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Massiver Veränderungsdruck durch generative KI

Von Dr. Oliver Everling | 28.März 2023

ChatGPT zeigt, wie rasant ein riesiger Markt für die Generierung von Inhalten durch künstliche Intelligenz („generative KI“) entsteht. Brice Prunas, Fondsmanager des ODDO BHF Artificial Intelligence, analysiert, welche Unternehmen durch die neuen Entwicklungen in der KI profitieren könnten. Die von ihm genannten Einzeltitel will er nicht als Investmentempfehlung verstanden wissen: „Ähnlich wie zu Zeiten des Goldrauschs, in denen nicht die Goldgräber, sondern die Schaufelhersteller reich wurden, lohnt der Blick auf Infrastrukturhersteller und Ausrüster.“

„Generative KI und die Sprachmodelle, auf denen sie basiert, erfordern enorme Investitionen. Daher ist es wichtig, die für die generative KI relevantesten Infrastruktursegmente zu kennen, um die jeweiligen ‚Schaufelhersteller‘, die von dieser mächtigen Welle profitieren werden, zu identifizieren.“ Der Investmentexperte rechnet mit einem weiteren enormen Wachstumsschub für Cloud Computing. „Mit dem Aufkommen generativer KI-Tools wird sich das Geschäft nachhaltig verändern“, schreibt er in einem aktuellen Marktkommentar. „Für Public-Cloud-Anbieter verspricht dies zusätzliche Gewinne, allerdings von gänzlich anderer Dimension.“ Insbesondere die drei großen globalen Akteure Amazon Web Services, Microsoft Azure und Google Cloud dürften von dem Trend in Richtung Cloud Computing 2.0 profitieren.

Für die Entwicklung von Sprachmodellen, die mit Milliarden von Beispielen und Situationen trainiert und getestet werden müssen, sei eine extrem hohe Rechenleistung erforderlich, die mit jeder neuen Generation von Sprachmodellen exponentiell wachse. „Der amerikanische Hersteller von Hochleistungs-Grafikprozessoren Nvidia erscheint mit einer extrem dominanten Marktstellung zunehmend als der große Gewinner der generativen KI. So ist Nvidia, dessen Chips 80 % der von der generativen KI benötigten Leistung bereitstellen, derzeit als einziger Chiphersteller in der Lage, diesen unermesslichen und strukturell wachsenden Bedarf zu decken“, schreibt Prunas. Zur Veranschaulichung: eine Abfrage auf ChatGPT erfordert etwas viermal mehr Rechenleistung als eine Internetsuche auf Google. Das Wachstum der Rechenkapazität dürfte sich Prunas zufolge auch bei anderen Unternehmen bemerkbar machen: bei Betreibern von Rechenzentren wie Marvell und AMD, in vorgelagerten Bereichen der Wertschöpfungskette wie bei den Speicherherstellern Samsung Electronics, SK Hynix oder Micron sowie in nachgelagerten Bereich wie bei der taiwanesischen TSMC.

Microsoft plant nach der Startbeteiligung in Höhe von 1 Milliarde US-Dollar in den kommenden Wochen mehrere 10 Milliarden US-Dollar in den ChatGPT-Gründer OpenAI zu investieren. Damit käme das Unternehmen bei seiner Strategie, ChatGPT in die Suchmaschine Bing einzusetzen und Google damit Marktanteile abzunehmen, einen großen Schritt voran. Darüber hinaus sei ein breitflächiger Einsatz von KI-Modulen im Software-Angebot für Unternehmen geplant. Daneben prognostiziert Technologieexperte Prunas auch einen Wachstumsschub im Cloud-Geschäft. Weiteres Potenzial sieht er in der Monetarisierung der Beteiligung an OpenAI: „Noch ist die Neubewertung dieses Unternehmens möglicherweise nicht abgeschlossen. Daher könnte sich Microsofts Kriegskasse am Ende als üppig gefüllt erweisen.“ Googles Dominanz im Suchmaschinengeschäft steht Prunas zufolge nicht in Frage, allerdings könnte dessen Rentabilität durch erhöhten Investitionsbedarf sinken.

Prunas sieht das Geschäft mit Editoren für die Erstellung von Inhalten bei Firmen wie Adobe oder Canva durch mögliche Kannibalisierung durch generative KI vor massiven Veränderungen. Anbieter von „Low Code“- oder „No Code“-Lösungen wie Github, Gitlab oder Atlassian könnten mit den neuen Anwendungen zwar ihr Produktivitätspotenzial erhöhen, sind aber zugleich durch gesunkene Markteintrittsbarrieren bedroht. Anbieter von Halbleiterdesign-Tools wie Cadence, Synopsys, Mentor oder ARM erhielten dank KI revolutionäre Tools für ihr Kerngeschäft.

Themen: Aktienrating, Fondsrating | Kein Kommentar »

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