Ratings und die Problematik der Vetternwirtschaft in öffentlichen Vergabeverfahren

Von Dr. Oliver Everling | 17.Juli 2024

Öffentliche Vergabeverfahren spielen eine zentrale Rolle bei der Beschaffung von Waren, Dienstleistungen und Bauleistungen durch staatliche Institutionen und öffentliche Einrichtungen. Die Vergabe erfolgt dabei nach strengen rechtlichen Vorgaben, um Transparenz, Gleichbehandlung und Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten. In diesem Kontext gewinnen Ratings zunehmend an Bedeutung, um die Qualität und Zuverlässigkeit von Bietern zu bewerten.

Ratings sind systematische Beurteilungen, die Unternehmen oder deren Angebote nach bestimmten Kriterien bewerten. Diese Bewertungen können durch unabhängige Ratingagenturen, branchenspezifische Zertifizierungsstellen oder interne Bewertungsverfahren erfolgen. In öffentlichen Vergabeverfahren dienen sie dazu, die Eignung und Leistungsfähigkeit der Bieter objektiv zu beurteilen. Ein gutes Rating signalisiert Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit, finanzielle Stabilität und Qualität, was in der Entscheidung für einen Auftragnehmer eine wesentliche Rolle spielt.

Die Kriterien für Ratings können je nach Branche und Art des Vergabeverfahrens variieren. Zu den häufigsten Bewertungskriterien gehören sowohl leistungswirtschaftliche, wie auch finanzwirtschaftliche Kriterien, wie die finanzielle Stabilität, die ein wichtiger Indikator für die Fähigkeit eines Unternehmens ist, langfristige Verpflichtungen zu erfüllen. Hierbei werden Kennzahlen wie Eigenkapitalquote, Liquidität und Verschuldungsgrad berücksichtigt.

Auch die Erfahrung des Managements und die Referenzen spielen eine bedeutende Rolle, da die bisherige Erfahrung und erfolgreich abgeschlossene Projekte in ähnlichen Bereichen ein Maß für die Kompetenz und Zuverlässigkeit eines Unternehmens sind. Ebenso wichtig ist das Qualitätsmanagement: Die Implementierung von Qualitätsmanagementsystemen (z.B. ISO-Zertifizierungen) zeigt, dass ein Unternehmen standardisierte Prozesse zur Sicherstellung der Qualität seiner Leistungen eingeführt hat. Innovationskraft und technologische Fähigkeiten sind in vielen Bereichen ebenfalls entscheidend, insbesondere wenn es um Projekte mit hohen technischen Anforderungen geht.

Neben diesen harten Kriterien spielen auch weiche Faktoren eine Rolle. Die Reputation eines Unternehmens, das Ansehen in der Branche und die Zufriedenheit früherer Auftraggeber können in die Bewertung einfließen. Solche weichen Faktoren sind oft weniger greifbar, aber nicht minder wichtig, um ein umfassendes Bild der Leistungsfähigkeit eines Bieters zu erhalten.

Vetternwirtschaft, auch Nepotismus genannt, bezeichnet die Bevorzugung von Verwandten oder Freunden bei der Vergabe von Aufträgen, Stellen oder anderen Vorteilen, oft unabhängig von deren Qualifikationen oder Eignung. In öffentlichen Vergabeverfahren kann Vetternwirtschaft erhebliche negative Auswirkungen haben und steht im Widerspruch zu den Grundsätzen von Transparenz, Gleichbehandlung und Wirtschaftlichkeit.

Die Integrität und Glaubwürdigkeit öffentlicher Vergabeverfahren kann stark beeinträchtigen. Wenn Aufträge nicht aufgrund objektiver Kriterien, sondern aufgrund persönlicher Beziehungen vergeben werden, werden qualifizierte und geeignete Anbieter möglicherweise übergangen. Dies führt zu einer Verzerrung des Wettbewerbs und kann dazu führen, dass öffentliche Gelder ineffizient verwendet werden. Projekte könnten an Unternehmen vergeben werden, die nicht die besten Leistungen bieten, was die Qualität und den Erfolg der Projekte gefährdet.

Die Präsenz von Vetternwirtschaft untergräbt das Vertrauen der Öffentlichkeit in die staatlichen Institutionen und deren Vergabeverfahren. Bürger und Unternehmen müssen darauf vertrauen können, dass öffentliche Aufträge fair und transparent vergeben werden. Wenn dieser Glaube durch Fälle von Vetternwirtschaft erschüttert wird, kann dies das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen langfristig beschädigen.

Um Vetternwirtschaft zu verhindern, gibt es in vielen Ländern strenge gesetzliche Regelungen und Kontrollmechanismen. Diese beinhalten Transparenzvorschriften, wie die Veröffentlichung von Ausschreibungen und Vergabeentscheidungen, sowie die Verpflichtung zur Dokumentation und Begründung von Vergabeentscheidungen. Darüber hinaus gibt es oft unabhängige Kontrollinstanzen, die die Einhaltung der Vergaberegeln überwachen und Verstöße sanktionieren können.

Ein weiterer wichtiger Ansatz zur Bekämpfung von Vetternwirtschaft ist die Etablierung von Compliance-Programmen innerhalb öffentlicher Institutionen. Diese Programme sollen sicherstellen, dass Mitarbeiter in Vergabestellen sich an ethische Standards und gesetzliche Vorgaben halten. Dazu gehören Schulungen, klare Verhaltensrichtlinien und Mechanismen zur Meldung von Verstößen.

Durch die Veröffentlichung von Vergabedaten und die Einbindung externer Beobachter kann die Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit von Vergabeentscheidungen erhöht werden. Dies erschwert es, Vetternwirtschaft zu verschleiern, und erleichtert die Aufdeckung und Ahndung von Missständen.

Letztlich ist auch die politische Kultur entscheidend. In Gesellschaften, in denen Korruption und Vetternwirtschaft stark stigmatisiert sind und Rechtsstaatlichkeit hochgehalten wird, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass solche Praktiken vorkommen. Daher ist es wichtig, ein Bewusstsein für die negativen Folgen von Vetternwirtschaft zu schaffen und eine Kultur der Integrität und Fairness zu fördern.

Insgesamt ist die Bekämpfung von Vetternwirtschaft essenziell für die Wahrung der Integrität öffentlicher Vergabeverfahren. Nur durch transparente, faire und objektive Vergabeprozesse kann sichergestellt werden, dass öffentliche Mittel effizient eingesetzt werden und das Vertrauen der Bürger in die staatlichen Institutionen erhalten bleibt.

