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Neustart unter Merz: Wie Investitionspakete und Reformen Deutschlands Ratings beeinflussen könnten

Von Dr. Oliver Everling | 7.Mai 2025

Die Wahl von Friedrich Merz zum zehnten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland markiert nicht nur einen politischen Wendepunkt, sondern könnte auch eine bedeutende Signalwirkung auf die Kreditwürdigkeit Deutschlands und damit auf dessen Credit Ratings haben. Deutschland, das nach der Corona-Krise das Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum in Europa war, setzt nun mit ambitionierten Investitionspaketen in Verteidigung und Infrastruktur auf eine wirtschaftliche Erneuerung. Christoph Ohme, Leitender Portfoliomanager bei ODDO BHF Asset Management, sieht darin eine Chance: „Mit den beiden Investitionspaketen für Verteidigung und Infrastruktur besteht nun endlich die Chance, strukturelle Wachstumshindernisse anzugehen und das große Potenzial unserer innovativen Unternehmen freizusetzen.“ Solche Investitionen sind nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht bedeutsam, sondern wirken sich auch positiv auf die Bewertung der Kreditwürdigkeit eines Landes aus, da sie langfristige Wachstumsperspektiven und höhere Steuereinnahmen versprechen.

Für Ratingagenturen sind neben fiskalischer Stabilität auch strukturelle Reformen entscheidend. Ohme fordert in diesem Zusammenhang, dass „unnötige bürokratische Hürden abgebaut werden“ – ein Aspekt, der im Zusammenhang mit der Effizienz staatlicher Institutionen und damit auch mit der Bewertung von Kreditrisiken steht. Eine effizientere Verwaltung kann das Vertrauen der Kapitalmärkte stärken und somit zu stabileren oder gar verbesserten Credit Ratings führen.

Das 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturpaket könnte laut Prognosen das BIP-Wachstum ab 2026 um bis zu 1,4 % steigern. „Auch die Unternehmensgewinne können dann wachsen“, betont Ohme, was auf eine mittel- bis langfristig verbesserte wirtschaftliche Fundamentallage hindeutet – ebenfalls ein entscheidender Faktor für Ratingentscheidungen. Die Aussicht auf zweistellige Gewinnzuwächse bei börsennotierten Unternehmen erhöht zudem die Attraktivität des Standortes Deutschland für Investoren. Positive Kapitalzuflüsse – Ohme spricht von einer „weiteren Kapitalrotation aus den USA in die europäischen Märkte“ – deuten auf ein gestärktes Vertrauen in die wirtschaftliche Stabilität hin, was sich wiederum günstig auf Ratings auswirken kann.

Auch wenn geopolitische Risiken wie US-Zollerhöhungen drohen, betont Ohme: „Aufgrund der wechselhaften Nachrichtenlage rechnen wir in den nächsten Tagen und Wochen mit einer erhöhten Volatilität.“ Solche Unsicherheiten wirken sich zunächst negativ auf Marktstimmung und Risikoeinschätzung aus, jedoch zeigt seine Einschätzung, dass die Bewertung des deutschen Markts aktuell günstiger ist als die des US-Markts – ein potenzieller Vorteil bei der Risikobewertung durch Ratingagenturen. Die potenziell wachstumshemmenden Effekte durch Zölle – „Die Kosten der Zölle könnten das Wachstum im Jahr 2026 um 0,9 % reduzieren“ – zeigen zugleich, wie äußere Faktoren in Credit Ratings eingepreist werden könnten, insbesondere bei exportorientierten Volkswirtschaften.

Sektoren mit stabilen oder sogar steigenden Einnahmeerwartungen – wie der Rüstungs- und Infrastrukturbereich – könnten trotz globaler Unsicherheiten positiv zur gesamtwirtschaftlichen Lage beitragen. Ohme erklärt: „Die Regierungen finanzieren die Projekte vor, so dass die Unternehmen des Sektors von Anfang an positive Cashflows verzeichnen können.“ Diese stabile Einnahmestruktur stützt die wirtschaftliche Planbarkeit und könnte Ratingagenturen dazu bewegen, den Industriesektor robuster zu bewerten, was auch Rückwirkungen auf das Länderrating hat.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die wirtschafts- und strukturpolitischen Entscheidungen der neuen Bundesregierung nicht nur das Potenzial haben, Deutschland zurück auf einen Wachstumspfad zu bringen, sondern auch bedeutende Auswirkungen auf die Einschätzungen der Kreditwürdigkeit durch Ratingagenturen haben könnten. Positive Wachstumsimpulse, fiskalisch solide Investitionsstrategien und strukturelle Reformen sind zentrale Faktoren, die mittel- bis langfristig zu einer Stabilisierung oder Verbesserung der Credit Ratings Deutschlands führen können.

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