Stabilität sichern, Wandel gestalten: Die europäische Bankenlandschaft vor großen Herausforderungen

Von Dr. Oliver Everling | 5.September 2024

Auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 hebt Tobias Vogel, CEO von UBS Europe, die Notwendigkeit hervor, die europäische Bankenlandschaft in einem Umfeld, das von Unsicherheiten und Veränderungen geprägt ist, neu zu denken. Die europäische Wirtschaft ist stark bankbasiert: Etwa 80 % der Finanzierungen erfolgen durch Banken und nicht durch Kapitalmärkte, im Gegensatz zu den USA, wo der Kapitalmarkt eine zentrale Rolle bei der Unternehmensfinanzierung spielt.

Vogel sieht darin eine grundlegende strukturelle Herausforderung für Europa, die dringend angegangen werden muss, um wirtschaftlich konkurrenzfähig zu bleiben. Besonders kritisch ist, dass Deutschland, die größte Volkswirtschaft der EU, bei der Nutzung des Kapitalmarkts deutlich hinterherhinkt. Während es weltweit über 500 Börsengänge in jüngster Zeit gab, hat Deutschland davon nicht einmal eine Handvoll verzeichnet. Dies verdeutlicht, dass der Zugang zum Kapitalmarkt stark unterentwickelt ist und es einer grundlegenden Reform bedarf, um diese Schwäche zu beheben.

Vogel argumentiert, dass die Kapitalmarktunion ein zentraler Bestandteil dieser Reformen sein muss. Die Kapitalmarktunion könnte dazu beitragen, die Abhängigkeit von Bankenfinanzierungen zu verringern, indem sie den Zugang zu Kapitalmärkten verbessert und die grenzüberschreitende Kapitalbewegung innerhalb der EU erleichtert. Ein stärker integrierter Kapitalmarkt würde nicht nur das Risiko im Finanzsystem besser verteilen, sondern auch die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft stärken. Der Mangel an Kapitalmarktaktivität in Europa beeinträchtigt die Fähigkeit, notwendige Investitionen in Schlüsselbereiche wie Digitalisierung und Klimaschutz zu mobilisieren. Der Bedarf ist enorm: Allein für die Klimatransformation werden in der EU jährlich Investitionen von rund 650 Milliarden Euro benötigt. Diese Summe verdeutlicht die Dringlichkeit, neue Finanzierungsquellen zu erschließen, um die Transformation zu bewältigen.

Die Herausforderung für die europäische Bankenlandschaft besteht darin, eine Balance zwischen der Sicherung von Stabilität und der Förderung von Wandel zu finden. Der Weg zu einem diversifizierteren Finanzsystem, in dem Banken und Kapitalmärkte Hand in Hand arbeiten, ist unerlässlich. Die derzeitigen geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen erfordern ein Umdenken und neue Ansätze, um die europäische Wirtschaft nachhaltig zu stärken. Vogel betont, dass eine gut funktionierende Kapitalmarktunion ein wesentlicher Treiber für den wirtschaftlichen Erfolg der EU sein könnte, indem sie die notwendigen Investitionen in den Klimaschutz und andere Zukunftssektoren ermöglicht. Europa steht an einem Scheideweg: Jetzt ist es an der Zeit, die Weichen für eine stabilere und zukunftsfähigere Banken- und Finanzlandschaft zu stellen.

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„Mehr Dänemark wagen“: Christian Lindners Plädoyer für eine neue Migrations- und Wirtschaftspolitik

Von Dr. Oliver Everling | 5.September 2024

Bundesfinanzminister Christian Lindner fordert in einem Interview auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 eine Neuausrichtung der Migrationspolitik und setzt dabei auf ein härteres Vorgehen in der Flüchtlingsfrage. Unter dem Slogan „Mehr Dänemark wagen“ plädiert er für eine striktere Handhabung bei der Zurückweisung von Asylsuchenden an der Grenze und die konsequente Rückführung in sichere Herkunftsländer, darunter auch Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan. Lindner betont, dass die Diskussion um die Migrationspolitik in Deutschland entschlossen und zielgerichtet geführt werden müsse, um die Sicherheit und Stabilität im Land zu gewährleisten.

Mit „Mehr Dänemark wagen“ fordert Christian Lindner eine strengere und restriktivere Migrationspolitik nach dem Vorbild Dänemarks, das für seine harte Haltung in der Asyl- und Einwanderungspolitik bekannt ist. Dies beinhaltet konsequentere Zurückweisungen an den Grenzen, schnellere Abschiebungen auch in problematische Herkunftsländer wie Syrien und Afghanistan, sowie die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsländer. Lindner möchte damit die Migration stärker kontrollieren, die Einwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt gezielt steuern und die nationale Sicherheit gewährleisten, um die öffentliche Akzeptanz für Zuwanderung zu erhöhen und die Stabilität des Landes zu sichern.

Auch in der Diskussion um die Zukunft der Mobilität nimmt Lindner eine klare Haltung ein. Er lehnt ein generelles Verbot von Verbrennungsmotoren ab und bezeichnet die Fixierung auf das Elektroauto als Fehler. Seiner Meinung nach kann der Verbrennungsmotor klimafreundlich betrieben werden, und die Entscheidung darüber, welche Antriebsarten sich durchsetzen, sollte den Managemententscheidungen privater Unternehmen überlassen bleiben und nicht staatlich diktiert werden. „Mehr Individuum, schlankerer Staat, mehr Eigenverantwortung“ – dafür stehe die FDP, betont Lindner.