Durch den Einsatz von Ratings wird eine objektivere Vergleichbarkeit der Bieter ermöglicht. Insbesondere bei komplexen und großen Projekten bietet diese Bewertungsmethode eine strukturierte Entscheidungsgrundlage, die über rein preisliche Überlegungen hinausgeht. So können Risiken minimiert und die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, dass der Auftrag an einen leistungsfähigen und zuverlässigen Anbieter geht. Gleichzeitig wird das Vertrauen in den Vergabeprozess gestärkt, da die Auswahlkriterien transparent und nachvollziehbar sind.

Dennoch gibt es auch Herausforderungen und Kritikpunkte im Zusammenhang mit dem Einsatz von Ratings in öffentlichen Vergabeverfahren. Die Abhängigkeit von externen Ratingagenturen kann zu Interessenskonflikten führen, und nicht immer sind die angewandten Bewertungsverfahren und Kriterien vollständig transparent. Zudem können kleinere und mittelständische Unternehmen benachteiligt werden, wenn sie nicht über die Ressourcen verfügen, um aufwändige Zertifizierungen und Ratings zu erwerben.

Insgesamt ist die Rolle von Ratings in öffentlichen Vergabeverfahren jedoch überwiegend positiv zu bewerten. Sie tragen dazu bei, den Auswahlprozess zu professionalisieren und die Entscheidungsfindung auf eine breitere Informationsbasis zu stellen. Durch die Berücksichtigung von Qualität, Zuverlässigkeit und Innovationskraft können öffentliche Auftraggeber sicherstellen, dass sie langfristig von den besten Anbietern profitieren.

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Nutzen von Ratings in Zeiten schwächelnder Wirtschaft: Ein Blick auf China

Von Dr. Oliver Everling | 17.Juli 2024

Ratings spielen eine entscheidende Rolle in der globalen Finanzwelt. Ein Credit Rating dient als Indikator für die Kreditwürdigkeit von Staaten, Unternehmen und anderen Schuldnern. In diesem Kontext ist es besonders interessant, die jüngsten Entwicklungen in der chinesischen Volkswirtschaft zu betrachten, da diese erhebliche Auswirkungen auf internationale Investitionen und globale Marktstabilität haben.

Im zweiten Quartal fiel das Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft mit 0,7 Prozent enttäuschend aus. Allerdings zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Sektoren. Diese Diskrepanz ist für Ratings von großer Bedeutung, da sie die Stabilität und die Risiken innerhalb verschiedener Wirtschaftsbereiche aufzeigt. Ein differenziertes Bild ergibt sich beispielsweise aus den Anlageinvestitionen, die im Juni um 3,9 Prozent stiegen, während die Industrieproduktion um 5,3 Prozent und die Exporte um 8,6 Prozent zulegten. Diese Zuwächse signalisieren eine Stabilisierung im verarbeitenden Gewerbe, was für die Nachfrage nach Industriegütern, insbesondere bei deutschen Unternehmen, positiv sein könnte. Ein stabiler Industriesektor kann das Rating positiv beeinflussen, da er als Rückgrat der Wirtschaft gilt.

Im Gegensatz dazu entwickelte sich der private Konsum weiterhin schwach. Einzelhandelsumsätze legten lediglich um 2,0 Prozent zu, und die Importe gaben um 2,3 Prozent nach. Ein schwacher Konsum kann negative Auswirkungen auf das Rating haben, da er auf geringes Verbrauchervertrauen und Kaufkraft hinweist, was langfristig die wirtschaftliche Dynamik bremst.

Zusätzlich sorgt der seit Mitte 2022 immer stärker sinkende Immobilienmarkt für Besorgnis. Einer der wichtigsten Hauspreisindizes gab zuletzt um 4,5 Prozent nach, was den stärksten Einbruch seit rund neun Jahren darstellt. Ein schwächelnder Immobiliensektor kann das Vertrauen der Investoren beeinträchtigen und somit das Rating negativ beeinflussen.

Vor diesem Hintergrund rückt diese Woche das dritte Plenum der Kommunistischen Partei Chinas in den Fokus. Hier wird jedoch eher mit langfristigen Wachstums- und Technologieplänen sowie Reformvorhaben zur Bekämpfung der steigenden Verschuldung gerechnet. Kurzfristige Stützungsmaßnahmen, die das Rating kurzfristig verbessern könnten, dürften hingegen ausbleiben.

Die niedrige Inflation von 0,2 Prozent und ein sehr schwaches Wachstum der Kreditvolumina könnten zur Verhinderung deflationärer Tendenzen geldpolitische Maßnahmen notwendig machen. Allerdings dürfte die People’s Bank of China nur zögerlich die Leitzinsen senken, um eine zu deutliche Abwertung der chinesischen Währung Yuan und eine mögliche Kapitalflucht zu verhindern. Solche geldpolitischen Maßnahmen könnten jedoch das Vertrauen in die wirtschaftliche Stabilität Chinas stärken und somit das Rating stabilisieren.

Insgesamt bleiben die Wachstumsperspektiven Chinas verhalten, glaubt Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL. Carsten Mumm fasst es so zusammen: „Insgesamt bleiben die Wachstumsperspektiven Chinas verhalten. Die Kernproblemfelder – wie der schwächelnde Immobiliensektor, die flaue Konsumbereitschaft und die alternde Gesellschaft – dürften die Wirtschaft vorerst weiter ausbremsen.“ Auch zur politischen Lage äußert er sich: „Die zunehmende Machtkonzentration auf die Person Xi Jinping und damit hohe politische Risiken sowie eine fehlende Reformbereitschaft werden sich kurzfristig wohl kaum ändern.“

Abschließend bleibt festzuhalten, dass das Rating Chinas von einer Vielzahl komplexer und miteinander verknüpfter Faktoren abhängt. Die wirtschaftlichen Indikatoren, politische Entscheidungen und strukturellen Herausforderungen müssen kontinuierlich beobachtet und analysiert werden, um fundierte Bewertungen und Prognosen abgeben zu können. In diesem dynamischen Umfeld bleibt die Rolle von Ratingagenturen und Finanzexperten wichtig, um Investoren und Marktteilnehmern Orientierung und Sicherheit zu bieten.

