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Etappen- oder Phyrrhussieg – Mietendeckel im Rating

Von Dr. Oliver Everling | 19.April 2021

Das Verfassungsgericht hebt Berlins Obergrenze für Wohnungsmieten auf. Das ist eine positive Nachricht für Hypothekenbanken, schreibt Moody’s. Am 15. April entschied das deutsche Verfassungsgericht, dass die Obergrenze für Wohnungsmieten im Stadtstaat Berlin (von Moody’s stabil mit Aa1 geratet) nichtig und verfassungswidrig ist. Das Gericht, das im Februar 2020 von der rot-rot-grünen Berliner Landesregierung im Rahmen der Coronavirus-Pandemie umgesetzt wurde, stellte die Verfassungswidrigkeit der Obergrenze fest, da die Mietregulierung eher in den Zuständigkeitsbereich der Zentralregierung als der Regionalregierung fällt.

„Mietendeckel: Noch so ein Sieg und wir sind verloren!“ Das titelte zu dieser Entscheidung der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler (FDP). Im Volkswillen nach „Wunschpreisen“ sieht Frank Schäffler keine singuläre Problematik im Wohnungsmarkt: „Es steht vielmehr eine Auseinandersetzung an zwischen Staatsinterventionismus und der Freiheit des Einzelnen. Es ist eine grundsätzliche Frage, denn es geht um unsere Zukunft, wie sie aussehen soll und wie wir sie gestalten. Deshalb ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts … nur ein Punktsieg. Man darf nur hoffen, dass es kein Pyrrhussieg war.“

Zunächst aber sieht Moody’s die positiven Effekte. Die gerichtliche Entscheidung ist für Hypothekenbanken wie die Berlin Hyp AG, Deutsche Hypothekenbank Actiengesellschaft, die DZ HYP AG, die Münchener Hypothekkebank eG und für die Berliner Landesbank Berlin AG. Hypothekenbanken sichern in der Regel rund 40% ihres Vermögens mit relativ stabilen und risikoärmeren gewerblichen Wohnimmobilien.

Durch die Entscheidung wird nach Ansicht der Analysten von Moody’s das Ertragspotenzial der Vermieter erhöht und ihre Fähigkeit zur Rückzahlung ihrer Kredite gestärkt. Darüber hinaus wird durch die Entscheidung des Gerichts das Risiko sozialpolitisch motivierter Gesetzgebungsbemühungen gemindert, die Moody’s als zentrales soziales Risiko für Banken betrachtet.

Der Effekt ist besonders positiv für Die LBB mit ihrem auf Berlin ausgerichteten Geschäftsmodell und ihre Schwesterfirma Berlin Hyp. Das Urteil bietet den Banken auch mehr neue Geschäftsmöglichkeiten, da Investoren angesichts der rechtlichen Unsicherheiten hinsichtlich der Mietobergrenze vor neuen Wohnimmobilien scheuen.

Die Obergrenze fror die Mieten für große Teile des Wohnungsbestandes auf dem Niveau von 2019 ein und zwang die Vermieter sogar, die Mieten für einen erheblichen Teil der Wohnungen zu senken, mit einigen Ausnahmen für Neubauten. Die Regierung wollte die schnell steigenden Mieten in Berlin bremsen und bezahlbaren Wohnraum unterstützen. Jetzt müssen Mieter mit reduzierten Mieten den Vermietern die versäumten Mietzahlungen seit Februar 2020 erstatten.

Obwohl sie zu Beginn der Obergrenze im vergangenen Jahr über mögliche rechtliche Risiken informiert waren, ist unklar, ob die Mieter den Richtlinien gefolgt sind, um den Unterschied zwischen dem ursprünglichen und dem zu beseitigenden reduzierten Mietzahlungen auszugleichen. „Es ist auch unklar,“ warnt Moody’s, „ob sie zusätzliche Zahlungen leisten können. Einige größere Vermieter wie Vonovia haben angegeben, dass sie sozial verantwortlich handeln und nicht alle zuvor nicht bezahlten Mieten zurückfordern werden.“

Die Berliner Regierung reduziert auch das soziale Risiko, indem sie Mieter unterstützt. Die Entscheidung des Gerichts lässt das soziale Problem des bezahlbaren Wohnraums auf der politischen Agenda des Stadtstaates und wahrscheinlich auf der politischen Agenda für die Bundestagswahl im September, befürchten die Experten. „Das Urteil wird wahrscheinlich das neue Wohnungsangebot in Berlin unterstützen, was dazu beitragen wird, die Mietsteigerung für die wachsende Bevölkerung der Stadt zu stabilisieren oder zu begrenzen. Die Berliner Regierung dürfte stark in die Bereitstellung von sozialem und bezahlbarem Wohnraum investieren, um die sozialen Auswirkungen steigender Mieten zu begrenzen.“

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