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Chinas Aktienrally und ihre Bedeutung für Credit Ratings

Von Dr. Oliver Everling | 23.September 2025

Die jüngste Entwicklung an den chinesischen Aktienmärkten wirft nicht nur Fragen für Investoren auf, sondern auch für die Bewertung im Rahmen von Credit Ratings. Die deutliche Aufwärtsbewegung des MSCI China Index in den vergangenen zwölf Monaten zeigt, dass sich die Stimmung spürbar aufgehellt hat. „Chinesische Aktien haben im vergangenen Jahr eine deutliche Rally hingelegt“, so James Donald von Lazard Asset Management. Entscheidend für Analysten und Ratingagenturen ist dabei weniger die kurzfristige Performance als vielmehr die Nachhaltigkeit der Bewertungsgrundlagen. Donald betont: „Dennoch sind sie im Vergleich zum MSCI EM Index sowie zu ihrer eigenen Historie weiterhin attraktiv bewertet.“ Ein Preisniveau, das deutlich unter den Höchstständen von 2021 liegt, deutet auf Erholungspotenzial hin, sofern die Fundamentaldaten tragfähig bleiben.

Für die Einschätzung von Kreditrisiken ist die politische Dimension von besonderem Interesse. „Peking hat ein klares Bekenntnis zur Stabilisierung der eigenen Wirtschaft abgegeben“, erläutert Donald und verweist auf Maßnahmen, die Immobilienmarkt, Inlandsnachfrage und Innovationen stützen sollen. Für Ratingagenturen kann dieser Rückenwind bedeuten, dass staatliche Eingriffe eine Stabilisierung auf der Unternehmensseite begünstigen, wenngleich die Gefahr staatlicher Einflussnahme zugleich Unsicherheit schafft. Dass die regulatorischen Unsicherheiten nachlassen, könnte auch die Wahrnehmung der Bonität chinesischer Emittenten verbessern.

Die strukturellen Wachstumstreiber – „China ist Vorreiter in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, Halbleiter, grüne Energie und fortgeschrittene Fertigung“ – spielen ebenfalls in die Bonitätsanalyse hinein. Ratings berücksichtigen solche langfristigen Perspektiven, auch wenn die geopolitischen Risiken schwer zu kalkulieren sind. Donald unterstreicht, dass eine „Entspannung der Beziehungen zu den USA“ erhebliches Kapital freisetzen könnte. Für Kreditratings wäre dies gleichbedeutend mit sinkenden Risikoaufschlägen und verbesserten Finanzierungsbedingungen chinesischer Unternehmen.

Dennoch sind die Schattenseiten nicht zu übersehen. Donald warnt vor „einer Schwäche bei der industriellen Nachfrage und der Inflation“ sowie vor den anhaltenden Problemen im Immobiliensektor. Ein schwacher Konsum und eine fragile Bauwirtschaft wirken sich direkt auf die Einnahmebasis vieler Unternehmen aus und damit auch auf deren Fähigkeit, Verbindlichkeiten zu bedienen. Hinzu kommt das erhöhte Risiko durch Margin-Finanzierungen: „Dies könne im Falle einer Korrektur zu einer Verschärfung der Marktabschwächung führen.“ Solche Faktoren fließen in die Ausfallrisikomodelle ein und beeinflussen die Stabilität von Ratings.

Die Schlussfolgerung fällt dennoch optimistisch aus: „Der chinesische Aktienmarkt hat die strukturelle Innovationskraft und die nötige Unterstützung von politischer Seite für einen nachhaltigen Aufschwung.“ Damit ergibt sich ein ambivalentes Bild für die Credit Ratings chinesischer Unternehmen. Einerseits stehen attraktive Bewertungen und staatlicher Rückhalt im Raum, andererseits bleiben makroökonomische Risiken und systemische Schwächen bestehen. Für Ratingagenturen ist es ein Balanceakt, zwischen kurzfristigen Störfaktoren und den langfristigen Wachstumsperspektiven Chinas abzuwägen.

Themen: Aktienrating, Anleiherating | Kommentare deaktiviert für Chinas Aktienrally und ihre Bedeutung für Credit Ratings

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