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Zwischen Sommerflaute und Marktturbulenzen in den Urlaub
Von Dr. Oliver Everling | 21.Juli 2025
Die Sommermonate gelten gemeinhin als ruhigere Börsenphase, doch gerade in dieser Zeit lauern zahlreiche Risiken, die Anleger nicht unterschätzen sollten. Laurent Denize, Co-CIO von ODDO BHF, warnt in seinem aktuellen Investment Brief eindringlich: „Die Geschichte lehrt, dass es an den Märkten gerade dann schnell turbulent werden kann, wenn man es am wenigsten erwartet.“ Bereits im August 2024 sorgte ein schwacher US-Arbeitsmarktbericht für Irritation, weitere enttäuschende Daten verstärkten die Sorgen um eine mögliche Konjunkturabkühlung in den USA. Gleichzeitig führte eine Zinserhöhung der Bank of Japan zur plötzlichen Auflösung von Yen-Carry-Trades – der japanische Aktienindex Topix verlor innerhalb eines Tages mehr als 12 %.
In einem solchen Umfeld empfiehlt Denize eine sorgfältig justierte Anlagestrategie. Besonders im Fokus stehen die drohende Eskalation im globalen Zollstreit sowie die aktuelle Berichtssaison. Die Unsicherheit rund um neue US-Zölle sei „noch lange nicht vorüber“, und deren ökonomische Auswirkungen seien „noch nicht vollständig eingepreist“. Besonders für die Eurozone könnten neue Handelsbarrieren erhebliche Wachstumseinbußen mit sich bringen. Gleichzeitig zeigt die Quartalsberichtssaison erste Schwächezeichen, insbesondere in Europa, wo ein Gewinnrückgang im Jahresvergleich von zwei Prozent erwartet wird – ein Fünf-Quartals-Tief. Sektoren mit hoher US-Abhängigkeit seien dabei besonders anfällig, so Denize, der zudem mit weiteren Abwärtskorrekturen der Gewinnprognosen für 2025 rechnet.
Ein widersprüchliches Bild zeigt sich in den USA: Während „harte“ Daten stärker als erwartet ausfallen, deuten „weiche“ Daten auf schwindendes Vertrauen hin. Die Inflation bleibt laut Denize das „zentrale Marktrisiko“, insbesondere wenn Unternehmen versuchen, Zollkosten an Konsumenten weiterzugeben – was Zinssenkungserwartungen gefährden und die Märkte negativ überraschen könnte. Verstärkt wird dieses Risiko durch mögliche Verwerfungen am US-Anleihemarkt. Das von Donald Trump geplante Konjunkturpaket könnte das Defizit um mehrere Billionen erhöhen. Gleichzeitig bestehen Zweifel an der Unabhängigkeit der Notenbank, sollte Trump erneut versuchen, Einfluss auf die Fed auszuüben.
Für Europa richtet sich der Blick auf die sogenannte „Bazooka“, ein angekündigtes Investitionspaket deutscher Unternehmen in Höhe von 300 Mrd. Euro. Diese Chance könne ein Wendepunkt sein, betont Denize, doch nur wenn begleitende Strukturreformen umgesetzt würden. „Jede diesbezügliche Enttäuschung könnte Zweifel daran aufkommen lassen, ob der Wandel tatsächlich (zügig) kommt.“ Anleger sollten daher die anstehenden Gespräche zwischen Politik und Wirtschaft genau verfolgen.
Trotz allem sind Anleger momentan nicht übermäßig riskant positioniert. Das birgt Chancen, aber auch Gefahren. „Das bisherige Ausbleiben eines Aktienabverkaufs bedeutet auch, dass Negativnachrichten anderer Art eine Reaktion an den Aktienmärkten auslösen könnten“, erklärt Denize. Die Kursniveaus – vor allem in den USA – seien hoch, weshalb eine vorsichtige Haltung geboten sei. Technologiewerte dominieren den Markt, doch hier warnt Denize vor zu starker Konzentration. Auch wenn KI-Investitionen großes Potenzial bergen – allein vier Unternehmen wollen 2025 rund 300 Milliarden US-Dollar investieren –, müsse man genau beobachten, ob Unternehmen ihre Pläne in diesem Bereich tatsächlich umsetzen und wie sich dies auf die Margen auswirkt.
Geopolitische Risiken, insbesondere ein möglicher Anstieg der Ölpreise, bleiben ebenfalls ein Unsicherheitsfaktor. Zwar sieht Denize fundamental keinen Anlass für einen Ölpreisschock, dennoch könnte ein geopolitisches Ereignis die Inflation kurzfristig anheizen. Die Folge wären dann Zinspausen oder gar -erhöhungen statt der aktuell eingepreisten Lockerungen.
Eine weitere Marktbewegung geht vom Euro-Dollar-Wechselkurs aus. Der US-Dollar habe gegenüber dem Euro deutlich an Wert verloren, was zwar US-Importpreise senke, aber den Druck auf europäische Exporteure erhöhe. „In den kommenden Monaten ist daher eine Konsolidierungsphase wahrscheinlich“, so Denize, bevor es zu einer erneuten Dollar-Abwertung kommen könnte.
Auch China bleibt im Blick: Dort wird mit weiteren Konjunkturimpulsen gerechnet – unter anderem durch höhere Staatsausgaben, Zinssenkungen oder Kredite für Infrastruktur. Doch ein Wiederaufflammen der Immobilienkrise könnte den chinesischen Aktienmarkt und das globale Sentiment belasten.
Daraus leitet Denize klare Allokationsempfehlungen ab. Er hält eine leicht übergewichtete Aktienquote, rät aber dazu, den Tracking Error zu senken. US-Aktien sollten leicht untergewichtet werden, europäische hingegen leicht übergewichtet – insbesondere Small Caps. „Die auf Rekordhochs liegenden Aktienkurse bestärken uns in unserer vorsichtigen Haltung.“ Bei Anleihen setzt er auf eine übergewichtete Duration in EU-Staatsanleihen und ein taktisches Übergewicht in US-Treasuries. Kurzlaufende Unternehmensanleihen im Investment-Grade- und Hochzinsbereich bleiben attraktiv – insbesondere wegen des „guten Carry-Potentials“. Die Aufwertung des Euro sieht Denize noch nicht als abgeschlossen – langfristige Indikatoren sprächen für eine Fortsetzung.
Abschließend mahnt Denize zur Wachsamkeit: „Zwar dürfte keiner dieser Faktoren allein eine größere Korrektur auslösen, doch die Kombination aus schwächeren Konjunkturdaten, politischen Überraschungen und der Positionierung der Anleger könnte für eine verstärkte Marktreaktion sorgen.“ Wer seine Sommerpause genießen will, sollte dies also nicht mit geschlossenen Augen tun.
Themen: Aktienrating | Kommentare deaktiviert für Zwischen Sommerflaute und Marktturbulenzen in den Urlaub
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