Wie sich der Westen mit seinem Konfrontationskurs gegen China doppelt schwächen könnte
Von Dr. Oliver Everling | 9.Dezember 2025
Die politischen und wirtschaftlichen Strategien des Westens gegenüber China folgen zunehmend einem konfrontativen Kurs: Handelshemmnisse, Exportkontrollen, Anreize zur heimischen Produktion, „De-Risking“ und die Suche nach neuen Absatzmärkten in Schwellenländern sollen die Abhängigkeit vom Reich der Mitte reduzieren. Doch dieser Ansatz birgt eine paradoxe Gefahr: Indem China auf die westliche Abschottung mit einer aggressiven Verlagerung seiner Export- und Produktionskapazitäten in Entwicklungs- und Schwellenländer reagiert, könnte der Westen am Ende nicht nur China weniger schwächen als gehofft, sondern unerwartet auch sich selbst.
Der Blick auf das, was Alexandra Stevenson den „zweiten China-Schock“ nennt, zeigt, warum.
Vor rund zwanzig Jahren lud der Westen den ersten China-Schock quasi selbst ein. Unternehmen aus Europa und den USA verlagerten ihre Produktion nach China, wo billige Arbeitskräfte und gigantische industrielle Kapazitäten die Kosten radikal senkten. China wurde zur verlängerten Werkbank des globalen Nordens. Ganze Industrien brachen in den USA und Europa ein, Millionen Arbeitsplätze verschwanden, und politische Spannungen wirken bis heute nach.
Der zweite China-Schock sieht anders aus und folgt einer neuen Logik. Da chinesische Produkte aufgrund von Zöllen und geopolitischen Spannungen in den USA schlechtere Absatzchancen haben und der heimische Konsum in China nicht stark genug wächst, richtet Peking seine Überkapazitäten zunehmend auf die Entwicklungsländer aus. Gleichzeitig baut China Fabriken direkt in diesen Ländern auf, nicht selten um US-Zölle zu umgehen.
Für viele dieser Staaten ist die Abhängigkeit von einer funktionierenden lokalen Industrie groß. Und genau diese Industrie trifft der neue China-Schock mit voller Wucht. In Indonesien gingen in den letzten zwei Jahren nach Schätzungen mehr als 300.000 Arbeitsplätze in Textil- und Bekleidungsfabriken verloren, da billigere chinesische Importe den Markt überfluteten. In Thailand warnte die Zentralbank jüngst vor der zunehmenden „Überflutung“ südostasiatischer Märkte durch chinesische Exporte. Afrikanische Staaten wiederum verzeichnen rasant steigende Importmengen aus China – allein im September erreichten sie 60 Milliarden Dollar und übertrafen damit bereits das gesamte Vorjahresniveau.
Dabei geht es nicht mehr nur um billige Konsumgüter. China exportiert zunehmend auch seine Fabriken – und trifft damit lokale Industrien mit doppelter Wucht. Vietnam profitiert davon bisher, da arbeitsintensive Branchen wie Möbel oder Schuhe tatsächlich Arbeitsplätze schaffen. Malaysia hingegen zeigt die Risiken: Chinesische Solargiganten bauten immense Produktionsstätten auf, verdrängten die lokale Industrie – bis US-Zölle den Exportstrom stoppten. Die chinesischen Fabriken wurden stillgelegt, und Malaysias eigener Solarsektor liegt heute weitgehend am Boden.
Diese Art von strukturellem Schaden trifft Länder mit jungen Bevölkerungen und ohnehin fragilen industriellen Ökosystemen besonders hart. Damit entsteht ein geopolitisches Paradox: Der Westen sucht in den Schwellenländern neue Produktionsstandorte und wachsende Absatzmärkte, um sich von China zu lösen. Doch genau diese Länder geraten durch die chinesische Exportoffensive wirtschaftlich unter Druck – ihre Industrien schrumpfen, ihre Beschäftigung erodiert, und ihre politische Stabilität wird fragiler. Staaten, die der Westen als künftige Partner sieht, könnten dadurch strukturell geschwächt werden. Zugleich könnten ihnen die Mittel fehlen, um zu den erhofften Wachstumsmärkten aufzusteigen, die Europas und Amerikas Unternehmen dringend brauchen, wenn Absatzmärkte in China wegbrechen.
Das Ergebnis wäre eine doppelte Schwächung: China kompensiert die Verluste im Westen durch Gewinne im globalen Süden, während der Westen nicht nur von China entkoppelt, sondern auch von denjenigen Märkten enttäuscht wird, die seine Abhängigkeit verringern sollten.
