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Tradition trifft Disruption: Der Weg zur Neo-Privatbank

Von Dr. Oliver Everling | 2.Dezember 2025

Im Interview „Tradition trifft Disruption: Wie Banken den Innovationssprung schaffen“ bringt Stefanie Auge-Dickhut auf der Handelsblatt Tagung BankenTech 2025 zwei Perspektiven zusammen, die auf den ersten Blick kaum unterschiedlicher sein könnten: die einer Fintech-Seriengründerin und die eines Vorstandssprechers einer der ältesten Privatbanken Deutschlands. Doch gerade diese Gegensätze machen das Gespräch zwischen Jessica Holzbach und Ingo Mandt von der Fürstlich Castell’schen Bank zu einem eindrucksvollen Beispiel dafür, wie Tradition und Innovation sich gegenseitig befruchten können.

Holzbach schildert aus ihrer Startup-Erfahrung, wie entscheidend das richtige Team für den Erfolg junger Unternehmen ist. Geschwindigkeit, Anpassungsfähigkeit und ein pragmatischer Umgang mit Risiken seien grundlegende Voraussetzungen, um schnell zu ausreichenden Umsätzen zu kommen – die Währung, die im Startup-Ökosystem über das Überleben entscheidet. Banken hingegen lebten in einem völlig anderen Zeithorizont. Entscheidungen müssen fundiert sein, regulatorische Anforderungen sind hoch, und selbst einfache Schritte wie das Nachholen von Kundengenehmigungen in einer traditionsreichen Privatbank erfordern viel Geduld und präzise Prozesse. Gerade in älteren Häusern sei die Historie ein Schatz, aber manchmal auch ein Hindernis, das modernisiert werden müsse.

Ingo Mandt beschreibt, wie die Fürstlich Castell’sche Bank diesen Spagat zwischen Jahrhunderten gewachsener Tradition und dem Anspruch an moderne Exzellenz meistert. Er plädiert für eine klare Vision, die beide Welten verbindet, und führt die Idee der Neo-Privatbank ein: eine Bank, die ihre historische Identität nicht abstreift, sondern weiterentwickelt. Die Neo-Privatbank ist für Mandt ein Haus, das die persönliche Beziehung, Diskretion und Stabilität einer klassischen Privatbank mit den digitalen Fähigkeiten, der Geschwindigkeit und der Kundenzentrierung moderner Fintechs kombiniert. Es geht nicht um Disruption im Sinne eines radikalen Bruchs, sondern um eine Weiterentwicklung, bei der Technologie die traditionelle Beratung stärkt und erweitert.

Auge-Dickhut gelingt es, im Gespräch herauszuarbeiten, wie eng kulturelle Fragen, technologische Modernisierung und die Fähigkeit zum Wandel miteinander verwoben sind. Holzbach macht deutlich, wie Banken vom agilen Mindset der Startups lernen können, während Mandt zeigt, welche Stärken etablierte Häuser in diese Partnerschaft einbringen: Vertrauen, ein stabiles Geschäftsmodell und jahrhundertelange Kundennähe. Zusammen entsteht ein Bild davon, wie Banken den Innovationssprung schaffen können – nicht durch das Kopieren von Startups, sondern durch eine bewusste Verbindung aus Tradition, moderner Technologie und einer Kultur, die Veränderungen nicht fürchtet, sondern gestaltet.

Themen: Bankenrating | Kommentare deaktiviert für Tradition trifft Disruption: Der Weg zur Neo-Privatbank

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