« | Home | »

Lagerabbau durch aggressive Rabattaktionen

Von Dr. Oliver Everling | 28.November 2022

Vieles von dem, was Jörg Wilhelm Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank AG, auf dem Eigenkapitalforum der Deutschen Börse am Frankfurter Flughafen heute berichtet, deckt sich mit den heutigen Einschätzungen aus dem Research der DZ BANK.

Der Welthandel hat krisenbedingt merklich an Dynamik verloren. Dies sorgt nach übereinstimmender Ansicht der Experten für eine allmähliche Abnahme der markanten Schiffsstaus vor wichtigen internationalen Häfen. Günstig ist diese Entwicklung mit Blick auf gestresste Lieferketten. Wichtige Indikatoren signalisieren bereits eine Beruhigung der angespannten Lage.

„Viele Unternehmen in den USA und Europa haben auf die Erfahrungen mit den Lieferengpässen in den Jahren 2020 und 2021 reagiert und im Jahr 2022 sehr zeitig mit der Warenvorbestellung begonnen. Die Lager waren in der Folge bereits unüblich früh gefüllt“, berichtet das DZ BANK Research.

Mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und den massiv gestiegenen Lebenshaltungskosten (hohe Inflation) sei die Ausgabenneigung der privaten Haushalte allerdings spürbar zurückgegangen. „Eine verhaltene Nachfrage trifft nun auf volle Lager. Einzelhändler sind bemüht, die Lagerbestände abzubauen – mit teilweise aggressiven Rabattaktionen. Die nachlassende Güternachfrage insbesondere aus den USA und Europa haben die Seefrachtraten inzwischen wieder massiv absinken lassen.“

Der positive Ausblick der DZ BANK auf die Lieferketten wird jedoch durch eine Reihe von Unwägbarkeiten getrübt: „Vor allem in China nimmt die Sorge vor einem harten Durchgreifen der Behörden mit Blick auf die zuletzt deutlich gestiegenen Corona-Infektionszahlen zu. Denn das Land hält vorerst – trotz leichter Lockerungsmaßnahmen – an der Null-Covid-Politik fest. Die Zahl der Städte und Stadtteile, die abgeriegelt werden, nimmt zu. China ist ein wichtiger Lieferant von Vorprodukten für den US- und den europäischen Markt, längere straffere Lockdown könnte die Lieferkettenproblematik in den westlichen Industrieländern perspektivisch wieder verschlechtern.“

Jörg Krämer rechnet vor, dass rein rechnerisch die Energiepreissteigerung in Deutschland fast komplett von der Bundesregierung aufgefangen werde. Leider habe aber die Europäische Zentralbank zu spät auf den Inflationsschub reagiert. Daher sei die Inflation bereits in die Höhe geschossen. Das Problem seien nun nicht mehr die tatsächlichen Schwierigkeiten bezüglich der Energieversorgung oder der Lieferketten, sondern die Erwartungen der Konsumenten.

Weil die Konsumenten – dies belegt Jörg Krämer mit entsprechenden Befragungsergebnissen – eine höhere Inflation erwarten, erhalten die Unternehmen Spielräume für Preiserhöhungen über die Kostenschübe hinaus. Die Konsumenten erwarten nun eine höhere Inflation, so dass sich diese auch zeigen werde. Jörg Krämer sieht im weiteren Verlauf des Jahres 2023 dennoch einen Rückgang der Inflation und der Zinsen.

2023 werde vor diesem Hintergrund ein gutes Jahr für Unternehmensanleihen sein, auch vor dem Hintergrund der in die Höhe gestiegenen Risikoprämien auf Unternehmensanleihen, die sich entspannen könnten. Rezessionen sind gute Gelegenheiten für den Wiedereinstieg in die Aktienmärkte. Das Kurs-Gewinn-Verhältnisse des DAY seit 1995 zeige, dass die derzeitigen Bewertungen bereits Hoffnungen auf ordentliche Bewertungen gebe.

Themen: Aktienrating, Anleiherating | Kein Kommentar »

Kommentare

Sie müssen eingelogged sein um einen Kommentar zu posten.