Das große Bild in 2025 zur Frühwarnung
Von Dr. Oliver Everling | 20.Januar 2025
Das „Big Picture: 2025“, eine neue Publikation des FERI Cognitive Finance Institute (FCFI), stellt eine detaillierte Analyse zukünftiger Entwicklungen und Herausforderungen dar. Die Studie verknüpft 35 Schlüsselszenarien aus sechs Erkenntnisbereichen – Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Finanzsystem, Technik und Umwelt – zu einem umfassenden Zukunftsbild. Mithilfe der Cognitive Finance-Methodik überwindet das FCFI traditionelle Denkgrenzen und identifiziert dynamische Wechselwirkungen, die oft vernachlässigt werden.
Die Studie hebt hervor, wie geopolitische Spannungen, technologischer Fortschritt und wirtschaftliche Disruptionen ineinandergreifen und weitreichende Konsequenzen für globale Machtstrukturen und nationale Finanzsysteme haben können. Insbesondere die geopolitischen Konflikte zwischen den USA, China und Russland sowie die damit einhergehenden Strategien zur Währungs- und Wirtschaftsmacht zeigen, wie anfällig nationale Ratings gegenüber politischen und ökonomischen Umbrüchen sind.
Die Studie gibt Anlass zur Vermutung, dass der Druck auf Länder-Ratings aufgrund mehrerer Entwicklungen steigen könnte. Zum einen untergräbt die zunehmende Polarisierung in der Weltpolitik die Stabilität und Glaubwürdigkeit globaler Wirtschaftssysteme. Der „neue Kalte Krieg“ und hybride Kriegführung durch antiwestliche Allianzen wie die CRINKs destabilisieren Märkte und erhöhen Risiken. Zum anderen wird die Verschuldungsdynamik, insbesondere in den USA, durch wachsende Zinslasten und politische Einflussnahme auf die US-Notenbank als potenzielle Bedrohung für das Vertrauen in den US-Dollar beschrieben. Hinzu kommt die Möglichkeit eines wachsenden Einflusses von Kryptowährungen, was bestehende Finanzarchitekturen zusätzlich belasten könnte.
Auch technologische Trends wie der exponentielle Aufstieg der Künstlichen Intelligenz, Quantencomputing und Blockchain treiben strukturelle Veränderungen voran. Diese Innovationen bieten zwar Chancen, stellen jedoch auch etablierte Finanzsysteme infrage. Schließlich führt der Klimawandel mit seinen disruptiven Effekten auf Biodiversität und Ressourcenverfügbarkeit zu neuen Herausforderungen, die ebenfalls die Bewertung von Ländern beeinflussen könnten.
Die „Big Picture“-Analyse macht uns deutlich, dass sich Ratings in einer Zeit wachsender Komplexität und Unsicherheit zunehmend als fragil erweisen könnten. Sie appelliert an Unternehmen und Investoren, die genannten Trends als Frühwarnsystem zu nutzen und Strategien zur Risikominimierung und Chancennutzung zu entwickeln.
Die Studie „Big Picture: 2025“ schöpft erstmals in einzigartiger Weise umfassend aus dem tiefgehenden Wissens- und Forschungspool des FERI Cognitive Finance Institute, das seit seiner Gründung im Jahr 2016 kontinuierlich aufgebaut wurde. Durch die innovative Cognitive Finance-Methodik integriert sie Erkenntnisse aus sechs zentralen Analysefeldern – von Geopolitik bis Umwelt – und verdichtet diese zu einem kohärenten Gesamtbild globaler Zukunftstrends. Indem kognitive Verzerrungen und Wahrnehmungslücken überwunden werden, gelingt es der Studie, zahlreiche komplexe Zusammenhänge und wechselseitige Abhängigkeiten sichtbar zu machen, die in traditionellen Analysen oft unbeachtet bleiben. Mit dieser erstmaligen Offenlegung eines einzigartigen Research-Schatzes bietet das Institut Unternehmern und Investoren strategisch wertvolle Einblicke und Handlungsperspektiven.
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ESG-Scoringmodelle in der Kreditvergabe durch Banken
Von Dr. Oliver Everling | 20.Januar 2025
Unser neues Buch im Verlag Springer Nature: ESG als Treiber von M&A – Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse erfolgreich managen.
Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) ist in der Kreditvergabe durch Banken zu einem zentralen Element geworden. Patrick Jackes betont, dass europäische und nationale Aufsichtsbehörden von Banken fordern, ESG-Risiken zu identifizieren, in ihre Entscheidungsprozesse zu integrieren und aktiv zu steuern. Diese Vorgaben zielen darauf ab, finanzielle Verluste zu vermeiden und nachhaltige Entwicklungen zu fördern. Die 7. Novelle der MaRisk (Mindestanforderungen an das Risikomanagement) hat verbindliche Vorgaben für die ESG-Risikobewertung durch Kreditinstitute eingeführt. Jackes erklärt, dass ESG-Scoringmodelle dabei unterstützen, diese regulatorischen Anforderungen zu erfüllen und gleichzeitig Wettbewerbsvorteile zu sichern.
Die Bewertung von ESG-Risiken wird zum zentralen Bestandteil der Risikosteuerung einer Bank. Die Notwendigkeit, ESG-Risiken zu messen, ergibt sich sowohl aus dem EU-Aktionsplan für nachhaltige Finanzen als auch aus der 7. MaRisk-Novelle, die die explizite und angemessene Berücksichtigung von ESG-Risiken bei der Kreditrisikobeurteilung und im Kreditvergabeprozess vorschreibt. Diese Bewertung kann entweder im Rahmen eines Risikoklassifizierungsverfahrens oder separat durch ein ESG-Scoringmodell erfolgen. „Scoringmodelle zur Bewertung von ESG-Risiken sind das gängige Vorgehen zum Status quo,“ so Jackes, und sie bieten Banken eine Möglichkeit, Risiken besser zu identifizieren und zu steuern, während sie gleichzeitig den aufsichtsrechtlichen Anforderungen gerecht werden.
