« | Home | »

Auswirkungen des Sovereign Risk auf die Bankenstabilität

Von Dr. Oliver Everling | 21.September 2012

Wie werden Risiken von Ländern wahrgenommen? Dr. Christopher Pleister von der FMSA, früher Präsident des BVR, Thorsten Klotz von Moody’s Deutschland, Prof. Dr. Klaus Fleischer von der Hochschule München und Axel D. Angermann von der Feri EuroRating Services diskutierten unter der Moderation von Dr. Stefan Hirschmann der Zeitschrift RISIKO MANAGER aus dem Bank-Verlag, Köln, in Berlin auf dem TSI Kongress 2012. Hirschmann erinnert an eine Zeitschrift des Bank-Verlags, in der man schon vor zehn Jahren das Thema Länderrating fokussiert habe – nur habe dieses Thema damals niemanden interessiert. Hirschmann geht mit seinen Panelisten der Frage nach, was sich seitdem geändert hat.

Thorsten Klotz von Moody’s illustriert die Logik des Sovereign Ratings, denn am Beispiel von Spanien könne man zeigen, wie zwar die Verschuldung ähnlich wie die in Deutschland, aber dennoch das Risiko ganz anders zu beurteilen sei. Wie werden Eigentumsrechte interpretiert, wie funktioniert das politische System, wie ist die Dynamik der Staatsschuld und welche Mittel stehen dem Staat überhaupt zur Verfügung, um Staatsschulden zu bezahlen? Das alles fließe in das Sovereign Rating ein, also weit mehr als nur quantitative Faktoren. Klotz erläutert das maximal für Schuldner eines Landes erreichbare Rating. Das Sovereign Ceiling und das Government Bond Rating hängen eng miteinander zusammen, betont Klotz.

Angermann bestätigt, dass im Länderrating qualitative Faktoren eine wichtige Rolle spielen. „Wir bemühen uns aber darum, möglichst viel auch quantitativ abzubilden.“ Wenn beispielsweise das Haushaltsdefizit in Deutschland viel geringer sei als in Spanien, würde dies auch bei ähnlicher Ausgangssituation des Schuldenstandes berücksichtigt. Rettungsprogramme bzw. -schirme würden natürlich auch bewertet, denn das Rating richte sich ja an den Investor, um ihm die Möglichkeit zu geben, die Risiken seiner Anlagen zu verstehen.

Prof. Dr. Klaus Fleischer will die „Quote“ diskutieren, mit der die US-Ratingagenturen an der Krisenentwicklung mit Verantwortung trugen. „Die Wissenschaft vermag einen Werkzeugkoffer zu liefern, um zu einer objektiven Beurteilung zu gelangen. Die Zahlen für eine quantitative Analyse liegen auf dem Tisch. Es gibt nur unterschiedliche Interpretationen.“ Fleischer kritisiert die Oligopolmarktstellung der US-Agenturen, es sei ähnlich wie bei den Tankstellenpreisen.

Angermann erläutert, wie Feri EuroRating Services jedes Länderrating transparent macht. „Ich wüsste nicht, wie man dieses Rating noch transparenter machen könnte. Gerne lasse ich Ihnen einen Report zukommen.“ Über die Prognose lasse sich diskutieren. In die Bonitätsbewertung von Spanien fließe auch die Erwartung seiner Ratingagentur ein, dass sich Spanien wieder erholen werde.

Transparenz, Öffentlichkeit und Überprüfung der Methoden beansprucht Klotz auch für Moody’s. „Bei allen Agenturen haben insbesondere auch Überprüfungen der Methoden für Sovereign Ratings stattgefunden“, betont Klotz und wehrt sich gegen Vorwürfe, die einerseits darauf gerichtet seien, dass die Ratingagenturen mit ihren Herabstufungen zu spät kämen, andererseits darauf, sie würden durch Herabstufungen Krisen erst auslösen. Die „Market Implied Ratings“, also Ratings, die aus den Preisbildungen an den Märkten abgeleitet werden, seien wesentlich volatiler gewesen.

