« | Home | »

Covid 19 trifft auf Gastfreundschaft

Von Antonio Guida | 3.Juli 2020

Es hat sich herumgesprochen, Hotellerie und Gastronomie sind in Schwierigkeiten, aber auch, dass unser Land ohne seine Bars, Kneipen und Hotels nicht halb so lebenswert ist. Insgeheim wissen wir: Diejenigen, die soziale Kontakte leid sind, sind des Lebens müde. Wir können jetzt überall erkennen, warum das so ist. Unsere Mission in der gastgewerblichen Branche ist jetzt das Pulsieren des Herzens der Gesellschaft wieder spürbar zu machen.

Wir bieten Lokalitäten des ungehinderten Zusammenkommens, des Lernens, Erlebens und der Erholung. Wir stellen die Örtlichkeiten, wo sich Kultur, soziales Leben und Lebensfreude treffen können.

Besondern schmerzlich vermisst werden von vielen Menschen die unwiderstehliche Kombination aus Reisen, kultureller Lebenslust und kulinarischem Genuss. Die Vorfreude auf einen Galeriebesuch mit Übernachtung in einer unbekannten Stadt, eine Theatervorstellung mit anschließendem Restaurantbesuch oder ein Wellnesswochenende zur Entspannung vom Alltag. Wir brauchen Impulse und Ziele im Leben, die unserem Wunsch nach Geselligkeit erfüllen, gleichzeitig alle unsere Sinne schärfen und befriedigen.

Unsere Lebensfreude möchte sich frei entfalten. Die Orte dieser Entfaltung heißen Hotellerie und Gastronomie. Diese Branche wurde bisher unterschätzt und hat sich im letzten Jahrzehnt umfangreich gewandelt. Dank der Globalisierung konnte sie sich kreativ und qualitativ entwickeln.

Viele nationale und internationale Neu-Eröffnungen standen bereits im Kalender der Branche, bevor der Corona-Lockdown alle Pläne über den Haufen warf. 2020 sollte ein unglaublich aufregendes Jahr werden, stattdessen waren wir gezwungen, uns alle zurückzuhalten. Tourismus rückte auf der Prioritätenliste ganz weit nach hinten.

Der Übergang über Nacht von einem aktiven Geschäftsmodell zu einem Geschäft ohne Einkommen ist verheerend. Kleine und agile Unternehmen versuchen Kosten zu kappen und neue Einnahmequellen zu erschließen. Viele können – durch Unterstützungskredite und Staatszuschüsse gestützt – die meisten ihrer Mitarbeiter weiterhin beschäftigen.

Und es zeigt sich gerade jetzt ihr Kampfgeist und wie zäh Hoteliers und Gastronomen sind. Viele Maßnahmen in den kommenden Monaten könnten wirken, allerdings nur, wenn man den Mut hat, konsequent neue Wege zu gehen, um Bewährtes erhalten zu können.

Es nützt nichts die Augen zu verschließen und Dinge schön zu reden, mittelfristig müssen alle in der Branche erkennen, dass der Schaden, der durch die Corona-Krise im Bereich Touristik entstanden ist, vielen Unternehmern die Existenz kosten wird. Schon in wenigen Monaten werden die, mancherorts kritisierten, staatlichen Unterstützungsmaßnahmen verpuffen. Vermieter und Finanzämter werden ihre gestundeten Mieten und Steuern einfordern. Dazu kommen die vorgeschriebenen Einschränkungen durch die Distanzvorgaben, die Umsätze genauso verringern wie die Vorsicht vieler Gäste, sich wieder so frei in Gesellschaft zu bewegen wie vor Covid 19. Die Folgen sind schon bald nicht zu übersehen, denn es wird zu einem Massensterben an Unternehmen geben. Realistisch gesehen wird es in den nächsten 18 Monaten zu einer umfassenden Ausdünnung unserer Branche kommen. Arbeitsplätze werden verloren gehen, Institutionen werden zusammenbrechen.