Auf die Frage nach den jüngsten Wahlergebnissen im Osten Deutschlands, bei denen die FDP schlecht abgeschnitten hatte, verweist Lindner darauf, dass diese noch immer von den Auswirkungen der Corona-Krise geprägt seien. Die Eingriffe in die Freiheit der Bürger während der Pandemie seien vielerorts als unverhältnismäßig empfunden worden, was sich nun in den Wahlen widerspiegele.

Innerhalb der FDP gibt es zunehmend kritische Stimmen zur Ampel-Koalition. Persönlichkeiten wie Frank Schäffler und Wolfgang Kubicki stellen die Fortsetzung der Koalition in Frage. Lindner hingegen setzt auf Stabilität und betont, dass die FDP zum Koalitionsvertrag stehe und die Stabilität der Bundesrepublik nicht aufs Spiel gesetzt werden dürfe.

Themen wie die kalte Progression, Bürokratie und die mangelnde Technologieoffenheit der Koalitionspartner bereiten den Sympathisantinnen und Sympathisanten der FDP jedoch Sorgen. Lindner fordert eine Stärkung der privaten Altersvorsorge und einen Paradigmenwechsel hin zu mehr individueller Entscheidungsfreiheit. Es dürfe nicht staatlich vorgegeben werden, was Zukunft hat, und mehr privates Kapital müsse für den Kapitalmarkt mobilisiert werden.

Lindner spricht sich auch für eine verstärkte Privatisierung aus und unterstreicht das ordnungspolitische Interesse des Staates, privates Eigentum zu fördern. Dies betreffe auch die Commerzbank, die nach seiner Ansicht nicht dauerhaft in staatlicher Hand bleiben sollte. Damit bleibt die FDP ihrer Linie treu, für einen schlankeren Staat und mehr Markt zu plädieren, um so die Weichen für eine zukunftsfähige Wirtschaftspolitik zu stellen.

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Die Rolle von Agilität und Kooperation in der Finanzbranche

Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024

Auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 diskutierten Katharina Lueth, Chief Client Officer bei Raisin, Ralf Magerkurth, Vorstandsvorsitzender der Vereinigten Volksbank Raiffeisenbank, und Caroline Pötsch-Hennig, Leiterin der J.P. Morgan Private Bank in Deutschland, über die Herausforderungen und Chancen für Innovation und Wachstum in der Finanzbranche. Die Podiumsdiskussion drehte sich um vier zentrale Thesen, die die Zukunft des Bankensektors maßgeblich beeinflussen könnten.

Die Diskussion begann mit der provokanten Aussage, dass kaum ein Unternehmen sich mit Agilität und Veränderungsbereitschaft so schwer tut wie eine Bank. Ralf Magerkurth räumte ein, dass es in der Vergangenheit im Bankensektor wenig Wettbewerb gab und dies die Bereitschaft zur Veränderung eingeschränkt habe. Zudem habe die umfassende Regulatorik häufig dazu geführt, dass Banken langsamer agierten. Katharina Lueth ergänzte, dass regulatorische Anforderungen weiterhin einen großen Einfluss auf die Agilität von Banken haben und dass die Finanzinstitute sich bewusst entscheiden müssten, wie sie mit diesen Herausforderungen umgehen.

Im Anschluss wurde die geopolitische Lage als größte Herausforderung des Jahres 2025 hervorgehoben. Lueth betonte, dass nicht nur geopolitische Risiken, sondern auch technologische Entwicklungen, wie die exponentielle Verbreitung von Künstlicher Intelligenz, erhebliche Auswirkungen auf die Branche haben könnten. Fachkräftemangel und die Bindung von Mitarbeitern seien ebenfalls bedeutende Herausforderungen. Caroline Pötsch-Hennig hob die Wichtigkeit der kontinuierlichen Weiterbildung der Mitarbeiter hervor, die in der Personalpolitik ihrer Bank fest verankert sei.

Zur Frage, ob die besten Innovationen in Krisenzeiten entstehen, zeigte sich Magerkurth überzeugt und führte die Corona-Krise als Beispiel an, die seine Bank zu einer raschen Anpassung und Einführung neuer Prozesse veranlasst habe. Katharina Lueth unterstrich, dass Krisen auch das Kundenverhalten schnell verändern können, was eine sofortige Anpassung seitens der Banken erfordere. Die Niedrigzinsphase sei ein weiteres Beispiel dafür, wie Banken kreative Wege finden mussten, um auch ohne Zinsgewinne zu wachsen. Pötsch-Hennig stimmte zu und sagte, dass Krisen oft als Katalysatoren für Innovationen fungieren, aber auch Vorbereitung erforderten. Sie verwies auf das „Chief Futurist Office“ bei J.P. Morgan als ein Instrument, um auf zukünftige Entwicklungen vorbereitet zu sein.

Einigkeit herrschte unter den Diskussionsteilnehmern in der letzten These: Kooperationen sind der Schlüssel zu Innovation. Sie alle betonten, dass Zusammenarbeit und Partnerschaften in einem zunehmend komplexen und dynamischen Marktumfeld unerlässlich seien, um neue Ideen und Lösungen erfolgreich umzusetzen und nachhaltiges Wachstum zu gewährleisten.

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Open Finance: Fluch oder Segen für die Finanzbranche?

Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024

Dirk Elsner, Teamleiter des Innovation Labs der DZ BANK AG (SKIL), äußerte sich im Rahmen des Handelsblatt Banken-Gipfels 2024 zur FIDA-Verordnung (Financial Data Access) und den damit verbundenen Herausforderungen und Chancen für die Finanzbranche. Die Verordnung könnte die Finanzindustrie in den kommenden Jahren zu einer noch stärkeren Öffnung in Richtung eines datengetriebenen Ökosystems zwingen. Doch ob dies ein Fluch oder Segen wird, bleibt abzuwarten.

Laut Elsner wird die Finanzindustrie innerhalb der nächsten Jahre eine schrittweise Öffnung hin zu einem umfassenden Daten-Ökosystem erleben. „Die Entwicklung lässt sich entlang zweier Achsen betrachten: Grad der Kundenzentrierung und Grad der Kollaboration“, erklärt Elsner. Daraus ergeben sich drei Entwicklungsfelder:

1. Open Banking (ab 2015): Die erste Stufe, in der Banken begannen, Schnittstellen für Drittanbieter zu öffnen und damit die Grundlage für Open Finance schufen. 2. Open Finance (ab 2024): Die bevorstehende zweite Phase, die eine erweiterte Öffnung von Finanzdaten aller Art über Bankkonten hinaus vorsieht. 3. Open Data Economy (ab 2040): Eine langfristige Vision, in der nicht nur Finanz- und Bankendaten, sondern Daten aus verschiedensten Industrien wie eCommerce und Offline-Handel in ein offenes Datenökosystem integriert werden.

„Die FIDA-Verordnung wird weitreichende Auswirkungen auf die Finanzdienstleister haben“, betont Elsner. Die technischen Implikationen dieser neuen Verordnung liegen vor allem in der Schaffung offener Datenstrukturen und Geschäftsmodelle. Beispiele für Datenkategorien, die betroffen sein werden, umfassen Darlehen, Sparguthaben, Anlageprodukte und Daten zur Bewertung der Eignung im Anlagebereich. Sowohl B2B- als auch B2C-Kundendaten, darunter Transaktionsdaten, personenbezogene und nicht-personenbezogene Daten, werden künftig in einem offenen Datenumfeld zugänglich gemacht.

Nicht betroffen von FIDA sind jedoch Zahlungsverkehrskonten, was als „Out of Scope“ bezeichnet wird. Dies bedeutet, dass zumindest in einem Bereich der Finanzdaten keine zusätzliche Öffnung erforderlich ist. Dennoch treibt der Entwurf der FIDA-Direktive die Öffnung der Finanzindustrie weiter voran, indem er alle anderen Produkte und Kundensegmente umfasst.

Die FIDA-Verordnung wurde erstmals am 28. Juni 2023 veröffentlicht, und ein Update folgte im April 2024. Im ersten Quartal 2025 könnte die FIDA offiziell beschlossen werden. Mit dem Inkrafttreten von Daten-Schemata und Genehmigungsanforderungen sei ab 2026/2027 zu rechnen – also 18 bis 30 Monate nach der Verabschiedung von FIDA. Ab 2027 ist dann mit der vollständigen Anwendung der Verordnung zu rechnen.

Elsner beschreibt vier zentrale Themenbereiche, die Anforderungen an die Financial Data Access Schemas (FDAS) definieren:

1. Mitgliederstruktur und Mitgliedschaft: Wer darf an diesem neuen Datenökosystem teilnehmen? 2. Inhaltliche Ausgestaltung: Welche Daten werden erfasst und wie werden sie genutzt? 3. Change Management, Transparenz und Konfliktlösung: Wie werden Veränderungen in den Datenrichtlinien gehandhabt und wie wird Transparenz gewährleistet? 4. Compliance mit FIDA und anderen Regulierungen: Wie stellen Finanzdienstleister sicher, dass sie sowohl mit FIDA als auch mit anderen relevanten Regulierungen wie EBA oder EIOPA konform bleiben?

Elsner sieht Open Finance nicht als „Big Bang“, sondern als eine schrittweise Transformation, die jedoch die Gefahr birgt, die traditionellen Kundenkontaktpunkte der Banken zu erodieren. Dennoch bietet Open Finance zahlreiche Möglichkeiten, die Kundenbedürfnisse besser zu erfüllen und gleichzeitig die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.

„Open Finance ermöglicht vielfältige Anwendungsfälle, die höhere Nutzerzentrierung in den Fokus rücken und Convenience für Kunden fördern“, so Elsner. Beispiele hierfür sind:

Integration in Abschlussstrecken: Verkürzte und automatisierte Informationsabfragen für schnellere Vertragsabschlüsse. Financial Home: Ein Dashboard, das dem Kunden die volle Kontrolle über seine Finanzdaten ermöglicht.Open Wealth: Erleichterter Zugang und Verwaltung von Vermögenswerten. Vereinfachter und genauerer Produktvergleich: Mehr Transparenz bei der Auswahl von Finanzprodukten. Ganzheitliche Kundenbedarfanalysen: Besseres Verständnis und Erfüllung der individuellen Bedürfnisse.

Elsner sieht in Open Finance eine große Chance für die Finanzbranche, sich stärker an den Bedürfnissen der Kunden zu orientieren und gleichzeitig neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen. „Der Kunde braucht künftig ein Dashboard, in dem er seine Daten kontrollieren kann“, betont Elsner. Ob Open Finance jedoch letztlich ein Fluch oder ein Segen für die Branche wird, hängt davon ab, wie gut die Finanzdienstleister die Herausforderungen der FIDA-Verordnung meistern und welche innovativen Lösungen sie entwickeln, um die Vorteile der neuen Datenökonomie zu nutzen.