Der erste China-Schock hatte tiefgreifende soziale und politische Folgen im Westen. Der zweite könnte dieselbe Wirkung in Schwellenländern entfalten – mit Rückkopplungseffekten, die auch den Westen treffen. Denn eine Welt, in der lokale Industrien in Afrika und Asien kollabieren, in der soziale Spannungen zunehmen und politische Instabilität wächst, ist nicht nur ein geopolitisches Problem. Sie ist auch eine Welt, in der der Westen weniger Absatzmärkte, weniger Partner und weniger wirtschaftliche Dynamik findet.
China selbst hat aus dem ersten Schock gelernt und nutzt diese Erfahrung nun, um global seinen Einfluss auszubauen. Der Westen hingegen riskiert durch seinen Konfrontationskurs, dass der Versuch, China einzudämmen, am Ende seine eigenen strategischen Ziele untergräbt.
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Wenn Vergangenheit gegenwärtig wird: Siebenbürgens Stimme im Wiener Reichsrat
Von Dr. Oliver Everling | 6.Dezember 2025
Die politische Geschichte Europas im 19. Jahrhundert ist geprägt von nationalen Aufbrüchen, Umbrüchen und intensiven Aushandlungsprozessen. Weniger im allgemeinen Bewusstsein verankert ist jedoch die Rolle, die das Wiener Reichsparlament für jene Regionen spielte, die fernab der Metropole lagen. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel dafür ist Siebenbürgen. Zwischen 1863 und 1865 entsandte diese historisch komplexe Region eine Gruppe rumänischer und sächsischer Abgeordneter sowie Herrenhausmitglieder in den österreichischen Reichsrat. Ihre Tätigkeit fiel in eine Phase, in der die rumänische Bevölkerungsmehrheit erstmals spürbare Möglichkeiten erhielt, ihre politischen Anliegen auf imperialer Bühne sichtbar zu machen und ihre lange geforderte Gleichstellung mit Ungarn, Szeklern und Sachsen zu artikulieren.
Die Reden, die diese siebenbürgischen Parlamentarier in Wien hielten, zeugen von erstaunlicher Modernität. Sie verhandelten Fragen, die wir auch heute in europäischen Institutionen wiederfinden: gerechte Steuerstrukturen, Infrastrukturprojekte, Bildungs- und Sprachenpolitik, Rohstoffverwaltung sowie die Notwendigkeit, regionale Interessen gegenüber einem machtvollen Zentrum selbstbewusst zu vertreten. Immer wieder stand die Forderung nach Gleichberechtigung im Mittelpunkt – eine Forderung, die nicht nur nationale Selbstbehauptung bedeutete, sondern auch ein frühes Bewusstsein für eine faire politische Teilhabe in einem vielsprachigen und vielkulturellen Gemeinwesen.
Diese Episode der Geschichte besitzt gerade heute eine besondere Aktualität. Sie zeigt, wie schwierig, aber auch wie fruchtbar der Versuch sein kann, unterschiedliche Regionen und Identitäten in einem gemeinsamen politischen Raum miteinander zu verbinden. Die transsilvanischen Abgeordneten standen vor denselben Herausforderungen, die auch das heutige Europa prägen: dem Spannungsverhältnis zwischen Zentrum und Peripherie, dem Ausgleich historisch gewachsener Ungleichheiten und dem Bemühen, politische Beteiligung trotz sprachlicher und kultureller Vielfalt zu sichern. In diesem Sinne erscheinen sie rückblickend als Pioniere einer europäischen Verständigung, die damals noch keinen Namen hatte.
Ein vertiefter Blick in diese weitgehend vergessene, aber hochinteressante Phase wird durch das Buch „Transsilvanien in Wien. Die Parlamentarier aus Siebenbürgen im österreichischen Reichsrat 1863–1865“ ermöglicht, herausgegeben von Ștefan-Sorin Mureșan und Günther Schefbeck. Der Band, erschienen bei Springer VS im Jahr 2025, enthält grundlegende Studien zur Verfassungsentwicklung, zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und zum Landtag von 1863–1864 sowie ausführliche Biographien und erstmals vollständig edierte Reden der siebenbürgischen Abgeordneten und Herrenhausmitglieder. Es ist ein Werk, das die damaligen politischen Debatten nicht nur dokumentiert, sondern ihnen ihre historische Tiefe und Bedeutung zurückgibt und das Verhältnis zwischen Siebenbürgen und Wien in ein neues Licht rückt.