Ein idealtypisches ESG-Scoringmodell umfasst sowohl automatisierte als auch einzelkundenspezifische Bewertungen. Die automatisierte Bewertung setzt auf Branchen- und Standortdaten auf Basis externer Datenquellen auf und bietet eine erste grobe Einschätzung der ESG-Risiken eines Kreditnehmers. Diese Methode hat den Vorteil, dass sie keine individuellen Informationen vom Kunden erfordert, was insbesondere im Mengengeschäft effizient ist. Allerdings kann sie keine spezifischen Nachhaltigkeitsbemühungen des Unternehmens berücksichtigen, was zu einer weniger genauen Risikoeinschätzung führt.
Für großvolumige Kundenengagements ist eine detaillierte Einzelkundenanalyse erforderlich. Diese Bewertung nutzt spezifische Informationen vom Firmenkunden, um eine genauere Risikoeinschätzung zu ermöglichen. Jackes erläutert, dass hierfür „die notwendigen Daten ausschließlich über den Firmenkunden selbst generiert werden.“ Diese Daten umfassen unter anderem CO2-Emissionen, Energieverbrauch, Arbeitsbedingungen und Unternehmensführung. Banken stellen konkrete Datenanforderungen an ihre Kunden, um diese Informationen zu erhalten, was zu einem umfassenden und relevanten ESG-Datenpool führt.
Der Einsatz von ESG-Scoringmodellen bringt für Banken zahlreiche Vorteile. Diese Modelle ermöglichen eine adäquatere Risikosteuerung, da sie eine breitere Basis für die Risikobeurteilung schaffen und somit das Risiko von Kreditausfällen reduzieren. Zudem unterstützen sie die Erfüllung regulatorischer Vorgaben und fördern Transparenz und Vertrauen bei Investoren, Regulierungsbehörden und der Öffentlichkeit. Durch die Einbindung von ESG-Kriterien in die Kreditvergabe können Banken langfristige Beziehungen zu nachhaltig operierenden Unternehmen aufbauen, die oft finanziell stabiler und weniger risikobehaftet sind.
Für Firmenkunden bieten ESG-Scoringmodelle ebenfalls Vorteile. Unternehmen mit guten ESG-Scores können (zukünftig) bessere Kreditbedingungen erhalten, da sie als weniger risikoreich und zukunftsträchtiger angesehen werden. Dies kann perspektivisch zu niedrigeren Zinssätzen und verbesserten Finanzierungsmöglichkeiten führen. Darüber hinaus stärkt ein positiver ESG-Score die Reputation und Marktposition eines Unternehmens, was neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnet und die Attraktivität für Investoren erhöht. Eine nachhaltige Geschäftsausrichtung kann langfristig Werte schaffen, nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch durch positive soziale und ökologische Auswirkungen.
Dennoch gibt es Herausforderungen bei der Nutzung von ESG-Scoringmodellen. Eine der größten Herausforderungen ist die Verfügbarkeit und Qualität der notwendigen Daten. Oft fehlen umfassende und zuverlässige ESG-Daten, insbesondere bei kleinen und mittelständischen Unternehmen. Zudem fehlt es an methodischer Standardisierung, was zu unterschiedlichen Modellen und Vorgehensweisen zwischen Banken führen kann. Diese Heterogenität kann für Firmenkunden, die Beziehungen zu mehreren Banken haben, eine Herausforderung darstellen, da sie unterschiedliche Datenanforderungen erfüllen müssen. Zudem sind ESG-Risiken dynamisch und können sich durch politische Entscheidungen oder extreme Wetterereignisse schnell ändern, was die kontinuierliche Anpassung der Modelle erforderlich macht.
Zukünftige Entwicklungen im Bereich der ESG-Scoringmodelle werden maßgeblich durch technologische Innovationen und regulatorische Veränderungen bestimmt. Technologische Entwicklungen, insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz, können die Analyse von ESG-Daten verbessern und beschleunigen. Regulatorische Entwicklungen streben eine Harmonisierung der ESG-Bewertung an, was die Vergleichbarkeit und Transparenz von ESG-Daten erhöhen soll. Diese Entwicklungen werden die Bedeutung von ESG-Scores weiter stärken und deren Integration in die Kreditvergabeprozesse vorantreiben.
Zusammenfassend zeigt der Beitrag von Patrick Jackes, dass ESG-Scoringmodelle in der Kreditvergabe durch Banken eine zentrale Rolle spielen und sowohl für Banken als auch für Firmenkunden zahlreiche Vorteile bieten. Trotz bestehender Herausforderungen ist die Integration von ESG-Risiken in die Kreditvergabeprozesse unerlässlich, um finanzielle Risiken zu minimieren und nachhaltige Entwicklungen zu fördern. ESG-Scoringmodelle tragen zur Transparenz bei und unterstützen die Erreichung regulatorischer Anforderungen, während sie gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Banken stärken.
Patrick Jackes ist Projektleiter für den VR-ESG-RisikoScore, ein Klassifizierungsverfahren für ESG-Risiken im Kundenkreditgeschäft zur Erfüllung aufsichtsrechtlicher Anforderungen, im Bereich Beratung und Prozessmanagement bei dem IT- und Methodik-Dienstleister parcIT GmbH. Neben der methodischen Modellentwicklung begleitet er die Integration des ESG-RisikoScores in die operativen Kreditvergabeprozesse und berät Banken zur Messbarkeit von ESG-Risiken.
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Wie weit reicht der Anspruch „Alles lässt sich ändern,“ um Deutschlands AAA-Rating zu sichern?
Von Dr. Oliver Everling | 19.Januar 2025
Der im Bundestagswahlkampf 2025 erhobene Anspruch der Freien Demokraten, „Alles lässt sich ändern“, spiegelt den Optimismus wider, dass Deutschland durch entschlossene Reformen seine wirtschaftliche und politische Basis stärken und Herausforderungen bewältigen kann. Ein zentraler Maßstab für den Erfolg solcher Reformen ist die Sicherung des AAA-Ratings, das für höchste Kreditwürdigkeit und finanzielle Stabilität steht. Dieses Rating hängt von soliden Staatsfinanzen, einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft und stabilen institutionellen Rahmenbedingungen ab. Die FDP setzt auf Maßnahmen, die gezielt darauf abzielen, diese Kriterien zu erfüllen. Eine umfassende Haushaltsdisziplin, der Abbau von Bürokratie und die Reform der sozialen Sicherungssysteme sind entscheidende Bestandteile ihres Programms. Durch eine Begrenzung der Staatsverschuldung und die Einführung von mehr Effizienz in der Verwaltung soll die finanzielle Belastung reduziert und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden. Ebenso wird betont, dass der Wohlstand durch Innovationen und marktorientierte Lösungen gesichert werden kann. Der Fokus auf Bildungs- und Forschungsinitiativen soll langfristig das wirtschaftliche Potenzial erhöhen.
