Konfliktlösung im ESG-getriebenen M&A-Prozess

Von Dr. Oliver Everling | 30.Januar 2025

Unser neues Buch im Verlag Springer Nature: ESG als Treiber von M&A – Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse erfolgreich managen.

Mergers & Acquisitions (M&A) können aus vielen Gründen scheitern, und eine der entscheidenden Herausforderungen liegt darin, potenzielle Konflikte entlang des gesamten Prozesses zu bewältigen. Marina von Achten, eine erfahrene Mediatorin, hebt in ihrer Arbeit besonders die Rolle von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) in M&A-Transaktionen hervor. In der Tat birgt jede Phase einer solchen Transaktion – von den strategischen Unternehmensentscheidungen über die Verhandlungen bis hin zur Integration – erhebliches Konfliktpotential.

Innerhalb eines Unternehmens beginnt der Konflikt oft bei der Frage, ob eine geplante M&A-Transaktion der ESG-Strategie entspricht. „Es sind zunächst interne Entscheidungen auf operativer und Gesellschafterebene von solchen Entscheidungen zwischen den eigentlichen Vertragsparteien zu unterscheiden,“ betont von Achten. Dies bedeutet, dass Einigung auf verschiedenen Ebenen – Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Gesellschafter – notwendig ist. Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich aus der Unsicherheit, die mit der Erfüllung der noch jungen ESG-Standards verbunden ist.

Konflikte darüber, ob die Transaktion richtig ist und wie sie aussehen soll, sind oft Sachkonflikte, bei denen es um unterschiedliche Vorstellungen zur Wirkung der Transaktion auf die ESG-Bewertung geht. Aber auch Beziehungskonflikte spielen eine Rolle, da langjährige Kollegen oft um die beste Lösung ringen, wobei persönliche Differenzen die Sachdebatten überlagern. „Wenn man sich die Komplexität der Entscheidungsprozesse bewusst macht, wird einem klar, welche offenkundigen Vorteile das Transaktionsversprechen aufzeigen muss,“ so von Achten.

Während der Vertragsverhandlungen sind Verteilungskonflikte häufig, besonders wenn es um Kaufpreise und ESG-bezogene Garantien geht. Ein weiteres Problem ist die mangelnde Standardisierung dieser Garantien, was die Definition objektiver, messbarer Werte erschwert. Diese Unsicherheit kann dazu führen, dass Deals an den ESG-Bedingungen scheitern.

Nach dem Vertragsabschluss verlagert sich der Fokus auf die Integration des Zielunternehmens. Hier treten wieder Sach- und Beziehungskonflikte auf, wenn es um die Neugestaltung der Arbeitsbeziehungen und die Anpassung der Unternehmenskulturen geht. „Bei einer unterschiedlichen Unternehmensphilosophie geht es um das Nachjustieren von Unternehmenswerten,“ erläutert von Achten.

Ein weiterer Konfliktherd sind Verträge mit Dritten, die oft change-of-control-Klauseln enthalten und neu verhandelt werden müssen. Diese Klauseln geben den Vertragspartnern erheblichen Einfluss, was die Verhandlungsposition des verkaufenden Unternehmens schwächt.

Zur Konfliktlösung empfiehlt von Achten verschiedene Methoden, abhängig von der Art des Konflikts. Mediation ist besonders flexibel und pragmatisch, weil sie nicht nur rechtliche Fragen in den Vordergrund stellt, sondern auch ökonomische und strategische Überlegungen. „Die Mediation hat hier den großen Vorteil, dass nicht rechtliche Fragen im Vordergrund stehen müssen, sondern ökonomische und strategische Überlegungen Vorrang vor dem Recht haben können,“ so von Achten.

Bei der Mediation behalten die Parteien die Entscheidung in der Hand, während der Mediator als neutraler Moderator fungiert. Diese Methode ist besonders geeignet, wenn die Konfliktparteien ihre Interessen offenlegen und kreative Lösungen entwickeln müssen. Im professionellen Kontext müssen auch Emotionen berücksichtigt werden, da sie eine wesentliche Rolle in der Konfliktbewältigung spielen. „Zeigt die andere Seite Angst, ist dies ein Hinweis, dass das Bedürfnis nach Sicherheit nicht erfüllt wird,“ erklärt von Achten.

Insgesamt unterstreicht Marina von Achten die Bedeutung einer strukturierten, empathischen und flexiblen Herangehensweise an Konfliktlösung in ESG-getriebenen M&A-Prozessen. Ihre umfassende Erfahrung und ihre Fähigkeit, wirtschaftliche, rechtliche und menschliche Faktoren zu integrieren, machen ihre Ansätze besonders wertvoll in diesen komplexen und dynamischen Situationen.

Marina von Achten ist Mediatorin in komplexen Entscheidungsprozessen. Hier führt sie das strukturierte Denken der Rechtsanwältin, ihre Verhandlungsexpertise bei M&A-Transaktionen und ihre persönliche Erfahrung als Gründerin und Gesellschafterin im Familienunternehmen zusammen. Nach mehreren Jahren als Rechtsanwältin im Bereich Mergers & Acquisitions bei der Sozietät Shearman & Sterling (heute A&O Shearman) in Düsseldorf und New York bildete sie sich zur Wirtschaftsmediatorin weiter (IKOM-Institut/Frankfurt und PON/Harvard Law School). Sie ist Mitglied des Bundesverband Mediation. Frau von Achten ist in mehreren Unternehmensbeiräten tätig.

