« | Home | »

Erst Compliance, dann Rating

Von Dr. Oliver Everling | 27.Juli 2014

Erst Compliance, dann Rating: Auf diesen Gedanken kommt, wer Ursachenanalyse für viel beklagte „Fehlurteile“ von Ratingagenturen betreibt. Gleich, ob WorldCom, Enron, Parmalat oder FlowTex – die angeblichen Fehltritte, die sich selbst führende Agenturen vorhalten lassen mussten, beruhten in erster Linie auf dem Vertrauen der Analysten auf die ihnen zur Verfügung gestellten Informationen. Immer wieder schlug das GIGO-Prinzip zu: Garbage In, Garbage Out. Die mit gefälschten Daten gefütterten Modelle warfen ebenso falsche Ergebnisse aus.

Nicht nur die US-Agenturen unterschätzten in den Führungsetagen der großen Konzerne die Bedeutung krimineller Energie. Auch die auf mittelständische Unternehmen spezialisierten Agenturen mussten mit dem Effekt der adversen Selektion kämpfen. Die „guten“ Adressen verlassen die Kapitalmärkte, die „schlechten“ bieten sich feil. Die „Zitronen“ bleiben übrig. Ein vom Nobelpreisträger George A. Akerlof und anderen beschriebenes und erklärbares Phänomen. Die (Rating-) Kosten der Signalisierung guter Bonität lohnen sich vor allem für diejenigen, die sich nicht scheuen, Fälschungen zu präsentieren. Inzwischen hat auch fast jede deutsche Ratingagentur Erfahrungen mit Leuten sammeln müssen, die ihre guten Ratings leichtfertig, grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich mit unzutreffenden Informationen oder Prognosen erschlichen.

Vor diesem Hintergrund gewinnt die Rolle von Compliance Officers in den Unternehmen an Gewicht. Die Qualifikation und Organisation des Compliance Office anvanciert zum Ratingkriterium. In Unternehmen, in denen der Einhaltung nicht nur von Gesetzen und Verordnungen, sondern auch der Beachtung interner Regeln und Verhaltensnormen keine oder nur geringe Bedeutung beigemessen wird, haben Betrüger leichtes Spiel.

Dem Augsburger Qualifizierungsmodell zum „Compliance Officer“ kommt daher wachsende Bedeutung zu. Die schon aus der Ausbildung zum „Certified Rating Analyst“ bekannte Bereichsleiterin Corporate Finance und Rating am Zentrum für Weiterbildung und Wissenstransfer (ZWW) der Universität Augsburg legt nun mit Sebastian Bachmann und Prof. Dr. Peter Schettgen nicht nur für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Zertifikatskurs Compliance Officer (Univ.) am ZWW der Universität Augsburg, sondern auch sonst für Fach- und Führungskräfte aus den Bereichen Compliance, Risikomanamgent, Vertrieb und Finanzen mit dem Buch „Compliance Officer“ einen Vierklang aus rechtlichen, betriebswirtschaftlichen, psychologischen und ethischen Dimensionen vor (ISBN 978-3-658-01269-4, Springer Gabler).

Im Buch „Compliance Officer“ geht es um die Mehrdimensionalität ds Anforderungssystems, Compliance-Risiken, IT-Fragen, Compliance in der Unternehmensentwicklung und Compliance als Bestandteil der Unternehmenskultur. Das Buch diskutiert auch die ethische Verantwortung im Bereich Compliance – ein Thema von wachsender Relevanz: Die unübersehbare Erosion des Einflusses der staatlich subventionierten Kirchen auf das Verhalten einer immer geringer werdenden Anzahl von „Gläubigen“, der zunehmende Mitarbeiteranteil mit muslimischem Glauben, tausende esoterischer Zirkel, Sektion und sonstiger Religionsgruppen wie auch die Pluralität philosophischer Gesinnungen lassen es nicht mehr zu, einfach nur an das „gute Gewissen“ der Mitarbeiter zu appellieren.

In einer Zeit von Anti-Diskriminierungsgesetzen und entsprechender Rechtsprechung muss jede Unternehmensführung damit rechnen, vor völig überraschende Situationen gestellt zu werden, wenn Mitarbeiter ihrem persönlichen Glauben und Wertvorstellung nach handeln. So sind Abweichungen von der Norm und andersartiges Normverständnis nicht nur durch kriminelle Energie zu begründen.

Das Buch „Compliance Officer“ ist auch jeder Ratingagentur zu empfehlen, wie auch ihren zuständigen Mitarbeitern die Ausbildung zum „Compliance Officer, da nach der EU-Verordnung über Ratingagenturen in jeder von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA registrierten Agentur eine Compliance-Funktion vorzuhalten ist.

Themen: Anleiherating, Mittelstandsrating, Unternehmensrating | Kein Kommentar »

Kommentare

Sie müssen eingelogged sein um einen Kommentar zu posten.