« Hypoport stärkt Plattformstrategie durch Qualitypool-Aufteilung | Home
Hybride Credit-Strategien treffen Rating-Realität
Von Dr. Oliver Everling | 5.November 2025
In einem Umfeld, in dem Unternehmensanleihen zunehmend komplexer und globaler werden, spielt die Fähigkeit, Fehlbewertungen zu erkennen und zu nutzen, eine bedeutende Rolle für die Ertragsgenerierung und das Risikomanagement. Julien Houdain von Schroders betont, dass „der Markt für Unternehmensanleihen hochkomplex“ ist und dadurch Ineffizienzen entstehen, die aktiven Investoren Chancen eröffnen. Diese Ineffizienzen entstehen nicht zuletzt dadurch, dass „bis zu 30 %“ der Einflussfaktoren auf den Preis einer Anleihe nicht eindeutig definierbar sind – ein Bereich, in dem sich die Kombination aus systematischen Modellen und Fundamentalanalyse besonders bewährt.
Dieser hybride Ansatz verbindet maschinengesteuerte Prozesse mit menschlicher Expertise, um unvollständig bewertete Situationen im Kreditmarkt aufzudecken. Computer können enorme Datenmengen in kurzer Zeit analysieren – „in weniger als 25 Minuten“ ist es möglich, das gesamte Universum globaler Unternehmensanleihen zu bewerten. Gleichzeitig sorgt die Fundamentalanalyse dafür, dass idiosynkratische Risiken berücksichtigt werden, etwa bei Unternehmen, die von Rechtsstreitigkeiten oder strukturellen Geschäftsproblemen betroffen sind. So wird verhindert, dass scheinbar attraktive Chancen übersehen oder Fehlbewertungen ungeprüft übernommen werden. Denn „wenn die Bewertung einer Anleihe zu gut erscheint, um wahr zu sein“, erfordert dies eine tiefergehende Prüfung durch Experten.
Dieser Ansatz ist eng mit dem Konzept des Credit Ratings verbunden, da beide Methoden darauf abzielen, die Kreditwürdigkeit eines Emittenten und damit das Ausfallrisiko einzuschätzen. Ratings großer Agenturen wie S&P, Moody’s oder Fitch bieten eine wichtige Orientierung im Markt, doch sie spiegeln nicht immer zeitnah fundamentale Veränderungen wider. Der beschriebene Prozess schafft hier einen Vorteil: Während Ratings oft verzögert angepasst werden, kann ein hybrider Ansatz schneller auf neue Risikoentwicklungen reagieren und „potenzielle Verluste minimieren“. Zudem hilft er, jene Fälle zu identifizieren, in denen die Marktbewertung oder sogar das offizielle Rating zu pessimistisch ausfällt und Chancen aufspürt, bevor sie breiter erkannt werden. Ein Beispiel ist die Analyse der Deutschen Pfandbriefbank, bei der fundamentale Risiken früher erkannt wurden, obwohl marktbasierte Indikatoren zunächst ein anderes Bild zeichneten.
Maschinelle Modelle reduzieren emotionale Verzerrungen – „Entscheidungen werden nicht emotional getroffen“ –, während Analysten einzigartige qualitative Risiken erkennen, die sich nicht aus historischen Daten ableiten lassen. Damit ergänzt der hybride Ansatz nicht nur Credit Ratings, sondern erweitert sie um eine dynamische, marktorientierte Perspektive. In einem zunehmend datengetriebenen Marktumfeld entsteht so ein Wettbewerbsvorteil, der sowohl Transparenz als auch Flexibilität bietet. Am Ende steht die Erkenntnis, dass eine umfassende Methodik „das gesamte globale Universum der Unternehmensanleihen durchleuchten“ kann und gleichzeitig die Fähigkeit besitzt, sich an veränderte Marktdynamiken anzupassen – etwas, das starre Bewertungsmodelle und passive Strategien nicht leisten können.
Themen: Anleiherating | Kommentare deaktiviert für Hybride Credit-Strategien treffen Rating-Realität
Kommentare geschlossen.
Börse hören. Interviews zu aktuellen Ratingfragen im Börsen Radio Network. Hier klicken für alle Aufzeichnungen mit Dr. Oliver Everling seit 2006 als Podcasts.










