Emerging Markets Aktien als Profiteure der US-Schwäche
Von Dr. Oliver Everling | 10.Juni 2025
James Donald, Leiter der Emerging Markets-Plattform von Lazard Asset Management, sieht ein verstärktes Interesse der Investoren an Schwellenlandaktien. Grund dafür sei weniger eine Veränderung der Attraktivität der Emerging Markets (EM), als vielmehr eine erhöhte Skepsis gegenüber den entwickelten Märkten – insbesondere dem US-Markt.
„Relative Attraktivität ist das Phänomen, dass die Performance von Aktien aus Schwellenländern im Vergleich zu solchen aus den entwickelten Ländern in den letzten Jahren gedrückt hat. Investoren wollten US-Qualitätstitel – auch wenn diese sehr teuer bewertet waren und sind. Damit konnten Anleger gute Renditen erzielen, und das bei einem vergleichsweise geringeren Risikoprofil. Doch gerade mit Blick auf die Bewertungen sind die Emerging Markets im Vergleich eigentlich deutlich attraktiver: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis im MCSI USA liegt bei fast 20,5 gegenüber 12 im MSCI EM Index. Das ist ein sehr großer Unterschied. Die Gewinne pro Aktie liegen bei 15,6 US-Dollar für die Schwellenländer gegenüber 13 US-Dollar für die USA. Nur der Return on Equity ist in den USA mit 20 Prozent höher als in den EM mit 13 Prozent.
Jetzt wendet sich womöglich das Blatt, denn die geopolitischen Risiken der jüngsten Geschichte haben die vermeintliche Sicherheit der entwickelten Staaten jüngst infrage gestellt. Auf den globalen Finanzmärkten treten aufgrund von Importzöllen, Vergeltungsmaßnahmen und Unsicherheiten rund um bilaterale Verhandlungen verstärkt Volatilität und Turbulenzen auf.
Dagegen scheinen manche Schwellenländer sogar von der Zollpolitik des US-Präsidenten zu profitieren. Mexiko etwa wurde nicht nur von den US-Maßnahmen verschont, auch scheint Präsidentin Sheinbaum sich als wirtschaftsfreudiger als ihr Vorgänger zu erweisen. Viele Forderungen der USA zu Einwanderung, Sicherheit und der Bekämpfung diskriminierender Praktiken im Energiesektor sind tatsächlich positiv für Mexikos Nearshoring-Initiative. Damit lockt Mexiko nach einem sehr schlechten Aktienjahr 2024 wieder das Interesse von Investoren. Auch Brasilien halten wir auf dem lateinamerikanischen Kontinent für eine spannende Region mit großem Aufholpotenzial, nachdem auch hier das letzte Jahr mit Verlusten von fast 30 Prozent sehr unerfreulich war.
In Asien sieht die Situation anders aus, hier sind einige Länder von den höchsten US-Zöllen betroffen – insbesondere China, trotz der 90tägigen Pause. Gerade China hat jedoch einen klaren Vorteil: Das Land gehört zur globalen Spitze des technologischen Fortschritts. Die Einführung von DeepSeek und das rasante Tempo der Entwicklungen machen China zu einer Option, die Investoren zumindest beobachten sollten. Es gibt viele Argumente für ein Engagement Asia ex China, aber allein die schiere Größe des Marktes und die damit einhergehenden Diversifikationsmöglichkeiten sprechen für ein ausgewähltes Investment in chinesische Aktien.
Es sind jedoch weder die asiatischen noch die südamerikanischen Märkte, die Year-to-Date am besten performt haben, sondern Süd-Ost-Europa: Griechenland liegt bei plus 44,3 Prozent, Polen plus 42,9 Prozent, die Tschechische Republik plus 40,3 Prozent und Ungarn plus 34,6 Prozent – jeweils gemessen in US-Dollar am jeweiligen MSCI Länderindex. Woran liegt das? Europa erlebt gerade keinen Wachstumsschub – im Gegenteil, in Summe sieht es nach einer anhaltenden Rezession aus. Doch einige Länder am Rande der Europäischen Union erleben eine Blütezeit. Griechenland ist ein interessantes Beispiel: Lange Zeit war der Staat in einer wirtschaftlich desolaten Lage mit einer politischen Führung, die Anleger verschreckte. Heute wird das Land politisch zuverlässig geführt, die Menschen können wieder ihre Rechnungen und ihre Kreditraten bezahlen. Mit Blick auf die nächsten zehn Jahre glauben wir, dass die griechische Wirtschaft die besten Chancen in Europa hat.
In den Schwellenländern bieten sich Investoren aktuell große Chancen, unterbewertete Investments zu finden. Nirgendwo sonst sind Qualitätstitel mit hervorragenden Aussichten so günstig. Voraussetzung für ein erfolgreiches Portfolio bleiben die sorgfältige Betrachtung der geopolitischen und regionalen Risiken – so wie aktuell überall auf der Welt.“
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KI ist wie das Internet vor vielen Jahren?
Von Dr. Oliver Everling | 6.Juni 2025
„Anleger in Technologietitel müssen starke Nerven zeigen“, warnt Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, in seinem aktuellen CIO View. Am Beispiel des amerikanischen Halbleiterproduzenten Nvidia zeigt er, wie eng Erfolg und Unsicherheit im Technologiesektor beieinanderliegen. „Der Konzern hatte mitgeteilt, dass er im ersten Quartal 2025 trotz des Gegenwinds der amerikanischen Handelspolitik den Umsatz um 69 Prozent auf 44,1 Milliarden Dollar und den Gewinn um 25 Prozent auf fast 18,8 Milliarden Dollar gesteigert hat.“ Die Börse habe diese Zahlen positiv aufgenommen, obwohl noch vor wenigen Monaten Befürchtungen kursierten, dass etwa der chinesische Chatbot-Entwickler DeepSeek das Geschäftsmodell von Nvidia gefährden könnte.
