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Risikomanagement im Wandel: Drei Perspektiven auf der Handelsblatt-Tagung „Bankenaufsicht 2025″

Von Dr. Oliver Everling | 29.April 2025

Auf der Handelsblatt-Tagung „Bankenaufsicht 2025“ wurde deutlich: Risikomanagement steht nicht mehr nur für Kontrolle und Compliance, sondern zunehmend für strategische Verantwortung und Innovationsfähigkeit. In einer hochdynamischen Welt, geprägt von geopolitischen Unsicherheiten, technologischen Umbrüchen und neuen Bedrohungslagen, präsentierten führende Risikovorstände ihre Sicht auf die Rolle des Risiko-Managements im modernen Bankbetrieb. Dabei kristallisierte sich ein gemeinsamer Tenor heraus: Die Balance zwischen regulatorischen Anforderungen und zukunftsfähiger Geschäftsentwicklung ist heute anspruchsvoller – und wichtiger – denn je.

Eine Diskussionsrunde widmet sich dem Thema „Risiko neu denken, Resilienz stärken – Die CRO-Rolle im Wandel“. Es geht um veränderte Risikolandschaften, geopolitischen Veränderungen, Cyberrisiken und Umgang mit Künstlicher Intelligenz, aber auch um eine neue Risikokultur: Vertrauen und Risikobewusstsein im Unternehmen verankern und Führung im Umbruch zu sehen: Was modernes Risikomanagement heute verlangt. Es diskutieren Nina Babic, Chief Risk Officer – Aareal Bank, Birgit Dietl-Benzin, Risikovorstand – DekaBank, und Nikolaus Maximilian Linaric, Chief Risk Officer – ING Deutschland, moderiert von Prof. Dr. Hermann Schulte-Mattler, Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwirtschaft und Controlling, sowie Seniorprofessor für Nachhaltigkeitsrisiken und Künstliche Intelligenz – Fachhochschule Dortmund.

Nina Babic, Chief Risk Officer der Aareal Bank, stellte in ihrem Diskussionbeitrag in einer Diskussionsrunde die Notwendigkeit eines Perspektivwechsels heraus. Die klassische Rolle des Risikomanagements als Verhinderer sei überholt. Heute gehe es darum, ein Enabler von Geschäftsmodellen zu sein – mit einem tiefen Verständnis für das Zusammenspiel von Risikosteuerung, Geschäftszielen und regulatorischem Rahmen. Folgt man ihren Worten, reicht es nicht mehr aus, Risiken zu identifizieren und zu begrenzen, vielmehr muss das Risikomanagement dabei helfen, innerhalb der Compliance-Vorgaben unternehmerische Chancen zu realisieren. Das erfordert ein Umdenken – weg vom reaktiven Risikoverwalter hin zu einem integralen Partner der Geschäftsstrategie.

Birgit Dietl-Benzin, Risikovorständin der DekaBank, richtete den Blick auf eine zunehmend komplexe Risikolandschaft. Während finanzielle Risiken zwar weiterhin zentral seien, gewinne die Steuerung non-financial risks stark an Bedeutung. Themen wie Cyberrisiken, Reputationsgefahren und besonders die Risiken aus dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz verlangten neue Herangehensweisen, neue Tools – und vor allem eine reife Risikokultur. Es gehe darum, Risiken nicht nur technisch zu erfassen, sondern sie in die DNA der Organisation zu integrieren. Nur wenn diese Risikokultur im gesamten Haus verankert sei, könnten neue Risikoarten wirksam adressiert werden – von der ersten Verteidigungslinie bis zum Vorstand.

Nikolaus Maximilian Linaric, seit Dezember 2024 Chief Risk Officer der ING Deutschland, betonte die Geschwindigkeit, mit der sich das Umfeld für Banken derzeit verändert. Die klassischen Risikoprozesse seien oft zu langsam, zu schwerfällig, um mit der Dynamik Schritt zu halten. Für ihn steht deshalb die Optimierung von Prozessen im Mittelpunkt – nicht nur zur Effizienzsteigerung, sondern auch, um das Risikomanagement zukunftsfest zu machen. Automatisierung, Digitalisierung und agile Methoden seien keine Kür, sondern Voraussetzung, um relevante Risiken frühzeitig zu erkennen und flexibel darauf zu reagieren. Dabei gelte es, interne Silos aufzubrechen und den Risikodialog bereichsübergreifend zu führen.

Der Austausch dieser drei Risikoverantwortlichen machte deutlich: Die Rolle der CROs hat sich gewandelt. Risiko wird heute nicht mehr nur als Bedrohung gesehen, sondern auch als Chance zur Stärkung von Steuerungsfähigkeit, strategischer Ausrichtung und nachhaltiger Unternehmensführung. Wer heute Risiken nur vermeiden will, wird morgen nicht mehr bestehen – so die implizite Botschaft der Konferenz. Vielmehr braucht es ein Risikomanagement, das mitdenkt, mitgestaltet und mitverantwortet.

Themen: Bankenrating | Kommentare deaktiviert für Risikomanagement im Wandel: Drei Perspektiven auf der Handelsblatt-Tagung „Bankenaufsicht 2025″

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