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Regulatorik mit Augenmaß: Komplexität reduzieren, Transformation ermöglichen
Von Dr. Oliver Everling | 29.April 2025
Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp, zeichnete auf der Handelsblatt-Tagung „Bankenaufsicht 2025“ ein differenziertes Bild der aktuellen Marktlage, das geprägt ist von einer Mischung aus Stabilisierung, strukturellem Wandel und wachsendem Refinanzierungsbedarf.
Die Phase der Rekalibrierung der Märkte sei seiner Einschätzung nach weitgehend abgeschlossen, auch wenn die zuletzt hohe Volatilität bei Zinsen und Bewertungen zu einer spürbaren Verunsicherung geführt habe. Diese Unsicherheit zeige sich besonders deutlich in der zunehmenden Polarisierung innerhalb der Assetklassen – sowohl hinsichtlich der Qualität, etwa gemessen an ESG-Kriterien, als auch in Bezug auf die Lage der Objekte. Selbst der Wohnungsmarkt, lange Zeit als verlässlich geltend, beginne auseinanderzudriften.
ESG sei dabei kein Trendthema mehr, sondern mittlerweile tief in der Entscheidungsstruktur der Investoren verankert. „Das Thema ESG ist inzwischen in der DNA der Investoren angekommen“, so Klaus. Diese Entwicklung beeinflusse Finanzierungsentscheidungen grundlegend, weil Nachhaltigkeit längst ein zentrales Kriterium für Kapitalflüsse geworden sei.
Im Vergleich zu früheren Krisen erweise sich die Immobilienfinanzierung dieses Mal als weitgehend stabil. Laut Klaus sei nicht der Bankensektor die Hauptbetroffenen der aktuellen Herausforderungen, sondern vielmehr die Investoren selbst, die heute mit den Auswirkungen veränderter Marktbedingungen zu kämpfen hätten. Während frühere Zyklen oft von einer Verschuldungskrise der Finanzierer geprägt waren, stehe diesmal eine Equity-Krise im Zentrum – also ein Wertverfall auf Eigentümerseite, der sich in rückläufiger Nachfrage nach bestimmten Immobilientypen niederschlage. Die Folge sei ein selektiver Markt, in dem nur noch hochwertige Objekte mit nachhaltigem Profil gut finanzierbar blieben.
Besondere Brisanz entwickelt die Situation angesichts einer herannahenden Refinanzierungswelle, deren Dimension erheblich ist. Laut aktuellen Berechnungen des Beratungsunternehmens CBRE klafft allein für die Jahre 2024 bis 2027 eine Refinanzierungslücke von rund 77 Milliarden Euro – ein Betrag, der verdeutlicht, wie angespannt die Lage in der Branche ist.
Sascha Klaus betonte daher die entscheidende Rolle starker und verlässlicher Banken, um diese Herausforderung zu bewältigen. Die Kapitalmärkte alleine werden diese Lücke nicht schließen können, weshalb der Kreditkanal – unter Voraussetzung solider Bonität und nachhaltiger Ausrichtung – wieder an strategischer Bedeutung gewinnt. Klaus’ Vortrag machte deutlich, dass Stabilität, Nachhaltigkeit und Standortqualität künftig noch stärker über den Zugang zu Kapital entscheiden werden – sowohl im Kreditgeschäft als auch auf Investorenseite.
„Wir brauchen Regulatorik mit Augenmaß“, forderte Sascha Klaus in seinem Vortrag und plädierte damit für eine ausgewogene Balance zwischen notwendiger Aufsicht und praktikabler Umsetzung. Angesichts der Tatsache, dass es sich aktuell nicht um eine klassische Verschuldungskrise handelt, sondern Banken insgesamt resilient aufgestellt und die Märkte dabei seien, sich zu stabilisieren, müsse Regulierung unterstützend wirken und nicht überfordern.
Für die anstehende wirtschaftliche und ökologische Transformation seien starke Banken unverzichtbar – doch übermäßige regulatorische Belastungen könnten genau diese Stabilität gefährden. Besonders kritisch äußerte sich Klaus zur ESG-Regulatorik: „viel zu komplex, viel zu groß“ – eine Vielzahl an Anforderungen führe in der Praxis zu erheblichem bürokratischem Aufwand und Ressourcenbindung, statt zielgerichtet nachhaltige Wirkung zu entfalten. Er warnte davor, dass mehr Regulierung nicht automatisch zu mehr Stabilität führe, sondern im Gegenteil zusätzliche Risiken erzeugen könne – etwa durch Überforderung kleinerer Institute oder Verzögerungen in Transformationsprozessen. Klaus sprach sich daher für das sogenannte Omnibus-Prinzip aus, das eine Bündelung und Vereinfachung bestehender Regularien vorsieht, sowie für einen echten Bürokratieabbau zugunsten effizienter und wirksamer Aufsicht.
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