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FERI sieht neue Chancen auf Kapitalerhalt

Von Dr. Oliver Everling | 17.November 2022

Der perfekte Sturm an den Kapitalmärkten hat zu einigen Schocks und auch zu einer hohen Inflation geführt, sagt Marcel Renné, Vorstandsvorsitzender der FERI Gruppe anlässlich der 35. FERI Tagung in Bad Homburg. Die neue Weltordnung zwingt zum Überdenken der Anlagestrategien. 2022 gab es den schärfsten Einbruch bei den amerikanischen 10jährigen Anleihen, den US Treasuries, seit 1788. Es war für Anleger mit Investments in diesen Anleihen das schlechteste Jahr seit mehr als zwei Jahrhunderten. „Unsere Multi-Asset-Strategien basieren auf langfristigen Allokationen und liefern einen sinnvollen Beitrag zur Diversifikation“, macht er klar.

Carsten Hermann, Geschäftsführer und Leiter Investment Management der FERI Trust GmbH, diskutiert mit Experten der FERI, Marcus Zasada, Leiter Portfolio Management, und Axel Angermann, Chef-Volkswirt, über den Performance-Überblick. Marcus Zasada zeigt auf, dass sowohl Aktien als auch Renten keinen sicheren Hafen geboten hätten. Die sonst als „sicher“ geltenden Rentenpapiere hätten ebenfalls gelitten. Die Rohstoffpreisentwicklung war die fast einzige Ausnahme.

Die Rohstoffpreise werden nicht einfach sinken, aber ihr Beitrag zur Inflation werde im Zeitablauf geringer, kündigt Axel Angermann an. Angebotsengpässe werden geringer, sieht der Chef-Volkswirt. Die Inflation werde spürbar sinken, aber keineswegs auf 2 %. Bis Ende des Jahres 2022 bleiben die USA bei mindestens 7 % Inflation, rechnet Axel Angermann aus. Im nächsten Jahr könne es bis 3 % heruntergehen.

Die Notenbanken hätten mit Verzögerung, aber deutlich reagiert. Der Zinserhöhungszyklus sei noch nicht vorbei. Die FED könne möglicherweise auch über die 5 % hinausgehen, dies würde es ihr aber auch erlauben, im nächsten Jahr auch die Zinsen wieder zu senken. Der gegenwärtige Status der USA sähe robust aus, immer noch im positiven Bereich, wenn auch die Hausverkäufe nach unten gehen, weil sich die hohen Zinsen bemerkbar machen.

Eine hohe Zahl offener Stelle würde sich selbst bei Abkühlung des Arbeitsmarktes nicht sofort in einer hohen Arbeitslosigkeit niederschlagen. Die Notenbank hebt die Zinsen an, die Inflation geht herunter und die Welt kehre zum Zustand vor der Corona-Krise zurück – „das wäre ein Szenario, was wir für wenig wahrscheinlich halten“, so Axel Angermann.

Szenario 1 ist für die FERI eine abwartende FED mit vorerst keiner Senkung der Zinsen. Eine taubenhafte FED wäre Szenario 2, eine falkenhafte Szenario 3. Die BIP-Entwicklung bleibe in jedem Fall schwach, der Zeitpunkt einer Rezession bleibe unklar. Wichtigster Punkt sei, dass die Geldpolitik der FED zunehmend restriktiv wurde und realwirtschaftliche Wirkung mit Zeitverzögerung zeige.

Marcus Zasada zeigt auf, wie das „Makrobild“ verdichtet werden und zu Anlageentscheidungen geführt werden muss. Arbeitsmarkt, Lohnstückkosten, Energie- und Rohstoffpreise und Inflationsdynamik seien die wichtigen Stichworte, denen bei der Frage nachgegangen werden muss, wie die Notenbank reagieren werde. „Die ganz restriktive Haltung geht schon ein stückweit zurück“, sagt Marcus Zasada.

25 % bis 30 % Verluste habe man in Rezessionen immer wieder an den Aktienmärkten gesehen. Die ständige Liquiditätszufuhr habe während der Corona-Krise ja die Kurse nach oben getrieben. Der Gewinnrückgang preise aber noch keine Rezession ein, warnt Marcus Zasada. Die Gewinndynamik habe abgenommen, aber in den KGVs sei noch nicht abgebildet, dass die Unternehmen mit einem scharfen Gewinneinbruch zu rechnen hätten.

Die Corona-Prämie sei klar abgebaut, insofern sehe man nun eine historisch neutrale Bewertung. Wenn ein Zins-Peak zu sehen wäre, könne es zu einer Trendwende kommen. Die Margen seien stabil oder ansteigend, wenn man die Sektoren Health Care, Cons Staples, IT und Energy betrachte.

Der Blick auf China zeige vorerst eine anhaltend schwache Wirtschaftsentwicklung. Die Inflation ist vergleichsweise niedrig, allerdings haben die Produzentenpreise starke Schwankungen gesehen. Das offizielle Wachstumsziel werde deutlich verfehlt. Die Notenbank hätte aufgrund der niedrigen Inflation eigentlich den Spielraum, stimulierend zu wirken. China exportiere derzeit eher deflatorische Effekte in die Weltwirtschaft, was natürlich positiv zu beurteilen sei. China werde mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Gegenstand zunehmender Konflikte und Risiken. In der chinesischen Führung sei das Risiko von Politikfehlern gestiegen, warnt Axel Angermann.

Marcus Zasada würde China nicht einfach mehr über einen Index kaufen. Strategische Allokationen mit einem Portfolioanteil in China seien erst einmal weniger im Fokus, aber selektive Investments können dennoch sinnvoll sein. Der Markt insgesamt sei deutlich skeptischer zu sehen.

Axel Angermann skizziert, wie Inflationsdruck, Ukrainekrieg und starker Dollar in unterschiedlichem Maße die Emerging Markets belasten. Indonesien, Indien, Korea oder Thailand seien stark von der Entwicklung in China abhängig.

Für alle Coupon-Sammler skizziert Marcus Zasada eine gute Nachricht: Durationen von 3, das habe dann praktisch keine Effekte mehr, so könne man mit Kurzläufern realen Kapitalerhalt erzielen. Hohe Bonitäten zeigten kurzfristige Gewinnmöglichkeiten. Am Rentenmarkt gäbe es insofern durchaus noch einen Weißen Ritter.

Themen: Aktienrating, Anleiherating, Branchenrating, Länderrating | Kein Kommentar »

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