Für Viebig ist klar: „Das Beispiel von Nvidia zeigt, wie eng Erfolg und Misserfolg im Technologiesektor beieinander liegen, wie volatil die Aktienkurse im Technologiebereich verlaufen können.“ Daraus ergibt sich ein klarer Ratschlag für Anleger: „Investments in Einzeltitel bergen hohe Risiken und ein diversifizierter Ansatz mit einem breiten Portfolio ist einer Anlage in einzelne Aktien überlegen.“
Mit Blick auf die Künstliche Intelligenz erkennt Viebig weiterhin großes Potenzial. „Bisher konzentrierten sich die Anleger beim Thema KI vor allem auf Infrastruktur, Halbleiter und andere Hardware. Dies wird unserer Einschätzung nach auch künftig ein Schlüsselthema sein.“ Doch der Fokus verschiebe sich zunehmend: „Neben immer leistungsfähigeren und schnelleren Halbleitern werden auch Quantencomputer sowie die weitere Vernetzung von Computern und Robotern in Zukunft eine größere Rolle spielen – auch an den Finanzmärkten.“
Die Dynamik in der Branche sei enorm. „Nach dem Erfolg von OpenAI mit dem Chatbot ChatGPT sind neben den Glorreichen Sieben viele weitere Technologieunternehmen in diesen Bereich eingestiegen“, so Viebig. Dazu zählen laut ihm unter anderem Mistral AI aus Frankreich, Anthropic oder Cohere. Der Hype sei nicht unbegründet, aber selektives Investieren sei entscheidend. „KI ist heute wie das Internet vor vielen Jahren“, zitiert Viebig die Strategieberatung McKinsey. Doch zugleich warnt er: „Das Risiko liegt für Unternehmensführer nicht darin, dass sie zu groß denken, sondern zu klein.“ Die Geschichte habe mehrfach gezeigt, wie leicht Unternehmen wie Nokia, Blackberry oder Siemens den Anschluss verlieren können. „Die Gefahr, strategische Fehler zu machen, ist bei KI nicht weniger groß als zu Beginn des Computerzeitalters.“
Auch die technologische Entwicklung schreitet rasant voran. „Stehen derzeit Chatbots im Mittelpunkt, so werden in Zukunft vermutlich KI-Agents wichtiger, die schrittweise den Weg zu einer Allgemeinen Künstlichen Intelligenz (AGI) ebnen.“ Diese KI-Agenten gehen laut Viebig einen Schritt weiter als heutige Systeme: „KI-Agenten werden Handlungen in mehreren Schritten planen und Entscheidungen für uns übernehmen.“
Neue Geschäftsmodelle stünden damit in den Startlöchern. „Selbstfahrende Autos, Smart Homes und autonom fliegende Drohnen zur Paketauslieferung werden immer wieder als mögliche KI-Anwendungen diskutiert. Das ist zum Teil Zukunftsmusik.“ Konkreter werde es aber in anderen Bereichen: „Der Einsatz von KI in der Rüstungsindustrie, bei Robotern in der Industrie und in der innovativen Medizin, beispielsweise mit Robotern, die bei Operationen unterstützen.“ Auch die Patientenüberwachung werde durch KI revolutioniert. „Werden festgesetzte Grenzwerte bei Blutdruck, Sauerstoffsättigung des Blutes oder Herzfrequenz überschritten oder unterschritten, schlagen die Systeme automatisch Alarm. Dadurch kann wertvolle Zeit gewonnen werden.“
Der Einfluss von KI auf die Weltwirtschaft sei laut Viebig kaum zu überschätzen. „Laut McKinsey hat KI das Potenzial, einen ebenso großen Wandel herbeizuführen wie die Dampfmaschine die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert.“ Der Markt sei riesig: „Die Strategieberatung schätzt das langfristige Marktpotenzial von KI auf USD 4,4 Billionen.“ Die Bedeutung von Hightech- und Halbleiterunternehmen sei mittlerweile so groß, „dass kein Anleger diese Sektoren ignorieren sollte.“
Allerdings gibt es auch Schattenseiten. Die energietechnischen Auswirkungen seien erheblich. „Nach einigen Schätzungen wird mit KI-Anwendungen dieses Jahr erstmals mehr Energie verbraucht als in Japan.“ Zudem nehme die geoökonomische Unsicherheit zu. „Auch amerikanische Tech-Konzerne entgehen nicht Trumps Handelspolitik.“ Nvidia etwa habe durch Exportbeschränkungen beim H20-Prozessor im ersten Quartal 2025 eine Umsatzeinbuße von USD 4,5 Milliarden erlitten. Auch Meta und Apple könnten durch den verschärften Handelskonflikt mit China erhebliche Einbußen hinnehmen müssen. „Diese Einschätzungen unterliegen angesichts von Trumps erratischen Kehrtwenden einer großen Unsicherheit, doch sie zeigen, wie viel für die amerikanische Tech-Branche auf dem Spiel steht.“
Trotzdem bleibt Viebig optimistisch: „Anleger sollten diese handelspolitischen Aspekte nicht ignorieren. Gleichwohl könnten die politischen Verwerfungen, die derzeit auch an den Aktienmärkten Nervosität auslösen, für langfristig orientierte Anleger mit entsprechender Risikobereitschaft Einstiegsmöglichkeiten zu niedrigeren Bewertungen bringen.“ Seine zentrale Einschätzung: „Wir halten Künstliche Intelligenz weiterhin für eines der spannendsten Anlagethemen an den globalen Aktienmärkten.“ Und abschließend betont Viebig: „Für Anleger bedeutet dies, dass KI sich nicht mehr auf Halbleiter und den Tech-Bereich im engeren Sinne beschränkt, sondern auch immer mehr andere Branchen weit darüber hinaus betrifft. Auch dieser Aspekt zeigt, wie wichtig ein langfristiger und planmäßiger Aufbau eines Aktienportfolios ist, das diese Trends spiegelt und gleichzeitig das Risiko von Einzelinvestments durch Diversifikation mindern könnte.“
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Die Erosion des Dollar-Vertrauens: Europas Chance auf wirtschaftliche Führungsstärke
Von Dr. Oliver Everling | 3.Juni 2025
Die Vereinigten Staaten schwanken laut Axel Angermann seit dem 19. Jahrhundert zwischen zwei außenpolitischen Polen: dem Führungsanspruch auf globaler Ebene und einem ausgeprägten Isolationismus. Axel D. Angermann analysiert als Chef-Volkswirt der FERI Gruppe die konjunkturellen, geldpolitischen und strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte.