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Neue BSW-Produktklassifizierung steigert Bewertungseffizienz im Rating

Von Dr. Oliver Everling | 17.Juli 2024

Der Bundesverband für strukturierte Wertpapiere (BSW), als Branchenvertretung der führenden Emittenten strukturierter Wertpapiere, hat eine neue BSW-Produktklassifizierung vorgestellt. Diese umfasst die zwölf wichtigsten Produktgattungen strukturierter Wertpapiere und zielt darauf ab, die Transparenz und Standardisierung in diesem Marktsegment weiter zu erhöhen.

Christian Vollmuth, geschäftsführender Vorstand des BSW, erläutert: „Als Branchenvertretung der führenden Emittenten strukturierter Wertpapiere sorgen wir für Transparenz und Standardisierung. Mit unserer neuen BSW-Produktklassifizierung reagieren wir auf die Änderung des Marktumfelds – wie etwa auf das seit der Zinswende stark gewachsene Interesse an Fest- und Stufenzinsanleihen.“ Diese neuen Produkte werden nun als eigene Kategorien innerhalb des umfangreichen Angebots des BSW separat dargestellt und sollen insbesondere Anlegern mit einem hohen Sicherheitsbedürfnis zugutekommen.

Die neue Klassifizierung des BSW fördert nicht nur den Anlegerschutz, sondern auch die nachhaltige finanzielle Aus- und Weiterbildung. Ein zentrales Element dieser Klassifizierung ist die intuitiv erfassbare grafische Darstellung des Zusammenhangs von Chancen und Risiken. Dies wird durch eine stichpunktartige Beschreibung und eine Erklärung der Funktionsweise und Einsatzmöglichkeiten der wichtigsten Produkte aus Anlegerperspektive ergänzt. „Mit unserer BSW-Produktklassifizierung tragen wir dazu bei, dass Anleger als Selbstentscheider oder im Rahmen einer Anlageberatung eine passende Anlageentscheidung treffen können – sei es für Vermögensaufbau, Vermögenserhalt oder die private Altersvorsorge“, so Vollmuth.

Die Einführung der neuen Produktklassifizierung hat auch positive Auswirkungen auf das Rating der Produkte. Durch die klare und standardisierte Kategorisierung wird es für Analysten und Ratingagenturen einfacher, die verschiedenen Produkte zu bewerten. Die eindeutigen Definitionen und die präzise Abgrenzung der Produktkategorien ermöglichen eine konsistente und transparente Bewertung, die sowohl von professionellen als auch privaten Anlegern leicht nachvollzogen werden kann. Beispielsweise wurde die Definition für Express-Zertifikate präzisiert. Diese Kategorie umfasst nun auch Aktienanleihen mit der Möglichkeit vorzeitiger Rückzahlung, den sogenannten Express-Mechanismus. Diese klare Abgrenzung und Erweiterung der Kategorie erleichtert die Bewertung und das Verständnis dieser Produkte erheblich.

Im Zuge der Klassifizierung wurde die Kategorie der Sprint- und Outperformance-Zertifikate aufgelöst, da diese Produkte zuletzt einen sehr geringen Anteil am Marktvolumen verzeichneten. Diese Anpassung trägt dazu bei, den Fokus auf relevante und weit verbreitete Produktkategorien zu legen, was die Transparenz und Vergleichbarkeit weiter erhöht. Produkte, die nicht unter eine der zwölf dargestellten Produktkategorien fallen, werden in den BSW-Statistiken unter den Residual-Kategorien „Weitere Anlageprodukte ohne Kapitalschutz“ oder „Weitere Hebelprodukte“ erfasst. Diese Residual-Kategorien sorgen dafür, dass auch weniger gängige Produkte erfasst und bewertet werden können, ohne die Klarheit und Übersichtlichkeit der Hauptkategorien zu beeinträchtigen.

Die neue BSW-Produktklassifizierung stellt einen wichtigen Schritt in Richtung mehr Transparenz und Standardisierung im Markt für strukturierte Wertpapiere dar. Sie fördert nicht nur den Anlegerschutz und die finanzielle Bildung, sondern erleichtert auch die Bewertung und das Rating der Produkte erheblich. Anleger und Analysten profitieren gleichermaßen von der klaren und verständlichen Darstellung der verschiedenen Produktkategorien, was letztlich zu besseren und fundierteren Anlageentscheidungen führt.

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Die wachsende Rolle der KI bei der Entscheidungsfindung

Von Dr. Oliver Everling | 10.Juli 2024

Ein Projekt von abrdn und der University of Edinburgh zeigt, wie künstliche Intelligenz (KI) zunehmend Einfluss darauf nimmt, wie Menschen ihre Zeit und Ressourcen verwenden. Im Rahmen ihrer Partnerschaft „Centre for Investing Innovation“ haben abrdn und die University of Edinburgh ein Projekt gestartet, das darauf abzielt, generative KI zur Unterstützung des Investitionsanalyseprozesses des Unternehmens einzusetzen. Experten aus der Investmentbranche und Wissenschaftler verschiedener Forschungsgebiete arbeiten zusammen, um einen generativen KI-basierten Berater zu entwickeln. Dieser kombiniert ein verbessertes Sprachmodell mit einem statistischen Inferenzverfahren, um die Investmentteams von abrdn zu unterstützen.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Modellen, die sich auf die Identifizierung spezifischer Risiken oder die Analyse früherer Entscheidungen konzentrieren, wird das neue Instrument den Research-Teams von abrdn helfen, ihren Prozess auf eine breitere Palette von Wertpapieren anzuwenden. Dadurch werden aktuellere und umfassendere Erkenntnisse generiert, die für fundiertere Investitionsentscheidungen genutzt werden können. Die Forscher der University of Edinburgh arbeiten daran, bestehende große Sprachmodelle (LLMs) anzupassen und zu verbessern, um die enormen Datenmengen zu synthetisieren, die für Investitionsentscheidungen erforderlich sind. Das neue Instrument wird als Ergänzung zu den bestehenden Ressourcen der Investmentteams genutzt, wobei die generierten Berichte und Erkenntnisse menschliche Intelligenz bei der Einordnung erfordern. Es wird erwartet, dass die Integration des Anlageinstruments die Kapazitäten im Investmentbereich erhöht, indem es schnellere und fundiertere Entscheidungen ermöglicht und die Abdeckung der abrdn-Investmentteams innerhalb und zwischen den Sektoren erweitert.

