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Japans geldpolitische Kapriolen für die globalen Kapitalmärkte
Von Dr. Oliver Everling | 27.Mai 2025
Selten zuvor waren die Stimmungsumschwünge der Marktteilnehmer abrupter und die Schwankungen an den globalen Börsen größer als in den vergangenen zwei Monaten. Am Tiefpunkt des Abverkaufs im Zuge des von Donald Trump so genannten „Liberation Day“, als der US-Präsident umfassende Zölle verkündete, zeigte sich die Nervosität der Anleger deutlich: „Der Fear and Greed Index, der die Stimmung der Anleger misst, signalisierte massive Panik“, erklärt Dr. Eduard Baitinger, seit 2015 Leiter Asset Allocation der FERI AG.
Das Sentiment war so schlecht wie seit Jahren nicht mehr. Doch nur kurze Zeit später wendete sich das Blatt. Eine schnelle und kräftige Erholung der Märkte ließ die Aktienindizes sogar überkauft erscheinen, der Fear and Greed Index schlug in den Bereich der Gier aus. Entscheidenden Einfluss hatte dabei die Einsicht, „dass selbst Trump eine – ökonomische – Schmerzgrenze hat und keinen vollständigen wirtschaftlichen Kollaps der USA in Kauf nehmen will“, so Baitinger weiter. In der Folge leitete Trump Maßnahmen zur handelspolitischen Deeskalation ein, die prompt einen drastischen Stimmungsumschwung an den Kapitalmärkten auslösten. Die derzeitige Konsolidierungsphase sei daher nicht überraschend, denn die Märkte müssten die „raschen Kursanstiege ‚verdauen‘“, sagt Baitinger.
Trotz dieser Entspannung sollten Investoren die bestehenden Risiken nicht unterschätzen. Die jüngste Marktberuhigung könnte Trump verleiten, erneut „handelspolitische Drohungen auszusprechen, um die Verhandlungen in seinem Sinne zu beeinflussen“, warnt Baitinger. Zudem hätten die Börsenturbulenzen im April nicht nur kurzfristige Spuren hinterlassen: „US-amerikanische Verbraucher und Unternehmen wurden nachhaltig verunsichert.“ Eine solche Unsicherheit gilt als gefährlich für die Wirtschaft, da sie sowohl Investitionen hemmt als auch Konsumenten von größeren Anschaffungen abhält. Erste Auswirkungen seien bereits in Frühindikatoren sichtbar, und „die Erfahrung zeigt, dass sich eine solche Nachfrageschwäche zeitverzögert meist auch in den ‚harten‘ Konjunkturdaten widerspiegelt.“ Hinzu kommt, dass trotz politischer Entspannung der effektive US-Zollsatz deutlich gestiegen ist – mit inflatorischen Folgen. Analysten gehen davon aus, „dass Einzelhändler ab Mitte Juni damit beginnen werden, die gestiegenen Zollsätze in Form höherer Preise an die Verbraucher weiterzugeben.“ Baitinger zufolge droht der US-Wirtschaft damit ein Sommer mit klaren „stagflationären Tendenzen“.
Auch aus Japan kommen beunruhigende Signale. Eine eigentlich routinemäßige Auktion von 20-jährigen japanischen Staatsanleihen führte „für Aufsehen an den Finanzmärkten“ und ließ die Renditen langlaufender Anleihen weltweit ansteigen. Der Grund: „Die Nachfrage fiel überraschend schwach aus – es war die geringste Beteiligung seit über einem Jahrzehnt.“ Die Bank of Japan steht damit vor einem geldpolitischen Dilemma. Einerseits will Japan die Deflation hinter sich lassen und die Geldpolitik normalisieren. Andererseits würden steigende Zinsen angesichts der hohen Staatsverschuldung „die Zinsausgaben perspektivisch auf ein unhaltbares Niveau steigen lassen“ und damit weitere Turbulenzen an den Märkten riskieren. Die aktuellen Entwicklungen zeigen laut Baitinger: „Der geldpolitische Kurs der Bank of Japan entfaltet zunehmend unerwünschte Nebenwirkungen für die globalen Finanzmärkte.“ Professionelle Anleger sollten daher auch diesen Aspekt aufmerksam im Blick behalten.
Themen: Aktienrating, Anleiherating | Kommentare deaktiviert für Japans geldpolitische Kapriolen für die globalen Kapitalmärkte
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