« Great Resignation? Nicht in China | Home | Rolle der Ratingagenturen bei „grünen Anleihen“ »
Small Cap-Effekt und Unternehmen ohne Ratings
Von Dr. Oliver Everling | 5.Juli 2022
Weniger „offizielles“ Rating, dafür höheres Risiko und höhere Renditen – diese Zusammenhänge zu beachten, kann sich für Investoren lohnen. Im Vergleich zu Mid und Large Caps bieten Aktien von Small Cap-Unternehmen auf lange Sicht in fast allen Märkten die attraktivere Alternative. Zu diesem Ergebnis kommt Desiree Sauer, Investmentstrategin bei Lazard Asset Management, in einer aktuellen Studie. Neben der attraktiveren risikoadjustierten Rendite gibt es ihrer Meinung nach noch weitere spannende Aspekte, die für das Anlagesegment sprechen.
Von dem oft beklagten Mangel an Ratings für kleine und mittlere Unternehmen können Anleger bei entsprechendem Knowhow profitieren. Auch das, was diese Unternehmen an Gebühren für Ratings unabhängiger Agenturen einsparen, landet dann in den Taschen fachkundiger Investoren. Während öffentliches Rating und Research jedermann zugänglich ist und damit zwangsläuig die Hoffnung dämpfen muss, im Vergleich zu anderen Anlegern eine bessere Rendite zu erreichen, stehen bei nicht gerateten Unternehmen die Chancen gut, im Nebel der Uninformiertheit Überrenditen zu vereinnahmen.
Nach Ansicht Sauers ist es nämlich zunächst einmal der gut erforschte Small Cap-Effekt, der niedrig kapitalisierte Werte attraktiv macht. „Wissenschaftliche Studien konnten wiederholt zeigen, dass Small Cap-Aktien im Laufe der Zeit besser abschnitten als ihre Large Cap-Pendants“, erläutert die Expertin. Bei der Betrachtung der vergangenen Performance hat sich etwa der MSCI Welt Small Cap-Index von 2000 bis 2022 mehr als vervierfacht, während der MSCI Welt Large Cap sich noch nicht einmal ganz verdoppelte. Grunderkenntnis: Small Caps seien zwar volatiler und generell riskanter als Large Caps, für das höhere Risiko werde der Anleger jedoch mit einer langfristig höheren Performance entschädigt.
Doch Small Caps konnten in der Vergangenheit nicht nur höhere risikobereinigte Renditen im Vergleich zu Large Caps erzielen, sondern boten auch Vorteile bei der Gesamtportfoliokonstruktion. „In einem Umfeld, in dem die Korrelationen zwischen den einzelnen Anlageklassen immer weiter zugenommen haben, können Small Caps zur Diversifizierung eines Portfolios beitragen“, sagt Desiree Sauer. Denn es habe sich gezeigt, dass die Rendite von Small Caps sich im Vergleich zu anderen Marktsegmenten durchaus unterschiedlich entwickle. „Das liegt daran, dass Small Cap-Unternehmen im Allgemeinen stärker inländisch orientiert sind als ihre Large Cap-Vergleichsgruppe. Sie sind insgesamt weniger von Auslandsverkäufen abhängig; das kann bei globalen Schocks zur Diversifizierung der Performance beitragen“, erläutert Desiree Sauer.
Ein weiteres Argument für kleinere Werte sei die niedrige Research-Abdeckung und die geringere Verfügbarkeit von Informationen. Sauer weist darauf hin, dass etwa 25 % der Small und Micro Cap-Aktien weltweit keine Research-Coverage aufweisen. Dies sei im Large-/Mega-Cap-Bereich undenkbar. Insgesamt führe das wenig vorhandene Research bei Small Caps zu Marktineffizienzen, was aktiven Managern Raum zur Alphagenerierung biete. „Die Bottom-up-Analyse ist entscheidend, um die Chancen und Risiken von Small Cap-Unternehmen zu verstehen. Das macht aktives Management unabdingbar“, fasst Desiree Sauer zusammen.
Themen: Aktienrating, Mittelstandsrating | Kommentare deaktiviert für Small Cap-Effekt und Unternehmen ohne Ratings
Kommentare geschlossen.