Echo Yang, Investment Director bei abrdn und Co-Leiterin des Projekts, betont, dass KI das Potenzial habe, einen wesentlichen Beitrag zu den bestehenden Investmentprozessen zu leisten, jedoch richtig eingesetzt werden müsse, um einen Mehrwert zu bringen. Durch die Anwendung generativer KI können Investmentteams mehr Titel beobachten und tiefere quantitative Analysen durchführen. Dies führt zu einer effizienteren Nutzung der Zeit und Ressourcen, da KI-gestützte Systeme schneller und umfassender Daten analysieren können als menschliche Analysten alleine.

Das gemeinsame Projekt von abrdn und der University of Edinburgh hat nicht nur Auswirkungen auf die Investmentbranche, sondern bietet auch Möglichkeiten für Studenten und junge Forscher. Die Partnerschaft fördert den Wissensaustausch und die praxisnahe Ausbildung, was langfristig dazu beiträgt, die Herausforderungen der Gesellschaft zu bewältigen. Professor Sotirios Sabanis, Direktor des Centre for Investing Innovation, hebt hervor, dass die gemeinsame Forschung mit der Industrie nicht nur Investoren und Kunden zugutekommt, sondern auch Studenten die Möglichkeit bietet, Praxiserfahrungen zu sammeln, Bildungsprogramme zu verbessern und Möglichkeiten für den Wissensaustausch zu schaffen.

Das Projekt von abrdn und der University of Edinburgh zeigt, wie KI die Art und Weise, wie Menschen ihre Zeit und Ressourcen verwenden, revolutioniert. Durch die Entwicklung eines generativen KI-basierten Beraters wird nicht nur die Effizienz und Tiefe der Investitionsanalyse erhöht, sondern auch die Möglichkeiten für praxisnahe Ausbildung und Forschung erweitert. Diese Entwicklungen unterstreichen die wachsende Bedeutung von KI in der modernen Welt und die Notwendigkeit, sie strategisch und verantwortungsbewusst zu integrieren, um ihren vollen Nutzen zu entfalten.

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Eine Eskalation hilft niemanden

Von Dr. Oliver Everling | 9.Juli 2024

Die EU-Kommission hat nun zusätzliche Zölle auf Importe von Elektroautos aus China eingeführt, gewährt jedoch gleichzeitig eine viermonatige Schonfrist, in der eine Verhandlungslösung angestrebt wird. Der chinesische Staatsrat hat seinerseits neue Regeln zum Umgang mit Seltenen Erden angekündigt, schreibt Axel D. Angermann, der als Chef-Volkswirt der FERI Gruppe die konjunkturellen, geldpolitischen und strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte analysiert: Die Vorkommen gehören dem Staat. Die Regierung wird nun die Entwicklung der Branche beaufsichtigen. Firmen, die Seltene Erden abbauen, schmelzen, trennen oder exportieren, sollen ein System zur Rückverfolgbarkeit aufbauen. Diese Regeln treten zum 1. Oktober in Kraft. Damit verbunden ist eindeutig die Drohung, dass sich China Vergeltungsmaßnahmen auf die europäischen Zölle vorbehält.

„Tatsächlich haben beide Seiten kein Interesse daran, dass es wirklich zu Zöllen und darauf folgend zu Vergeltungsaktionen kommt“, glaubt Angermann. „Die europäische Industrie profitiert vom Handel mit China. Insbesondere die deutschen Kraftfahrzeughersteller sind in erheblichem Maße von den Gewinnen, die sie in China erzielen, abhängig. Umgekehrt hat aber auch China ein veritables Interesse daran, den Handel mit Europa nicht mutwillig zu torpedieren: China erzielte im vergangenen Jahr im Handel mit der EU einen Überschuss von 220 Milliarden US-Dollar. Das war ungefähr genau so viel wie mit allen anderen Ländern außerhalb der G7-Gruppe zusammen. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten, die China durchlebt, ist dies ein stabilisierender Faktor, den man auch in Peking nicht leichtfertig aufs Spiel setzen wird. Dies gilt umso mehr, als sich China bereits in einer Art Handelskrieg mit den USA, dem eigentlichen geopolitisch relevanten Rivalen, befindet und deshalb um die rund 340 Milliarden Dollar Handelsüberschuss mit den USA bangen muss.“

Eine Lösung nur für die Frage des Umgangs mit elektrisch betriebenen Fahrzeugen dürfte allerdings schwer zu erreichen sein, räumt Angermann ein. Die von der EU kritisierten Subventionen für chinesische Hersteller sind keine Maßnahmen, von denen China teilweise absehen könnte. Sie sind vielmehr Teil der grundlegenden Strategie der chinesischen Regierung, die darauf abzielt, in bestimmten Bereichen eine führende Position auf dem Weltmarkt zu erreichen. Dieses Ziel verfolgt China systematisch durch verschiedene Maßnahmen. Dass die chinesische Führung diese Wirtschaftspolitik aufgibt, oder grundlegend ändert ist daher unrealistisch. Denkbar wäre jedoch, dass China sich zu bestimmten Mindestpreisen für den Verkauf von Elektrofahrzeugen in Europa verpflichtet.

„Weitet man den Blick über die Autoindustrie hinaus, so ist die Liste europäischer Kritikpunkte an China lang“, so Angermann. „Es sollte also denkbar sein, in Fragen von Industriespionage, Hackerangriffen oder der Ungleichbehandlung europäischer Investoren in China Zugeständnisse herauszuholen, die die EU als Erfolg verkaufen kann. Zölle und Gegenmaßnahmen würden sich dann zumindest vorerst erübrigen.“

Ob es tatsächlich zu einer Einigung vor Anfang November kommt, ist ungewiss. Angesichts der wechselseitigen Interessenlage ist ein bevorstehender Handelskrieg zwischen der EU und China aber nicht das wahrscheinlichste Szenario, folgert Angermann.

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Bundesfinanzminister verspricht Wirtschaftswende

Von Dr. Oliver Everling | 5.Juli 2024

Die jüngsten Ankündigungen der Freien Demokraten bezüglich des neuen Haushalts und der wirtschaftspolitischen Maßnahmen Deutschlands haben das Potenzial, signifikante Auswirkungen auf verschiedene Arten von Ratings, insbesondere Credit Ratings und Kreditratings der Banken, zu haben. Diese Ratings spielen eine zentrale Rolle im Finanzsystem, da sie die Kreditwürdigkeit eines Landes oder Unternehmens bewerten und damit die Konditionen beeinflussen, zu denen sie sich Geld leihen können.