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Pflegeheime im Vergleich: Wer bietet die beste Qualität?

Von Dr. Oliver Everling | 29.Januar 2025

Die Avivre Consult GmbH aus Bad Homburg hat eine aktuelle Analyse der 40 größten Pflegeheimbetreiber in Deutschland vorgelegt. Die Untersuchung basiert auf 72.065 Datensätzen von mehr als 2.000 Pflegeeinrichtungen und wertet die Einzel- und Gesamtbewertungen aller erfassten Betreiber aus. In die Analyse wurden 20 private, 10 frei-gemeinnützige und 10 kommunale Träger einbezogen, um ein umfassendes Bild der unterschiedlichen Betreibersektoren zu zeichnen.

Im Gesamtranking der Pflegeheimbetreiber belegen die ersten zehn Plätze fünf kommunale, vier gemeinnützige und ein privater Betreiber. Neben der Gesamtbewertung enthält die Analyse detaillierte Ergebnisse für die drei Betreibergruppen sowie eine regionale Auswertung nach Bundesländern. Darüber hinaus wird ein Vergleich zu den Vorjahresergebnissen gezogen, um Entwicklungen und Veränderungen innerhalb der Branche nachvollziehen zu können.

Der Report bietet eine tiefgehende Betrachtung der vom Medizinischen Dienst bewerteten 35 Aspekte, die in über 400 Tabellen und Grafiken anschaulich aufbereitet sind. Auf etwa 230 Seiten liefert die Analyse umfangreiche Informationen zu Qualitätsaspekten der Pflegeheime, strukturellen Unterschieden zwischen den Trägergruppen sowie regionalen Besonderheiten.

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Quantmade gewinnt Future Fundstars Award

Von Dr. Oliver Everling | 29.Januar 2025

Dr. Michael Geke, Gründer von Quantmade aus Meerbusch bei Düsseldorf, hat sich im Finale der sechsten Staffel des Wettbewerbs Future Fundstars in Mannheim gegen drei hochkarätige Mitbewerber durchgesetzt und den ersten Platz erreicht. Mit seinem innovativen Ansatz für KI-gestützte, datengetriebene Investmentstrategien konnte er die Jury überzeugen und sich das begehrte Investment von bis zu drei Millionen Euro sichern.

Die Jury, bestehend unter anderem aus Sascha Hinkel (Deka), Tobias Schäfer (Berenberg), Volker Schilling (Greiff AG) und Oliver Morath (SQUAD Fonds), lobte insbesondere die innovative und systematische Herangehensweise von Geke an die Entwicklung von sogenannten Quant-gesteuerten Aktienportfolios. Die Technologie von Quantmade basiert auf KI-gestützten stochastischen Prognosemodellen und erzielte seit 2021 eine Rendite von fast 40 Prozent bei einem maximalen Rückgang von lediglich 3,9 Prozent über den gesamten Zeitraum der letzten vier Jahre. „Unsere Technologie zeigt besondere Fähigkeiten bei der Senkung von Risiken beziehungsweise zur Vermeidung von Schwankungen durch eine fast treppenförmige Performance-Entwicklung“, erklärte Geke.

Mit dem Erfolg bei Future Fundstars erhielt Quantmade nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch die Anerkennung der Experten für seinen datengetriebenen Investmentansatz. „Der Gewinn von Future Fundstars ist eine fantastische Bestätigung unserer Arbeit bei Quantmade und zeigt, dass wir mit unseren Strategien zur Senkung von Schwankungen und Risiken in Portfolios bei Investoren einen Nerv treffen“, so Geke weiter.

Bisher konnten Anleger und Investoren die Strategien von Quantmade über verwaltete Depots bei Vermögensverwaltern nutzen. Doch nun steht die Auflage des ersten eigenen Quantmade-Fonds an, der im April starten wird.

Der Wettbewerb Future Fundstars, initiiert von Fundview in Kooperation mit NFS Netfonds und azemos vermögensmanagement, hat sich zum Ziel gesetzt, herausragende Fonds-Boutiquen und Investment-Talente zu identifizieren. Im Finale präsentierten die Kandidaten ihre Strategien in einem Live-Pitch vor einer hochkarätigen Fachjury. Dabei sollen zukunftsweisende Investmentansätze gefördert werden, die die Finanzbranche innovativ vorantreiben – so die Hoffnung der Initiatoren. Der Erfolg von Quantmade unterstreicht den wachsenden Trend zu KI-gestützten quantitativen Investmentstrategien, die präzise Marktanalysen mit effektiven Risikomanagementtools kombinieren.

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China im Jahr der hölzernen Schlange: Überraschungen für die Märkte?