Das AAA-Rating erfordert nicht nur finanzielle Stabilität, sondern auch ein Klima, das Investitionen fördert und wirtschaftliche Dynamik erzeugt. Die FDP sieht in steuerlichen Entlastungen und einer Entbürokratisierung entscheidende Hebel, um die Attraktivität des Standorts Deutschland zu erhöhen. Gleichzeitig sollen zukunftsorientierte Technologien wie die künstliche Intelligenz oder die grüne Energieproduktion vorangetrieben werden. Entscheidend für den langfristigen Erhalt des Ratings ist jedoch die Fähigkeit, die staatlichen Ausgaben in Balance mit den Einnahmen zu halten, ohne dabei Investitionen in Schlüsselbereiche wie Infrastruktur oder Digitalisierung zu vernachlässigen. Deutschland steht vor der Herausforderung, steigenden sozialen Verpflichtungen, einer alternden Bevölkerung und globalen Krisen mit innovativen und marktwirtschaftlichen Lösungen zu begegnen.
Der Anspruch „Alles lässt sich ändern“ wird durch die historische Fähigkeit Deutschlands untermauert, in schwierigen Zeiten wirtschaftliche und politische Weichenstellungen vorzunehmen. Beispiele wie die Agenda 2010 oder die Wiedervereinigung zeigen, dass mutige Reformen möglich sind. Das AAA-Rating wird allerdings nur gesichert, wenn es gelingt, diesen Reformwillen auf die heutigen Herausforderungen zu übertragen und gleichzeitig das Vertrauen internationaler Investoren zu wahren. „Alles lässt sich ändern“ ist damit mehr als ein programmatischer Anspruch – es ist ein Bekenntnis zur Zukunftsfähigkeit Deutschlands.
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Autonom in Führung gefahren
Von Dr. Oliver Everling | 16.Januar 2025
In mehreren chinesischen Städten, darunter Wuhan, sind bereits fahrerlose Fahrzeuge im Einsatz. Andere Länder wie Frankreich und Deutschland haben zwar ebenfalls Fortschritte gemacht, sind aber noch weit davon entfernt, die Technik großflächig zu testen. Außerdem wird zur Sicherheit ein Fahrer an Bord benötigt, der notfalls eingreifen kann. „Beflügelt wird das Wachstum der Branche durch die Kooperation zwischen Technologieunternehmen, Automobilherstellern, Fahrdienst-Plattformen und Hardwareanbietern, die zusammen ein umfassendes Netzwerk bilden und Innovationen beschleunigen“, schreibt Yanxiu Gu, Produktspezialistin für chinesische Aktien bei ODDO BHF AM, in einem aktuellen Marktkommentar.
Dem kalifornischen Department of Motor Vehicles (DMV) zufolge belegen chinesische Unternehmen wie Baidu*, AutoX* und Pony.ai* Spitzenplätze in der MPI-Rangliste (Meilen pro Intervention) mit durchschnittlich weniger als einem Eingriff pro 16.000 autonom gefahrenen Meilen. Damit bewegt sich China in Sachen autonomer Fahrtechnik auf Augenhöhe mit US- Giganten. Zentraler Impulsgeber ist der chinesische Technologieriese Baidu. „Über seine offene autonome Fahrdienst-Plattform Apollo stellt das Unternehmen autonome Fahrtechnologie bereit und betreibt einen Taxidienst, um der Technologie zum Durchbruch zu verhelfen und die Kommerzialisierung der hochautomatisierten L4-Fahrtechnik voranzutreiben“, fügt Gu hinzu.
Auch andere Technologie-Start-ups wie Pony.AI*, WeRide* und AutoX* konzentrieren sich auf die Entwicklung autonomer Fahrtechnologien. Pony.AI, von drei ehemaligen Baidu- Mitarbeitern gegründet, bietet ebenfalls Fahrdienste über eine eigene App an und ist in China und den USA aktiv. Nach zehn Finanzierungsrunden liegt die Bewertung von Pony.AI mittlerweile bei 8,5 Milliarden US-Dollar. „Das Unternehmen plant einen Börsengang in den USA und hat dafür von der chinesischen Regulierungsbehörde grünes Licht erhalten“, so die Produktspezialistin von ODDO BHF AM.
Besonders der chinesische Markt, der 2023 59 % des weltweiten Umsatzes mit Elektrofahrzeugen ausmachte, bietet die Möglichkeit, umfangreiche Daten aus der Praxis für Optimierungen zu sammeln. Wichtige Akteure sind auch Fahrdienstvermittler, die mit Herstellern von Elektrofahrzeugen zusammenarbeiten, um maßgeschneiderte Robotaxis zu bauen und entsprechende Dienste anzubieten. Ebenfalls zentral sind Hardwarehersteller, die KI-Chips für selbstfahrende Autos entwickeln und Anbieter von Sensoren für autonome Fahrsysteme. Neben einem umfassenden, für das technologische Potenzial der Branche förderlichen Netzwerk von Unternehmen verfügt China über weitere spezifische Vorteile. „Einer davon ist die hohe Akzeptanz neuer Technologien durch die Verbraucher“, berichtet Gu. Laut einer Studie von Roland Berger aus dem Jahr 2023 sind 62 Prozent der Befragten in China bereit, ein Robotaxi auszuprobieren. Auch Social-Media-Influencer tragen dazu bei, die Technologie bekannt zu machen und das Interesse jüngerer Nutzer zu steigern. Die chinesische Regierung engagiert sich ebenfalls intensiv für die Entwicklung dieser Zukunfts-Technologie.