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Neue Wege für die DKB: Ein Gespräch mit Dr. Sven Deglow

Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024

Seit dem 1. Juli 2024 steht Dr. Sven Deglow an der Spitze der Deutschen Kreditbank (DKB). In einem Interview beim Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 gibt sich der neue CEO noch zurückhaltend, wenn es um eine konkrete Neuausrichtung der Bank geht. Doch er skizziert bereits erste Überlegungen und Schwerpunkte, die für die DKB in den kommenden Jahren wichtig werden könnten.

Deglow betont die Bedeutung von Investitionen in die IT-Infrastruktur der DKB, um die Bank fit für die Zukunft zu machen. Die Digitalisierung steht im Zentrum dieser Überlegungen, und Deglow plant, das Wertpapierangebot der DKB auszubauen. „Die DKB heißt ja ‚Deutsche Kreditbank‘, daher lag das Wertpapiergeschäft ursprünglich nicht in der DNA der DKB, aber hier liegt ein Potenzial,“ erklärt Deglow. Durch eine Erweiterung des Angebots will die DKB neue Geschäftsfelder erschließen und ihren Kundenstamm diversifizieren.

Ein weiterer Schwerpunkt für die DKB unter Deglows Führung ist der verstärkte Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Bereits seit 2017 arbeitet die DKB mit einem dedizierten Team an der Integration von KI in verschiedene Geschäftsbereiche – lange bevor KI-Lösungen wie ChatGPT in den Fokus der Öffentlichkeit rückten. „KI wird für verschiedene Kontaktpunkte genutzt“, so Deglow, und erste Tests mit mehreren tausend Kunden laufen bereits.

Die Einsatzmöglichkeiten von KI sind dabei vielfältig. Neben der Optimierung des Kundenkontakts plant die DKB, KI auch im Dokumentenmanagement zu nutzen, um Prozesse effizienter zu gestalten und Kosten zu senken. Deglow betont, dass die DKB hier auf jahrelange Erfahrung zurückgreifen kann und bereits eine solide Basis geschaffen hat, auf der sich aufbauen lässt.

Für Deglow ist Wettbewerb nichts Schlechtes – im Gegenteil. Er sieht ihn als Zeichen dafür, dass der Markt attraktiv ist und bietet somit auch der DKB Chancen zur Weiterentwicklung. „Es gibt auch für die DKB in Deutschland Wettbewerb“, sagt Deglow. Die DKB habe aktuell 5,7 Millionen Kunden und stehe in einem aktiven Wettbewerb mit anderen Akteuren auf dem deutschen Finanzmarkt.

Dieser Wettbewerb erfordere jedoch auch ständige Anpassung und Weiterentwicklung. Anfang 2025 wird eine neue Mehrjahresplanung für die DKB gestartet, die sich sowohl quantitativen als auch qualitativen Zielen widmen wird. Für Deglow ist dabei die qualitative Verbesserung entscheidend: „Ein quantitatives Ziel ist weniger wichtig als ein qualitatives.“

Dr. Deglow zeigt sich optimistisch, was die Zukunft der DKB betrifft, weist jedoch auch auf die Herausforderungen hin, die vor ihm und der Bank liegen. Die weitere Digitalisierung, die Integration von KI und der Ausbau des Wertpapierangebots sind dabei zentrale Projekte. Gleichzeitig gilt es, sich in einem stark umkämpften Marktumfeld zu behaupten und die DKB als moderne und zukunftsfähige Bank zu positionieren.

Die DKB steht vor einem spannenden neuen Kapitel, in dem Innovation und Anpassungsfähigkeit im Fokus stehen. Mit einem erfahrenen CEO an der Spitze und klaren Plänen zur Erweiterung ihres Angebots und zur Nutzung neuer Technologien scheint die Bank gut gerüstet für die Herausforderungen der Zukunft zu sein.

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Next Level OLB: Transformation zu einem nationalen Player

Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024

Die Oldenburgische Landesbank (OLB) hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und strebt nun die Transformation zu einem nationalen Player an. Im Interview beim Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 sprach CEO Stefan Barth über die beeindruckende Entwicklung der Bank, die Herausforderungen in einem volatilen Marktumfeld und die ehrgeizigen Pläne für die Zukunft, einschließlich eines möglichen Börsengangs.

Mit Stolz blickt Stefan Barth auf die Geschichte der OLB zurück, die seit über 150 Jahren durchweg schwarze Zahlen schreibt. Ein besonderes Highlight für Barth ist die Position der OLB als größter Fußballfinanzierer in Deutschland. „Wir sind inzwischen der größte Fußballfinanzierer“, so Barth, und sieht darin ein Beispiel für die Fähigkeit der Bank, sich stets an neue Marktanforderungen anzupassen und innovative Nischen zu erschließen. Diese Flexibilität und Spezialisierung sind zentrale Faktoren, die den Erfolg der OLB ausmachen.

Die OLB hat es in den letzten Jahren geschafft, ihre Kundenbasis auf über eine Million Kunden auszubauen, auch wenn dafür zahlreiche Filialen geschlossen werden mussten. Barth lobt die Unterstützung der Private Equity Investoren, die den Transformationsprozess der OLB begleitet haben. Diese Investoren hätten der Bank nicht nur Kapital, sondern auch wertvolles strategisches Know-how zur Verfügung gestellt. „Mein Ziel ist ganz klar der Börsengang“, verkündet Barth, und betont, dass die OLB bereits börsenfertig sei. Dennoch sei ein IPO nicht zwingend notwendig für das weitere Wachstum der Bank. Die multiplen Krisen der letzten Jahre, darunter die COVID-19-Pandemie und wirtschaftliche Unsicherheiten, hätten die Planungen für den Börsengang jedoch verzögert.