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Thyssenkrupp Stahlrestrukturierung: Kredit- und Arbeitsmarktanalyse von martini.ai
Von Dr. Oliver Everling | 4.Dezember 2025
Die Analyse von martini.ai, verfasst von Rajiv Bhat, beschäftigt sich mit der umfassenden Restrukturierung des Stahlgeschäfts von Thyssenkrupp und deren Auswirkungen auf Kreditwürdigkeit und Arbeitsmarkt. Laut martini.ai ist Thyssenkrupp eine der kreditempfindlichsten Industriestorys Europas. IG Metall bestätigt, dass Zwangsentlassungen ein „letzter Ausweg“ bleiben, sie aber grundsätzlich möglich sind. Das Unternehmen signalisiert damit tiefgreifende Kostensenkungen in einem kapitalintensiven, hoch verschuldeten Bereich, der zentral für das Kreditprofil von Thyssenkrupp ist. Für Kreditmanager werden Arbeitskosten, Investitionspläne und Verschuldungskennzahlen eines systemrelevanten europäischen Industriekonzerns beeinflusst, mit Auswirkungen auf Lieferanten, Banken und Anleihegläubiger.
Die Kreditkennzahlen des Unternehmens zeigen nach martini.ai starke Schwankungen. Der 5‑Jahres-Z‑Spread stieg von etwa 1,56 % im Mai 2024 auf fast 6,98 % im Oktober 2024, als die Märkte Zweifel hatten, ob das Stahlgeschäft ohne größere finanzielle Probleme restrukturiert werden kann. Seither haben sich die Spreads auf rund 2,60 % verringert, das martini.ai Letter Rating verbesserte sich von B4 auf B2, und die einjährige Ausfallwahrscheinlichkeit sank von einem Höchstwert von 1,00 % auf etwa 0,18 %, bleibt aber mehr als doppelt so hoch wie der Tiefstwert von 0,08 % Anfang 2024. Dies zeigt, dass Worst-Case-Szenarien vorerst abgewendet wurden, Thyssenkrupp aber weiterhin im High-Yield-Bereich mit fragiler Kreditreserve verbleibt.
Die Vereinbarung mit IG Metall vom Dezember 2025 sieht laut martini.ai eine tiefgreifende, mehrjährige Überholung des Stahlbereichs vor. Geplant ist der Abbau oder die Auslagerung von rund 11.000 Arbeitsplätzen, etwa 40 % der Stahlbelegschaft, innerhalb von fünf Jahren, während die jährliche Stahlkapazität von 11,5 Millionen Tonnen auf etwa 8,7 bis 9 Millionen Tonnen reduziert werden soll. Da formale Zwangsmaßnahmen vermieden werden, setzt das Unternehmen auf teure freiwillige Programme und interne Umsetzungen, was die kurzfristigen Restrukturierungskosten erhöht, gleichzeitig aber die Kostenbasis senken soll. Diese Maßnahmen folgen auf aufeinanderfolgende hohe Verluste von rund 1,5 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2023/24, einem Rückgang des operativen Stahlgewinns um 18 % und einem jüngsten Quartal mit einem Nettoverlust von 255 Millionen Euro sowie einem Umsatzrückgang im Stahlbereich von 13 % im Vergleich zum Vorjahr.
Trotz der operativen Belastung verfügt Thyssenkrupp laut martini.ai über eine ungewöhnlich starke Konzernbilanz. Ende 2024 hielt das Unternehmen rund 5,7 Milliarden Euro an Barmitteln gegenüber 1,4 Milliarden Euro Schulden, was einem Nettoguthaben von etwa 4,3 Milliarden Euro entspricht. Die niedrigen Verschuldungskennzahlen stehen im Vergleich zu vielen Industriekonkurrenten gut da. Der freie Cashflow von rund 323 Millionen Euro, mehr als das Doppelte des ausgewiesenen EBIT, und zugesagte Restrukturierungsfinanzierung bis 2030 geben dem Management Zeit für die Umsetzung. Dennoch bleibt das Stahlgeschäft strukturell unrentabel, belastet durch schwache europäische Nachfrage, hohe Energiekosten und starken asiatischen Wettbewerb, während gleichzeitig hohe Investitionen für ein grünes DRI-Werk in Duisburg nötig sind, um die Dekarbonisierungsziele 2030 zu erreichen.