So hat sie Testzonen eingerichtet und die Vergabe von Testlizenzen erleichtert, damit Unternehmen ihre Technologien unter realen Bedingungen erproben können. Chinas fortschrittliche 5G-Technologie und – Infrastruktur spielt ebenfalls eine maßgebliche Rolle bei der Förderung des autonomen Fahrens. Das Land besitzt eines der weltweit größten und modernsten 5G-Netze der Welt. „Um Marktanteile zu gewinnen und im Wettbewerb erfolgreich zu sein, müssen die Unternehmen auch den Massenmarkt bedienen können und hochwertige Dienstleistungen anbieten, die den hohen Anforderungen der Hersteller intelligenter Fahrzeuge gerecht werden“, hebt die Produktspezialistin von ODDO BHF hervor.
Bei allem Potenzial des autonomen Fahrens bleiben auch Herausforderungen. Aktuell operiert Apollo Go* nur in Vororten und auf wenig befahrenen Straßen und erntet Kritik für seinen „zu konservativen“ und „holprigen“ Fahrstil. „Das Überwinden dieser Probleme könnte entscheidend für eine breitere Akzeptanz durch die Verbraucher sein“, schätzt Gu. Im Blick haben sollten Investoren auch Widerstand menschlicher Fahrer, der die großflächige Einführung von Robotaxi-Diensten in China bremsen könnte.
* und Keines der vorstehend genannten Unternehmen stellt eine Anlageempfehlung dar.
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BaFin-Kontenvergleich – Fortschritt im Verbraucherschutz oder Illusion von Transparenz?
Von Dr. Oliver Everling | 15.Januar 2025
Der BaFin-Kontenvergleich, der am 15. Januar gestartet wurde, wird von der Finanzaufsicht als bedeutender Fortschritt im Verbraucherschutz dargestellt. Ziel ist es, Verbraucherinnen und Verbrauchern eine einfache Möglichkeit zu bieten, aus über 6.900 Girokontenmodellen das passende Angebot zu finden. Die Website soll Transparenz schaffen und eine eigenverantwortliche Auswahl fördern. Doch bei näherer Betrachtung ergeben sich mehrere kritische Punkte, die die Wirksamkeit und den tatsächlichen Nutzen des Projekts in Frage stellen.
Ein zentrales Problem ist die Abhängigkeit von den Angaben der Kontoanbieter. Die BaFin prüft die bereitgestellten Daten nur stichprobenartig und übernimmt sie ansonsten direkt in die Vergleichsplattform. Das bedeutet, dass die Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben vollständig bei den Banken und Finanzdienstleistern liegt. Dies birgt das Risiko von Fehlinformationen oder irreführenden Darstellungen, insbesondere da Banken ein eigenes Interesse daran haben, ihre Angebote in einem möglichst positiven Licht darzustellen.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie nutzerfreundlich und praktisch die Plattform tatsächlich ist. Zwar werden 27 Vergleichskriterien angeboten, doch die Vielzahl der Optionen könnte Verbraucher auch überfordern. Ohne eine fundierte finanzielle Vorbildung fällt es vielen Menschen schwer, die Bedeutung von Begriffen wie Überziehungszinssätzen oder Sonderkonditionen zu verstehen. Zwar wird die Plattform in leichter Sprache angeboten, doch bleibt fraglich, ob dies ausreicht, um die komplexen Zusammenhänge verständlich zu machen. Auch die Notwendigkeit, sich zur endgültigen Klärung von Details direkt an die Anbieter zu wenden, stellt einen weiteren Aufwand dar, der den Nutzen des Angebots schmälert.
Hinzu kommt, dass der Kontenvergleich keine Empfehlungen ausspricht. Zwar wird die Neutralität der Plattform betont, doch könnte das Fehlen klarer Orientierungshilfen Nutzer eher verwirren als unterstützen. Ohne praktische Handlungsempfehlungen bleibt unklar, wie viele Menschen tatsächlich von dem Vergleich profitieren können, insbesondere da sich die finanziellen Bedürfnisse und Kenntnisse der Verbraucher stark unterscheiden.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die Frage, wie umfassend die Plattform tatsächlich ist. Trotz der Vielzahl der gelisteten Kontenmodelle bleibt unklar, ob alle relevanten Angebote vollständig und aktuell dargestellt werden. Gerade in einem dynamischen Markt wie dem Bankensektor, der von neuen FinTech-Unternehmen und sich schnell ändernden Konditionen geprägt ist, stellt die Aktualität der Daten eine Herausforderung dar. Dass die Plattform selbst keine laufende Prüfung oder Qualitätssicherung der Daten vornimmt, sondern lediglich stichprobenhafte Kontrollen, untergräbt das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Informationen.
Die Einführung des BaFin-Kontenvergleichs mag auf den ersten Blick wie ein Schritt in Richtung verbesserter Verbraucherinformation erscheinen, doch die Schwächen in der Datenqualität, der Nutzerfreundlichkeit und der praktischen Anwendbarkeit werfen ernsthafte Zweifel auf, ob die Plattform ihrem Anspruch gerecht werden kann. Anstatt eine echte Orientierungshilfe zu bieten, droht sie, lediglich den Eindruck von Transparenz zu vermitteln, ohne dabei die tatsächlichen Bedürfnisse der Verbraucher ausreichend zu berücksichtigen. Dies könnte das Vertrauen in die Plattform und letztlich auch in den Verbraucherschutz insgesamt schwächen.
Die Verarbeitung und Bereitstellung von Wirtschaftsdaten ist selbst eine wertvolle Wirtschaftsleistung, die in einer marktwirtschaftlichen Ordnung traditionell privatwirtschaftlichen Unternehmen überlassen bleibt. Vergleichsplattformen für Girokonten, wie sie von kommerziellen Anbietern seit Jahren erfolgreich betrieben werden, stellen einen wichtigen Teil des digitalen Dienstleistungsmarkts dar. Diese Unternehmen konkurrieren um Nutzer durch Innovationen, bessere Usability und umfassendere Informationen. Mit dem BaFin-Kontenvergleich greift nun jedoch eine staatliche Behörde direkt in dieses Marktsegment ein, indem sie ein kostenloses, steuerfinanziertes Angebot bereitstellt. Dies schafft eine staatliche Konkurrenz zu privaten Anbietern, die auf Einnahmen aus Werbung oder Provisionsmodellen angewiesen sind, um ihre Dienste zu finanzieren. Ein solcher Eingriff verzerrt den Wettbewerb und läuft dem Prinzip zuwider, dass der Markt durch private Akteure gestaltet werden sollte, während der Staat regulierend, nicht jedoch aktiv anbietend eingreift. Die von der BaFin bereitgestellte Plattform untergräbt somit die Dynamik und Innovationskraft des privaten Sektors in diesem Bereich.
