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Käuferstreik an den Kapitalmärkten – Warnsignale trotz positiver Rahmendaten
Von Dr. Oliver Everling | 22.Juli 2025
Während die weltweiten Börsen weiterhin von positiven wirtschaftlichen Impulsen und soliden Unternehmensdaten getragen werden, zeichnet sich hinter den Kulissen eine potenziell kritische Entwicklung ab: Phasen selektiver Zurückhaltung institutioneller Investoren – sogenannte „Käuferstreiks“. Besonders am US-Anleihemarkt könnten diese zum entscheidenden Risikofaktor werden.
Obwohl das konjunkturelle Umfeld stabil bleibt und die Risikoneigung der Anleger hoch ist, häufen sich die strukturellen Spannungen, die solche Käuferstreiks begünstigen. Wie Dr. Eduard Baitinger, Leiter Asset Allocation der FERI AG, beschreibt, profitiert der Markt aktuell von einer Vielzahl unterstützender Faktoren: „Die US-Konjunktur wächst solide und zeigt keine Anzeichen einer Überhitzung, während der zollbedingte Inflationsanstieg bislang deutlich geringer ausfällt als zunächst befürchtet.“ Auch die anhaltende Schwäche des US-Dollars spielt dabei eine zentrale Rolle. Große US-Unternehmen, die stark international aufgestellt sind, profitieren direkt, denn „ein schwächerer US-Dollar macht ihre Waren und Dienstleistungen in anderen Währungsräumen wettbewerbsfähiger.“
Doch genau hier beginnt sich ein kritischer Gegensatz aufzubauen: Die fundamentale Stärke der Märkte steht zunehmend im Widerspruch zu deren Bewertung. Baitinger warnt, dass die Börsenbewertungen – insbesondere bei Large Caps – „nahe an neuen Höchstständen liegen.“ Dies begrenze den Spielraum für weitere Kurssteigerungen und erhöhe die Sensitivität gegenüber negativen Nachrichten. Das allein sei jedoch „kein verlässlicher Indikator für eine baldige Marktkorrektur“, sondern vielmehr ein Risikofaktor, der in Verbindung mit anderen Entwicklungen, etwa geldpolitischen Unsicherheiten, verstärkt wirken kann.
Ein zentraler Treiber möglicher Käuferstreiks ist die Geldpolitik der US-Notenbank. Während andere Zentralbanken bereits einen Zinssenkungszyklus eingeleitet haben, bleibt die Federal Reserve abwartend – auch wegen der „zollbedingten Inflationsrisiken,“ wie Baitinger erklärt. Sollte sich die Inflation jedoch weiterhin moderat entwickeln, wächst der Druck auf die Fed, ihren geldpolitischen Kurs zu lockern. Doch genau hier beginnt ein weiterer Risikokomplex: der politische Druck auf die Notenbank. Baitinger verweist auf die wachsenden Sorgen um die Unabhängigkeit der Fed, da „der politische Druck Trumps auf Fed-Chef Jerome Powell bestehen bleibt.“
Diese Unsicherheiten haben unmittelbare Auswirkungen auf den Anleihemarkt. Insbesondere langlaufende US-Staatsanleihen könnten verstärkt unter Druck geraten. Wie Baitinger betont, „könnten sie eine erhöhte Schwankungsbreite aufweisen und immer wieder von Phasen sogenannter ‚Käuferstreiks‘ betroffen sein.“ In solchen Phasen verweigern sich institutionelle Investoren dem Markt, weil sie entweder auf klarere geldpolitische Signale warten oder die Bewertung als zu ambitioniert empfinden – mit potenziell weitreichenden Folgen für die Marktstabilität und die Finanzierungskosten der US-Regierung.
Ein Käuferstreik ist damit Ausdruck einer latenten Vertrauenskrise – nicht als plötzliche Schockreaktion, sondern als schleichender Rückzug aus dem Markt. Investoren beobachten zwar ein positives Umfeld, sehen aber kaum Spielraum für zusätzliche Rendite und gleichzeitig steigende politische Risiken. In einer solchen Gemengelage reichen moderate Störungen, um große Umschichtungen auszulösen.
Auch wenn aktuell vieles für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends an den Börsen spricht, bleiben strukturelle Risiken wie Käuferstreiks ein unterschätzter, aber zunehmend relevanter Faktor. Marktteilnehmer sollten diese Dynamik genau im Blick behalten – nicht zuletzt, weil sie oft leise beginnt, aber spürbar endet.
Themen: Aktienrating, Anleiherating, Länderrating, Ratings | Kommentare deaktiviert für Käuferstreik an den Kapitalmärkten – Warnsignale trotz positiver Rahmendaten
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