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Quantum, KI und DLT: Die Innovationsagenda der nächsten Finanzmarkt-Generation

Von Dr. Oliver Everling | 2.Dezember 2025

Auf der Handelsblatt Tagung BankenTech 2025 präsentierte das TechQuartier gemeinsam mit drei ausgewählten Startups einen Blick in die technologische Zukunft des Finanzsektors. Die Session „Startup Pitches: Quantum, AI & DLT“ stellte Entwicklungen vor, die in den kommenden Jahren grundlegende Umbrüche auslösen könnten. Moderiert von Philip Viertel, Innovation Manager des Frankfurter TechQuartiers, zeigte die Runde, wie rasant sich die Innovationslandschaft bewegt und wie wichtig die Verzahnung von Finanzindustrie, Forschung und Regulierung geworden ist.

Viertel stellte das FinTech Hub Frankfurt vor: Es gilt als eines der zentralen Innovationsökosysteme für Finanztechnologie in Europa und vereint in einzigartiger Weise die Nähe zu Banken, Aufsicht, Wissenschaft und Startups. Getragen von einer lebendigen Community und institutionellen Ankern wie der Deutschen Bundesbank, der EZB, zahlreichen internationalen Banken, Beratungen und Tech-Unternehmen, bietet der Standort ein Umfeld, in dem neue Finanztechnologien nicht nur entwickelt, sondern auch direkt in die Praxis überführt werden können. Im Mittelpunkt stehen Coworking-Spaces, Acceleratoren, Forschungskooperationen und Netzwerkformate, die Gründern Zugang zu Kapital, Kunden und regulatorischer Expertise verschaffen. Durch Initiativen wie das TechQuartier hat sich Frankfurt zu einem Hub entwickelt, der Innovation skalierbar macht – von der frühen Ideenphase bis zur Integration in das operative Geschäft großer Finanzinstitute. Diese enge Verzahnung von Startup-Dynamik und institutioneller Stärke macht den Standort zu einem Motor für Zukunftstechnologien wie KI, DLT und Quantencomputing.

Niklas Hegemann, Co-Founder von JoS QUANTUM, eröffnete die Reihe mit einem Einblick in den Weg hin zu relevanten Quantencomputing-Anwendungen im Finanzsektor. Hegemann, Physiker und Ökonom mit Wurzeln in der Hochenergieforschung am DESY und langjähriger Erfahrung im Banken-Consulting, skizzierte den aktuellen Stand der Technik: echte Quantenüberlegenheit im Finanzsektor existiert zwar noch nicht, doch die Entwicklungsdynamik sei enorm. Banken müssten sich bereits heute „quantum-ready“ machen – organisatorisch, technologisch und strategisch. Potenziale liegen in der Optimierung komplexer Portfolios, der Risikomodellierung, dem Pricing strukturierter Produkte oder der Simulation extremer Marktereignisse. Hegemann betonte, dass die Frage nicht sei, ob Quantencomputing relevant werde, sondern wie schnell Finanzinstitute Kompetenzen aufbauen, um die Technologie produktiv nutzen zu können.

Mit Darren Douglas, CEO und Gründer von Regsearch AI, rückte anschließend ein Thema in den Mittelpunkt, das angesichts der EU-Regulierung zur KI-Transformation besondere Dringlichkeit hat: Responsible AI. Douglas, seit fast zwei Jahrzehnten im europäischen Risikomanagement und in der Compliance-Beratung tätig und als Ambassador für Responsible AI eng in regulatorische Entwicklungen eingebunden, erläuterte, warum statische Modelle für Risiko- und Compliance-Prozesse nicht mehr ausreichen. Finanzinstitute stehen vor der Herausforderung, KI sicher, transparent und nachvollziehbar einzusetzen. Regsearch AI entwickelt dafür Systeme, die Risiko- und Compliancefunktionen dynamischer, kontinuierlicher und KI-gestützt überwachen – von AML/CFT über DORA und GDPR bis zum EU AI Act. Douglas zeigte, wie eingebettete Assurance und KI-basierte Kontrollmechanismen schon heute menschliche Entscheidungsprozesse skalieren und Risiken minimieren können, ohne Innovation auszubremsen.

Den Abschluss bildete Michael Duttlinger, CEO und Co-Founder von Cashlink, Europas führender token-basierter Kapitalmarkt-Infrastruktur. Duttlinger, seit Jahren ein zentraler Treiber der DLT-Entwicklung in Deutschland und der EU, zeigte, wie Distributed-Ledger-Technologie den Kapitalmarkt 2.0 vorbereitet. Während Kryptowährungen und Stablecoins längst im Bankensektor angekommen sind, steht nun der nächste große Schritt bevor: der vollständig digitale, tokenisierte Kapitalmarkt. Duttlinger erklärte, dass das regulatorische Fundament – insbesondere durch die EU-DLT-Pilotverordnung – gelegt sei und Banken nun beginnen, skalierbare Anwendungsfälle zu entwickeln. DLT ermöglicht effizientere Abwicklungsprozesse, kürzere Time-to-Market-Zyklen, Fractional Ownership und eine radikale Vereinfachung von Emission, Handel und Custody digitaler Wertpapiere. Als mehrfacher FinTech-Germany-Award-Gewinner betonte er, dass Europa jetzt die Chance habe, mit regulierten, interoperablen Infrastrukturen eine globale Vorreiterrolle einzunehmen.

Nach jedem Pitch war das Publikum eingeladen, kritisch nachzufragen und mit den Startups in Diskussion zu gehen. Dieser Dialog zwischen Innovatoren, etablierten Banken und Regulatorik machte die Session zu einem der lebendigsten Programmpunkte noch am Ende des ersten Konferenztages. Die Vielfalt der Themen – von Quantencomputing über verantwortungsvolle KI bis hin zu DLT-basierten Kapitalmärkten – spiegelte eindrucksvoll wider, wie tief der technologische Wandel reicht und wie stark er die Finanzindustrie der kommenden Jahre prägen wird.

Themen: Bankenrating, Existenzgründerrating | Kommentare deaktiviert für Quantum, KI und DLT: Die Innovationsagenda der nächsten Finanzmarkt-Generation

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