Ein weiteres Problem des BaFin-Kontenvergleichs liegt in der Gefahr, durch die Vorgabe von Vergleichskriterien und Maßstäben den individuellen Bedürfnissen der Verbraucher vorzugreifen. Die BaFin entscheidet mit ihren 27 Vergleichskriterien, welche Aspekte eines Girokontos für Verbraucher relevant sein sollen, und übernimmt damit eine Rolle, die in einer Marktwirtschaft besser von Unternehmen ausgefüllt wird. Im Wettbewerb untereinander haben private Vergleichsplattformen über Jahre hinweg bewiesen, dass sie in der Lage sind, flexibel auf die sich wandelnden Anforderungen und Präferenzen der Verbraucher zu reagieren. Sie konkurrieren nicht nur mit umfassenden und benutzerfreundlichen Angeboten, sondern auch durch die Auswahl und Gewichtung der Informationen, die für Verbraucher tatsächlich entscheidend sind. Ein staatlich zentralisiertes Angebot wie der BaFin-Kontenvergleich läuft Gefahr, die Vielfalt dieser Ansätze einzuschränken und den Wettbewerb um innovative und verbraucherzentrierte Lösungen zu schwächen. Anstatt den Markt zu beleben, könnten solche Vorgaben unbeabsichtigt dazu führen, dass die individuellen Bedürfnisse vieler Verbraucher unberücksichtigt bleiben.
Vor diesem Hintergrund ist die Verschwendung öffentlicher Mittel nahezu vorprogrammiert, da es keine objektiven Maßstäbe für ein Angebot gibt, das nicht dem Wettbewerb und der Marktdynamik ausgesetzt ist. Während private Unternehmen ihre Angebote kontinuierlich an den Bedürfnissen der Verbraucher und den Anforderungen des Marktes ausrichten müssen, fehlt einer staatlichen Plattform wie dem BaFin-Kontenvergleich dieser Anreiz zur Effizienz und Zielgenauigkeit. Stattdessen unterliegt das Angebot der Willkür der zuständigen Aufsicht, die ohne direkte Rückkopplung vom Markt entscheidet, welche Funktionen, Kriterien und Informationen bereitgestellt werden. Die fehlende Kontrolle durch Nachfrage und Wettbewerb führt dazu, dass Ressourcen möglicherweise in Funktionen, Inhalte oder Strukturen fließen, die den tatsächlichen Bedürfnissen der Verbraucher nicht gerecht werden. Dies belastet nicht nur diejenigen, die die Last der von der BaFin zur Finanzierung des neuen Angebots umgelegten Zwangsabgaben zu tragen haben, sondern kann auch dazu führen, dass die Plattform ihren Zweck nicht erfüllt und letztlich ihr Potenzial, echten Nutzen zu stiften, weit verfehlt.
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Die Nachhaltigkeitsberichterstattung
Von Dr. Oliver Everling | 15.Januar 2025
Unser neues Buch im Verlag Springer Nature: ESG als Treiber von M&A – Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse erfolgreich managen.
Die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten, insbesondere ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance), ist für Unternehmen und insbesondere den Mittelstand zu einer unerlässlichen Aufgabe geworden. Der von der EU angestoßene Green Deal hat die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung erheblich verschärft. Rudolf Schmitz erläutert, dass die Unternehmen durch gesetzliche Vorgaben verpflichtet sind, über ihre Nachhaltigkeitsziele zu berichten. Diese Verpflichtung betrifft große Kapitalgesellschaften sowie kapitalmarktorientierte kleine und mittelgroße Unternehmen, die nach den neuen Bestimmungen der EU zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gezwungen sind. Eine nachhaltige Unternehmensführung wird somit nicht nur zu einem ethischen Imperativ, sondern auch zu einer gesetzlichen Pflicht.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung umfasst zahlreiche Aspekte, darunter Umwelt- und Sozialfaktoren sowie Governance-Aspekte. Diese müssen im Lagebericht der Unternehmen transparent dargestellt werden. Schmitz betont, dass „die Unternehmen gut daran tun, sich frühzeitig mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinanderzusetzen“, da der Aufwand für die Erstellung eines solchen Berichts erheblich ist. Unternehmen, die bisher nicht berichtspflichtig waren, sollten sich dennoch vorbereiten, da sie mittelbar durch Anforderungen ihrer Geschäftspartner oder Finanzinstitute betroffen sein könnten. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die Teil einer größeren Wertschöpfungskette sind und als Zulieferer entsprechende Auskünfte erteilen müssen.
Der Inhalt eines Nachhaltigkeitsberichts ist durch das Handelsgesetzbuch (HGB) und die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) genau definiert. Diese Standards geben eine detaillierte Struktur und die wesentlichen Offenlegungspflichten vor. Schmitz führt aus, dass „die ESRS ein sehr komplexes und umfangreiches Regelwerk darstellen, das im Prozess der Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts auf die relevanten Aspekte reduziert werden muss.“ Die ESRS legen unter anderem fest, dass Unternehmen über die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeiten auf Umwelt und Gesellschaft sowie über die finanziellen Auswirkungen von Umwelt- und Gesellschaftsaspekten auf das Unternehmen berichten müssen. Dieses Prinzip der doppelten Wesentlichkeit bildet das Kernstück der ESG-Berichterstattung.
Ein zentrales Element der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die Wesentlichkeitsanalyse. Diese Analyse bestimmt, welche Nachhaltigkeitsaspekte für das Unternehmen wesentlich sind und daher berichtet werden müssen. Schmitz hebt hervor, dass „die Wesentlichkeitsanalyse das Ergebnis der Due-Diligence ist, die im ESRS 1 mit Sorgfaltspflicht übersetzt wird.“ Diese Sorgfaltspflicht umfasst die Identifizierung und Bewertung der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten.
