« Stilrotation, Psychologie und Ratings: Warum Qualität trotz Marktzyklen zählt | Home
Japans erste Premierministerin: Politischer Wandel mit möglicher Signalwirkung für das Credit Rating
Von Dr. Oliver Everling | 7.Oktober 2025
Mit der Wahl von Sanae Takaichi zur ersten Premierministerin Japans steht das Land vor einem historischen und wirtschaftspolitischen Wendepunkt – mit unmittelbaren Konsequenzen für Märkte, Währungen und möglicherweise auch für die Bonität des Staates. Wie Sree Kochugovindan, Senior Research Economist bei Aberdeen Investments, betont, „haben die Märkte bereits begonnen, ihre wirtschaftspolitischen Vorstellungen einzupreisen – darunter Konjunkturprogramme, industriepolitische Maßnahmen und eine eher lockere Geldpolitik“.
Diese Neuordnung schlägt sich bereits in den Finanzindikatoren nieder: Ein „Takaichi-Trade“ mit steigenden Aktienkursen, einem schwächeren Yen und einem Ausverkauf bei langlaufenden Staatsanleihen zeugt von kurzfristiger Marktbegeisterung, birgt aber zugleich Risiken für das Vertrauen der Anleiheinvestoren. Genau hier kommt die Perspektive der Ratingagenturen ins Spiel. Die Staatsverschuldung Japans, die schon heute zu den höchsten der Welt zählt, könnte im Licht wachsender Ausgabenprogramme und anhaltend niedriger Zinsen erneut auf den Prüfstand geraten.
Zwar betont Kochugovindan, dass Takaichi „gezielte staatliche Ausgaben plant, um die Inflation für Haushalte abzufedern, aber auch die Notwendigkeit von Haushaltsdisziplin angesichts der hohen Staatsverschuldung“. Doch angesichts „der fragilen Lage am Anleihemarkt“ und parteiinterner Spannungen dürfte das Vertrauen der Investoren empfindlich bleiben. Ratingagenturen werden genau beobachten, ob die neue Premierministerin die Balance zwischen fiskalischer Stimulierung und Budgetdisziplin wahrt.
Gerade in einem Umfeld, in dem die Bank of Japan ihre ultralockere Geldpolitik nur langsam zurückfährt – laut Aberdeen erwartet man „eine Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte auf 0,75 % im Januar“ –, könnte jede Abweichung von der angekündigten Haushaltsdisziplin das Credit Rating Japans beeinflussen.
Langfristig hängt die Bewertung des Landes auch davon ab, ob die angekündigten Investitionen in Zukunftsbranchen wie Künstliche Intelligenz, Halbleiter, Quantencomputing und Cyberabwehr tatsächlich die Produktivität erhöhen. Denn nur wenn Japans Wirtschaft strukturell gestärkt wird, kann das Land trotz hoher Schulden und demografischer Belastungen seine Bonität auf Investmentgrade-Niveau stabil halten.
So markiert Takaichis Amtsantritt nicht nur einen gesellschaftspolitischen, sondern auch einen kreditpolitischen Wendepunkt: Der Balanceakt zwischen Modernisierung, Staatsverschuldung und Vertrauen der Märkte wird entscheidend dafür sein, wie Ratingagenturen Japans Zukunft einschätzen.
Themen: Länderrating | Kommentare deaktiviert für Japans erste Premierministerin: Politischer Wandel mit möglicher Signalwirkung für das Credit Rating
Kommentare geschlossen.