Mit der Politik Donald Trumps sieht Angermann einen deutlichen Ausschlag des Pendels in Richtung Isolationismus. Diese Entwicklung hält er in einer eng vernetzten Weltwirtschaft für gefährlich – nicht nur für die internationale Ordnung, sondern auch für die USA selbst. „Die preistreibenden Wirkungen der Zollpolitik schaden der amerikanischen Wirtschaft“, warnt Angermann. Dazu komme, dass „die rigide Migrationspolitik und die Angriffe auf die Universitäten wesentliche Grundpfeiler der Wettbewerbsfähigkeit“ untergraben würden. Auch innenpolitisch werde die Verlässlichkeit der USA beschädigt: „Die Infragestellung der Unabhängigkeit der Zentralbank lässt Zweifel an der Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der Politik aufkommen“, schreibt er, und konstatiert weiter: „Der Verzicht auf die Pflege von Bündnissen schmälert das politische Gewicht der USA in der Welt.“
Konkrete Anzeichen dieser Entwicklung lassen sich Angermann zufolge bereits an den Anleihemärkten erkennen. Jahrzehntelang hätten globale Investoren das hohe Leistungsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten bereitwillig finanziert – doch nun zeigten sich Risse im Vertrauen. „Globale Anleger stellen sich zunehmend die Frage nach der Sicherheit von US-Staatsanleihen“, stellt Angermann fest. Noch sei dieser Zweifel durch „moderat steigende Zinsen“ beherrschbar, doch die wachsenden Schulden der US-Regierung verschärften die Lage, denn „die Tragfähigkeit der US-Staatsfinanzen ist nicht mehr gegeben.“
In dieser Unsicherheit sieht Angermann jedoch auch eine große Chance – und zwar für Europa. Das bisherige Vertrauen in US-Staatsanleihen sei nur durch das „TINA“-Argument („there is no alternative“) gestützt. Genau an dieser Stelle könne die Europäische Währungsunion eine Alternative anbieten. Der Euro sei bereits die zweitwichtigste Reservewährung der Welt und Europa biete entscheidende Vorteile: „eine unabhängige Zentralbank, einen verlässlichen Rechtsrahmen für Unternehmen, eine offene Wirtschaft, demokratische Entscheidungsstrukturen und alles in allem politische Stabilität.“ Angermann betont, dass Europa in den kommenden Jahren ohnehin gewaltige Investitionen benötige – für Infrastruktur, Forschung, Digitalisierung, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz. All das könne Kapital anziehen und die Rolle des Euro im globalen Währungssystem stärken.
Doch dazu bedarf es struktureller Reformen. Am wichtigsten sei die Vollendung der Kapitalmarktunion. „Ein einheitlicher Kapitalmarkt, der für globale Kapitalströme attraktiv und groß genug ist“, fehle in Europa bislang – im Gegensatz zu den USA. Angermann unterstreicht: „Die europäische Kapitalmarktunion zu vollenden, sollte deshalb für europäische Regierungen und die EU-Kommission eine überragende strategische Bedeutung haben.“ Auch für die Realwirtschaft sei das entscheidend, etwa durch bessere Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups. Er verweist dabei auf den Draghi-Report, der dies bereits deutlich gemacht habe. Nationale Einzelinteressen, wie sie etwa aus Deutschland kommen, sollten zugunsten des europäischen Gesamtprojekts in den Hintergrund treten. Denn, so Angermann abschließend: „Der Währungsunion bietet sich hier eine Jahrhundertchance, die nicht verspielt werden sollte.“ Zwar sei es derzeit nicht realistisch, den Dollar als Leitwährung abzulösen, doch: „Wenn das Vertrauen globaler Anleger in den Dollar weiter erodieren sollte, dann könnte und sollte Europa globalen Investoren eine Alternative bieten können.“
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Irre Schnäppchenjagd an der Börse
Von Dr. Oliver Everling | 2.Juni 2025
Wenn Aktienmärkte schwanken, suchen Anleger Orientierung – und klammern sich nicht selten an die Bewertung als Anker. Dann flammt die Diskussion um faire KGV-Bewertungen erneut auf, doch sie greift oft zu kurz: Denn das Kurs-Gewinn-Verhältnis allein verrät wenig, wenn man den wahren Wert eines Unternehmens nicht kennt. Wolfgang Fickus, Produktspezialist bei der Fondsboutique Comgest, ordnet dies neu ein.