„Heute haben wir Freie Demokraten gute Nachrichten für Deutschland“, schreibt Christian Lindner: „Der Haushalt steht, die Wirtschaftswende kommt. Und auch im nächsten Jahr werden wir die Schuldenbremse einhalten. Zugleich investieren wir auf Rekordniveau, stärken Sicherheit und Verteidigung, entlasten Menschen und Unternehmen und dämpfen die Steigerung der Sozialausgaben durch Arbeitsanreize. Darüber hinaus haben wir eine Wachstumsinitiative in der Koalition durchsetzen können. Mit 49 konkreten Maßnahmen verdoppeln wir das Wachstumspotenzial für unser Land. Das Paket trägt unsere liberale Handschrift.“

Die Einhaltung der Schuldenbremse signalisiert fiskalische Disziplin und eine nachhaltige Finanzpolitik. Diese Maßnahme wird von Ratingagenturen wie Standard & Poor’s bzw. S&P Global Ratings, Moody’s und Fitch Ratings positiv bewertet, da sie die Verschuldung des Landes begrenzt und langfristig die finanzielle Stabilität sicherstellt. Ein stabiler Haushalt reduziert das Risiko von Zahlungsausfällen und erhöht somit das Vertrauen der Investoren. Dies kann zu einer Verbesserung des Credit Ratings Deutschlands führen oder zumindest dazu beitragen, das aktuelle hohe Rating zu halten.

Die geplanten Investitionen in Höhe von rund 100 Milliarden Euro in Infrastruktur, digitale Technologien und klimaneutrale Technologien sind ein klares Signal für ein langfristiges Wirtschaftswachstum. Infrastrukturinvestitionen fördern die wirtschaftliche Produktivität, während Investitionen in digitale und klimafreundliche Technologien die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Wirtschaft stärken. Diese Maßnahmen können das Wirtschaftswachstum ankurbeln und somit positiv auf die Kreditratings wirken, da sie die zukünftige Einnahmebasis des Staates verbessern.

Die zusätzlichen Mittel für Sicherheitsbehörden und das Zwei-Prozent-Ziel der NATO signalisieren eine starke Verteidigungspolitik und innere Sicherheit. Ratingagenturen bewerten die politische und wirtschaftliche Stabilität eines Landes, und starke Sicherheitsmaßnahmen tragen zur allgemeinen Stabilität bei. Dies kann sich positiv auf die Wahrnehmung der Kreditwürdigkeit Deutschlands auswirken.

Die umfassende Wachstumsinitiative mit 49 Maßnahmen zur Steigerung des Wachstumspotenzials hat das Potenzial, die Wirtschaft dynamisch zu beleben. Maßnahmen wie Steuererleichterungen, Bürokratieabbau und Anreize für Arbeit und Investitionen können das wirtschaftliche Umfeld verbessern. Ein dynamisches Wirtschaftswachstum kann zu höheren Steuereinnahmen und einer besseren fiskalischen Position führen, was wiederum die Kreditwürdigkeit des Landes stärkt.

Die Ausgleichung der kalten Progression und die verbesserten Abschreibungsbedingungen entlasten die Steuerzahler und Unternehmen. Geringere Steuerbelastungen und weniger bürokratische Hürden fördern unternehmerische Aktivitäten und Investitionen. Diese Maßnahmen können das Wirtschaftswachstum unterstützen und die Einnahmebasis des Staates stärken, was positive Auswirkungen auf die Credit Ratings haben kann.

Die Anpassung des Lieferkettengesetzes zur Entlastung der Unternehmen reduziert deren regulatorische und administrative Lasten. Dies kann die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stärken und Investitionen anziehen, was langfristig die wirtschaftliche Stabilität und damit die Kreditratings verbessern kann.

Die steuer- und beitragsfreie Stellung von Überstundenzuschlägen und Prämien für längere Arbeitszeiten schaffen zusätzliche Anreize für Arbeitnehmer, mehr zu arbeiten. Diese Maßnahmen können die Produktivität und das Arbeitsangebot erhöhen, was positive Effekte auf das Wirtschaftswachstum und damit auf die Kreditwürdigkeit des Landes haben kann.

Die jüngsten wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Freien Demokraten zur Stärkung der deutschen Wirtschaft und zur Sicherstellung der fiskalischen Stabilität könnten sich somit auf vielfältige Weise positiv auf die Credit Ratings und Kreditratings der Banken auswirken. Die geplanten Investitionen und die Einhaltung der Schuldenbremse signalisieren eine nachhaltige Finanzpolitik, die von Ratingagenturen positiv bewertet wird. Investitionen in Infrastruktur und Technologie fördern das langfristige Wirtschaftswachstum und stärken die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, was wiederum die Kreditwürdigkeit des Landes verbessern kann.

Zusätzlich stärken die erhöhten Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung die politische und wirtschaftliche Stabilität, was sich ebenfalls positiv auf die Ratings auswirken kann. Die Wachstumsinitiative, die auf Steuererleichterungen, Bürokratieabbau und Anreize für Arbeit und Investitionen setzt, kann das wirtschaftliche Umfeld dynamisieren und das Wachstumspotenzial Deutschlands erhöhen. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, die fiskalische Position des Staates zu verbessern, indem sie das Wirtschaftswachstum ankurbeln und die Einnahmenbasis erweitern.

Die Steuererleichterungen und der Abbau bürokratischer Hürden fördern unternehmerische Aktivitäten und Investitionen, was das Wirtschaftswachstum unterstützt und die finanzielle Stabilität des Landes stärkt. Die Anpassung des Lieferkettengesetzes zur Entlastung der Unternehmen und die Anreize für Mehrarbeit und Fachkräftemobilisierung können die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität der deutschen Wirtschaft weiter steigern.

