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Klartext von Bernd Spalt: Banken brauchen Regulierung mit Augenmaß

Von Dr. Oliver Everling | 29.April 2025

Auf der Handelsblatt-Tagung „Bankenaufsicht 2025 – Aktuelle europäische Entwicklungen“ sorgte Bernd Spalt, Chief Risk Officer der Commerzbank, mit einem offenen und selbstkritischen Vortrag für Aufmerksamkeit. „Wie überzeugt sind Sie von Ihrer Selbstkritik?“ – mit dieser Frage leitete Spalt seinen Beitrag ein und setzte damit den Ton für eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Rolle von Banken, Aufsicht und Regulierung.

Spalt sprach zum Thema „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit: Wie können Banken, Regulierung und Aufsicht gemeinsam an einem Strang ziehen?“ in Frankfurt am Main.

Spalt machte unmissverständlich klar: Es geht nicht um Deregulierung. Niemand wolle einen „Race to the bottom“, so der Risikovorstand. Vielmehr brauche die Finanzbranche eine klügere, effizientere Regulierung, die auf Prinzipien beruht statt auf übermäßiger Detailverliebtheit. Aus dem deutschen Koalitionsvertrag lasse sich der politische Wille zum Bürokratieabbau ableiten, so Spalt – nun müsse dieser Anspruch aber auch Realität werden. Er sprach sich für eine Regulierung aus, die klar Prioritäten setzt und es vermeidet, Unwesentliches bis ins Kleinste zu regeln. Dies falle aktuell in Europa noch schwer.

Kritisch äußerte sich Spalt auch zur internationalen Abstimmung in der Finanzregulierung. Ob es „Basel überhaupt noch gibt“ – diese provokante Frage richtete er an das Publikum. Die geringe Beteiligung der USA an aktuellen Basel-Initiativen werfe Zweifel an der Wirksamkeit globaler Standards auf. Dennoch sei für ihn klar: Die Finanzwirtschaft bleibt ein globales Thema, und ein Rückzug auf nationale oder regionale Lösungen sei keine Option.

Einen besonderen Schwerpunkt legte Spalt auf die Herausforderungen durch neue Technologien. Künstliche Intelligenz müsse nicht nur genutzt, sondern auch verstanden und beherrscht werden. Hier fehle es derzeit an gemeinsamen Foren und Formaten zwischen Banken, Regulierern und Aufsehern. Besonders kritisch sei, dass viele KI-Modelle als Blackboxen agierten – das schaffe Unsicherheit und erschwere die Aufsicht. Es sei nicht zielführend, wenn jeder Aufseher eigene Schwerpunkte setze. Stattdessen brauche es abgestimmte Aufsichtsstrategien.

Auch die europäische Bankenaufsicht selbst nahm Spalt ins Visier. Die Ausweitung der Anzahl beaufsichtigter Institute sei nicht immer sinnvoll – „less is more“, meinte er in Richtung der europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA. Wichtig sei, dass man aktuelle, anpassungsfähige Risikomodelle nutze – nicht solche, die auf überholten historischen Daten basieren. „Wir wollen aktuelle Modelle haben, keine historischen Modelle“. Zwischen Aufsicht, Regulierung und Banken müssten neue Kommunikationsformate entstehen, um komplexe Themen wie KI gemeinsam und transparent anzugehen.

Spalts Vortrag war kein Plädoyer für laxe Regeln, sondern ein engagierter Ruf nach Qualität und Pragmatismus in der Regulierung. Er zeigte, wie sehr die Branche bereit ist, Verantwortung zu übernehmen – sofern sie dabei nicht in bürokratischen Strukturen erstickt wird.

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