Ein niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) mag auf den ersten Blick attraktiv erscheinen – doch gerade dieser eindimensionale Fokus auf einfache Bewertungskennzahlen kann in die Irre führen. „Das KGV sagt sehr wenig über die Qualität eines Geschäftsmodells, die Verlässlichkeit künftiger Erträge oder das langfristige Gewinnwachstum aus. Es ist eine Momentaufnahme – der heutige Preis einer Aktie. Ob der aktuelle Preis gerechtfertigt ist, zeigt sich erst daran, wie kontinuierlich das Unternehmen langfristig Wert generiert“, erklärt Wolfgang Fickus, Produktspezialist für Europa-Aktien bei Comgest. Für wachstumsorientierte Anleger ist daher die Differenz zwischen dem aktuellen Preis und dem langfristig fundierten Unternehmenswert entscheidend.
Das KGV basiert auf den erwarteten Gewinnen der kommenden zwölf Monate – diese können kurzfristig, volatil und anfällig für Revisionen sein. Es blendet weitestgehend aus, dass der langfristige Wert eines Unternehmens im Wachstum und den abgezinsten Cashflows liegt. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten können diese Schwächen besonders zutage treten: Viele Unternehmen mit vermeintlich stabiler Bewertung haben operativ an Dynamik eingebüßt. „Wir sehen bei sogenannten Value-Fallen zum Beispiel, dass ein niedriges KGV nicht vor Kursverlusten schützt“, so Fickus. Wert entsteht ihm zufolge nicht dadurch, dass eine Aktie billig aussieht, sondern wenn das Geschäftsmodell nachhaltig trägt – heute, morgen und darüber hinaus.
Comgest schätzt das Kurspotenzial daher nicht nur anhand kurzfristiger Bewertungskennzahlen ab, sondern relativ zu den langfristigen Gewinnschätzungen – mit bewusst konservativen Abzinsungsraten. „So stellen wir sicher, dass Unsicherheiten angemessen berücksichtigt werden“, erklärt Fickus. Bei wachstumsstarken Unternehmen entfällt der Großteil des heutigen Werts auf Erträge, die erst in fünf Jahren realisiert werden – wer hier nur aufs nächste Jahr schaut, sieht das Entscheidende nicht.
Während europäische Aktien im Durchschnitt (MSCI Europe) aktuell mit etwa dem 13-Fachen der erwarteten Gewinne des kommenden Jahres bewertet sind, liegt dieser Wert im Comgest Growth Europe Compounders-Portfolio bei rund 25. Für Fickus ist das kein Widerspruch: „Ein Bewertungsaufschlag ist weniger ein Risiko als Ausdruck von Qualität und Wachstum. Denn wir investieren in Unternehmen mit vorhersehbarem und langfristigem Gewinnwachstum, soliden Margen, hohen Kapitalrenditen und starken Marktstellungen.“
Wie dieser Ansatz in der Praxis aussieht, zeigen Unternehmen wie Schneider Electric und Belimo. Der französische Technologiekonzern Schneider Electric profitiert von Megatrends wie Dekarbonisierung, Elektrifizierung und Digitalisierung in der Industrie und Infrastruktur. 2023 erzielte das Unternehmen über 36 Milliarden Euro Umsatz – bei einer operativen Marge von rund 17 %. Mit Lösungen für Energieeffizienz und digitale Infrastruktur ist Schneider in Zukunftsmärkten hervorragend positioniert. Auch Belimo, weltweit führend in der Antriebs- und Ventiltechnik für HLK-Systeme (Heizung, Lüftung, Klimatisierung), ist ein typisches Beispiel für unternehmerische Substanz. Das Schweizer Unternehmen wächst seit Jahren mit hoher Konstanz – zuletzt weit über dem langfristigen Durchschnitt von 8% organischem Umsatzwachstum – und überzeugt mit einer Eigenkapitalquote von über 70 %. Die Produkte sind in der Infrastruktur von Datenzentren essenziell. Belimo steht exemplarisch für jene Unternehmen, die still und effizient Werte schaffen – auch wenn sie an der Börse oft nicht im Scheinwerferlicht stehen.
Ein gewisser KGV-Bewertungsaufschlag gegenüber dem Markt ist für Comgest kein Risiko, sondern das Resultat eines konsequenten qualitäts- und wachstumsorientierten Ansatzes. Unternehmen wird die Zeit gegeben, ihr Potenzial zu entfalten – auch wenn das nicht immer kurzfristig belohnt wird. Der Fokus liegt auf Unternehmen, die über Jahre bzw. Jahrzehnte hinweg verlässlich Erträge steigern und das hat seinen Preis
„Unsere Erfahrung zeigt: In einem zunehmend stimmungsgetriebenen und volatilen Marktumfeld sind es die robusten, langfristig erfolgreichen Geschäftsmodelle, die sich letztendlich durchsetzen. Wer auf Qualität setzt, braucht keine hektischen Umschichtungen – sondern einen klaren Kompass“, fasst Fickus zusammen.
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Japans geldpolitische Kapriolen für die globalen Kapitalmärkte
Von Dr. Oliver Everling | 27.Mai 2025
Selten zuvor waren die Stimmungsumschwünge der Marktteilnehmer abrupter und die Schwankungen an den globalen Börsen größer als in den vergangenen zwei Monaten. Am Tiefpunkt des Abverkaufs im Zuge des von Donald Trump so genannten „Liberation Day“, als der US-Präsident umfassende Zölle verkündete, zeigte sich die Nervosität der Anleger deutlich: „Der Fear and Greed Index, der die Stimmung der Anleger misst, signalisierte massive Panik“, erklärt Dr. Eduard Baitinger, seit 2015 Leiter Asset Allocation der FERI AG.
