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Moody’s stuft US-Bonität herab: Ein Warnsignal für die Fiskalpolitik
Von Dr. Oliver Everling | 26.Mai 2025
Die USA haben durch Moody’s, als letzte der drei großen Ratingagenturen, ihre Spitzenbonität verloren. Am 16. Mai 2025 entzog Moody’s den Vereinigten Staaten die Bestnote Aaa und stufte sie auf die zweithöchste Kategorie Aa1 herab. Die Entscheidung fiel mitten in der laufenden Debatte über den US-Haushalt 2026 und ist Ausdruck wachsender Sorgen über die Tragfähigkeit der amerikanischen Staatsfinanzen. In der Begründung der Ratingagentur heißt es wörtlich, in der Herabstufung spiegele sich „der Anstieg der Staatsverschuldung und der Zinszahlungsquoten über mehr als ein Jahrzehnt“. Besonders alarmierend: Dieser Anstieg liege „deutlich über dem Niveau anderer staatlicher Emittenten“. Moody’s kritisiert dabei nicht nur einzelne politische Akteure, sondern konstatiert ein strukturelles Versagen: Verantwortlich seien „aufeinanderfolgende Regierungen und Kongresse“.
Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, verweist in seinem aktuellen CIO View auf den dramatischen Anstieg des US-Haushaltsdefizits: „Über die ersten sieben Monate des Haushaltsjahrs 2025 […] hat die US-Regierung per Ende April bereits ein Defizit von 1.051 Milliarden US-Dollar angehäuft.“ Dies entspricht einem Zuwachs von 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Konsequenzen für die Kreditwürdigkeit des Landes sind offensichtlich – und Moody’s hat nun darauf reagiert. Zweifel an der künftigen Haushaltsdisziplin waren ein zentrales Argument für die Rating-Herabstufung. Die Kreditanalysten von Moody’s gehen nicht davon aus, dass der derzeit diskutierte Haushalt 2026 zu „wesentlichen mehrjährigen Kürzungen der Pflichtausgaben und Defizite“ führen werde. Grund dafür seien „steigende Sozialausgaben, stagnierende Staatseinnahmen und eine stärkere Zinsbelastung“.
Die Prognosen des Congressional Budget Office (CBO) verdeutlichen die strukturellen Herausforderungen. Nach Berechnungen vom März 2025 wird sich die von der Öffentlichkeit gehaltene Verschuldung der US-Bundesregierung von derzeit rund 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis 2034 auf 117 Prozent erhöhen – ein Anstieg, der vor allem auf ein dauerhaft hohes Primärdefizit und steigende Zinszahlungen zurückzuführen ist. Noch düsterer fällt die Perspektive des Committee for a Responsible Federal Budget (CRFB) aus: Sollte das aktuelle Haushaltsgesetz („Reconciliation Bill“) langfristig umgesetzt und um befristete Steuererleichterungen verlängert werden, könne sich die kumulierte zusätzliche Verschuldung über zehn Jahre auf bis zu 5,2 Billionen US-Dollar summieren – das entspräche 12,3 Prozent des BIP. In einem solchen Szenario würde die öffentliche Verschuldung auf bis zu 130 Prozent des BIP steigen.
Trotz der dramatischen Verschuldungsdynamik blieb eine unmittelbare Marktpanik bislang aus. Zwar stieg die Rendite dreißigjähriger US-Staatsanleihen jüngst auf über 5 Prozent – den höchsten Stand seit 18 Monaten – und der US-Dollar verlor leicht an Wert. Doch die Aktienmärkte reagierten bislang überraschend gelassen. „Allein die US-Aktienmärkte haben sich vom Downgrading durch Moody’s bisher wenig beeindruckt gezeigt“, stellt Viebig fest.
Die Herabstufung durch Moody’s ist weniger ein Schock als vielmehr eine Mahnung: Die USA befinden sich auf einem fiskalisch riskanten Pfad. Viebig resümiert: „Die Haushaltsdebatte hat in den USA erst begonnen. Sie dürfte in den kommenden Wochen an Fahrt gewinnen und an den Märkten zunehmend eine Rolle spielen.“ Die Unsicherheit über die künftige Ausrichtung der Fiskal- und Geldpolitik könnte dabei zunehmen – und auch die Fed könnte gezwungen sein, ihren geldpolitischen Kurs zu überdenken. Angesichts dieser Gemengelage rät Viebig zu Vorsicht: „Auch wenn sich an Wall Street weiterhin Unternehmen mit überzeugenden Geschäftsmodellen bei aus unserer Sicht nun niedrigeren Bewertungen finden lassen, gehen wir an den amerikanischen Märkten angesichts dieser ungemütlichen Gemengelage derzeit nur mit erhöhter Vorsicht vor.“ Die Entscheidung von Moody’s ist damit mehr als ein technisches Downgrade – sie ist ein Weckruf an die US-Politik, ihre fiskalischen Hausaufgaben zu machen. Ob dieser gehört wird, bleibt offen.
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