Ein weiterer Meilenstein in der jüngsten Geschichte der OLB ist die vollständige Integration der Degussa-Bank, die laut Barth fast abgeschlossen ist. „Es dauert noch ein paar Wochen im Detail, aber die Degussa-Bank ist voll integriert“, berichtet Barth. Rückblickend hätte er sich den Zinsanstieg, der die Bankenlandschaft massiv beeinflusst hat, ein Jahr später gewünscht. Die OLB sei auch vor dem Zinsanstieg bereits profitabel gewesen, sodass dieser nur einen zusätzlichen, wenn auch unvorhergesehenen, Gewinnschub gebracht habe. Gleichzeitig habe der Zinsanstieg den Kunden der Bank Vorteile gebracht, was Barth als positiven Aspekt hervorhebt.

Die OLB plant zudem einen Marken-Relaunch, der die moderne Ausrichtung der Bank widerspiegeln soll. Barth betont, dass die OLB mehr als nur eine traditionelle Regionalbank sei und nun bereit ist, sich als nationaler Player zu positionieren. „Wir wollen zeigen, dass die OLB eine moderne, zukunftsorientierte Bank ist“, so Barth.

Trotz aller positiven Entwicklungen sieht Barth auch die Herausforderungen, die auf die OLB und die deutsche Wirtschaft zukommen. Überbordende Bürokratie und die notwendige Transformation zur Nachhaltigkeit sind dabei zwei große Themen, die Unternehmen beschäftigen. Barth relativiert jedoch die Kritik an der deutschen Infrastruktur und betont die Innovationskraft des Landes. „Wir sollten uns nicht nur auf die negativen Seiten fokussieren. In Deutschland gibt es viel Innovationskraft und Potenzial,“ erklärt er.

Ein besonders drängendes Problem sei jedoch der Fachkräftemangel, der inzwischen so gravierend sei, dass Produktionsstraßen still stünden, weil einfach die Mitarbeiter fehlen. Dieser Mangel an qualifiziertem Personal könnte langfristig auch die Wachstumspläne der OLB beeinträchtigen.

Die OLB hat in den letzten Jahren beeindruckende Fortschritte gemacht und steht nun vor dem nächsten großen Schritt in ihrer langen Geschichte: der Transformation zu einem nationalen Player. Mit einem soliden Kundenstamm, der erfolgreichen Integration der Degussa-Bank und einem klaren Ziel vor Augen, bleibt die OLB auch in einem schwierigen Umfeld auf Wachstumskurs. Der geplante Börsengang könnte dabei ein wichtiger Meilenstein sein, auch wenn er für das Wachstum nicht zwingend erforderlich ist. Stefan Barth zeigt sich optimistisch, dass die OLB ihre Ziele trotz der aktuellen Herausforderungen erreichen wird und eine bedeutende Rolle im deutschen Bankensektor spielen kann.

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Die neue Verbraucherkreditrichtlinie: Zwischen Teilhabe und Schutz vor Überschuldung

Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024

Im Zuge des Handelsblatt Banken-Gipfels 2024 sprach Tanja Birkholz, CEO der SCHUFA, über die Herausforderungen und Chancen der neuen Verbraucherkreditrichtlinie. Im Mittelpunkt des Interviews standen die verschiedenen Scoring-Ansätze der SCHUFA, die zunehmende Bedeutung von Ratenkrediten und „Buy Now, Pay Later“ (BNPL) sowie die steigenden Risiken von Überschuldung in Zeiten wachsender Privatkreditausfälle.

Tanja Birkholz erläuterte zunächst die unterschiedlichen Scoring-Ansätze, die von der SCHUFA, Banken und anderen Nutzern angewandt werden, um die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern zu beurteilen. „Next Generation Scoring“ sei dabei ein zentraler Ansatz, der sowohl auf die Prognosegüte als auch auf die Nachvollziehbarkeit durch die Verbraucher abzielt. „Wir wollen sicherstellen, dass die Verbraucher die Kriterien und Ergebnisse unserer Scorings besser verstehen können,“ betonte Birkholz. Dies sei besonders wichtig, da das Vertrauen in die Kreditbewertungssysteme essenziell für die Funktionsfähigkeit des Kreditmarktes sei.

Birkholz wies darauf hin, dass der Anteil der Ratenkredite unter 1.000 Euro in den letzten zwei Jahren um 20 % gestiegen ist. Diese Entwicklung zeige, dass immer mehr Verbraucher kleine Kredite aufnehmen, um kurzfristige finanzielle Engpässe zu überbrücken oder Konsumwünsche zu erfüllen. Besonders die BNPL-Angebote haben stark an Bedeutung gewonnen. BNPL, eine Methode, bei der Konsumenten Produkte sofort kaufen und später bezahlen können, wird zunehmend populär.

„Rund 10 % der BNPL-Nutzer geben an, dass sie häufig die Zahlungsziele verpassen“, berichtete Birkholz. Dies sei ein Indikator dafür, dass die Schwelle, etwas zu kaufen, durch BNPL deutlich niedriger geworden sei und es schneller passieren könne, dass Verbraucher den Überblick über ihre Finanzen verlieren. Hier müsse die neue Verbraucherkreditrichtlinie gezielt ansetzen, um Verbraucher besser zu schützen und die Transparenz bei der Nutzung von BNPL-Angeboten zu erhöhen.