Die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen, sowohl organisatorischer als auch finanzieller Natur. Schmitz schätzt, dass „im Durchschnitt pro Unternehmen mit einmaligen Kosten von ca. 57.000 Euro und laufenden Kosten von ca. 106.000 Euro pro Jahr gerechnet werden muss.“ Diese hohen Kosten verdeutlichen den erheblichen Aufwand, den Unternehmen betreiben müssen, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.
Für viele mittelständische Unternehmen wird das Jahr 2025 das erste Berichtsjahr sein, sodass die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen nicht länger aufgeschoben werden kann. Schmitz empfiehlt eine strukturierte Vorgehensweise, beginnend mit einer Betroffenheitsanalyse, über die Definition der erforderlichen Ressourcen bis hin zur Informationsgewinnung und Berichtsabfassung. Dabei betont er die Notwendigkeit einer softwaregestützten Erhebung der erforderlichen Daten, um den Aufwand handhabbar zu machen.
Zusammenfassend zeigt die zunehmende Bedeutung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, dass Unternehmen nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten und zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit handeln müssen. Schmitz fasst zusammen: „Die nunmehr vom Gesetzgeber geforderte Nachhaltigkeitsberichterstattung stellt den Mittelstand vor eine enorme Herausforderung.“ Unternehmen, die sich dieser Herausforderung nicht stellen, riskieren Marktaustritte und den Verlust ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Daher ist es für Unternehmen unerlässlich, sich frühzeitig und umfassend mit den Anforderungen der ESG-Berichterstattung auseinanderzusetzen und die notwendigen organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen.
Dr. Rudolf Schmitz ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Er ist Partner in der SRS Audit GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft/Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in Köln und Niederlassungen in Chemnitz, München und Garmisch-Partenkirchen. Er veröffentlicht regelmäßig zu Fachthemen und ist als Dozent u.a. auch als Lehrbeauftragter der Universität Bonn tätigt. In der Gesellschaft verantwortet er den Bereich der Unternehmensberatung. Hier liegen die Schwerpunkte im Bereich der Strukturberatung, der Nachfolgeberatung intern und extern (M&A), den neuen Compliance-Anforderungen und dem weiten Feld der Umsetzung der ESG-Themen.
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Trump-Präsidentschaft: Nüchterne Analyse, Sorgen bleiben
Von Dr. Oliver Everling | 14.Januar 2025
Vor der Amtseinführung Donald Trumps als Präsident der Vereinigten Staaten offenbarte sich eine bemerkenswerte Diskrepanz. Axel D. Angermann analysiert als Chef-Volkswirt der FERI Gruppe die konjunkturellen, geldpolitischen und strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte.
Axel Angermann beschreibt die Diskrepanz als eine Spannung zwischen der „steigenden Nervosität in der medialen Öffentlichkeit“ und einer „scheinbaren Gelassenheit an den Kapitalmärkten“. Diese Gelassenheit an den Märkten, so Angermann, rührt daher, dass sich Investoren auf die konkrete Politik konzentrieren, die von Trump in den kommenden Monaten zu erwarten sei. „Das Ergebnis der Analysen fällt bislang offenbar nicht klar negativ aus“, erklärt Angermann und verweist auf zwei wesentliche Punkte, die die Märkte bereits im Umfeld des Wahltermins positiv beeinflussten: „Sowohl die Aussicht auf weitere Steuersenkungen als auch auf umfassende De-Regulierungsmaßnahmen lassen höhere Unternehmensgewinne insbesondere für US-Unternehmen erwarten.“
Trotz dieser positiven Erwartungen gibt es auch kritische Signale, insbesondere an den steigenden Langfristzinsen erkennbar. „Hinter dieser Entwicklung steht die Sorge vor einer anhaltend hohen oder möglicherweise sogar wieder steigenden Inflation in den USA“, so Angermann. Er identifiziert gleich mehrere Faktoren, die einen solchen Inflationsanstieg begünstigen könnten. Erstens nennt er „die Drohung mit Zöllen auf US-Importe“, die das Preisniveau in den USA nach oben treiben könnte. Auch wenn derzeit die Erwartung überwiegt, dass Zölle vor allem als Druckmittel eingesetzt werden, warnt Angermann: „Die Drohung allein bereits geeignet ist, eine Re-Allokation globaler Produktionsressourcen zu verursachen, die für sich genommen preistreibend wirkt.“ Hinzu kommt die Möglichkeit, dass Zölle tatsächlich implementiert werden könnten, was die Preissteigerungen weiter verstärken würde.
Ein weiterer Faktor ist die angekündigte restriktivere Einwanderungspolitik, einschließlich der „massenhaften Abschiebung illegaler Migranten“. Angermann weist darauf hin, dass dies „spürbar negative Konsequenzen für den US-amerikanischen Arbeitsmarkt“ haben könnte, was steigende Löhne und damit höhere Preise im Dienstleistungssektor zur Folge hätte. Allerdings sieht er auch interne Spannungen in der republikanischen Partei: „Zuletzt waren hier Risse zwischen den Absichten einzelner Politiker und der MAG-orientierten Basis der republikanischen Partei sichtbar.“ Welche Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden, bleibt laut Angermann abzuwarten.
Die expansive Fiskalpolitik stellt einen weiteren zentralen Risikofaktor dar. Sie birgt das „Risiko eines anhaltend hohen Haushaltsdefizits und eines hohen Schuldenstandes“. Angermann erklärt, dass Anleger in diesem Szenario „höhere Zinsen für US-Staatsanleihen einfordern“ könnten. Er sieht hierin eine der größten Herausforderungen für die Trump-Regierung, denn „zwischen der angestrebten Begrenzung der Defizite und den anderen geplanten Maßnahmen“ besteht ein klarer Zielkonflikt.
Abschließend betont Angermann, dass „weiter steigende Zinsen die größte Bedrohung für ein fortgesetzt positives Aktienmarktumfeld“ darstellen. Er fordert eine „nüchterne Analyse des tatsächlichen Handelns des neuen Präsidenten jenseits seiner täglichen Verlautbarungen“ und warnt zugleich vor „unangebrachter Sorglosigkeit“. Dieses Spannungsfeld aus wirtschaftspolitischen Risiken und Marktreaktionen wird, so Angermann, in den kommenden Wochen und Monaten besonders im Fokus stehen.