Von Dr. Oliver Everling | 29.Januar 2025

Am 29. Januar 2025 feiert China das Neujahrsfest, das dieses Mal im Zeichen der hölzernen Schlange steht. Diese Kombination „steht für Weisheit, Innovation und Sinn für Kompromisse“, erklärt Jean-Louis Nakamura, Leiter Conviction Equities bei Vontobel. „Qualitäten, die 2025 angesichts der möglichen Turbulenzen nach dem Amtsantritt von Donald Trump sehr gefragt sein dürften.“ Viele Experten erwarten für die Schwellenmärkte eine herausfordernde Zeit, da Faktoren wie ein starker Dollar, höhere Zölle, eine geringere Handelsintensität und ein möglicher Abwärtsdruck auf die Rohstoffpreise belasten könnten. Dennoch weist Nakamura darauf hin: „In der Praxis könnte das Jahr 2025 ein Jahr voller Überraschungen werden, in dem die schlimmsten Vorhersagen nicht eintreten, während sich gute Chancen ergeben könnten.“

Ein entscheidender Faktor für die Widerstandsfähigkeit vieler Schwellenländer ist ihre reduzierte Abhängigkeit vom internationalen Handel. „Der Anteil Chinas an den US-Importen ist auf knapp über 10 % gesunken und liegt damit deutlich unter dem Anteil Europas“, so Nakamura. „Viele Exporte wurden auf andere Märkte umgelenkt, darunter in großem Umfang auf andere Schwellenländer.“ Auch die von der neuen US-Regierung angedachten Zölle könnten weniger dramatische Auswirkungen haben als befürchtet: „Die Einführung neuer Zölle wird wahrscheinlich schrittweise erfolgen und sich höchstwahrscheinlich in Grenzen halten.“ Zudem könnten Währungsanpassungen helfen: „Ihre Auswirkungen würden daher zumindest in den nächsten Monaten durch eine Lockerung der USD/RMB-Parität leicht aufgefangen werden können.“

China bleibt zwar mit seiner strukturellen Deflation konfrontiert, wird aber Maßnahmen ergreifen, um Konsum und Investitionen zu stimulieren. „Zwar gibt es keinen ‚großen Plan‘, um die chinesische Wirtschaft aus der Deflation herauszuholen, mit der sie seit mehreren Jahren zu kämpfen hat“, räumt Nakamura ein. Doch er geht davon aus, dass „neue Maßnahmen darauf abzielen, das BIP-Wachstum früher als im letzten Jahr nahe 5 % zu halten.“ Dies könnte eine begrenzte, aber dennoch spürbare Belebung des lokalen Aktienmarkts mit sich bringen: „Dies könnte dem lokalen Aktienmarkt etwas Farbe verleihen, wenn auch in geringerem Umfang und mit einer noch kürzeren Lebensdauer als die letztjährige Rallye.“

Besonders einige Unternehmen, die auf den Binnenmarkt ausgerichtet sind, könnten profitieren. „Tatsächlich dürften einige lokale Unternehmen, die eher auf das Inland ausgerichtet sind, positiv auf wirtschaftspolitische Anreize reagieren, wie beispielsweise Konsumgüterunternehmen“, prognostiziert Nakamura. Darüber hinaus könnte sich der ungewöhnlich lange Abwärtszyklus an den Aktienmärkten seinem Ende nähern, was Industrieunternehmen zugutekäme: „Während die Solarbranche immer noch unter Überkapazitäten leidet, könnte sich die Nachfrage nach Batterien stabilisieren und Baumaschinen könnten, obwohl sie sehr volatil sind, positiv überraschen.“

Ein besonders spannendes Feld bleibt die technologische Entwicklung in China. Die jüngsten Fortschritte haben gezeigt, dass „chinesische Unternehmen kosteneffiziente KI-Lösungen in größerem Umfang und auf wesentlich kostengünstigere Weise als ihre westlichen Gegenspieler einführen könnten.“ Zudem sind chinesische Chiphersteller weniger von US-Beschränkungen betroffen und haben die Möglichkeit, ihre eigenen Innovationen zu entwickeln. Nakamura sieht darin eine potenzielle Überraschung für den Markt: „In einem Markt, der auf das Schlimmste gefasst ist, könnte diese Nachricht dem heimischen Aktienmarkt leicht zu einer viel besseren Performance verhelfen als erwartet.“

Trotz der geopolitischen Unsicherheiten und der wirtschaftlichen Herausforderungen bietet das Jahr 2025 also durchaus Chancen – insbesondere für jene, die über den Tellerrand der negativen Prognosen hinausblicken.

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Moody’s hebt Argentiniens Kreditrating an: Ein Schritt in Richtung Stabilität

Von Dr. Oliver Everling | 26.Januar 2025

Am 24. Januar 2025 gab Moody’s bekannt, dass das langfristige Auslands- und Inlandskreditrating der argentinischen Regierung von „Ca“ auf „Caa3″ angehoben wurde. Zudem wurde der Ausblick von „stabil“ auf „positiv“ geändert. Diese Entscheidung spiegelt laut Moody’s eine bedeutende Verbesserung der makroökonomischen Stabilität des Landes wider, die auf entschlossene Reformen der neuen Regierung zurückzuführen ist.

„Die Heraufstufung auf Caa3 spiegelt unsere Einschätzung wider, dass die entschlossene Politik der Regierung die wirtschaftlichen Ungleichgewichte angeht und die äußeren Finanzflüsse stabilisiert hat, wodurch das Risiko eines Zahlungsausfalls verringert wurde“, erklärte Moody’s in der offiziellen Pressemitteilung.

Seit der Amtsübernahme von Präsident Javier Milei im Dezember 2023 hat die Regierung deutliche Fortschritte gemacht. Eine drastische Anpassung der Fiskalpolitik, darunter Ausgabenkürzungen in Höhe von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), führte zu einer Reduktion des Haushaltsdefizits. Die Zentralregierung konnte dadurch bis Ende 2024 sogar einen kleinen Überschuss von 0,1 % des BIP erzielen, verglichen mit einem Defizit von 4,4 % im Vorjahr.