Insgesamt zeigen diese Maßnahmen, dass die Freien Demokraten entschlossen sind, die deutsche Wirtschaft zu stärken und die fiskalische Stabilität zu sichern. Diese Initiativen haben das Potenzial, das Vertrauen der Investoren zu stärken, die finanzielle Stabilität des Landes zu sichern und das langfristige Wirtschaftswachstum zu fördern. Eine solide wirtschaftliche Basis und eine nachhaltige Finanzpolitik sind entscheidend für die positive Bewertung durch Ratingagenturen, was wiederum die Finanzierungskosten für das Land und seine Unternehmen senken kann. Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen könnten die Credit Ratings Deutschlands auf einem hohen Niveau gehalten oder bei Unternehmen sogar verbessert werden, was der deutschen Wirtschaft langfristig zugutekommen würde.

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Kooperation zwischen Retailbank und FinTech für Impact Investing

Von Dr. Oliver Everling | 4.Juli 2024

Dr. Tillmann Lang, CEO von Inyova Impact Investing, stellte auf der Handelsblatt Tagung „Zukunft Retail Banking“ ein Pionierprojekt zwischen der Migros Bank und Inyova vor, das nachhaltige Finanzprodukte in den Mittelpunkt rückt. Lang betonte, dass nachhaltige Finanzprodukte eine große Chance zur Differenzierung und zur Stärkung der Marke und Kundenbeziehungen bieten. Durch die Zusammenarbeit mit FinTechs können Retailbanken den hohen Erwartungen von Kunden und Regulatoren gerecht werden und Lücken in ihrer Produktpalette schließen.

Dr. Tillmann Lang erläuterte, dass nachhaltige Finanzprodukte enorme Renditechancen, insbesondere im Bereich Climate Tech, bieten. Er betonte die ungebrochene Nachfrage nach Nachhaltigkeit, wobei 71 % der Jobsuchenden die ESG-Performance (Environmental, Social, Governance) von Arbeitgebern beurteilen und 90 % der Millennials bereit sind, eine Green Premium zu zahlen. Diese Entwicklungen zeigen, dass Nachhaltigkeit für viele Anleger ein wichtiges Kriterium ist.

Lang warnte jedoch auch vor Greenwashing-Vorwürfen und Skandalen, die viele Anleger verunsichern und zu einer sogenannten Nachhaltigkeitsmüdigkeit führen können. Er differenzierte zwischen dunkelgrünen Investoren, die Nachhaltigkeit über Rendite und Kosten stellen, und hellgrünen Investoren, die zwar grüne Optionen bevorzugen, jedoch nicht auf Kosten von Gebühren, Rendite oder Bequemlichkeit. Diese beiden Gruppen verschmelzen zunehmend, was sich in einem höheren Engagement und häufigerem Nach-Investieren zeigt.

Eine seiner Hauptthesen war, dass nachhaltige Geldanlagen spezifische Fähigkeiten erfordern. „ESG allein überzeugt nicht“, räumte Lang ein. Anbieter von nachhaltigen Geldanlagen müssen daher neue Fähigkeiten entwickeln. Kooperationen zwischen Retailbanken und FinTechs seien hierbei ein Erfolgsrezept. Lang warnte, dass Banken, die sich nicht für Partnerschaften öffnen, Gefahr laufen, von Technologieunternehmen wie Apple, Amazon und Google verdrängt zu werden. Er hob hervor, dass europäische Banken oft zu sehr mit Regulierung und internen Prozessen beschäftigt sind, wodurch sie die Innovationskraft verlieren.

Lang skizzierte die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Migros Bank und Inyova. Diese Kooperation führte zur Konzeption und Umsetzung einer benutzerfreundlichen Plattform für wirkungsvolle Investitionen. Die Integration erfolgte nahtlos, sodass die Berater der Migros Bank sich vollständig auf die Kundenbeziehung konzentrieren konnten. Dies führte zu überdurchschnittlichen Portfoliogrößen und einer stärkeren Kundenbindung.

Der Vortrag von Dr. Tillmann Lang zeigte eindrucksvoll, wie die Zusammenarbeit zwischen Retailbanken und FinTechs im Bereich Impact Investing nicht nur zur Differenzierung und Stärkung der Marke beiträgt, sondern auch nachhaltigen Erfolg ermöglicht. Die Verbindung von traditioneller Bankberatung und moderner, nachhaltiger Finanztechnologie bietet eine Win-Win-Situation für Banken und ihre Kunden.

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Digitale Assets und Krypto auf dem Weg zur Massenadaption

Von Dr. Oliver Everling | 4.Juli 2024

Auf der Handelsblatt Tagung „Zukunft Retail Banking“ diskutierten Anton Langbroek, Dr. Ulli Spankowski und Andreas Streb die Massenadaption digitaler Assets und Kryptowährungen und ihre Relevanz für das Privatkundengeschäft.

Anton Langbroek, Vice President Commercial B2B bei Bitpanda Technology Solutions, hob hervor, dass digitale Assets zunehmend in den Mainstream drängen. Bitpanda ermöglicht es Banken und Fintechs, ihren Kunden den Handel mit Kryptowährungen anzubieten. Langbroek betonte, dass das Interesse von Privatkunden an Kryptowährungen rasant wächst und sie ein fester Bestandteil moderner Anlagestrategien werden.

Dr. Ulli Spankowski, Chief Digital & Product Officer bei Boerse Stuttgart Digital, erklärte, dass die Börse Stuttgart bereits umfassende digitale Asset-Services anbietet und dass diese Technologie die Transparenz und Effizienz im Finanzmarkt erhöht. Spankowski betonte, dass die Regulierung und Sicherheit entscheidend sind, um das Vertrauen der Anleger zu gewinnen und die Akzeptanz zu fördern.

Andreas Streb, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte, sprach über die Integration von Krypto-Dienstleistungen in traditionelle Bankprodukte. Er deutete an, wie Volksbanken und Raiffeisenbanken durch Kooperationen mit Fintechs wie Bitpanda ihren Kunden den Zugang zu digitalen Assets ermöglichen. Streb sieht in der Digitalisierung und der Einbindung von Krypto-Angeboten eine Chance, jüngere Kundengruppen anzusprechen und die Attraktivität der Banken zu steigern.

Die Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass digitale Assets und Kryptowährungen das Potenzial haben, die Finanzlandschaft nachhaltig zu verändern. Für Privatkunden bieten sie eine neue Möglichkeit zur Diversifizierung ihres Portfolios und zur Partizipation an innovativen Finanztechnologien. Kryptowährungen können durch ihre dezentrale Natur und die Verwendung von Blockchain-Technologie zusätzliche Sicherheit und Transparenz bieten. Zudem ermöglichen sie schnelle und kostengünstige Transaktionen, was insbesondere in einer global vernetzten Wirtschaft von Vorteil ist.