Die SCHUFA sieht ihre Aufgabe nicht nur darin, Daten zu sammeln und zu analysieren, sondern auch die digitale Wirtschaft möglich zu machen, betonte Birkholz. „Unser Ziel ist es, die Kreditvergabe zu unterstützen und gleichzeitig den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten“, erklärte sie. Durch die Bereitstellung verlässlicher Bonitätsinformationen trage die SCHUFA dazu bei, dass Banken und andere Kreditgeber fundierte Entscheidungen treffen können, während Verbraucher vor übermäßigen Schulden geschützt werden.

Ein weiteres zentrales Thema des Gesprächs waren die steigenden Privatkreditausfälle. Laut Birkholz sind die Meldungen von Negativmerkmalen in den letzten Monaten um 10 % gestiegen, was auf eine Zunahme von Zahlungsausfällen hinweist. Diese Entwicklung unterstreicht die Notwendigkeit, die Kreditvergabe sorgfältiger zu steuern und Verbraucher besser zu informieren und zu schützen.

Birkholz sieht in der neuen Verbraucherkreditrichtlinie eine Chance, die Rahmenbedingungen für eine verantwortungsvolle Kreditvergabe zu verbessern und gleichzeitig die Teilhabe am Wirtschaftsgeschehen zu fördern. Es gehe darum, eine Balance zu finden zwischen der Förderung des Konsums und der Vermeidung von Überschuldung.

Die neue Verbraucherkreditrichtlinie steht vor der Herausforderung, den Zugang zu Krediten zu erleichtern und gleichzeitig die Verbraucher vor den Risiken der Überschuldung zu schützen. Die SCHUFA spielt dabei eine zentrale Rolle, indem sie durch ihre Scoring-Modelle die Transparenz erhöht und die Prognosegüte verbessert. Die wachsende Beliebtheit von BNPL und die steigende Zahl an Privatkreditausfällen zeigen, dass die Regulierung von Kreditvergabe und die Aufklärung der Verbraucher unerlässlich sind, um finanzielle Stabilität zu gewährleisten. Tanja Birkholz betont die Wichtigkeit, sowohl den Markt zu unterstützen als auch gleichzeitig die Verbraucherrechte zu stärken, um so eine nachhaltige und faire Kreditlandschaft zu schaffen.

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Geldanlage zwischen Ertragschancen, Regulatorik & Verbraucherschutz

Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024

Beim Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 trafen sich Erik Podzuweit, Gründer und CEO von Scalable Capital, und Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur von Finanztip, zu einem kontroversen Streitgespräch über die Zukunft der Geldanlage in Deutschland und Europa. Unter dem Titel „Geldanlage zwischen Ertragschancen, Regulatorik & Verbraucherschutz“ diskutierten die beiden Experten über Themen wie die Bedeutung von ETFs, die Herausforderungen der Kapitalmarktunion und die Risiken neuer Anlageformen wie Krypto-ETFs.

Erik Podzuweit hob zu Beginn des Gesprächs die Fortschritte in der Finanzbildung hervor. „Die Qualität der Finanzbildung, die inzwischen im Internet verfügbar ist, hat sich deutlich verbessert“, lobte er. Insbesondere die Verbreitung von ETFs (Exchange Traded Funds) sieht Podzuweit als eine „gigantische Erfolgsgeschichte in Deutschland“. Er verwies auf den wachsenden Anteil von ETFs an der Vermögensbildung der Deutschen und verglich diesen mit anderen europäischen Märkten wie Großbritannien. In Deutschland hätten immer mehr Anleger erkannt, dass ETFs eine kostengünstige und transparente Möglichkeit zur Geldanlage bieten.

Hermann-Josef Tenhagen stimmte grundsätzlich zu, warnte jedoch vor den Risiken, die mit neuen Anlageformen wie Krypto-ETFs verbunden sind. „Krypto-ETFs haben ein ganz anderes Risikoprofil“, betonte Tenhagen. Diese Produkte seien nicht mit traditionellen ETFs vergleichbar und könnten vor allem für unerfahrene Anleger erhebliche Risiken bergen.

Ein weiteres Thema der Diskussion waren die Riester-Verträge und die aktuellen Ideen, die Investments aus diesen Verträgen zu transferieren. Tenhagen äußerte sich skeptisch zu den bisherigen Reformbemühungen und wies auf die Komplexität und die begrenzte Attraktivität der Riester-Produkte hin. Podzuweit lenkte die Diskussion auf die Bedeutung von Einlagen und Versicherungen, die nach wie vor die wichtigsten Anlageprodukte in Europa seien. Er betonte, dass es wichtig sei, den Anlegern mehr Optionen zu bieten und den Wettbewerb zu fördern.

Podzuweit plädierte leidenschaftlich für mehr Innovation und Wettbewerb auf EU-Ebene. „Ich kann das Gequatsche um die Kapitalmarktunion nicht mehr hören“, sagte er und forderte konkrete Maßnahmen, um die europäische Finanzindustrie zu stärken. Als Beispiel nannte er die automatische Steuerabführung durch Finanzdienstleister, die in vielen Ländern bereits Praxis sei, in der EU jedoch oft durch unterschiedliche nationale Regelungen erschwert werde.