Laut Moody’s hat sich auch die Inflationsrate durch eine strikte Geldpolitik signifikant verringert: Von einem Höchststand von 25,5 % im Dezember 2023 fiel die monatliche Inflation auf 2,4 % im November 2024. Gleichzeitig verzeichnete Argentinien Verbesserungen bei den internationalen Reserven, die unter anderem durch Steueramnestien gesteigert wurden, wodurch rund 20 Milliarden US-Dollar an zuvor im Ausland gehaltenen Vermögenswerten ins Land gebracht wurden.

Moody’s betonte jedoch auch die verbleibenden Risiken. „Während Argentinien in die nächste Phase des makroökonomischen Anpassungsprogramms übergeht, könnten die geplante Abschaffung von Kapital- und Wechselkurskontrollen sowie externe Schocks die bisherigen Fortschritte gefährden“, hieß es weiter. Dennoch sieht Moody’s Potenzial für eine weitere Aufwertung, insbesondere wenn sich die internationalen Reserven weiter stabilisieren und langfristige ausländische Direktinvestitionen (FDI) die Zahlungsbilanz stärken.

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Aus einem Guss – Wie sich ESG Due Diligence und ESG Value Creation miteinander verknüpfen lassen

Von Dr. Oliver Everling | 25.Januar 2025

Unser neues Buch im Verlag Springer Nature: ESG als Treiber von M&A – Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse erfolgreich managen.

Die Integration von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) in den Due-Diligence-Prozess und die darauf aufbauende ESG Value Creation sind entscheidende Faktoren für den Erfolg moderner M&A-Transaktionen. Olivier Weddrien, Thomas Fotteler und Matthias Bönning zeigen in ihrem Beitrag auf, wie sich ESG Due Diligence und ESG Value Creation systematisch verknüpfen lassen, um sowohl Risiken zu minimieren als auch Wertsteigerungspotenziale zu maximieren.

Die Dekarbonisierung der Wirtschaft ist ein zentraler Treiber für Veränderungen im Unternehmenssektor. Unternehmen, die bereits weit in ihrer nachhaltigen Transformation fortgeschritten sind, können Bewertungsprämien erzielen. ESG-bezogene Treiber wie Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, Ressourceneffizienz und die Kreislaufwirtschaft werden immer wichtiger für den langfristigen Erfolg. Die EU-Taxonomie und der European Green Deal setzen ambitionierte Ziele für die Reduktion der Treibhausgasemissionen und die Förderung eines klimaneutralen Kontinents bis 2050. Diese politischen und regulatorischen Vorgaben haben direkte Auswirkungen auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Kreditvergabekriterien von Finanzinstituten.

Neben den regulatorischen Anforderungen treiben auch Stakeholder wie Kunden, Mitarbeiter und Kapitalgeber die Auseinandersetzung mit ESG-Themen voran. Kunden fordern nachhaltige Produkte und Dienstleistungen, Mitarbeiter bevorzugen Unternehmen mit hohen Nachhaltigkeitsstandards und Investoren lenken ihre Kapitalströme in nachhaltige Unternehmen. Die zunehmende Zahl klimaschutzbezogener Klagen gegen Unternehmen und das Risiko von „stranded assets“ verdeutlichen die Notwendigkeit, ESG-Risiken frühzeitig zu identifizieren und zu managen.

Die ESG Due Diligence hat sich von einem rein risikoorientierten Ansatz zu einem strategischen Instrument entwickelt, das wertsteigernde Maßnahmen nach der Übernahme eines M&A-Targets identifiziert. Weddrien, Fotteler und Bönning betonen, dass eine systematische ESG Due Diligence die Grundlage für eine erfolgreiche ESG Value Creation bildet. Eine nachhaltige Investitionsstrategie und überdurchschnittliche ESG-Leistungen stärken die Reputation und senken Risiken, was zu einem besseren Zugang zu institutionellem Kapital führt.

Ein strukturiertes Vorgehen bei der ESG Due Diligence umfasst die Überprüfung des CO2-Fußabdrucks, der Dekarbonisierungspläne und der Klimawandelrisiken des Zielunternehmens. Dabei ist es wichtig, ein Kern-Set an Due-Diligence-Faktoren zu definieren, die auf das Geschäftsmodell des Zielunternehmens ausgerichtet sind. Dies ermöglicht eine fokussierte und effektive Prüfung, die sowohl Risiken aufdeckt als auch Wertsteigerungspotenziale identifiziert.

Die E3 Holding, als Transformationsinvestor, setzt auf eine ESG-orientierte Investitionsstrategie, die Unternehmen nachhaltiger und resilienter machen soll. „Unsere ESG Due Diligence fokussieren wir auf themenspezifische Wirkungsschwerpunkte, die sich an den Sustainable Development Goals orientieren,“ so die Autoren. Dabei werden sowohl potenzielle Verstöße gegen Ausschlusskriterien als auch Red-Flag-Sachverhalte und bestehende Nachhaltigkeitsaktivitäten geprüft. Durch die Ableitung konkreter Maßnahmen zur Verbesserung der ESG-Performance kann die E3 Holding nach der Übernahme sofort mit der ESG Value Creation beginnen.