Spankowski räumt ein, dass die Plattform ursprünglich für jüngere Kundinnen und Kunden gedacht war, tatsächlich habe sich aber gezeigt, dass die meisten über 35 Jahre alt sind. Streb pflichtet bei, dass Kryptowährungen ein Angebot für alle Kunden seien. „Jeden Monat gegen Millionen, über das Jahr Milliarden, an andere Plattformen raus“, daher sei es den Banken wichtig, zusammenzuarbeiten und die Kunden weiter zu betreuen.

Streb präferiert Bitcoin, denn es gehe um eine sicher Blockchain-Anwendung. Bei Bitcoin sei er sicher, dass die Blockchain so sicher sei, dass diese auch angeboten werden könne. Bei anderen Kryptowährungen müsse eher von einem Wertpapiercharakter gesprochen werden, wo ein Emittent ein bestimmtes Produkt anbietet, während Bitcoin sehr dezentral sei.

Seine Bank bietet für 99 € ein Bitcoin-Informationsgespräch für Kundinnen und Kunden an. Dies sei kein Beratungsgespräch, das sie regulatorisch geklärt worden. Bei vielen Anlegerinnen und Anlegern sei Bitcoin eine Beimischung im Portfolio, wenn auch nur in sehr geringen Anteilen.

„Ich persönlich investiere auch in Bitcoin“, sagt Lanbroek, jedoch seien auch andere Währungen interessant. Er räumt ein, dass solche Investments experimentell und hoch spekulativ seien. „Was ist meine Intention als Käufer, was will ich damit erreichen?“ Anleger müssten sich im klaren sein, was sie anstreben.

„Ich bin auch kein Bitcoin-Only-Anleger“, macht Spankowski klar. Ihm geht es um die Technologie. Eine digitale Währung könne für wesentlich mehr als nur eine Bargeldalaternative verwendet werden. Es gehe auch um die Interaktion von Maschinen. Die Anwendungen seien in der Öffentlichkeit schwer vermittelbar, der Aufklärungsbedarf entsprechend hoch.

Trotz der Chancen gibt es auch Herausforderungen. Die Volatilität von Kryptowährungen und die noch unklare regulatorische Landschaft stellen Risiken dar, die es zu managen gilt. Langbroek, Spankowski und Streb betonten die Notwendigkeit klarer Regulierungen und transparenter Rahmenbedingungen, um das Vertrauen der Verbraucher zu stärken und die Akzeptanz zu fördern.

Die Zukunft von digitalen Assets und Kryptowährungen im Privatkundengeschäft sieht vielversprechend aus. Mit zunehmender Regulierung, technologischen Weiterentwicklungen und wachsendem Interesse der Verbraucher könnten sie schon bald ein integraler Bestandteil des Finanzsystems sein. Banken und Fintechs, die frühzeitig auf diese Entwicklungen reagieren, können sich als Innovationsführer positionieren und neue Kundengruppen erschließen.

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Die Zukunft des Zahlungsverkehrs: Digitaler Euro, EPI und Instant Payments

Von Dr. Oliver Everling | 4.Juli 2024

Auf der Handelsblatt Tagung „Zukunft Retail Banking“ diskutierten Dr. Alexandra Hachmeister, Katharina Paust-Bokrezion und Dr. Joachim Schmalzl über die Zukunft des Zahlungsverkehrs in Europa. Der Fokus lag auf dem digitalen Euro, der European Payment Initiative (EPI) und Instant Payments.

Dr. Alexandra Hachmeister leitet seit Februar 2024 den Zentralbereich Digitaler Euro bei der Deutschen Bundesbank. Mit einer beeindruckenden Karriere, die von ihrer Promotion über verschiedene Führungspositionen bei der Deutschen Börse AG bis hin zur Leitung des Zentralbereichs Ökonomische Bildung bei der Bundesbank reicht, ist Hachmeister eine maßgebliche Figur in der Implementierung des digitalen Euro.

Katharina Paust-Bokrezion ist seit 2020 bei der Deutschen Bank für die Beziehungen zu Gesetzgebern und politischen Akteuren verantwortlich, insbesondere im Bereich Zahlungsverkehr und Digitalisierung. Mit über 25 Jahren Erfahrung im Banking und Zahlungsverkehr spielt sie eine Schlüsselrolle in der Diskussion um digitale Zentralbankwährungen und den digitalen Euro.

Dr. Joachim Schmalzl ist seit März 2016 Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) und Vorsitzender des Verwaltungsrates der European Payment Initiative (EPI). Er bringt eine umfangreiche Erfahrung aus seiner Zeit bei der Sparkasse KölnBonn und der Unternehmensberatung McKinsey & Company mit.

Die Diskussion drehte sich um den aktuellen Stand des digitalen Euro und der EPI sowie deren Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr in Europa. Hachmeister betonte die Bedeutung eines souveränen und zukunftsfähigen Zahlungsverkehrs, der durch den digitalen Euro gestärkt werden soll. Der digitale Euro soll als Ergänzung zum Bargeld dienen und den digitalen Zahlungsverkehr in Europa sicherer und effizienter machen.

Paust-Bokrezion erläuterte den Mehrwert des digitalen Euro für Verbraucherinnen und Verbraucher, der in einer höheren Sicherheit, schnellerer Abwicklung und geringeren Kosten liegt. Sie betonte auch die Wichtigkeit der Zusammenarbeit mit allen betroffenen Entscheidungsträgern, um eine reibungslose Einführung zu gewährleisten.

Schmalzl sprach über die ersten Learnings aus dem EPI Launch. Die European Payment Initiative zielt darauf ab, ein einheitliches, europäisches Zahlungssystem zu schaffen, das Instant Payments und andere digitale Zahlungsdienste integriert. Er hob hervor, dass die ersten Rückmeldungen positiv sind und dass EPI dazu beitragen wird, die Abhängigkeit von nicht-europäischen Zahlungssystemen zu reduzieren. Schmalzl skizzierte, wie das Projekt ausgerollt wird. Nach und nach kommen mehr Institute hinzu.

„Der digitale Euro ist politisch gewollt. Es muss ein gutes Produkt her, es darf nicht zu teuer werden“, so Schmalzl. „Wir wollen es für die Erhöhung der europäischen Souveränität machen.“ Die Amerikaner brauche man nicht auszuschließen, aber man brauche ihnen nun auch nicht die Straße planieren, so dass die großen Giganten aus Amerika es besonders leicht haben, in Europa auszurollen.