Warum wird gerade die Touristik- und Gastronomie-Branche so schonungslos von der Corona-Krise getroffen? Tatsächlich hat Covid 19 das gängige Geschäftsmodell der Branche bloßgestellt. Die Immobilienkosten sind oft zu hoch, aufgrund überhöhter Mieten und Nebenkosten. Es gibt angesichts wenig wettbewerbsfähiger Arbeitszeiten und Löhne einen akuten Personalmangel, einen ruinösen Wettbewerb, sich schnell ändernde Marktdynamiken und Vermittlerplattformen, die an unseren Gewinnspannen zerren.

Und was nun? Wer sich wenig um Qualität, moderne Trends, Design oder Technologie kümmert, kann jetzt nicht alles auf „Covid“ schieben. Der Virus hat den Niedergang vieler bereits geschwächter Unternehmen nur beschleunigt. Es hat aber auch viele große und scheinbar unantastbare Unternehmen in die Knie gezwungen. Alles beklagenswerte Umstände, die außerhalb unseres Einflusses und Kontrolle liegen. Unseren Mitarbeitern und Gästen bringt das Jammern wenig. Was wir mehr denn je brauchen ist das Erkennen von neuen Gelegenheiten, ein neuer Aufbruch.

In jeder Krise gibt es Gewinner und Verlierer. Die Karten werden also neu gemischt und jetzt kann jeder von uns zum Zuge kommen. Hinter diesem Gedanken steht der Grundsatz, dass wer gelernt hat, Krisen zu bewältigen, der hat auch gelernt, seine Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen.

Mein Appel an die Gebeutelten der Krise lautet: Ihr Ziel als Unternehmer darf jetzt nicht sein, wie kann ich überleben? Sondern: Was kann ich tun, damit andere in dieser Krise überleben? Wird Gastfreundschaft verschwinden? Natürlich nicht. Der Markt wird zum Grundbedürfnis zurückkehren, dass Menschen im wirklichen Leben essen, trinken, schlafen und Kontakte knüpfen müssen. Aus der Asche von Covid 19 werden grüne Triebe erwachsen, ein Neubeginn und die Chance für Neugründungen, die für ein Wachstum in dieser neuen Welt bereit sind.

Wir haben es bereits erlebt, denn in Zeiten des Abschwungs wurden bereits sehr erfolgreiche Unternehmen gegründet. Was Silicon Valley „kreative Zerstörung“ nennt, findet gerade statt. Alle Vorzeichen dafür sind jetzt gegeben.

Erstens dürften sich die Mieten anpassen, und die Vermieter werden günstigere Konditionen anbieten müssen, um die überlebenden, aktiven Akteure des Marktes anzuziehen. Sie werden sich auch nicht mehr dagegen sträuben können, sich auf Umsatzmieten einzulassen. Zweitens wird es eine Fülle von hochqualifizierten Mitarbeitern auf allen Ebenen geben. Inmitten der unvermeidlichen bevorstehenden Rezession wird es hohe Arbeitslosenquoten geben, die qualifizierte Top-Talente nach einer neuen Aufgabe suchen lassen. Eine Chance für beide Seiten. Drittens werden sich mit weniger Wettbewerb, niedrigeren Mieten und eifrige Teams kreative Konzepte umsetzen lassen. Es werden auch neue Unternehmer auftauchen, aber sie brauchen Unterstützung, um zu starten und zu wachsen.

Dies führt zum vierten: Die Chance, visionäre Geschäftsmodelle unter machbaren Bedingungen zu etablieren. Opportunistische Investoren werden diese Neu-Gründungen meiden, jedoch nur solange bis sich eine Marke vollständig bewährt hat.

Mein Appell an die Kollegen im Tourismus lautet: Passen Sie jetzt Ihr Geschäftsmodell und Ihre Angebote den neuen Bedürfnissen hinter den Veränderungen an. Suchen Sie neue Nischen und Einnahmequellen. Ihre vorrangige Aufgabe als Unternehmer ist, Umsatz und Gewinne zu erwirtschaften, Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen.

Die Hotellerie und Gastronomie, die jetzt entstehen kann, wird anders sein, aber das ist aufregend, nicht wahr? Nutzen wir die Krise für einen Neustart in die Zukunft unserer Branche.

Mehr über den Autor: Antonio Guida, TEAM HOTEL Consult GmbH.

Themen: Hotelrating | Kein Kommentar »

Kommentare

Sie müssen eingelogged sein um einen Kommentar zu posten.