Die systematische Erhebung von über 40 Kennzahlen und Indikatoren ermöglicht es der E3 Holding, Fortschritte und Zielerreichungen zu messen. Diese KPIs sind ein elementarer Bestandteil der Business Reviews und unterstützen die langfristige Reduktion der Treibhausgasemissionen. Das Operating Framework der E3 Holding integriert Value Added-Management, digitale Transformation und ESG als gleichberechtigte Werttreiber, die von spezialisierten Partnern unterstützt werden.

Ein effektives ESG Reporting und Monitoring ist entscheidend für die Erfolgskontrolle der eingeleiteten Maßnahmen. E3 legt großen Wert auf die Einhaltung guter Unternehmensführungspraktiken und überprüft regelmäßig die Einhaltung eines Supplier Code of Conduct. Durch die systematische Begleitung der Gruppenunternehmen nach der Übernahme stellt die E3 Holding sicher, dass die ESG-Initiativen erfolgreich umgesetzt werden.

Weddrien, Fotteler und Bönning schließen mit der Feststellung, dass eine erfolgreiche Integration von ESG Due Diligence und ESG Value Creation nicht nur Risiken minimiert, sondern auch erhebliche Wertsteigerungspotenziale eröffnet. „Unserer Erwartung nach wird es nicht mehr lange dauern, bis die heutigen Best-Practice-Ansätze bei ESG Due Diligence und ESG Value Creation zum Marktstandard werden,“ so die Autoren. Damit wird die nachhaltige Transformation der Wirtschaft entscheidend vorangetrieben und Unternehmen können langfristig erfolgreich und wettbewerbsfähig bleiben.

Olivier Weddrien ist Gründer und Geschäftsführer der Industrieholding E3. Vorherige Tätigkeiten hatte er unter anderem bei The Cranemere Group Limited und DZ Equity Partner. Die E3 Holding wurde 2021 von den Industrie- und Private Equity-Managern Olivier Weddrien, Wolfgang Kuhn, Jürgen Geißinger und Klaus-Joachim Krauth gemeinsam mit der Kreissparkasse Biberach gegründet. Die E3 Gruppe beschäftigt mehrere Hundert Mitarbeitende an verschiedenen Standorten in Deutschland und Schweden und investiert in die Bereiche Cyber Security Services/Digitalisierung, Präzisionsproduktionstechnik, Reinraumtechnik und Lebensmittel.

Thomas Fotteler verfügt über mehr als 25 Jahre Berufserfahrung im Finanzbereich. Er war unter anderem Partner und Geschäftsführer der Halder Beteiligungsberatung GmbH und Head of Leveraged Finance der Investkreditbank in Deutschland. Davor arbeitete er im Leveraged-Finance-Bereich der BNP Paribas in Deutschland und Frankreich. Gegenwärtig ist er Head of Investment bei E3 sowie Geschäftsführender Gesellschafter der NOWASTE GmbH, einem Hersteller nachhaltiger Mehrwegbecher.

Matthias Bönning ist seit 2021 Geschäftsführer der fors.earth capital GmbH. Dort begleitet er vorwiegend Finanzdienstleister und Beteiligungsunternehmen bei ihrer strategischen ESG-Positionierung und deren Implementierung im Investmentprozess. Als Head of Research und Vorstandsmitglied der oekom research AG sowie als Managing Director in der Funktion als Global Head of ESG Ratings bei Institutional Shareholder Services Inc. (ISS) hat er langjährige Erfahrung im Bereich Sustainable Finance und in der Nachhaltigkeitsbewertung von Unternehmen gesammelt.

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Zwischen Amüsement und Sorge: Volkswirte über Trumps Wirtschaftspolitik

Von Dr. Oliver Everling | 24.Januar 2025

Wenn die Meinungen von Donald Trump keine reale Möglichkeit praktischer Einflussnahme mit sich brächten, könnten Volkswirte sie wohl mit einem Schmunzeln quittieren. Doch der Ernst der Lage, den seine Ansätze mit sich bringen, lässt den Humor schnell verschwinden. Carsten Mumm, Chefvolkswirt der Privatbank DONNER & REUSCHEL, sieht in Trumps Wirtschaftspolitik zahlreiche Widersprüche, die die US-Wirtschaft vor erhebliche Herausforderungen stellen könnten.

Trump setzt seit seiner Amtsübernahme auf klare und unverblümte Ansagen. Ausländische Unternehmen, die Waren in die USA exportieren, sollen gezwungen werden, im Inland zu produzieren, andernfalls drohen Strafzölle. Die OPEC wird aufgefordert, für niedrigere Ölpreise zu sorgen. Besonders hartnäckig kritisiert Trump jedoch die US-Notenbank Fed und deren Präsidenten Jerome Powell. Er behauptet, besser zu wissen, auf welchem Niveau die Leitzinsen liegen sollten, und fordert energisch Zinssenkungen.

Diese Forderungen stehen allerdings in deutlichem Widerspruch zu den aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Fed wird bei ihrer nächsten Zinssitzung kaum auf Trumps Ansinnen eingehen. Die Markterwartung deutet auf eine abwartende Haltung hin, da sowohl das Wirtschaftswachstum als auch der Inflationsdruck weiterhin hoch sind. Die Inflationsrate lag zuletzt bei 2,9 Prozent und damit deutlich über dem Zielwert von 2 Prozent. Sollte Trumps Wirtschaftspolitik das Wachstum weiter ankurbeln, könnte die Inflation auf hohem Niveau verharren, was Zinssenkungen weiterhin unwahrscheinlich macht.