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Die wachsenden Herausforderungen für Ratingagenturen in einem volatilen Marktumfeld
Von Dr. Oliver Everling | 13.Januar 2025
Die Herausforderungen für Ratingagenturen haben in den letzten Jahren zugenommen, und die jüngsten Entwicklungen an den Märkten sowie die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Europa und den USA tragen maßgeblich dazu bei. Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, gibt in seinem aktuellen CIO View Einblicke in diese Dynamiken, die auch für Ratingagenturen relevant sind.
Die Inflation in der Eurozone bleibt ein zentrales Thema. Der jüngste Anstieg der Verbraucherpreise um 2,4 Prozent und die Kerninflation von 2,7 Prozent im Dezember 2024 verdeutlichen, wie hartnäckig sich die Teuerung hält. Viebig kommentiert: „Die Hartnäckigkeit, mit der sich die Teuerung in den vergangenen Monaten hält, scheint ein altes Sprichwort in der Inflationsbekämpfung zu bestätigen: Die letzte Meile ist oftmals die schwerste.“ Für Ratingagenturen entsteht hier die Herausforderung, die Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Kreditwürdigkeit von Staaten und Unternehmen angemessen zu bewerten.
Eine weitere Unsicherheit ergibt sich aus der künftigen Wirtschaftspolitik des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Laut Viebig könnte „sein protektionistischer Wirtschaftskurs den Preisdruck erhöhen“. Eine Erhöhung der Importzölle, insbesondere gegenüber China, würde nach Berechnungen von Oxford Economics „das allgemeine Preisniveau in den Vereinigten Staaten um einen ganzen Prozentpunkt in die Höhe treiben“. Bereits jetzt liegt die Inflation in den USA über der in Europa. So stiegen die US-Verbraucherpreise im November 2024 um 2,7 Prozent, während die Kerninflation sogar bei 3,3 Prozent lag. Diese Entwicklungen erhöhen die Komplexität für Ratingagenturen, da sie die langfristigen Auswirkungen einer protektionistischen Politik auf die Kreditwürdigkeit der USA und ihrer Handelspartner einschätzen müssen.
Trotz der anhaltenden Inflationsentwicklung rechnet Viebig mit einer Lockerung der Geldpolitik. „Treten diese Erwartungen ein, werden die Leitzinsen in der Eurozone deutlich stärker sinken als in den USA. In beiden Wirtschaftsräumen dürfte die Geldpolitik im Laufe des Jahres 2025 somit weniger restriktiv wirken als bisher.“ Ratingagenturen stehen hier vor der Aufgabe, die langfristigen Folgen einer expansiveren Geldpolitik auf die Stabilität von Finanzsystemen und die Bonität von Kreditnehmern zu analysieren.
Ein weiterer Aspekt, der für Ratingagenturen von Bedeutung ist, ist die unterschiedliche wirtschaftliche Dynamik zwischen Europa und den USA. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostizierte im Oktober 2024 für das Jahr 2025 ein Wachstum von 2,2 Prozent in den USA, während für die Eurozone lediglich 1,2 Prozent erwartet wurden. Viebig hebt hervor, dass „sich die europäische Wirtschaft in einem schlechteren Zustand befindet als die amerikanische“. Diese Unterschiede haben direkte Auswirkungen auf die Bonitätsbewertungen, insbesondere wenn es um die Beurteilung von Staaten und Unternehmen in verschiedenen Regionen geht.
Auch die Entwicklung der Aktienmärkte in den USA und Europa bietet Herausforderungen. Viebig stellt fest: „Die hohe Bewertung amerikanischer Aktien ist neben dem höheren erwarteten Gewinnwachstum in den USA auch auf die höheren Kapitalrenditen von Unternehmen in den USA zurückzuführen.“ Die Eigenkapitalrendite amerikanischer Unternehmen lag in den letzten fünf Jahren durchschnittlich bei 16,3 Prozent, während sie im Euroraum nur 10,9 Prozent erreichte. Diese Diskrepanz könnte langfristig Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit von Unternehmen haben, da Investoren höhere Renditeanforderungen an weniger profitable Märkte stellen könnten.
Zusammenfassend zeigt der CIO View von Prof. Dr. Jan Viebig, dass Ratingagenturen vor einer Vielzahl von Herausforderungen stehen. Sie müssen sowohl die Auswirkungen wirtschaftspolitischer Entscheidungen als auch die unterschiedlichen Inflations- und Wachstumsdynamiken in Europa und den USA bewerten. Hinzu kommt die Notwendigkeit, die Folgen einer lockeren Geldpolitik und die Marktentwicklungen für ihre Analysen zu berücksichtigen. Wie Viebig abschließend betont: „Obwohl ein Übergewicht in den USA weiterhin ratsam ist, sollten Anleger den Grundsatz der Diversifikation bei der Portfoliokonstruktion nicht ganz vergessen.“ Dies gilt auch für Ratingagenturen, die in ihren Bewertungen eine breite Perspektive einnehmen müssen, um Risiken und Chancen in verschiedenen Regionen angemessen zu berücksichtigen.
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Perspektiven für Credit Ratings: Hoffnung auf wirtschaftliche Stabilisierung?
Von Dr. Oliver Everling | 10.Januar 2025
Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL, sieht in den jüngsten Zahlen zu Exporten und Produktion in Deutschland zwar positive Signale, warnt jedoch vor verfrühtem Optimismus. „Exporte und Produktion sind im November in Deutschland überraschend stark angestiegen, fallen im Vergleich zum Vorjahresmonat allerdings noch immer mit 3,5 bzw. 2,8 Prozent deutlich schwächer aus“, erklärt Mumm. Trotz des kurzfristig vermiedenen weiteren Absturzes sei damit „noch kein positiver Trend für die deutsche Wirtschaft eingeleitet.“
Die Auftragseingänge der Industrie gingen im November deutlich um 5,4 Prozent zurück, nachdem sie im Vormonat stark um knapp 6 Prozent gestiegen waren. Mumm betont, dass insbesondere schwankungsreiche Großaufträge, etwa für Flugzeuge und Schiffe, seltener verbucht wurden. Auch der Maschinenbau musste ein Minus von 6 Prozent hinnehmen. Gleichzeitig wurden die Exporte vor allem durch eine stark gestiegene Nachfrage aus den USA gestützt, was laut Mumm jedoch möglicherweise auf „Vorzieheffekte angesichts drohender Zollanhebungen durch die künftige US-Administration unter Präsident Trump“ zurückzuführen sei.