Die martini.ai-Analyse skizziert drei Kredit-Szenarien für Thyssenkrupp. Im Basisszenario (ca. 60 % Wahrscheinlichkeit) stabilisieren sich die Spreads im Bereich von 250 bis 350 Basispunkten bei einem Rating von B2/B3, die Stahlverluste verringern sich allmählich, bleiben aber bis etwa 2027/28 unrentabel, während die Refinanzierungsrisiken durch die Nettobarmittel des Konzerns begrenzt werden. Im Abschwung-Szenario (30 % Wahrscheinlichkeit) könnten sich die Spreads wieder auf 400 bis 600 Basispunkte ausweiten, das Rating auf B4/C1 fallen, wenn Restrukturierungskosten steigen, Zeitpläne verzögert werden oder Stahlverluste die Liquidität belasten, was möglicherweise Verkäufe von Vermögenswerten oder Kapitalerhöhungen erforderlich machen würde. Das Aufschwung-Szenario (10 % Wahrscheinlichkeit) sieht eine Straffung der Spreads auf 150 bis 200 Basispunkte vor, falls die Nachfrage im Automobil- und Bausektor wieder anzieht, das geplante Joint Venture schneller Synergien liefert und Preismacht im Bereich „grüner Stahl“ entsteht.
Für Kreditverantwortliche stellt die Stahlrestrukturierung laut martini.ai einen Test dar, wie weit eine starke Konzernbilanz einen strukturell schwachen Kernbereich ausgleichen kann. Wichtige Beobachtungspunkte sind der quartalsweise Cash-Burn des Stahlgeschäfts im Verhältnis zur Konzernliquidität, die Umsetzung von Stellenabbau und Kapazitätsreduktionen, die Entwicklung des Auftragseingangs sowie die Disziplin bei Investitionen in das DRI-Werk. Die Spreads bleiben deutlich breiter als bei besser positionierten europäischen Industriekonkurrenten, was zeigt, dass der Markt weiterhin eine Prämie für Thyssenkrupps Umsetzung und Sektorrisiko verlangt. Entlassungen und Investitionskürzungen können die Verschuldung stabilisieren und Zeit verschaffen, doch ohne nachhaltige Nachfragebelebung oder glaubwürdige Wirtschaftlichkeit des grünen Stahls wird das Stahlgeschäft von Thyssenkrupp laut martini.ai über Jahre hinweg eine High-Yield-Kreditstory bleiben.
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Souverän durch Technologie: Wie die DZ Bank ihre digitale Unabhängigkeit neu definiert
Von Dr. Oliver Everling | 3.Dezember 2025
Die Closing Keynote von Dr. Christian Brauckmann, Mitglied des Vorstands der DZ Bank, setzte auf der Handelsblatt-Tagung BankenTech 2025 ein markantes Ausrufezeichen hinter zwei Themen, die die Branche für das kommende Jahrzehnt prägen werden: digitale Souveränität und die Fähigkeit, technologische Innovation kontrolliert, sicher und effizient zu skalieren. Sein Vortrag machte deutlich, dass Banken technologische Fortschritte nicht nur adaptieren, sondern aktiv gestalten müssen, wenn sie ihre Unabhängigkeit wahren und zugleich die Erwartungen eines zunehmend digitalen Finanzmarkts erfüllen wollen.
Brauckmann skizzierte die Strategie der DZ Bank entlang eines klaren Grundsatzes: Abhängigkeiten reduzieren, Innovation steigern. Dies zeigt sich besonders in der Modelloffenheit der hauseigenen GenAI-Plattform, auf der Lösungen wie der DZ Chat betrieben werden. Die Bank setzt bewusst auf verschiedene Anbieter, um technologische Flexibilität zu sichern und Exit-Strategien jederzeit möglich zu halten. Diese Offenheit schützt nicht nur vor Lock-in-Effekten, sondern erlaubt es auch, stets die besten Modelle und Technologien einzusetzen, ohne langfristig an einen Hyperscaler oder ein proprietäres Ökosystem gebunden zu sein.