Auch die Entwicklungen am Markt schaffen Fakten, die Trumps Vorhaben nicht unterstützen. Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen sind seit Sommer 2024 um etwa 100 Basispunkte gestiegen und nähern sich der Marke von 5 Prozent jährlich. Gleichzeitig liegen 30-jährige Hypothekenzinsen aktuell bei über 7 Prozent jährlich. Neben den gestiegenen Inflationserwartungen tragen auch Befürchtungen über die wachsenden US-Staatsschulden aufgrund geplanter Steuersenkungen zu diesen Entwicklungen bei. Das hohe Zinsniveau wirkt bremsend auf die Wirtschaft und dürfte nicht in Trumps Interesse sein.

Die gestiegenen Verbraucherpreise, die wesentlich zur Wahlniederlage der Demokraten im letzten Jahr beitrugen, könnten bei anhaltender oder steigender Inflation auch Trumps politische Position schwächen. Die Forderung, die Wirtschaft zu stimulieren und gleichzeitig Inflation und Zinsen niedrig zu halten, offenbart ein grundlegendes Dilemma. „Gleichzeitig die Wirtschaft anzukurbeln und dabei Inflation und Zinsen niedrig zu halten, wird nicht funktionieren“, erklärt Mumm. Trump wird gezwungen sein, Prioritäten zu setzen, um eine Überhitzung der US-Wirtschaft zu vermeiden. Andernfalls könnten die wirtschaftlichen Folgen seiner Politik schneller sichtbar werden, als ihm lieb ist.

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Technologieaktien und ETFs: Eine gefährliche Dynamik

Von Dr. Oliver Everling | 24.Januar 2025

Die Veröffentlichung der Geschäftszahlen der „Mag7“ – Apple, Nvidia, Alphabet, Meta, Amazon, Tesla und Microsoft – für das vierte Quartal 2024 steht bevor. Nach den beeindruckenden Kursgewinnen im Jahr 2024 sind die Erwartungen der Märkte hoch. Doch genau diese Dynamik birgt Risiken, wie Reinhard Pfingsten, Chief Investment Officer der apoBank, eindrucksvoll erklärt.

In einem Kommentar weist Pfingsten auf die überproportionale Gewichtung der führenden US-Technologieaktien in börsengehandelten Indexfonds (ETFs) hin – und die damit verbundenen Gefahren:

„Anleger, die ihr Risiko im Portfolio verringern wollen, investieren gerne in den marktbreiten S&P 500-Aktienindex. Dabei wissen viele nicht, dass die Mag7 zuletzt mehr als die Hälfte zur Wertentwicklung dieses Indexes beigetragen haben – dabei beträgt ihre Marktkapitalisierung lediglich 30 Prozent.“

Diese Aussage beleuchtet einen grundlegenden Mechanismus der passiven Investmentstrategien: Je stärker die großen Technologiewerte performen, desto mehr Kapital fließt in diese Unternehmen zurück, da ETFs automatisch Anteile entsprechend ihrer Indexgewichtung nachkaufen. Pfingsten warnt:

„Ohne es zu wissen, zocken viele Anleger auf Technologiewerte und ignorieren damit die goldene Börsenregel, nicht alle Eier in einen Korb zu legen. Die passive ETF-Dynamik verstärkt den Effekt: Je stärker die MAG 7 performen, desto mehr Kapital fließt durch Nachkäufe in dieselben Unternehmen – ein Kreislauf, der die Diversifikationsregel vollends aushebelt.“

Diese Entwicklung kann für Anleger gefährlich werden, denn eine Korrektur der stark übergewichteten Technologiewerte könnte die positive Marktstimmung schnell ins Negative kippen lassen. Pfingsten empfiehlt Anlegern daher, genauer hinzusehen und das Risiko im Portfolio aktiv zu steuern.

Wer tiefer in die Materie eintauchen und die Mechanismen von ETFs besser verstehen möchte, dem sei das Buch „Exchange Traded Fund-Rating“ aus dem Bank-Verlag empfohlen. Es bietet eine fundierte Analyse und Bewertung von ETFs und hilft Anlegern, die Dynamik hinter diesen beliebten Anlagevehikeln zu durchschauen.

Reinhard Pfingstens Analyse zeigt, wie die Struktur des ETF-Marktes unbewusst zu Klumpenrisiken führen kann. Die Übergewichtung der Mag7 in marktbreiten Indizes wie dem S&P 500 verdeutlicht, dass passive Anlagestrategien nicht immer gleichbedeutend mit Diversifikation sind. Anleger sollten die Risiken einer zu hohen Abhängigkeit von Technologiewerten im Auge behalten – insbesondere in einem Jahr, in dem Marktreaktionen auf Quartalszahlen hoch ausfallen könnten.

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Das große Bild in 2025 zur Frühwarnung

Von Dr. Oliver Everling | 20.Januar 2025

Das „Big Picture: 2025“, eine neue Publikation des FERI Cognitive Finance Institute (FCFI), stellt eine detaillierte Analyse zukünftiger Entwicklungen und Herausforderungen dar. Die Studie verknüpft 35 Schlüsselszenarien aus sechs Erkenntnisbereichen – Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Finanzsystem, Technik und Umwelt – zu einem umfassenden Zukunftsbild. Mithilfe der Cognitive Finance-Methodik überwindet das FCFI traditionelle Denkgrenzen und identifiziert dynamische Wechselwirkungen, die oft vernachlässigt werden.

