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Bonität zählt: Kurzlaufende Anleihen im Aufwind
Von Dr. Oliver Everling | 31.Juli 2025
In einem Marktumfeld, das von Unsicherheit, Volatilität und geldpolitischen Umbrüchen geprägt ist, rücken kurzlaufende Unternehmensanleihen mit hoher Bonität verstärkt in den Fokus institutioneller und privater Anleger. Besonders entscheidend für die Attraktivität dieser Anlageklasse ist dabei das Credit Rating. Es fungiert als zentrales Instrument zur Risikobewertung und Orientierung, gerade wenn es um die Auswahl von Anleihen geht, die Stabilität und Ertragspotenzial in turbulenten Zeiten vereinen sollen.
Eine aktuelle Analyse von Aberdeen Investments zeigt deutlich, wie stark die Nachfrage nach dieser Form der Kapitalanlage zuletzt gestiegen ist. Innerhalb von nur sechs Monaten beliefen sich die weltweiten Nettozuflüsse in kurzlaufende Anleihen auf 91 Milliarden GBP – ein Anstieg um 214 Prozent im Vergleich zum Vorhalbjahr. Noch klarer wird der Trend im Jahresvergleich: Während im Vorjahr noch ein Nettoabfluss von -31 Milliarden GBP zu verzeichnen war, lag der Saldo bis Ende Mai 2025 bei +120 Milliarden GBP. Dieses Interesse lässt sich nicht zuletzt auf die besonderen Eigenschaften von kurzlaufenden Anleihen mit Investment-Grade-Rating zurückführen. Sie gelten als relativ resistent gegenüber makroökonomischen Schocks und bieten eine höhere Vorhersehbarkeit der Erträge – ein entscheidender Vorteil in einem Umfeld volatiler Kapitalmärkte.
Anleihen mit Investment-Grade-Rating zeichnen sich durch solide Bilanzen, stabile Cashflows und eine vergleichsweise geringe Ausfallwahrscheinlichkeit aus. Sie sind damit eine risikoärmere Alternative zu Hochzinsanleihen, die zwar höhere Renditen versprechen, aber auch mit größerer Konjunkturabhängigkeit und Bonitätsrisiken einhergehen. Im Vergleich zu Geldmarktfonds wiederum bieten kurzlaufende IG-Anleihen oftmals attraktivere risikoadjustierte Erträge – insbesondere dann, wenn sinkende Leitzinsen die Erträge kurzfristiger Anlagen zusätzlich unter Druck setzen. Hinzu kommt, dass kurzlaufende Anleihen durch ihre geringe Duration nur in geringem Maße auf Zinsänderungen reagieren. Ihre geringe Zinssensitivität macht sie somit zu einem bevorzugten Instrument für Investoren, die ihre Portfolios gegen die Schwankungen des aktuellen Zinsumfelds absichern möchten.
Ein Blick auf die historische Entwicklung untermauert diesen Befund. Der ICE BofA 1-3 Year Global Corporate Index, ein maßgeblicher Referenzindex für diese Anlageklasse, verzeichnete in den letzten 28 Jahren lediglich ein einziges Jahr mit negativer Gesamtrendite. Diese Stabilität ist maßgeblich auf die robuste Bonitätsstruktur und das kurze Laufzeitenprofil der zugrundeliegenden Anleihen zurückzuführen. Kurzlaufende IG-Anleihen haben sich damit über Jahrzehnte hinweg als verlässlicher Baustein defensiver Portfolios bewährt.
Doch nicht nur das Credit Rating allein entscheidet über die Qualität eines Portfolios. Auch die Breite des Anlageuniversums und ein aktives Management spielen eine wesentliche Rolle. Bei Aberdeen Investments wird daher nicht nur in entwickelte Märkte investiert, sondern auch gezielt in qualitativ hochwertige Emittenten aus Asien und Schwellenländern. Besonders attraktiv erscheinen etwa Unternehmen aus dem Versorgungssektor oder dem Bereich erneuerbare Energien – zum Beispiel in Indien, wo politische Unterstützung und hohe Binnennachfrage stabile Rahmenbedingungen schaffen. Hinzu kommt die gezielte Allokation in Anleihen mit sehr kurzer Restlaufzeit (unter einem Jahr), ein Segment mit oft besonders günstigen risikoadjustierten Renditen, das in traditionellen Benchmarks nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Ein aktives Management ermöglicht es außerdem, durch flexible Allokation zusätzliche Renditepotenziale zu erschließen. So werden selektiv auch Papiere mit niedrigerem Investment-Grade-Rating (z. B. BBB), hochwertige Hochzinsanleihen und nachrangige Finanzanleihen beigemischt – vorausgesetzt, sie bieten eine attraktive Risiko-Rendite-Struktur. Gleichzeitig werden in überverkauften Marktsegmenten gezielt Chancen genutzt, während bei überzogenen Bewertungen bewusst Risiken reduziert werden. Das Ergebnis ist ein breit diversifiziertes, aktiv gemanagtes Portfolio mit einer durchschnittlichen Duration von zwei Jahren, einem Rating im Bereich A- und einer Zielvolatilität von lediglich ein bis zwei Prozent.
Für Anleger bieten kurzlaufende IG-Anleihen damit eine defensive, aber gleichzeitig renditestarke Alternative in einem zunehmend komplexen Marktumfeld. Gerade in Phasen erhöhter Unsicherheit – etwa ausgelöst durch geopolitische Spannungen, inflationäre Tendenzen oder fiskalpolitische Risiken – bietet diese Anlageform ein hohes Maß an Stabilität, ohne auf attraktive Erträge verzichten zu müssen. Wer darüber hinaus die Chancen aktiven Managements nutzt, kann seine Portfolios gezielt gegen Bonitätsrisiken absichern, Renditechancen selektiv nutzen und dabei auch auf neue Wachstumsregionen setzen. In einer Welt voller Unwägbarkeiten bleibt die Kreditwürdigkeit der Emittenten ein verlässlicher Kompass – und kurzlaufende Anleihen mit hoher Bonität ein solides Fundament für jedes ausgewogene Anleiheportfolio.
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