Tenhagen wies darauf hin, dass die politische Unterstützung für die Kapitalmarktunion in Deutschland begrenzt sei. „Die gelbe Partei, die mehr als alle anderen für Europa steht, wird in den neuen Bundesländern als 1%-Partei gesehen“, sagte er und deutete damit die Schwierigkeiten an, die europäische Integration in der Finanzpolitik durchzusetzen. Zudem verwies er auf die wiederkehrenden Regulierungswellen, die durch Finanzskandale ausgelöst würden und regelmäßig zu Verschärfungen führten.

Ein Punkt der Diskussion war die Frage, wie in Deutschland eine stärkere Börsenkultur etabliert werden kann. Podzuweit unterstrich, dass dies nicht erreicht werde, indem Börsengänge immer schwieriger gemacht und durch immer mehr Regulierungen erschwert würden. „Mehr Börsenkultur entsteht nicht durch mehr Regulierung“, so Podzuweit. Er forderte stattdessen eine Vereinfachung der Vorschriften, um Start-ups und Unternehmen den Zugang zu Kapitalmärkten zu erleichtern und so Innovationen zu fördern.

Das Streitgespräch zwischen Podzuweit und Tenhagen zeigte die Spannungen auf, die derzeit die Diskussion um die Zukunft der Geldanlage in Deutschland und Europa prägen. Während Podzuweit für mehr Wettbewerb und weniger Regulierung plädierte, um Innovationen zu fördern und Anlegern mehr Freiheit zu bieten, warnte Tenhagen vor den Risiken, die mit einem zu lockeren Regulierungsrahmen einhergehen könnten, sieht aber in weiterer Regulierung nicht die Lösung. Beide waren sich einig, dass die Finanzbildung der Verbraucher entscheidend ist, um in einem zunehmend komplexen Anlageumfeld die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Die Zukunft der Geldanlage wird von der Fähigkeit abhängen, die richtigen Balance zwischen Ertragschancen, Regulatorik und Verbraucherschutz zu finden. Die Diskussion verdeutlichte, dass es hierbei keine einfachen Antworten gibt, sondern dass kontinuierlich an Lösungen gearbeitet werden muss, die den Anforderungen aller Marktteilnehmer gerecht werden.

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Quo vadis Immobiliengeschäft: Chancen und Risiken für nachhaltige Geschäftsmodelle in einem zyklischen Markt

Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024

Auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 sprach Thomas Groß, CEO der Helaba, im Interview über die aktuellen Herausforderungen und Chancen im Immobiliengeschäft. Unter dem Titel „Quo vadis Immobiliengeschäft: Chance und Risiken für nachhaltige Geschäftsmodelle in einem zyklischen Markt“ teilte Groß seine Einschätzungen zu den gegenwärtigen Marktentwicklungen, den Wohnimmobilien, den strukturellen Veränderungen im Gewerbeimmobiliensektor und den Möglichkeiten, die sich durch die energetische Sanierung von Immobilien ergeben.

Thomas Groß beschrieb die aktuelle Lage auf dem Immobilienmarkt als eine Phase der Marktbereinigung, die bereits viele Projektentwickler aus dem Markt gedrängt habe. Auch die Helaba sei von Insolvenzen in diesem Bereich betroffen gewesen. „Der Peak der Belastungen, der schon verarbeitet wurde, ist jedoch überwunden“, erklärte Groß. Trotzdem werde das Jahr 2024 weiterhin als ein Jahr des Übergangs betrachtet, in dem noch weitere Insolvenzen zu erwarten seien. „Wir wussten, dass das Immobiliengeschäft zyklisch ist“, so Groß weiter. Er zeigte sich jedoch optimistisch, dass auch wieder Jahre kommen werden, in denen der Anteil des Immobiliengeschäfts an den Gewinnen der Bank ein Grund zur Freude sein werde.

Groß hob hervor, dass der Markt für Gewerbeimmobilien nicht nur von der natürlichen Zyklizität beeinflusst werde, sondern auch von tiefgreifenden strukturellen Veränderungen. „Es geht nicht nur um Zyklizität, sondern auch um strukturelle Effekte“, betonte er. So sei beispielsweise ein Rückgang der benötigten Verkaufsfläche im Einzelhandel zu beobachten, während gleichzeitig der Bedarf an Logistikflächen wachse. Diese Verschiebungen im Markt bieten laut Groß sowohl Herausforderungen als auch Chancen, die es zu nutzen gilt.

Ein zentrales Thema des Gesprächs war die energetische Sanierung von Immobilien. Groß bezeichnete diese als eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre. „Die benötigten Finanzierungsvolumina sind riesig“, erklärte er. Gleichzeitig sieht er in der Sanierung eine bedeutende Geschäftschance. Die Helaba könne durch die Bereitstellung von Finanzierungen für energetische Sanierungsprojekte nicht nur zur Erreichung der Klimaziele beitragen, sondern auch eine starke Marktposition einnehmen. Die Sanierung von Bestandsimmobilien ist ein komplexer und kostenintensiver Prozess, bietet aber langfristige Wertsteigerungen und entspricht den wachsenden Anforderungen an Nachhaltigkeit.

Die GWH Wohnungsgesellschaft Hessen mbH, eine Tochtergesellschaft der Helaba, spielt dabei eine wichtige Rolle. Mit mehr als 50.000 Wohneinheiten habe die GWH die Möglichkeit, bedeutende Impulse in der Branche zu setzen, so Groß. Durch die Sanierung und Modernisierung dieses großen Bestands an Wohnungen könne die Helaba einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung des CO₂-Fußabdrucks leisten und gleichzeitig die Qualität und den Wert ihrer Immobilien steigern.