Die Studie hebt hervor, wie geopolitische Spannungen, technologischer Fortschritt und wirtschaftliche Disruptionen ineinandergreifen und weitreichende Konsequenzen für globale Machtstrukturen und nationale Finanzsysteme haben können. Insbesondere die geopolitischen Konflikte zwischen den USA, China und Russland sowie die damit einhergehenden Strategien zur Währungs- und Wirtschaftsmacht zeigen, wie anfällig nationale Ratings gegenüber politischen und ökonomischen Umbrüchen sind.

Die Studie gibt Anlass zur Vermutung, dass der Druck auf Länder-Ratings aufgrund mehrerer Entwicklungen steigen könnte. Zum einen untergräbt die zunehmende Polarisierung in der Weltpolitik die Stabilität und Glaubwürdigkeit globaler Wirtschaftssysteme. Der „neue Kalte Krieg“ und hybride Kriegführung durch antiwestliche Allianzen wie die CRINKs destabilisieren Märkte und erhöhen Risiken. Zum anderen wird die Verschuldungsdynamik, insbesondere in den USA, durch wachsende Zinslasten und politische Einflussnahme auf die US-Notenbank als potenzielle Bedrohung für das Vertrauen in den US-Dollar beschrieben. Hinzu kommt die Möglichkeit eines wachsenden Einflusses von Kryptowährungen, was bestehende Finanzarchitekturen zusätzlich belasten könnte.

Auch technologische Trends wie der exponentielle Aufstieg der Künstlichen Intelligenz, Quantencomputing und Blockchain treiben strukturelle Veränderungen voran. Diese Innovationen bieten zwar Chancen, stellen jedoch auch etablierte Finanzsysteme infrage. Schließlich führt der Klimawandel mit seinen disruptiven Effekten auf Biodiversität und Ressourcenverfügbarkeit zu neuen Herausforderungen, die ebenfalls die Bewertung von Ländern beeinflussen könnten.

Die „Big Picture“-Analyse macht uns deutlich, dass sich Ratings in einer Zeit wachsender Komplexität und Unsicherheit zunehmend als fragil erweisen könnten. Sie appelliert an Unternehmen und Investoren, die genannten Trends als Frühwarnsystem zu nutzen und Strategien zur Risikominimierung und Chancennutzung zu entwickeln.

Die Studie „Big Picture: 2025“ schöpft erstmals in einzigartiger Weise umfassend aus dem tiefgehenden Wissens- und Forschungspool des FERI Cognitive Finance Institute, das seit seiner Gründung im Jahr 2016 kontinuierlich aufgebaut wurde. Durch die innovative Cognitive Finance-Methodik integriert sie Erkenntnisse aus sechs zentralen Analysefeldern – von Geopolitik bis Umwelt – und verdichtet diese zu einem kohärenten Gesamtbild globaler Zukunftstrends. Indem kognitive Verzerrungen und Wahrnehmungslücken überwunden werden, gelingt es der Studie, zahlreiche komplexe Zusammenhänge und wechselseitige Abhängigkeiten sichtbar zu machen, die in traditionellen Analysen oft unbeachtet bleiben. Mit dieser erstmaligen Offenlegung eines einzigartigen Research-Schatzes bietet das Institut Unternehmern und Investoren strategisch wertvolle Einblicke und Handlungsperspektiven.

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ESG-Scoringmodelle in der Kreditvergabe durch Banken

Von Dr. Oliver Everling | 20.Januar 2025

Unser neues Buch im Verlag Springer Nature: ESG als Treiber von M&A – Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse erfolgreich managen.

Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) ist in der Kreditvergabe durch Banken zu einem zentralen Element geworden. Patrick Jackes betont, dass europäische und nationale Aufsichtsbehörden von Banken fordern, ESG-Risiken zu identifizieren, in ihre Entscheidungsprozesse zu integrieren und aktiv zu steuern. Diese Vorgaben zielen darauf ab, finanzielle Verluste zu vermeiden und nachhaltige Entwicklungen zu fördern. Die 7. Novelle der MaRisk (Mindestanforderungen an das Risikomanagement) hat verbindliche Vorgaben für die ESG-Risikobewertung durch Kreditinstitute eingeführt. Jackes erklärt, dass ESG-Scoringmodelle dabei unterstützen, diese regulatorischen Anforderungen zu erfüllen und gleichzeitig Wettbewerbsvorteile zu sichern.

Die Bewertung von ESG-Risiken wird zum zentralen Bestandteil der Risikosteuerung einer Bank. Die Notwendigkeit, ESG-Risiken zu messen, ergibt sich sowohl aus dem EU-Aktionsplan für nachhaltige Finanzen als auch aus der 7. MaRisk-Novelle, die die explizite und angemessene Berücksichtigung von ESG-Risiken bei der Kreditrisikobeurteilung und im Kreditvergabeprozess vorschreibt. Diese Bewertung kann entweder im Rahmen eines Risikoklassifizierungsverfahrens oder separat durch ein ESG-Scoringmodell erfolgen. „Scoringmodelle zur Bewertung von ESG-Risiken sind das gängige Vorgehen zum Status quo,“ so Jackes, und sie bieten Banken eine Möglichkeit, Risiken besser zu identifizieren und zu steuern, während sie gleichzeitig den aufsichtsrechtlichen Anforderungen gerecht werden.

