« | Home

Schwächerer US-Dollar und steigende Bonität als Treiber für Schwellenländeranleihen

Von Dr. Oliver Everling | 17.Dezember 2025

Nach mehr als einem Jahrzehnt der US-Dollar-Dominanz deutet vieles auf einen strukturellen Wandel im globalen Finanzsystem hin, der insbesondere für Schwellenländeranleihen neue Perspektiven eröffnet. In ihrem Marktkommentar erläutern Thomas Christiansen, Head of Emerging Markets Fixed Income, und Sergio Tarazona, Investment Specialist für Emerging Market Debt bei der Union Bancaire Privée, dass sich „nach über einem Jahrzehnt der Stärke das Blatt für den globalen Zyklus des US-Dollars gewendet“ habe. Nach Einschätzung der beiden Autoren wirkt der schwächere Dollar wie ein zentraler Stabilisator für Schwellenländer, da er die Fremdwährungsschulden entlastet, die lokalen Währungen stärkt und die Fundamentaldaten verbessert. Christiansen und Tarazona verweisen darauf, dass Schwellenländeranleihen in früheren Phasen eines schwachen US-Dollars regelmäßig eine Outperformance erzielten, weshalb das aktuelle Umfeld Parallelen zu diesen historischen Zyklen aufweise.

Auch die politische Dimension wird in dem Kommentar klar benannt. Christiansen und Tarazona erinnern daran, dass US-Präsident Trump signalisiert habe, das Leistungsbilanzdefizit unter anderem über einen schwächeren Dollar reduzieren zu wollen. Sie ordnen diese Strategie historisch ein und verweisen auf frühere Episoden, in denen US-Regierungen bewusst eine Dollarabwertung in Kauf nahmen, etwa beim Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems 1971 oder im Rahmen des Plaza-Abkommens 1985. Beide Ereignisse hätten, so die Autoren, „ein Jahrzehnt der US-Dollar-Schwäche ausgelöst“. Ergänzend führen sie Daten an, nach denen der Anteil des US-Dollars an den globalen Währungsreserven laut COFER-Datenbank des Internationalen Währungsfonds auf rund 58 Prozent gefallen sei, verglichen mit über 70 Prozent vor zwanzig Jahren, was sie als Hinweis auf einen längerfristigen strukturellen Trend interpretieren.

Vor diesem Hintergrund betonen Christiansen und Tarazona die veränderten geldpolitischen Rahmenbedingungen in den Schwellenländern. Anders als in früheren Stressphasen, etwa 2018 oder 2022, als ein starker Dollar und aggressive Zinserhöhungen der US-Notenbank EM-Anleihen belasteten, sei die Situation heute deutlich günstiger. Nach Aussage der UBP-Experten lasse die Inflation in den Schwellenländern nach, während die Zentralbanken genügend Spielraum hätten, das Wachstum zu stützen und zugleich die Zinsen auf einem Niveau zu halten, das die Währungsstabilität sichere. Entscheidend sei, dass „die Inflation schneller sinkt als die Leitzinsen“, wodurch die Realrenditen anstiegen und Schwellenländeranleihen im internationalen Vergleich attraktiver würden.

Eine zentrale Rolle in dieser Argumentation spielen die Credit Ratings. Christiansen und Tarazona heben hervor, dass die Schwellenländer seit der Pandemie ihre Staatsfinanzen konsolidiert und ihre Bonität verbessert hätten. In ihrem Kommentar stellen sie fest, dass „die Ratings lokaler Anleihen gestiegen sind, während jene in den Industrieländern gefallen sind“. Diese Entwicklung werten sie als Ausdruck der Reife der Anlageklasse und als wichtigen Faktor für das gestiegene Anlegervertrauen. Aus Sicht der Autoren fungieren Credit Ratings dabei nicht nur als formale Risikokennziffern, sondern als verdichteter Ausdruck verbesserter Fundamentaldaten, stabilerer Währungen und robusterer institutioneller Rahmenbedingungen in den Schwellenländern.

Abschließend kommen Christiansen und Tarazona zu dem Schluss, dass das Zusammenspiel aus schwächerem US-Dollar, unterstützender Geldpolitik und verbesserten Bonitätskennzahlen ein günstiges Umfeld für Schwellenländeranleihen geschaffen habe. Mit Verweis auf Umfragen wie die HSBC EM Sentiment Survey, die einen hohen Anteil optimistischer Investoren zeige, sehen sie EM-Anleihen als „überzeugende Chance“ für Anleger, die nach Wachstum, attraktiven Realrenditen und Diversifikation suchen.

Themen: Anleiherating, Länderrating | Kommentare deaktiviert für Schwächerer US-Dollar und steigende Bonität als Treiber für Schwellenländeranleihen

Kommentare geschlossen.