Ein zentrales Thema der Diskussion war, wie ein zukunftsfähiger und souveräner Zahlungsverkehr in Europa erreicht werden kann. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass dies nur durch die Zusammenarbeit aller relevanten Akteure, einschließlich Banken, Regulierungsbehörden und Technologieunternehmen, möglich ist. Hachmeister betonte, dass der digitale Euro nicht nur technologisch, sondern auch regulatorisch gut vorbereitet sein muss. „Brüssel ist noch nicht verhandlungsfähig, die müssen sich jetzt erst noch sortieren“, sagt Hachmeister.

Der digitale Euro bietet zahlreiche Vorteile, berichtet Hachmeister, darunter erhöhte Sicherheit und Effizienz im Zahlungsverkehr. Er ermöglicht schnellere und kostengünstigere Transaktionen und ergänzt das Bargeld, ohne es zu ersetzen. Während der Corona-Zeit sei der Anteil der Barzahlung schon deutlich zurückgegangen. Durch die Einführung des digitalen Euro können Verbraucher:innen von niedrigeren Transaktionskosten und einem verbesserten Schutz gegen Betrug profitieren. Darüber hinaus stärkt der digitale Euro die finanzielle Souveränität Europas, indem er die Abhängigkeit von nicht-europäischen Zahlungssystemen reduziert und die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Finanzmarktes erhöht.

Europäische Souveränität sei die übergreifende Zielsetzung, pflichtet Paust-Bokrezion bei. Paust-Bokrezion fügte hinzu, dass der digitale Euro und EPI den Verbrauchern mehr Kontrolle und Sicherheit über ihre finanziellen Transaktionen geben werden. Dies erfordert jedoch auch umfassende Aufklärungs- und Bildungsmaßnahmen, um das Vertrauen der Verbraucher zu gewinnen. „Wenn wir es richtig machen, ergänzen sich digitaler Euro und EPI gut“, so Paust-Bokrezion. „Manche sehen den digitalen Euro relativ nah zu Bitcoin, obwohl der digitale Euro damit gar nichts zu tun hat.“ Im besten Fall sei die Deutsche Bank mit dem digitalen Euro auf allen Smartphones.

Die Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass sowohl der digitale Euro als auch die EPI in den nächsten Jahren erhebliches Potenzial haben, den Zahlungsverkehr in Europa zu revolutionieren. Schmalzl betonte, dass die kontinuierliche Weiterentwicklung und Anpassung an neue technologische und regulatorische Anforderungen entscheidend sein wird.

Insgesamt zeigte die Diskussionsrunde auf der Handelsblatt Tagung, dass der digitale Euro und die EPI nicht nur technologische Innovationen sind, sondern auch strategische Werkzeuge, um Europas Zahlungsverkehr zukunftssicher und souverän zu gestalten.

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Die 4-Tage-Woche im Bankwesen: Wirklichkeit oder Utopie?

Von Dr. Oliver Everling | 4.Juli 2024

Auf der Handelsblatt Tagung „Zukunft Retail Banking“ sprach Carsten Graf, Vorstandssprecher der PSD Bank Braunschweig, über die Einführung der 4-Tage-Woche bei seiner Bank und deren Auswirkungen. Mit seinem Managementmotto „Langsam können andere besser!“ und der Aufforderung an die Teilnehmer „Schauen Sie mit mir durch das Schlüsselloch!“, beleuchtete Graf die Gründe und Vorteile dieser Arbeitszeitregelung.

Die 4-Tage-Woche wurde eingeführt, um die Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Sie fördert die Work-Life-Balance, trägt zum Klimaschutz bei, unterstützt die Digitalisierung und KI-Vorbereitung, ermöglicht Ehrenämter und passt besser zur Familiensituation der Mitarbeiter. Die Regelung sieht vor, dass alle Mitarbeitenden immer freitags frei haben, mit Ausnahmen für Risikocontrolling und Compliance.

Die Arbeitszeit beträgt 35 Stunden pro Woche bei vollem Gehalt, verteilt auf Montag bis Donnerstag mit jeweils 8 Stunden und 45 Minuten pro Tag. Die jüngere Generation habe sehr schnell gelernt, die Stunden innerhalb des Rahmens von 16 Stunden neu aufzuteilen.

Graf betont, dass die Leistung der Mitarbeiter durch die Einführung der 4-Tage-Woche nicht nachgelassen habe. Tatsächlich wurden die Geschäftsstellen freitags geschlossen und der Kundenservice an ein externes Telefonservicecenter ausgelagert, was zu keinen negativen Kundenreaktionen geführt hat. Der Freitag war ohnehin nie der vertriebsstärkste Tag.

Die Teilzeitquote liegt bei 35 % und sei ebenso einbezogen worden wie alle anderen. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden aus allen Fachbereichen, dem Betriebsrat und der Bereichsleitung entwickelt. Graf rät anderen Banken, ihre Prozesse zu verschlanken und die Arbeitszeitverteilung zu überprüfen. Er gibt zu, dass es Hürden gab, wie die Anpassung der Gleitzeitkonten und die Notwendigkeit, tarifvertragliche Bestimmungen zu beachten. Trotzdem wurde durch den Kulturwandel und das neue Mindset die Anzahl der Bewerbungen für vakante Stellen vervielfacht, unbesetzte Stellen wurden schnell besetzt und die Krankheitstage reduziert, ohne Produktivitätsverlust.

Graf berichtet von positiven Rückmeldungen der Mitarbeiter, die nun freitags persönliche Angelegenheiten erledigen können und ein echtes Wochenende genießen. Die 4-Tage-Woche wird regelmäßig im Monatsdialog mit dem Betriebsrat und durch Mitarbeiterbefragungen evaluiert, um sicherzustellen, dass sie weiterhin effektiv und vorteilhaft ist.

Carsten Graf, der seit Juli 2011 Vorstandssprecher der PSD Bank Braunschweig ist und über langjährige Erfahrung im Vertrieb und in der Personalverantwortung bei einer großen Genossenschaftsbank im Rheinland verfügt, zeigte durch diesen Vortrag eindrucksvoll, wie die 4-Tage-Woche im Bankwesen nicht nur möglich, sondern auch erfolgreich sein kann.

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