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Marktbereinigung im Zeichen der Bonität
Von Dr. Oliver Everling | 9.Oktober 2025
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland bleibt auf alarmierend hohem Niveau. Nach Angaben des IWH Halle wurden im dritten Quartal 2025 fast die Rekordwerte des Vorquartals erreicht – die zweithöchsten Insolvenzzahlen seit zwei Jahrzehnten. Diese Entwicklung ist nicht nur ein konjunkturelles Signal, sondern auch ein Prüfstein für das Kreditrisikomanagement und die Aussagekraft von Credit Ratings.
„Die aktuellen Insolvenzzahlen sind ein ernstes Signal: Nach Jahren niedriger Zinsen und staatlicher Stützungsmaßnahmen erleben wir nun eine schmerzhafte, aber notwendige Marktbereinigung“, erklärt Dr. Tobias Moser, Gründer von MR Corporate Solutions. Seine Einschätzung verweist auf eine Phase, in der viele Unternehmensratings einer realwirtschaftlichen Bewährungsprobe unterzogen werden.
Für Ratingagenturen und Kreditprüfer bedeutet der Anstieg der Insolvenzen, dass Frühwarnindikatoren, Bilanzqualität und qualitative Bonitätseinschätzungen stärker gewichtet werden müssen. Besonders Branchen mit strukturellen Herausforderungen – wie die Automobilzulieferindustrie, der Handel, die Modebranche und der Immobiliensektor – geraten unter verschärfte Beobachtung. „Unternehmen, die zu lange von günstigen Rahmenbedingungen profitiert oder notwendige Anpassungen verschoben haben, geraten unter Druck“, so Moser weiter.
Im Zentrum der Diskussion steht auch der Ansatz des Restructuring as a Service (RaaS). Dieses Modell bietet laut Moser „pragmatische, vorinsolvenzliche Lösungen“, die weit über klassische Sanierungsinstrumente hinausgehen. RaaS ermöglicht es, sanierungsbedürftige Geschäftseinheiten gezielt auszugliedern und so die Bilanz zu entlasten – eine Maßnahme, die aus Sicht der Ratinganalysten Bonitätsrisiken mindern und Ausfallwahrscheinlichkeiten senken kann.
„Ein externer Restrukturierungsgesellschafter übernimmt die Anteile, entlastet die Bilanz des Mutterkonzerns, mindert Haftungsrisiken für die Geschäftsführung und ermöglicht eine fokussierte operative Sanierung außerhalb des Kerngeschäfts“, erläutert Moser. Solche Strukturen könnten in künftigen Credit-Rating-Analysen als stabilisierende Faktoren bewertet werden, insbesondere wenn sie den langfristigen Fortbestand des Unternehmens sichern.
Der Trend zeigt: Das Rating von Unternehmen wird künftig stärker davon abhängen, wie proaktiv und kreativ sie mit Krisen umgehen. Wer frühzeitig restrukturiert, Carve-outs strategisch nutzt und die Kapitalstruktur anpasst, kann nicht nur das Vertrauen der Gläubiger erhalten, sondern auch sein Rating stabilisieren. In einer Zeit, in der der „Trend zur notwendigen Bereinigung“ laut Moser unausweichlich ist, wird die Bonität zunehmend zum Spiegel unternehmerischer Anpassungsfähigkeit.
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