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In Frankreich trügt der Schein der Statistik

Von Dr. Oliver Everling | 22.Dezember 2014

Die verfehlte Wirtschafts- und Finanzpolitik Frankreichs ist unter Ökonomen fast schon sprichwörtlich. Meldungen über hohe Insolvenzzahlen und steigende Arbeitslosigkeit aufgrund kurzsichtiger Sozialpolitik können daher kaum überraschen. Leider sind aus Frankreich inzwischen auch scheinbar gute Nachrichten in Wirklichkeit schlechte: 62.800 insolvente Unternehmen in Frankreich 2014, 62.500 im nächsten Jahr. Der internationale Kreditversicherer Coface stellt für dieses Jahr einen Rückgang um 0,9 Prozent fest und erwartet das in etwa auch für 2015.

Gestützt wird die leichte Besserung nach Ansicht der Experten aus Mainz von der anhaltenden Konsumlaune der privaten Haushalte und Restrukturierungen in einigen Branchen. „Allerdings ist der Gesamtkontext weiter fragil. 92 Prozent aller Unternehmensinsolvenzen entfallen auf sehr kleine Firmen.“

Trotz steigender Arbeitslosigkeit blieb der private Konsum in den vergangenen Monaten stabil. Er stieg sogar im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,6 Prozent. Auch die Kreditvergabe an Unternehmen stieg im Jahresvergleich – Stand Ende Oktober – um 0,8 Prozent. Und das Exportvolumen von Waren und Dienstleistungen hat sich stabilisiert und legte im dritten Quartal um zwei Prozent zu.

„Ein weiterer Faktor hat die Insolvenzentwicklung beeinflusst: die geringe Zahl an Neugründungen. Denn erfahrungsgemäß ist das Risiko einer Insolvenz in den ersten drei Jahren am größten. Schließlich haben Strukturveränderungen in einigen Branchen, vornehmlich durch Konsolidierung, die Zahl anfälliger Unternehmen reduziert“, kommentiert Coface die positiven Aspekte der Entwicklung. Im wirtschafts- und fiskalpolitischen Umfeld Frankreichs erlahmt der Mut von Unternehmern, mit Neugründungen von Unternehmen Arbeitsplätze zu schaffen.

Die positiv erscheinenden Zahlen verdecken zudem die deutlich höheren Ausfälle, macht der Kreditversicherer klar, die mit den Insolvenzen einhergehen. Diese Summe stieg um 51 Prozent. „Der Bau leidet darunter, dass die Hausbesitzer sich bei Instandhaltungen und Renovierungen zurückhalten. Zudem sind potenzielle Hausbauer übervorsichtig mit Investitionen.“

In der Lebensmittelbranche stiegen die Insolvenzen um 2,7 Prozent. „Durch den zunehmenden Wettbewerb sehen sich die Händler gezwungen, die Preise zu senken und die Produzenten erleiden Gewinneinbußen“, erklärt Coface Economist Guillaume Baqué. Konträr verläuft die Entwicklung in der Chemiebranche. Sie profitiert von den fallenden Ölpreisen und ist die Branche, die den stärksten Rückgang an Insolvenzen verbucht: minus 9,2 Prozent.

Themen: Existenzgründerrating, Länderrating, Unternehmensrating | Kein Kommentar »

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