Ein idealtypisches ESG-Scoringmodell umfasst sowohl automatisierte als auch einzelkundenspezifische Bewertungen. Die automatisierte Bewertung setzt auf Branchen- und Standortdaten auf Basis externer Datenquellen auf und bietet eine erste grobe Einschätzung der ESG-Risiken eines Kreditnehmers. Diese Methode hat den Vorteil, dass sie keine individuellen Informationen vom Kunden erfordert, was insbesondere im Mengengeschäft effizient ist. Allerdings kann sie keine spezifischen Nachhaltigkeitsbemühungen des Unternehmens berücksichtigen, was zu einer weniger genauen Risikoeinschätzung führt.

Für großvolumige Kundenengagements ist eine detaillierte Einzelkundenanalyse erforderlich. Diese Bewertung nutzt spezifische Informationen vom Firmenkunden, um eine genauere Risikoeinschätzung zu ermöglichen. Jackes erläutert, dass hierfür „die notwendigen Daten ausschließlich über den Firmenkunden selbst generiert werden.“ Diese Daten umfassen unter anderem CO2-Emissionen, Energieverbrauch, Arbeitsbedingungen und Unternehmensführung. Banken stellen konkrete Datenanforderungen an ihre Kunden, um diese Informationen zu erhalten, was zu einem umfassenden und relevanten ESG-Datenpool führt.

Der Einsatz von ESG-Scoringmodellen bringt für Banken zahlreiche Vorteile. Diese Modelle ermöglichen eine adäquatere Risikosteuerung, da sie eine breitere Basis für die Risikobeurteilung schaffen und somit das Risiko von Kreditausfällen reduzieren. Zudem unterstützen sie die Erfüllung regulatorischer Vorgaben und fördern Transparenz und Vertrauen bei Investoren, Regulierungsbehörden und der Öffentlichkeit. Durch die Einbindung von ESG-Kriterien in die Kreditvergabe können Banken langfristige Beziehungen zu nachhaltig operierenden Unternehmen aufbauen, die oft finanziell stabiler und weniger risikobehaftet sind.

Für Firmenkunden bieten ESG-Scoringmodelle ebenfalls Vorteile. Unternehmen mit guten ESG-Scores können (zukünftig) bessere Kreditbedingungen erhalten, da sie als weniger risikoreich und zukunftsträchtiger angesehen werden. Dies kann perspektivisch zu niedrigeren Zinssätzen und verbesserten Finanzierungsmöglichkeiten führen. Darüber hinaus stärkt ein positiver ESG-Score die Reputation und Marktposition eines Unternehmens, was neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnet und die Attraktivität für Investoren erhöht. Eine nachhaltige Geschäftsausrichtung kann langfristig Werte schaffen, nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch durch positive soziale und ökologische Auswirkungen.

Dennoch gibt es Herausforderungen bei der Nutzung von ESG-Scoringmodellen. Eine der größten Herausforderungen ist die Verfügbarkeit und Qualität der notwendigen Daten. Oft fehlen umfassende und zuverlässige ESG-Daten, insbesondere bei kleinen und mittelständischen Unternehmen. Zudem fehlt es an methodischer Standardisierung, was zu unterschiedlichen Modellen und Vorgehensweisen zwischen Banken führen kann. Diese Heterogenität kann für Firmenkunden, die Beziehungen zu mehreren Banken haben, eine Herausforderung darstellen, da sie unterschiedliche Datenanforderungen erfüllen müssen. Zudem sind ESG-Risiken dynamisch und können sich durch politische Entscheidungen oder extreme Wetterereignisse schnell ändern, was die kontinuierliche Anpassung der Modelle erforderlich macht.

Zukünftige Entwicklungen im Bereich der ESG-Scoringmodelle werden maßgeblich durch technologische Innovationen und regulatorische Veränderungen bestimmt. Technologische Entwicklungen, insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz, können die Analyse von ESG-Daten verbessern und beschleunigen. Regulatorische Entwicklungen streben eine Harmonisierung der ESG-Bewertung an, was die Vergleichbarkeit und Transparenz von ESG-Daten erhöhen soll. Diese Entwicklungen werden die Bedeutung von ESG-Scores weiter stärken und deren Integration in die Kreditvergabeprozesse vorantreiben.

Zusammenfassend zeigt der Beitrag von Patrick Jackes, dass ESG-Scoringmodelle in der Kreditvergabe durch Banken eine zentrale Rolle spielen und sowohl für Banken als auch für Firmenkunden zahlreiche Vorteile bieten. Trotz bestehender Herausforderungen ist die Integration von ESG-Risiken in die Kreditvergabeprozesse unerlässlich, um finanzielle Risiken zu minimieren und nachhaltige Entwicklungen zu fördern. ESG-Scoringmodelle tragen zur Transparenz bei und unterstützen die Erreichung regulatorischer Anforderungen, während sie gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Banken stärken.

Patrick Jackes ist Projektleiter für den VR-ESG-RisikoScore, ein Klassifizierungsverfahren für ESG-Risiken im Kundenkreditgeschäft zur Erfüllung aufsichtsrechtlicher Anforderungen, im Bereich Beratung und Prozessmanagement bei dem IT- und Methodik-Dienstleister parcIT GmbH. Neben der methodischen Modellentwicklung begleitet er die Integration des ESG-RisikoScores in die operativen Kreditvergabeprozesse und berät Banken zur Messbarkeit von ESG-Risiken.

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