Das Sentiment war so schlecht wie seit Jahren nicht mehr. Doch nur kurze Zeit später wendete sich das Blatt. Eine schnelle und kräftige Erholung der Märkte ließ die Aktienindizes sogar überkauft erscheinen, der Fear and Greed Index schlug in den Bereich der Gier aus. Entscheidenden Einfluss hatte dabei die Einsicht, „dass selbst Trump eine – ökonomische – Schmerzgrenze hat und keinen vollständigen wirtschaftlichen Kollaps der USA in Kauf nehmen will“, so Baitinger weiter. In der Folge leitete Trump Maßnahmen zur handelspolitischen Deeskalation ein, die prompt einen drastischen Stimmungsumschwung an den Kapitalmärkten auslösten. Die derzeitige Konsolidierungsphase sei daher nicht überraschend, denn die Märkte müssten die „raschen Kursanstiege ‚verdauen‘“, sagt Baitinger.
Trotz dieser Entspannung sollten Investoren die bestehenden Risiken nicht unterschätzen. Die jüngste Marktberuhigung könnte Trump verleiten, erneut „handelspolitische Drohungen auszusprechen, um die Verhandlungen in seinem Sinne zu beeinflussen“, warnt Baitinger. Zudem hätten die Börsenturbulenzen im April nicht nur kurzfristige Spuren hinterlassen: „US-amerikanische Verbraucher und Unternehmen wurden nachhaltig verunsichert.“ Eine solche Unsicherheit gilt als gefährlich für die Wirtschaft, da sie sowohl Investitionen hemmt als auch Konsumenten von größeren Anschaffungen abhält. Erste Auswirkungen seien bereits in Frühindikatoren sichtbar, und „die Erfahrung zeigt, dass sich eine solche Nachfrageschwäche zeitverzögert meist auch in den ‚harten‘ Konjunkturdaten widerspiegelt.“ Hinzu kommt, dass trotz politischer Entspannung der effektive US-Zollsatz deutlich gestiegen ist – mit inflatorischen Folgen. Analysten gehen davon aus, „dass Einzelhändler ab Mitte Juni damit beginnen werden, die gestiegenen Zollsätze in Form höherer Preise an die Verbraucher weiterzugeben.“ Baitinger zufolge droht der US-Wirtschaft damit ein Sommer mit klaren „stagflationären Tendenzen“.
Auch aus Japan kommen beunruhigende Signale. Eine eigentlich routinemäßige Auktion von 20-jährigen japanischen Staatsanleihen führte „für Aufsehen an den Finanzmärkten“ und ließ die Renditen langlaufender Anleihen weltweit ansteigen. Der Grund: „Die Nachfrage fiel überraschend schwach aus – es war die geringste Beteiligung seit über einem Jahrzehnt.“ Die Bank of Japan steht damit vor einem geldpolitischen Dilemma. Einerseits will Japan die Deflation hinter sich lassen und die Geldpolitik normalisieren. Andererseits würden steigende Zinsen angesichts der hohen Staatsverschuldung „die Zinsausgaben perspektivisch auf ein unhaltbares Niveau steigen lassen“ und damit weitere Turbulenzen an den Märkten riskieren. Die aktuellen Entwicklungen zeigen laut Baitinger: „Der geldpolitische Kurs der Bank of Japan entfaltet zunehmend unerwünschte Nebenwirkungen für die globalen Finanzmärkte.“ Professionelle Anleger sollten daher auch diesen Aspekt aufmerksam im Blick behalten.
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Zinswende mit Folgen: Wie die Anleihemärkte unter Druck geraten sind
Von Dr. Oliver Everling | 27.Mai 2025
Die Anleihemärkte stehen unter Druck wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Nach einem über 30 Jahre andauernden Zinsrückgang hat der Inflationsschock ab 2021 zu einem dramatischen Kurswechsel geführt. „Der Epochenwechsel führte hohe Verluste bei langlaufenden Anleihen mit sich“, schreibt Christoph Bruns. Die daraus resultierenden Kursverluste haben viele Anleger kalt erwischt. Besonders deutlich wird das Ausmaß der Zinswende beim Blick auf den REXP Index, der die Renditeentwicklung deutscher Staatsanleihen mit etwa fünfjähriger Restlaufzeit abbildet. Bruns stellt fest: „Am Ende des Jahres 2020 stand der REXP bei 499 Punkten und ist seither um 8,4 % auf 457 zurückgefallen.“
Doch nicht nur die nominalen Verluste sorgen für Unruhe, sondern auch die realen Einbußen. Die allgemeine Lebenshaltung in Deutschland hat sich im gleichen Zeitraum um 21,5 % verteuert. Bruns zieht ein klares Fazit: „Dann kommt ein enormer Vermögens- und Wohlstandsverlust zum Vorschein.“ Dies geschieht in einer wirtschaftlich ohnehin angespannten Lage. „Die Wirtschaft in Deutschland \[wächst] seit Jahren nicht und die Investitionen \[sind] sogar bereits seit 2019 rückläufig“, bemerkt Bruns. Hinzu kommen „anhaltend hohe Geldentwertungsraten“ und „ein starkes Wachstum des Staates“, die die wirtschaftliche Stimmung zusätzlich belasten.