Von zentraler Bedeutung ist für Brauckmann die Frage, wo und wie Daten verarbeitet werden. Die DZ Bank verfolgt deshalb eine Cloud-Strategie, die auf Rechenzentren in Europa setzt und die regulatorische wie technologische Souveränität in den Mittelpunkt stellt. Europäische Standorte für Datenhaltung und Compute sind kein politisches Statement, sondern eine geschäftskritische Notwendigkeit, um langfristige Sicherheit, Compliance und Kontrolle zu garantieren. Gleichzeitig erlaubt diese Architektur die konsequente Umsetzung von Exit-Szenarien, sollte sich die Abhängigkeit von einem Cloud-Anbieter technologisch oder geopolitisch als kritisch erweisen.
Das Herzstück dieser Strategie bildet das Zielbild der Virtual Hybrid IT-Infrastructure. Brauckmann beschreibt es als hochstandardisierte, übergreifende Plattform, die Cloud-Umgebungen und eigene Rechenzentren so miteinander verbindet, dass Anwendungen immer dieselbe Umgebung vorfinden – unabhängig davon, wo sie tatsächlich betrieben werden. Die IT bestimmt dynamisch den optimalen Ausführungsort, während die Anwendungen einheitliche Operations- und Runtime-Plattformen nutzen können, basierend auf Containern, virtuellen Maschinen und standardisierten Integrations- und Datenbankdiensten. Zero-Trust-Ansätze sichern die Perimeter, während eine konsolidierte Netzwerkarchitektur die Komplexität reduziert.
Dieses Modell ermöglicht Effizienz durch Arbeitsteilung, Kostenvorteile durch intelligente Steuerung von Compute-Kapazitäten und eine signifikante Verringerung technologischer Komplexität. Die Bank schafft damit eine Infrastruktur, die flexibel skaliert, regulatorisch sauber bleibt und Innovation nicht behindert, sondern beschleunigt.
Besonders eindrücklich wurde Brauckmanns Souveränitätsverständnis im Blick auf den Zahlungsverkehr. Während viele Wettbewerber ihre Infrastruktur an externe Dienstleister ausgelagert haben, ist die DZ Bank bewusst den gegenläufigen Weg gegangen und hat den Zahlungsverkehr zurück ins eigene Haus geholt. Damit setzt sie ein starkes Signal: kritische Kerninfrastruktur gehört in die eigene Verantwortung, weil sie zentrale Grundlage für Stabilität, Sicherheit und Unabhängigkeit ist.
Der Single Euro Payments Area (SEPA) war „ein riesengroßer Schritt hin zu europäischer Souveränität“, so Brauckmann, weil es erstmals gelungen ist, den Zahlungsverkehr im gesamten Euroraum zu vereinheitlichen und damit eine eigenständige, robuste Infrastruktur zu schaffen, die nicht von außereuropäischen Systemen abhängig ist. Indem Überweisungen und Lastschriften in Europa genauso einfach und effizient funktionieren wie nationale Zahlungen, wurde ein Binnenmarkt für Zahlungsdienste geschaffen, der Effizienzgewinne, Wettbewerb und Innovation ermöglicht. SEPA hat die technische Grundlage gelegt, auf der heute Echtzeitverfahren, digitale Identitäten und neue europäische Zahlungslösungen aufbauen können. Vor allem aber hat SEPA gezeigt, dass Europa gemeinsame Standards schaffen kann, die wirtschaftliche Integration vertiefen und die strategische Autonomie stärken – ein Prinzip, das angesichts geopolitischer Spannungen und der Dominanz globaler Tech-Plattformen aktueller ist denn je.
Zum Abschluss wurde deutlich, dass Brauckmann nicht technologische Euphorie predigt, sondern strategische Konsequenz. GenAI, Cloud und moderne Zahlungsverkehrsplattformen sind für ihn keine isolierten Innovationen, sondern Bausteine einer Zukunft, in der Banken nur dann erfolgreich bleiben, wenn sie ihre technologische Basis selbst beherrschen. Die DZ Bank setzt dafür auf Diversifikation, europäische Infrastruktur, klare Governance und eine IT-Architektur, die Wandel nicht nur ermöglicht, sondern voraussetzt. Damit lieferte Brauckmann einen kraftvollen Impuls für die gesamte Branche: Souveränität entsteht nicht durch Abschottung, sondern durch bewusste, strategische Gestaltung technologischer Abhängigkeiten – und durch den Mut, kritische Infrastruktur in die eigene Hand zu nehmen.