Fleischer hakt an dieser Stelle mit dem Argument ein, dass die Verschuldung in Griechenland ja nicht plötzlich gekommen sei, sondern schon lange bekannt. „Warum haben die US-Agenturen also nicht den Mut, Fraktur zu sprechen?“

„Das Prä für die Ratingagenturen ist einfach, dass sie sehr gute Arbeit leisten“, sagt Pleister. „Ich halte die Ratingagenturen eher für den Feuermelder. Der Feuermelder ist nicht der Brandstifter. Für den Brand tragen sie keine Verantwortung.“ Pleister appelliert an das Prinzip, dass eine gute Bilanz oft besser aussieht, als in Wirklichkeit, umgekehrt sei eine schelchte Bilanz oft nicht so schlecht, wie es vorgerechnet würde. Die deutsche Staatsschuld habe einen Abbaumechanismus in sich, das hätten andere Staaten nicht, unterstreicht Pleister. „Banken haben ihre Analyseabteilungen. In eine generelle Ratingschelte kann ich nicht einstimmen.“

Hirschmann greift den Dominoeffekt an den Kapitalmärkten auf. „Die St. Gallener Studie halte ich für Quatsch“, sagt der Münchner Wissenschaftler Fleischer mit Blick auf seine Kollegen an der Hochschule St. Gallen, die versucht hätten vorzurechnen, was sich diese Wissenschaftler als Ergebnis wünschten. Hirschmann stellt in Frage, ob die Spill-over-Effekte ausreichend erforscht seien. Fleischer. Theoretisch seien die Effekte modelliert, aber im Kontext der konkreten Politik von Sarkozy oder Hollande jeder schwer zu fassen.

Angermann weist auf die Besonderheit hin, dass in Irland z.B. das Platzen einer Immobilienblase eine Staatsverschuldung mit enormen Risiken ausgelöst habe. Geht es um die Schieflagen einzelner Banken, verhindert der Staat, später noch in viel größerem Umfang in Anspruch genommen zu werden und greift entsprechend ein.

„In Deutschland haben wir einen exterm positiven Track-record“, sagt Pleister. Eine systemrelevante Bank sei geräuschlos aus dem Markt genommen worden. Eine andere sei aufgeteilt und entsprechend stabilisiert worden. „Das ist in Deutschland viel einfacher als in anderen Staaten mit schlechter Bonität“, sagt Pleister. „Und das ist kein Plädoyer für einen irgendwie gearteten deutschen Hochmut.“ Es gehe um einen politischen Prozess, in den Deutschland relativ viel einbringen könne.“

Klotz zeichnet das Dreieck aus Staat, Banken und Wirtschaft: Sovereign-Risiken hätten auf die anderne Teile Einfluss. Die Bankenlandschaft sei in ganz besonderem Ausmaß betroffen. Profitabilität, hohe Funding-Kosten, hohe Verluste aus Impaired Assets, regulatorische Auflagen, Restrukturierung aufgrund veränderter Business-Strategien – das alles wirke sich auf die Bankenrefinanzierung aus. Klotz skizziert, wie die Predominanz des Senior Unsecured Fundings abgelöst und ein Paradigmenwechsel vollzogen wurde. Asset-based Lending sei nur ein neuer Begriff für etwas, was es schon längst gibt, Covered Bonds bzw. Pfandbriefe.

„Die Kosten der Bankenrettung sind einfach der Preis für die Erstellung einer Leistung“, erläutert Pleister seinen Argumentationsansatz für die Effizienz der bisher geleisteten Bankenrettungen. „Wir haben einen großen Bereich stabilisiert mit den eingesetzten Mitteln.“

Themen: Nachrichten | Kein Kommentar »

Kommentare

Sie müssen eingelogged sein um einen Kommentar zu posten.