Auch über Deutschlands Grenzen hinaus sind die Auswirkungen der Zinswende spürbar. In den USA etwa reagieren Anleger zunehmend nervös auf die Staatsverschuldung. Der Schritt der Ratingagentur Moody’s, die Bonität der USA herabzusetzen, überrascht Bruns: „Denn mit wie vielen A‘s müsste dann ein Land ausgezeichnet werden, welches überhaupt keine Schulden hat?“ Aus seiner Sicht ist auch die Bonitätsbewertung selbst von einer „gehörigen Inflation“ betroffen.
Ein besonders aufsehenerregendes Ereignis war der jüngste Renditesprung bei dreißigjährigen US-Staatsanleihen auf über fünf Prozent. Für den US-Staat und dessen Steuerzahler bedeutet das massive finanzielle Belastungen. „Bei derzeit ausstehenden amerikanischen Staatsschulden in Höhe von knapp 37 Billionen \$ sorgt ein Zinsanstieg um einen Prozentpunkt für zusätzliche jährliche Zinsaufwendungen in Höhe von 370 Milliarden \$“, rechnet Bruns vor. Mittlerweile seien die Zinszahlungen im US-Haushalt höher als die Ausgaben für Medicare oder Verteidigung. Ob die USA diese Last durch Wirtschaftswachstum stemmen können, bezweifelt er: „Es steht zu bezweifeln, ob die USA durch Wirtschaftswachstum aus der Schuldenfalle herausfinden können, wie es die US-Präsidenten jedweder Couleur stets beschwören.“
Schließlich verweist Bruns auf ein weiteres Problem: Die Finanzierung der US-Schulden durch ausländische Investoren. Der „zuletzt schwächelnde US-Dollar“ sei dabei ein Warnsignal. Um Investoren trotz steigender Risiken zur Finanzierung der US-Verschuldung zu bewegen, werde es künftig „tendenziell höherer Zinsen bedürfen“.
Dr. Christoph Bruns zeichnet ein klares Bild der aktuellen Lage an den Anleihemärkten – und es ist kein beruhigendes.
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Hollywoods heimliche Stars: Diese Autos dominieren die Leinwand
Von Dr. Oliver Everling | 27.Mai 2025
Eine umfassende Analyse von AutoScout24 (im folgenden Zitate aus der Studie) hat ergeben, dass es in Hollywood nicht unbedingt die teuren Sportwagen sind, die auf der Leinwand dominieren. Stattdessen sind es robuste Klassiker, die das Bild vieler Blockbuster prägen – vor allem amerikanische Polizeiwagen, SUVs und Limousinen. Über 50.000 Filme aus einem Zeitraum von 25 Jahren wurden ausgewertet, um jene Fahrzeuge zu ermitteln, die besonders oft eine prominente Rolle auf der Leinwand einnehmen. Das Ergebnis überrascht: „Es sind nicht etwa Luxusflitzer oder Sportwagen, sondern robuste Klassiker, die Filmgeschichte schreiben.“
Angeführt wird das Ranking vom Ford Crown Victoria, einem Modell, das in Actionfilmen fast schon Pflicht ist. Der Grund: „Er strahlt direkt Autorität aus“, besonders in der Variante als Police Interceptor mit typischer Lackierung. Dieses Modell ist unter anderem in »Scream 5« oder »Black Panther: Wakanda Forever« zu sehen. Auch der Ford Econoline, ein Kleintransporter, zeigt sich als vielseitiger Filmstar, etwa in »Bad Boys: Ride or Die« oder als Transportmittel für Claire Dearing in »Jurassic World: Dominion«.
Der Toyota Land Cruiser steht für „strapazierfähige Geländetauglichkeit“ und taucht regelmäßig in Szenen mit Extremsituationen auf, etwa in Kriegsfilmen oder Endzeitdramen wie »Guy Ritchie’s The Covenant«. Ebenfalls ein Klassiker ist das Lincoln Town Car, das als „Sinnbild für eine Chauffeur-Limousine“ VIPs durch Filme wie »Air« oder »21 Jump Street« fährt.
Für Action- und Rennszenen ist der Dodge Charger wie gemacht. Mit seinem „markanten Profil und dem dröhnenden Motorengeräusch“ eignet er sich perfekt für temporeiche Verfolgungsjagden, etwa in »Smile« oder »Day Shift«. Ein weiteres Symbol für Luxus ist die Mercedes S-Klasse, die oft mit Agenten oder Superreichen assoziiert wird, etwa in »Tenet« oder »Grey Man«.
Der Cadillac Escalade stellt ein „perfektes Beispiel amerikanischer SUV-Kultur“ dar. In Filmen wie »Renfield« oder »The Man from Toronto« transportiert er Gangster oder Waffenschieber. Nicht weniger ikonisch ist der Ford Mustang, der „für seine einzigartige Kombination aus Kraft, Leistung und zeitlosem Stil“ bekannt ist – zuletzt zu sehen in »Fast X« oder »Operation Fortune«.
Auch der Chevrolet Impala ist aus der Filmwelt nicht wegzudenken. Ob als Familienkutsche oder Gangsterauto – er tritt in Filmen wie »They Cloned Tyrone« oder »Ambulance« auf. Der Chevrolet Caprice rundet die Liste ab, meist in Retro-Settings als Polizeiwagen oder Chauffeurslimousine. Besonders markant ist sein Auftritt in »Longlegs« oder »Barbarian«.
Viele dieser Modelle finden sich gebraucht bei AutoScout24. Die Datenbasis dieser Analyse ist bemerkenswert: Es wurden nur Filme mit mehr als 30.000 IMDb-Bewertungen berücksichtigt, um den Fokus auf bekannte Produktionen zu legen. Dabei wurden Modellvarianten mithilfe künstlicher Intelligenz zusammengeführt und Jahrgänge vereinheitlicht – ein aufwändiger Prozess, der eine neue Perspektive auf die Rolle von Autos in der Filmgeschichte eröffnet.
