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Perspektiven für Ratings japanischer Aktien und Anleihen

Von Dr. Oliver Everling | 17.Juni 2025

Japans wirtschaftlicher Aufschwung hat das Potenzial, langfristige Auswirkungen auf die Ratings von Aktien und Anleihen zu entfalten. Laut June-Yon Kim, Lead Portfolio Manager für japanische Aktien bei Lazard Asset Management, basiere die wirtschaftliche Renaissance auf drei strukturellen Kräften: „eine neue Inflationsrealität, steigende Löhne und die Rückkehr der Investitionsfreude“. Diese Veränderungen wirken sich direkt auf die finanzielle Stabilität von Unternehmen und Haushalten aus – und damit auch auf ihre Bonität.

Nach Jahrzehnten der Deflation etabliert sich in Japan eine moderate Inflation. Zwischen 1995 und 2021 seien die Preise kontinuierlich gefallen, doch inzwischen liege die Teuerung konstant zwischen 2 und 3 Prozent. Dies habe „das Verhalten von Investoren und Haushalten grundlegend verändert – und das anders, als die westliche Welt das vielleicht erwartet“, erklärt Kim. Das neue Preisumfeld schafft eine günstigere Grundlage für Unternehmenswachstum, was wiederum zu positiven Anpassungen bei Kreditratings führen kann – vor allem für Unternehmen mit preissetzender Macht oder hoher Inlandsnachfrage.

Auch auf Konsumentenseite verändert sich das Verhalten grundlegend. Während früher fallende Preise zum Aufschieben von Ausgaben führten, passt sich die Bevölkerung heute aktiver an: „Eine Umfrage unter rund 11.000 japanischen Verbrauchern zeigt, dass diese seit dem Beginn der Inflation eher bereit sind, sich an steigende Preise anzupassen“, so Kim. Dies deutet auf eine wachsende Konsumfreude hin – ein positiver Impuls für die Binnenwirtschaft und die Bonität konsumorientierter Unternehmen.

Ein entscheidender Faktor ist zudem die Entwicklung der Löhne. Kim verweist auf steigende Gehälter „über viele Sektoren hinweg – angetrieben durch strukturellen Fachkräftemangel, Tarifverhandlungen und politische Reformen“. Dadurch wachse das reale Einkommen vieler Haushalte, was sich „direkt positiv auf Konsum und Investitionen auswirkt“. Für Anleihen bedeutet dies ein verbessertes Umfeld: höhere Kaufkraft stärkt die Kreditwürdigkeit von Schuldnern, insbesondere im privaten Sektor.

Besonders hervorzuheben ist der kulturelle Wandel im Umgang mit Geld: „Wir sehen eine Renaissance der privaten Investitionskultur“, so Kim. Die ehemals ausgeprägte Sparneigung weicht einer neuen Offenheit gegenüber Aktien und Fonds. Diese Entwicklung, getragen durch technologische Fortschritte und politische Anreize, wirkt sich direkt auf die Bewertung japanischer Aktien aus – insbesondere auf Finanz- und Vermögensverwaltungsunternehmen. Ein größerer Kapitalzufluss an die Börse kann zu einer Neubewertung von Unternehmen führen, was die Aktienratings nach oben treiben könnte.

Schließlich hebt Kim hervor: „Japan ist wieder ein Land, in dem Menschen investieren – in die eigene Zukunft und in den Kapitalmarkt.“ Die strukturellen Verbesserungen seien „tiefgreifend, stabil und nachhaltig“. Für Investoren signalisiert dies ein geringeres Länderrisiko und mehr Transparenz, was sich sowohl auf Staatsanleihen als auch auf Unternehmensbonds positiv auswirken dürfte. In einem Umfeld globaler Unsicherheit könne Japan so „eine neue Rolle als verlässlicher Baustein in global diversifizierten Portfolios“ einnehmen. Das steigert nicht nur die Attraktivität japanischer Wertpapiere, sondern könnte auch mittelfristig deren Ratings verbessern.

Themen: Aktienrating, Anleiherating | Kommentare deaktiviert für Perspektiven für Ratings japanischer Aktien und Anleihen

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