Thomas Groß sieht die aktuelle Situation als eine Phase der Transformation für das Immobiliengeschäft. Während kurzfristige Risiken durch Marktbereinigungen und Insolvenzen bestehen bleiben, bieten sich langfristig erhebliche Chancen. Die strukturellen Veränderungen im Gewerbeimmobilienmarkt und die Notwendigkeit energetischer Sanierungen könnten als Treiber für neue, nachhaltige Geschäftsmodelle dienen. Für die Helaba bedeutet dies nicht nur Risiken, sondern auch die Möglichkeit, ihre Position im Markt zu stärken und von den langfristigen Wachstumsperspektiven zu profitieren.

Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um zu sehen, wie gut die Bank und die Branche insgesamt auf diese Herausforderungen reagieren und wie sie die Chancen nutzen können, die sich aus einem nachhaltigeren und effizienteren Immobiliengeschäft ergeben.

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Finanzierung der Transformation: Zwischen Klima, Innovation und Sicherheitsfragen

Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024

Im Rahmen des Handelsblatt Banken-Gipfels 2024 fand ein spannendes Gespräch unter dem Titel „Finanzierung der Transformation: zwischen Klima, Innovation und Sicherheitsfragen“ statt. Unter der Moderation von Solveig Gode, Ressortleiterin für Podcasts, Video & Live beim Handelsblatt, diskutierte Nicola Beer, Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank (EIB), über die Herausforderungen und Chancen bei der Finanzierung der notwendigen Transformation in Europa.

Nicola Beer betonte in ihrer Ausführung, dass die Arbeitswilligkeit in den Staaten der EU unterschiedlich stark ausgeprägt sei. Dies beeinflusse die Attraktivität einzelner Länder als Investitionsstandorte erheblich. Investoren bevorzugen Staaten, in denen sie auf eine motivierte und produktive Arbeitskraft treffen. Diese Unterschiede könnten langfristig dazu führen, dass sich Investitionen in Europa unterschiedlich verteilen, was wiederum Auswirkungen auf das wirtschaftliche Gleichgewicht innerhalb der EU haben könnte.

Ein weiteres zentrales Thema in Beers Ausführungen war der Cross-Border-Ansatz der Europäischen Investitionsbank. Die EIB verfolgt diesen Ansatz konsequent, um Projekte über nationale Grenzen hinweg zu fördern und die Integration innerhalb der EU voranzutreiben. Beer hob hervor, dass die EIB durch ihr AAA-Rating einen entscheidenden Finanzierungsvorteil habe. Dieser Vorteil ermögliche es der Bank, günstige Finanzierungskonditionen an Unternehmen weiterzugeben und so wichtige Investitionen in die Transformation zu unterstützen.

Beer sieht die Schaffung einer Kapitalmarktunion als zentrales Momentum für die wirtschaftliche Transformation Europas. Besonders die Verbriefung müsse als ein geeignetes Instrument verstanden werden, um Kapital effizienter zu mobilisieren und Risiken besser zu verteilen. Sie betonte, dass es notwendig sei, Wachstumskapital stärker zu fördern, um Unternehmen nicht nur in ihren ersten Finanzierungsrunden, sondern auch bei der Fortführung ihres Wachstums zu unterstützen. „In den ersten Finanzierungsrunden ist Europa gut, aber bei der Fortführung des Wachstums fehlen oft ausgereifte Produkte“, erklärte Beer.

Ein weiteres Anliegen Beers war die Mobilisierung privater Investoren. Sie unterstrich, dass öffentliche Mittel allein nicht ausreichen, um die erforderliche Transformation zu finanzieren. Es sei daher entscheidend, mehr private Investoren für langfristige Investitionen zu gewinnen. Die EIB spiele hierbei eine Schlüsselrolle, indem sie als Katalysator für private Investitionen agiere. In Deutschland lege die EIB besonderen Wert auf die Umsetzung der Wachstumsinitiative, die darauf abzielt, innovative und zukunftsträchtige Projekte zu fördern und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu stärken.

Das Gespräch verdeutlichte, dass die Finanzierung der Transformation in Europa eine komplexe Aufgabe ist, die eine enge Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Institutionen und privaten Investoren erfordert. Die Europäische Investitionsbank spielt dabei eine zentrale Rolle, insbesondere durch ihre Fähigkeit, günstige Finanzierungskonditionen anzubieten und als Brücke zwischen nationalen Märkten zu fungieren.

Nicola Beer machte deutlich, dass es nicht nur darum geht, kurzfristige Finanzierungsbedarfe zu decken, sondern auch darum, langfristige Strukturen zu schaffen, die ein nachhaltiges Wachstum ermöglichen. Die Entwicklung einer Kapitalmarktunion und die Förderung von Verbriefungstechniken sind dabei wesentliche Bausteine, um die wirtschaftliche Transformation in Europa erfolgreich zu gestalten.

Die kommenden Jahre werden zeigen, wie effektiv diese Maßnahmen umgesetzt werden können und welchen Beitrag die EIB zur Gestaltung einer klimafreundlichen, innovativen und sicheren Zukunft Europas leisten wird.

Themen: Bankenrating | Kommentare deaktiviert für Finanzierung der Transformation: Zwischen Klima, Innovation und Sicherheitsfragen

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