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European Finance Forum in Hamburg seit 22 Jahren
Von Dr. Oliver Everling | 26.Mai 2025
Am 7. Juli 2003 kam es in Hamburg zum ersten Treffen des Hamburger Finanz Forums – heute European Finance Forum -, einem Zusammenkommen engagierter Persönlichkeiten aus Finanzwirtschaft, Beratung und Industrie, das den Grundstein für einen offenen, interdisziplinären Austausch legte. Die Idee: ein Forum für aktuelle wirtschaftliche und finanzpolitische Fragen wie in Frankfurt am Main zu schaffen, jenseits formeller Strukturen, aber mit fachlichem Tiefgang.
Zum ersten MontagsMeeting im Hamburger Finanz Forum konnte ich unter anderem Ralf Garrn von Euler Hermes begrüßen. Freiherr von Weichs eröffnete die Veranstaltung mit einer Einführung, ich selbst stellte anschließend die Ziele und das Konzept des FFF Frankfurter Finanz Forums vor. Danach sprach Stefan Binder, Principal bei McKinsey & Company, über aktuelle Entwicklungen in der Versicherungsbranche.
Im Jahr 2025 wird nun in dieser Tradition das Forum nach einer Pause fortgeführt – inspiriert vom Geist des ersten Treffens: unabhängig, meinungsstark und dialogorientiert. Ziel ist es, an die damals gelegte Basis anzuknüpfen und das Hamburger Finanz Forum im eff.de als Ort der Begegnung und des Denkens über Zukunftsfragen von Industrie und Wirtschaft wiederzubeleben, insbesondere über Fragen von Investitionen und ihrer Finanzierung.
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Moody’s stuft US-Bonität herab: Ein Warnsignal für die Fiskalpolitik
Von Dr. Oliver Everling | 26.Mai 2025
Die USA haben durch Moody’s, als letzte der drei großen Ratingagenturen, ihre Spitzenbonität verloren. Am 16. Mai 2025 entzog Moody’s den Vereinigten Staaten die Bestnote Aaa und stufte sie auf die zweithöchste Kategorie Aa1 herab. Die Entscheidung fiel mitten in der laufenden Debatte über den US-Haushalt 2026 und ist Ausdruck wachsender Sorgen über die Tragfähigkeit der amerikanischen Staatsfinanzen. In der Begründung der Ratingagentur heißt es wörtlich, in der Herabstufung spiegele sich „der Anstieg der Staatsverschuldung und der Zinszahlungsquoten über mehr als ein Jahrzehnt“. Besonders alarmierend: Dieser Anstieg liege „deutlich über dem Niveau anderer staatlicher Emittenten“. Moody’s kritisiert dabei nicht nur einzelne politische Akteure, sondern konstatiert ein strukturelles Versagen: Verantwortlich seien „aufeinanderfolgende Regierungen und Kongresse“.
Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, verweist in seinem aktuellen CIO View auf den dramatischen Anstieg des US-Haushaltsdefizits: „Über die ersten sieben Monate des Haushaltsjahrs 2025 […] hat die US-Regierung per Ende April bereits ein Defizit von 1.051 Milliarden US-Dollar angehäuft.“ Dies entspricht einem Zuwachs von 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Konsequenzen für die Kreditwürdigkeit des Landes sind offensichtlich – und Moody’s hat nun darauf reagiert. Zweifel an der künftigen Haushaltsdisziplin waren ein zentrales Argument für die Rating-Herabstufung. Die Kreditanalysten von Moody’s gehen nicht davon aus, dass der derzeit diskutierte Haushalt 2026 zu „wesentlichen mehrjährigen Kürzungen der Pflichtausgaben und Defizite“ führen werde. Grund dafür seien „steigende Sozialausgaben, stagnierende Staatseinnahmen und eine stärkere Zinsbelastung“.
Die Prognosen des Congressional Budget Office (CBO) verdeutlichen die strukturellen Herausforderungen. Nach Berechnungen vom März 2025 wird sich die von der Öffentlichkeit gehaltene Verschuldung der US-Bundesregierung von derzeit rund 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis 2034 auf 117 Prozent erhöhen – ein Anstieg, der vor allem auf ein dauerhaft hohes Primärdefizit und steigende Zinszahlungen zurückzuführen ist. Noch düsterer fällt die Perspektive des Committee for a Responsible Federal Budget (CRFB) aus: Sollte das aktuelle Haushaltsgesetz („Reconciliation Bill“) langfristig umgesetzt und um befristete Steuererleichterungen verlängert werden, könne sich die kumulierte zusätzliche Verschuldung über zehn Jahre auf bis zu 5,2 Billionen US-Dollar summieren – das entspräche 12,3 Prozent des BIP. In einem solchen Szenario würde die öffentliche Verschuldung auf bis zu 130 Prozent des BIP steigen.
Trotz der dramatischen Verschuldungsdynamik blieb eine unmittelbare Marktpanik bislang aus. Zwar stieg die Rendite dreißigjähriger US-Staatsanleihen jüngst auf über 5 Prozent – den höchsten Stand seit 18 Monaten – und der US-Dollar verlor leicht an Wert. Doch die Aktienmärkte reagierten bislang überraschend gelassen. „Allein die US-Aktienmärkte haben sich vom Downgrading durch Moody’s bisher wenig beeindruckt gezeigt“, stellt Viebig fest.
