufwand und Ihre Kommentare, doch die Rezensionen müssen den folgenden Richtlinien entsprechen.“ Gegen welche Richtlinie im konkreten Fall verstoßen sein sollte, erfahren Kunden nicht. Diese Vorgehensweise eröffnet Amazon Gestaltungsmöglichkeiten. Schließlich vertreibt Amazon eigene, wie auch fremde Produkte.
„Wir empfehlen Ihnen, Ihre Rezension zu überarbeiten und erneut einzusenden“, ermutigt Amazon schreibfreudige Kunden im Falle der Ablehnung einer Rezension. Tatsächlich ist jedoch nicht in jedem Fall vorgesehen, auf neue Versuche von Kunden einzugehen, die ihre Rezensionen überarbeiten oder ihre Urteile revidieren. Gemäß Amazon-Richtlinien können diese Kunden „keine weitere Rezension zum selben Artikel abgeben, selbst wenn diese einen anderen Inhalt hat“ (http://www.amazon.de/review-guidelines).
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