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Blick hinter Subprime

Von Dr. Oliver Everling | 10.Juni 2008

Hinter Subprime schauen – das bestimmt den europäischen Ausblick für Banken, den Alison J. Le Bras auf der Globalen Bankenkonferenz in Frankfurt am Main gab. Le Bras ist Managing Director in Fitch Ratings‘ Gruppe für Finanzinstitutionen und verantwortlich für allgemeine Forschungsprojekte zur europäischen Bankwirtschaft. Le Bras gehört zu den erfahrensten Analystinnen Europas für Bankenratings, da sie für die Ratingagentur bereits seit 1981, nach ihrem Traineeprogramm bei Barclays Bank PLC, tätig ist. Bei Fitch Ratings gibt es keinen anderen Analysten, der bereits so lange Banken aus der Perspektive der Ratingagentur untersucht.

„Sind wir am Ende des Anfangs oder am Anfang des Endes?“ Le Bras hinterfragt plakativ die Liquiditätssituation bei den Banken. Sie sieht drei Phasen der im letzten Sommer ausgelösten Panik: Erstens eine banksystemische Krise, zweitens eine Vertrauens- bzw. Gegenparteikrise und drittens die Phase der Liquiditätshortung. Le Bras vermag für die europäischen Banken noch keine generelle Entwarnung zu geben, sondern vermutet, dass möglicherweise die schärfsten Auswirkungen der Krise, die aus den USA die europäischen Banken traf, noch nicht vollständig verarbeitet wurden.

Le Bras unterstreicht, dass keine der wichtigen europäischen Bankengruppen von Liquiditätslinien der Europäischen Zentralbank abhängig sei. Auch sei die Gefahr minimal, dass aus den USA heraus die europäischen Märkte für Wohnimmobilienfinanzierungen angesteckt werden könnten. Die Marktdynamik in Europa sei nicht zu vergleichen, zumal diese vor dem Hintergrund eines hohen Niveaus der Regulierung zu beurteilen sei. Die verschiedenen nationalen Märkte zeigten unterschiedliche Reaktionen. In Kontinentaleuropa seien Hypothekenfinanzierungen außerdem für die Banken Anker für ihre Cross-Selling-Aktivitäten. Nachrangige Hypothekenfinanzierungen würden in Europa nur eine geringe Rolle spielen, nur in Großbritannien gebe es [Ä]hnlichkeiten mit US-amerikanischen Verhältnissen.

Le Bras weist aber auf die Signale hin, die der Crunch-O-Meter zeigte, nämlich das Differential aus Euribor und Libor zu ECB Minimum Bid Rate und BOE Bank Base Rate. Der Spread zeige, dass die Märkte sich noch in Anspannungen befinden würden. Eine Reihe von Banken machten davon Gebrauch, aus unterschiedlichen Gründen ihre Eigenkapitalbasis deutlich zu verstärken. Société Générale, UBS; RBS, HBOS, B&B und Credit Agricole sind Beispiele dafür, allesamt im im Kategorienbereich von A oder AA geratet.

Mit einer Landkarte schafft Le Bras einen Überblick über die gefährdeten Bankensysteme in Europa: Dazu gehören in Rot Island, Irland, Großbritannien und Deutschland. Ein gelbes Signal gibt sie für Frankfreich, Spanien und Italien, während für die restlichen Bankensysteme Westeuropas die Ampeln auf „Grün“ stünden. Im internationalen Vergleich seien die deutschen Banken klar am stärksten von Verlusten aus Investitionen in exotischen Wertpapieren betroffen, IKB, WestLB, SachsenLB, Düsseldorfer Hypothekenbank seien einige bekannte Beispiele.

Im Wholesale-Bankensektor hätten sich deutsche Banken in ihrem Bemühen um mehr Rendite in hochriskanten Geschäften engagiert, um ihre Erträge zu steigern. Die Widerstandskraft des deutschen Bankensystems beruht nach Ansicht von Le Bras insbesondere auf der starken Stellung Sparkassen und Genossenschaftsbanken im Retailgeschäft. Es bleibe aber abzuwarten, inwieweit die jüngsten Marktturbulenzen auch für eine Konsolidierung des Bankensystems genutzt würden, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

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