Die Herabstufung durch Moody’s ist weniger ein Schock als vielmehr eine Mahnung: Die USA befinden sich auf einem fiskalisch riskanten Pfad. Viebig resümiert: „Die Haushaltsdebatte hat in den USA erst begonnen. Sie dürfte in den kommenden Wochen an Fahrt gewinnen und an den Märkten zunehmend eine Rolle spielen.“ Die Unsicherheit über die künftige Ausrichtung der Fiskal- und Geldpolitik könnte dabei zunehmen – und auch die Fed könnte gezwungen sein, ihren geldpolitischen Kurs zu überdenken. Angesichts dieser Gemengelage rät Viebig zu Vorsicht: „Auch wenn sich an Wall Street weiterhin Unternehmen mit überzeugenden Geschäftsmodellen bei aus unserer Sicht nun niedrigeren Bewertungen finden lassen, gehen wir an den amerikanischen Märkten angesichts dieser ungemütlichen Gemengelage derzeit nur mit erhöhter Vorsicht vor.“ Die Entscheidung von Moody’s ist damit mehr als ein technisches Downgrade – sie ist ein Weckruf an die US-Politik, ihre fiskalischen Hausaufgaben zu machen. Ob dieser gehört wird, bleibt offen.
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Wachstum mit Weitblick: Die Bank der Zukunft braucht Kontrolle, Technologie und Vertrauen
Von Dr. Oliver Everling | 14.Mai 2025
In einer Welt, die von Unsicherheit, Wandel und Komplexität geprägt ist, stellt sich für Banken nicht mehr die Frage, ob sie sich transformieren müssen – sondern wie. Christian Rhino, CIO der Private Bank bei der Deutschen Bank, machte in seiner Keynote zur 20. Jahreskonferenz „Finanzdienstleister der nächsten Generation“ auf dem Frankfurt School Forum deutlich: Die Bank der Zukunft entsteht nicht zufällig, sondern durch strategisch gesteuertes Wachstum in einem klar definierten, sicheren Rahmen. Wachstum, das nicht nur auf die Bank selbst, sondern vor allem auf die finanziellen Ziele und die Sicherheit der Kunden/-innen ausgerichtet ist.
Die Deutsche Bank versteht sich als „Global Hausbank“ – ein Begriff, der nicht nur geografische Reichweite, sondern auch ein tiefes Bekenntnis zur Verantwortung ausdrückt. „Wir sind dem langfristigen Erfolg und der finanziellen Sicherheit unserer Kunden verpflichtet. Zuhause und in der Welt.“ Dieses Selbstverständnis prägt die strategischen Entscheidungen ebenso wie die technologische Ausrichtung der Bank. Das 50-jährige Jubiläum des bekannten Logos steht dabei nicht nur symbolisch für Kontinuität, sondern auch für den Aufbruch in eine digitale, vernetzte Zukunft.
Im Zentrum der Strategie steht das „Concept of One“. Was wie ein einfaches Schlagwort klingt, ist ein tiefgreifendes Leitprinzip für die Transformation der Deutschen Bank: One Innovation Approach, One Technology & Data Approach, One Control Framework, One People Agenda. Ziel ist es, mit einer einheitlichen technologischen Grundlage, einer konsistenten Datenstrategie, einem durchgängigen Kontrollrahmen und einer zukunftsorientierten Personalentwicklung ein belastbares Fundament für Innovation und Effizienz zu schaffen.
Die digitale Transformation betrifft dabei die gesamte Organisation – von den Marken Postbank, Deutsche Bank, Norisbank bis Fyrst. Das Ziel ist, diese Einheiten nicht nur operativ, sondern auch kulturell zu einer modernen, digitalen Bank zu integrieren. Rhino betonte, dass Technologie und Business heute nicht mehr zu trennen seien. Innovation bedeutet nicht nur neue Tools, sondern ein neues Denken – über Funktionen hinweg. KI und Blockchain eröffnen neue Chancen, doch der Umgang mit diesen Technologien muss ebenso selbstverständlich werden wie einst der mit Papier und Bleistift.
An konkreten Beispielen wurde das greifbar: Mit Formaten wie dem „Hackathon for Dementia“ zeigt die Bank, wie technische Kreativität und gesellschaftliche Verantwortung zusammengeführt werden. In den „Global Connect“-Veranstaltungen wird das Innovationsklima aktiv gefördert – nicht aus Angst vor Wandel, sondern mit Neugier und Freude an neuen Lösungen, immer in einem Rahmen, der sowohl Kund\:innen als auch die Organisation schützt.
Der Fokus auf Sicherheit ist dabei kein Widerspruch zur Innovationsfähigkeit, sondern deren Voraussetzung. Der kontrollierte Rahmen schafft die notwendige Stabilität, innerhalb derer Neues entstehen kann. Und: Nicht jede Neuerung braucht sofort das „Killer-Produkt“. Die „Cherry on the cake“, wie Rhino es nannte, ist oft das Ergebnis kontinuierlicher, disziplinierter Arbeit an den Grundlagen.
Mit der Kombination aus globaler Verantwortung, technologischer Exzellenz und strategischer Klarheit positioniert sich die Deutsche Bank als Vorreiterin eines neuen Bankverständnisses: robust, wandlungsfähig und immer im Dienst ihrer Kund\:innen. Wachstum wird nicht mehr nur gemessen in Zahlen, sondern in Vertrauen.
Themen: Bankenrating | Kommentare deaktiviert für Wachstum mit Weitblick: Die Bank der Zukunft braucht Kontrolle, Technologie und Vertrauen