« | Home | »

Coface Country Risk Conference 2024: Globale Wirtschaftsaussichten und Länderrisiken im Fokus

Von Dr. Oliver Everling | 7.Februar 2024

Auf der jüngsten Country Risk Conference in Paris präsentierte der renommierte Kreditversicherer Coface sein neuestes Risiko-Barometer und beleuchtete die aktuellen Entwicklungen in der weltweiten Wirtschaft. Die Analysten von Coface prognostizieren für das Jahr 2024 ein Wachstum des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, nachdem es 2023 noch bei 2,6 Prozent lag.

Coface hat die Risikobewertung von insgesamt zwölf Ländern überarbeitet, wobei Belgien, Dänemark und die Schweiz zu den positiven Überraschungen gehören. Belgien verbesserte sich von A3 auf A2, Dänemark und die Schweiz erhielten die Bestnote A1. Christiane von Berg, Volkswirtin bei Coface, erläutert: „In beiden Ländern liegt die Inflation unter der Zwei-Prozent-Marke. Der private Konsum in Dänemark hat sich erholt und wird durch einen stabilen Arbeitsmarkt gestützt. In der Schweiz hat die Nationalbank die Zinsen nur auf 1,75 Prozent erhöht und damit die Investitionstätigkeit Schweizer Unternehmen weniger gebremst.“

Eine gegenteilige Entwicklung zeigt sich bei Israel, dessen Länderrisiko von A2 auf A3 herabgestuft wurde. Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage war bereits vor der Hamas-Terrorattacke spürbar, ausgelöst durch hohe Zinssätze und Inflation sowie politische Unruhen.

Besondere Aufmerksamkeit richtet sich auf die mehr als 60 nationalen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen weltweit in diesem Jahr. Insbesondere die Wahlen in den Vereinigten Staaten, mit voraussichtlichen Kandidaten wie Joe Biden und Donald Trump, könnten zu geopolitischen Verschiebungen führen. Auch das Wahlergebnis in Taiwan und die anstehenden Wahlen in Europa, darunter die Europaparlamentswahl und die politische Lage in Österreich und Großbritannien, werden mit Spannung erwartet.

Die Diskussion über Inflation und Zinsen prägt die wirtschaftliche Debatte. Trotz eines Rückgangs der Teuerungsraten im Jahr 2023 bleibt die Kerninflation in den meisten entwickelten Volkswirtschaften doppelt so hoch wie von den Zentralbanken angestrebt. Die anhaltende Straffung der Geldpolitik soll die Inflationsraten auf das Ziel von 2 Prozent bringen, doch die Herausforderungen an den Arbeitsmärkten und mögliche Angebotsschocks könnten dies erschweren.

Christiane von Berg warnt vor einem herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld: „Die Markterwartungen von bis zu sechs Zinssenkungen erscheinen uns übertrieben. In Europa rechnen wir aufgrund des anhaltenden Kerninflationsdrucks frühestens ab Sommer 2024 mit einer geldpolitischen Lockerung. Dieses ungünstige wirtschaftliche Umfeld bleibt für Unternehmen ein Risiko, wodurch auch die Insolvenzzahlen deutlich steigen könnten.“

Ein „Soft Landing“ der US-Wirtschaft wird als wahrscheinlichstes Szenario betrachtet, während in Europa eine (Beinahe-)Stagnation erwartet wird, bedingt durch hohe Kosten im verarbeitenden Gewerbe und eine schleppende Auslandsnachfrage.

Die Schwellenländer werden erneut als Haupttreiber der Weltwirtschaft hervorgehoben und sollen 1,7 Prozentpunkte zum globalen BIP-Wachstum von 2,2 Prozent beitragen. Besonders China, das 2023 mit einem BIP-Wachstum von 5,2 Prozent abschloss, spielt eine zentrale Rolle. Allerdings stehen die chinesische Wirtschaft und Südostasien vor Herausforderungen, darunter eine schleichende Erholung des privaten Konsums und Sorgen über den Immobilienmarkt.

Der „Globale Süden“ mag zwar zum Protagonisten der Weltwirtschaft aufsteigen, ist jedoch weiterhin von großer Heterogenität geprägt. Einige der ärmsten und am stärksten verschuldeten Länder wie Sri Lanka, Ghana, Äthiopien, Malawi, Pakistan und Laos sehen sich bereits mit zahlungsunfähigen Situationen oder einem drohenden Staatsbankrott konfrontiert. Angesichts hoher Zinssätze und eines starken Dollars besteht die Furcht vor einem Wiederaufleben von Staatspleiten in dieser Region.

Die Coface Country Risk Conference bietet somit nicht nur Einblicke in die aktuellen Länderrisiken, sondern auch in die entscheidenden Faktoren, die die globale Wirtschaft im Jahr 2024 beeinflussen werden.

Themen: Länderrating | Kein Kommentar »

Kommentare

Sie müssen eingelogged sein um einen Kommentar zu posten.