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Deutsche Unternehmen sehen düstere Wirtschaftsaussichten nach 2023 auch für 2024

Von Dr. Oliver Everling | 11.Oktober 2023

Die wirtschaftliche Lage in Deutschland bereitet vielen Unternehmen im Jahr 2023 große Sorgen, so berichtet der Kreditversicherer Coface aus Mainz, und die Aussichten für 2024 sind nicht vielversprechender. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage unter 1.075 deutschen Unternehmen zeigt, dass die Mehrheit ihre wirtschaftliche Situation im Vergleich zu 2022 als negativ einschätzt. Dieser pessimistische Blick auf die Zukunft hat weitreichende Auswirkungen auf verschiedene Branchen und Geschäftsstrategien.

Zwischen 2022 und 2023 gab es eine stagnierende Geschäftslage für 44 Prozent der befragten Unternehmen. Dies mag auf den ersten Blick als Stabilität erscheinen, aber es bedeutet lediglich, dass sich die Situation nicht weiter verschlechtert hat, insbesondere nach dem wirtschaftlichen Abschwung zwischen 2021 und 2022. Nur 13 Prozent der Befragten berichten von einer Verbesserung ihrer Geschäftslage, während 41 Prozent von einer Verschlechterung sprechen. Insgesamt ergibt sich ein negativer Saldo von -28 Punkten. Das verdeutlicht, dass viele Unternehmen mit Herausforderungen konfrontiert sind.

Die Aussichten für das Jahr 2024 sind ebenfalls wenig ermutigend. Nur 20 Prozent der Befragten erwarten eine wirtschaftliche Erholung, während sich 28 Prozent auf rückläufige Geschäfte einstellen. Es gibt jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den Branchen. Sechs von 13 Branchen blicken etwas optimistischer auf das kommende Jahr. Besonders die Papier- und Verpackungsindustrie sticht mit einem Saldo von +28 Punkten hervor. Dies könnte auf die Stabilisierung der europäischen Energiepreise und die damit einhergehende Senkung der Produktionskosten zurückzuführen sein. Im Gegensatz dazu sind Unternehmen im Baugewerbe (-35 Punkte), Groß- und Einzelhandel (-23 Punkte) sowie der Transport- und Logistikbranche (-19 Punkte) nach wie vor pessimistisch.

Die unterschiedlichen Erwartungen sind oft auf die jeweilige Entwicklung der Branche in den Vorjahren zurückzuführen. Die Papier- und Verpackungsindustrie hatte ein schwieriges Jahr, während das Bauwesen in den vergangenen Jahren florierend war.

Das Hauptrisiko für das Exportgeschäft deutscher Unternehmen bleibt unverändert. „Angesichts des Abschwungs zwischen 2021 und 2022 bedeutet dies jedoch nicht, dass die wirtschaftliche Lage neutral ist, sondern nur, dass sie sich für viele Unternehmen nicht weiter verschlechtert hat“, sagt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg

Wie im Vorjahr nennen die meisten Unternehmen Unterbrechungen in der globalen Produktionskette als ihr größtes Risiko. Politische Unsicherheiten, steigende Rohstoffpreise und Probleme am Standort Deutschland folgen auf der Liste der Bedenken. Der Wirtschaftsstandort Deutschland hat an Attraktivität eingebüßt, was auf hohe Arbeits- und Energiekosten, eine überbordende Bürokratie und den Rückgang der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2023 zurückzuführen ist.

Angesichts dieser Unsicherheiten setzen immer mehr deutsche Unternehmen auf De-Risking-Strategien, um ihre geschäftliche Abhängigkeit von bestimmten Ländern, Lieferanten oder Kunden zu verringern. Bereits 12 Prozent der Befragten haben Maßnahmen wie die Diversifizierung ihres Lieferantenportfolios oder die Verlagerung von Produktionsstandorten ergriffen. Ein Viertel der Unternehmen plant entsprechende Schritte in den nächsten drei Jahren. Besonders aktiv sind die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Informations- und Kommunikationstechnologie, da sie global stärker vernetzt sind und daher anfälliger für Unterbrechungen in Produktions- und Lieferketten sind.

Die wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen deutsche Unternehmen konfrontiert sind, erfordern strategische Anpassungen und eine größere Risikobereitschaft, um in einer unsicheren Weltwirtschaft zu bestehen. Die Entwicklungen in den kommenden Jahren werden zeigen, ob diese Maßnahmen ausreichen, um die negativen Prognosen zu überwinden.

Themen: Länderrating, Unternehmensrating | Kein Kommentar »

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