« | Home | »

Andrea Orcel über Chancen, Transformation und die Rolle von UniCredit

Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2025

Andrea Orcel, Group CEO von UniCredit, nutzte sein Gespräch auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2025, um die Position Europas im internationalen Vergleich klar zu umreißen. Anhand von Kennzahlen wie dem Einkommen pro Kopf, dem Bruttoinlandsprodukt und der Größe der Banken zeichnete er das Bild eines Kontinents, der in vielerlei Hinsicht hinter den USA zurückliegt. „Europa hinkt den USA immer weiter hinterher“, so Orcel. Doch in dieser wachsenden Differenz sieht er nicht nur ein Problem, sondern auch eine Chance: Europa habe die richtigen Voraussetzungen, um aufzuholen – wenn es gelingt, die notwendige Transformation zu finanzieren.

Dabei komme den Banken eine Schlüsselrolle zu. Sie müssten leistungsfähig sein und die Energie bereitstellen, die Europa für Investitionen und Wachstum braucht. Solange Übernahmen innerhalb Europas stattfinden, seien dies nach Orcels Ansicht keine außergewöhnlichen Vorgänge, sondern notwendige Konsolidierungen, um Stärke im internationalen Wettbewerb zu entwickeln. Für UniCredit selbst erwartet Orcel in den kommenden Jahren eine Ertragssteigerung von rund 30 Prozent – auch ohne eine vollendete Bankenunion.

Mit Blick auf Deutschland unterstrich Orcel, dass UniCredit hier klar als Investor auftritt. Während das Institut in anderen Ländern wie Italien oder Portugal aus Erfahrungen gelernt habe, sei die politische Meinungsbildung in Deutschland noch nicht abgeschlossen. Auf die mögliche Übernahme der Commerzbank angesprochen, verwies Orcel auf die Aktionäre: „Wir werden rund 30 Prozent bis zum Jahresende haben.“ Eine abschließende Entscheidung liege jedoch nicht bei der Politik. Seit dem Erwerb von fünf Prozent von der Bundesregierung habe es keine weiteren Gespräche mit Berlin gegeben. Briefe seien zwar beantwortet worden, doch habe die Regierung stets auf das Management der Commerzbank verwiesen.

Orcel betonte, dass UniCredit seinen Aktionären, Mitarbeitern, Kunden und Partnern verpflichtet sei – nicht den Regierungen. Dennoch könnten politische Rahmenbedingungen nicht ausgeblendet werden. Die möglichen Synergien einer Konsolidierung mit der Commerzbank seien aus seiner Sicht deutlich: Im Mittelstand hätte eine kombinierte Bank noch immer einen niedrigeren Marktanteil als in anderen europäischen Ländern. Zudem habe UniCredit bereits 363 Integrationen erfolgreich umgesetzt, Technologie sei daher kein Hindernis. „Wir sind sehr neutral mit Blick auf den Hauptsitz der Bank“, so Orcel.

Sein Argument für die Konsolidierung war klar: „Wenn die Commerzbank alleine bleibt, werde sie mehr Jobs streichen müssen, als wenn sie mit uns konsolidiert.“ Die unvermeidlichen Effizienzsteigerungen sprächen dafür. In den Einheiten der Commerzbank werde zudem begrüßt, Bürokratie abgeben zu können – ein Vorteil, den eine Zusammenführung mit UniCredit mit sich bringen würde.

Damit machte Orcel deutlich, dass es für ihn nicht allein um Größe, sondern um Effizienz, Schlagkraft und Marktanteile geht. Für die Zukunft Europas sieht er in der Stärkung der Banken nicht nur eine ökonomische Notwendigkeit, sondern eine strategische Aufgabe.

Themen: Bankenrating | Kommentare deaktiviert für Andrea Orcel über Chancen, Transformation und die Rolle von UniCredit

Kommentare geschlossen.