Neben den Unsicherheiten in den USA belasten schwache Wirtschaftsdaten aus China, Deutschlands zweitwichtigstem Handelspartner. Mumm erläutert, dass die sinkende Exportnachfrage aus China ebenfalls ein Risiko darstellt. Um die Perspektiven der deutschen Wirtschaft zu verbessern, seien vor allem Impulse von innen nötig. „Für eine deutliche Belebung des Wachstums in Deutschland braucht es weiterhin Impulse von innen“, betont er.
Eine schnelle Regierungsbildung nach den Neuwahlen im Februar wäre laut Mumm ein entscheidender Faktor. Er hebt hervor, dass „ein klares Bekenntnis zur Förderung der Standortqualität“ notwendig sei, um Vertrauen bei Unternehmen und Verbrauchern zurückzugewinnen. „Wenn Unternehmen und Verbraucher zuversichtlicher auf die Zukunft schauen und eine höhere Planungssicherheit haben, könnten die bisher schwachen Perspektiven für die deutsche Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf sogar positiv überraschen“, fasst er zusammen.
Diese gemischten wirtschaftlichen Signale zeigen, dass es sowohl Risiken als auch Chancen gibt. Die Entwicklung der Rahmenbedingungen wird entscheidend dafür sein, ob sich die deutschen Credit Ratings stabilisieren oder sogar verbessern können.
Themen: Länderrating, Unternehmensrating | Kommentare deaktiviert für Perspektiven für Credit Ratings: Hoffnung auf wirtschaftliche Stabilisierung?
Private Markets: Chancen und Perspektiven für 2025
Von Dr. Oliver Everling | 10.Januar 2025
Nils Rode, Chief Investment Officer bei Schroders Capital, sieht das Jahr 2025 als vielversprechenden Jahrgang für Investitionen in Private Markets. In seinem aktuellen Private Markets Outlook betont er: „Das Jahr 2025 könnte sich als besonders vielversprechender Jahrgang für Private-Markets-Investitionen erweisen, der Potenzial sowohl für Renditen als auch für die Ertragsgenerierung bietet.“
Laut Rode fällt die Attraktivität der Anlageklasse mit drei wichtigen Zyklen zusammen: dem Finanzierungszyklus, dem technologischen Disruptionszyklus und dem Konjunkturzyklus. Besonders der Finanzierungszyklus eröffnet Chancen, wie er ausführt: „Nach dem pandemiebedingten Überschwang sehen wir Anzeichen dafür, dass das Fundraising nach einer Korrektur die Talsohle erreicht hat. Dadurch ergibt sich eine günstige Dynamik, gekennzeichnet durch einen geringeren Wettbewerb um neue Investitionen, attraktivere Einstiegsbewertungen und damit ein größeres Performancepotenzial.“
Auch der technologische Fortschritt spielt eine entscheidende Rolle. Rode nennt die künstliche generative Intelligenz als „Beginn eines neuen Zyklus technologischer Innovation, der sich über mehrere Jahre erstrecken wird“. Ergänzend dazu erwartet er positive Impulse aus der globalen Konjunkturentwicklung.
Innerhalb der Private Markets identifiziert Rode bestimmte Segmente mit überdurchschnittlichem Potenzial. „Die Korrektur beim Fundraising war bei Venture Capital sowie kleinen bis mittelgroßen Buyouts am stärksten ausgeprägt, was diese Segmente für neue Investitionen besonders attraktiv macht“, erklärt er.
Er hebt die Vorteile kleiner und mittlerer Buyouts hervor, die durch direkten Kontakt mit Gründern und Familien sowie niedrigere Einstiegsbewertungen geprägt sind: „Das bietet mehr Möglichkeiten, eine ‚Komplexitätsprämie‘ zu erzielen.“ Ähnlich dynamisch zeigt sich der Sektor künstlicher Intelligenz, bei dem der Anteil der Venture-Capital-Investitionen von 2 % im Jahr 2022 auf geschätzte 15 % im Jahr 2024 gestiegen ist.
Ein weiteres spannendes Segment sieht Rode in Fortsetzungsfonds, die immer mehr an Bedeutung gewinnen. „Fortsetzungsfonds – auch bekannt als GP-geführte Sekundärtransaktionen – machen heute etwa die Hälfte des jährlichen Marktvolumens aus, mit einer jährlichen Wachstumsrate von 24 % von 2016 bis 2023“, erläutert er.
Die geringere Kreditvergabe durch Banken eröffnet Chancen im Bereich Private Debt und alternative Kreditanlagen. „Private Debt und alternative Kreditanlagen weisen weiterhin verlockende Risikoprämien auf“, so Rode. Besonders interessant seien aktuell Gewerbeimmobilienkredite, Infrastrukturfinanzierungen und Collateralized Loan Obligations (CLOs).
Der Fokus auf Dekarbonisierung bleibt ein zentraler Anlagetrend. Rode betont: „Private Markets spielen eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung erneuerbarer Energien, nachhaltiger Infrastruktur und innovativer Klimatechnologien.“ Besonders neue Technologien wie „grüner“ Wasserstoff und Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge bieten attraktive Investitionsmöglichkeiten.
Die langfristige Perspektive und Diversifikation machen Private Markets zu einem stabilen Bestandteil von Portfolios. „Aufgrund ihrer strukturellen und strategischen Merkmale, ihrer differenzierten Risikoprämien und ihres langfristigen Horizonts erweisen sich die Private Markets als einzigartig widerstandsfähig“, fasst Rode zusammen.
Mit diesen Perspektiven scheinen Private Markets 2025 nicht nur Renditen, sondern auch Resilienz und Diversifikation zu bieten – eine vielversprechende Aussicht für Anleger/-innen.
Themen: Aktienrating, Beteiligungsrating, Fondsrating, Mittelstandsrating, Technologierating | Kommentare deaktiviert für Private Markets: Chancen und Perspektiven für 2025