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Digitaler Euro als strategisches Zukunftsprojekt digitaler Finanzsouveränität
Von Dr. Oliver Everling | 3.Dezember 2025
Auf der Handelsblatt-Tagung BankenTech 2025 rückte eines der strategisch wichtigsten Projekte für Europas finanzielle Zukunft ins Zentrum: der digitale Euro. Im Gespräch mit Elisabeth Atzler, Bankenkorrespondentin des Handelsblatts, erläuterte Dr. Heike Winter, Bereichsleiterin Analyse, Policy und Ökosystem Digitaler Euro bei der Deutschen Bundesbank, warum es dabei um weit mehr geht als nur um ein zusätzliches Zahlungsmittel. Der digitale Euro ist ein geopolitisches und wirtschaftliches Schlüsselprojekt, das Europas digitale Finanzsouveränität stärken soll – in einer Welt, in der große Technologiekonzerne und ausländische Zahlungssysteme zunehmend Infrastruktur und Standards bestimmen.
Warum Europa einen digitalen Euro braucht, wie eine solche Form digitalen Zentralbankgelds im Alltag funktionieren könnte und welche Rolle Banken künftig in diesem neuen Ökosystem einnehmen werden, darüber sprach Winter mit präziser Klarheit. Ihr Beitrag setzte einen zentralen Akzent im Programm der BankenTech 2025: Er machte deutlich, dass technologische Innovation im Finanzsektor nur dann nachhaltig sein kann, wenn sie auf einem souveränen, stabilen und vertrauenswürdigen Fundament aufbaut – und genau dieses Fundament soll der digitale Euro schaffen.
Souveränität, Effizienz und Resilienz – das sind nach Winter die drei zentralen Schlagworte, die den digitalen Euro begründen. Es soll ein Zahlungsmittel entstehen, das im gesamten Euroraum digital nutzbar ist und auch in Notsituationen funktionsfähig bleibt. Resilienz stand anfangs nicht im Mittelpunkt, rückte jedoch insbesondere durch die baltischen Staaten stärker in den Fokus, die die Offline-Fähigkeit als unverzichtbares Element der Krisenvorsorge betrachten.
Anpassungen werden notwendig sein, unter anderem im Blick auf Drittdienstleister, das sogenannte Wasserfallmodell und das Haltelimit – alles Punkte, über die der EU-Rat noch entscheiden muss. Winter geht jedoch nicht davon aus, dass die EU-Finanzminister ECOFIN-Rat „Wirtschaft und Finanzen“ am 12. Dezember 2025 das Haltelimit bereits in dieser Phase mit einer konkreten Zahl festlegen werden.
Winter erläuterte zudem, dass PayPal seine Banklizenz nicht in gleicher Weise für den Zahlungsverkehr nutzt wie klassische Banken. Für große Technologieunternehmen sei der Erwerb einer Banklizenz in Europa nicht schwierig, betonte sie: „Für uns ist es schwierig, aber nicht für die.“ Zugleich relativierte sie mögliche Veränderungen für Big-Tech-Unternehmen durch die Einführung des digitalen Euro und stellte klar, dass dieser keine radikalen Einschnitte für deren Geschäftsmodelle bedeute.
Der digitale Euro sei nicht einfach ein Verrechnungssystem, betonte Winter. Vielmehr werde der Euro in einer neuen Form herausgegeben. Banken hätten den digitalen Euro zwar nicht von Beginn an begeistert aufgenommen, hätten den Prozess inzwischen jedoch konstruktiv begleitet.
Besonders hervor hob Winter die höhere Privatsphäre im Offline-Modus. Die Bank sehe nur, wie viel Geld vom Konto abgehoben werde, aber nicht, wofür es verwendet wird. Eine begrenzte Form von Anonymität werde damit möglich. In manchen Kreisen sei lange die Ansicht vertreten worden, dass „offline“ niemand brauche. Mittlerweile habe sich jedoch eine spürbare Wertschätzung dafür entwickelt.
Zum Stand des Gesetzgebungsverfahrens erklärte Winter, dass der EU-Abgeordnete Fernando Navarrete Rojas zwar seinen Entwurf zur Positionierung des Parlaments vorgelegt habe, dieser aber noch nicht endgültig sei. Anschließend folge der Trilog, das informelle Verhandlungsverfahren zwischen Europäischem Parlament, Rat und Kommission, das eine politische Einigung beschleunigen soll. Die dort erarbeiteten Kompromisse müssten später noch formell bestätigt werden.
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Die unsichtbare Transformation der Finanzinfrastruktur
Von Dr. Oliver Everling | 3.Dezember 2025
Der Impuls „Die unsichtbare Transformation: Wie Infrastruktur-FinTechs für digitale Souveränität in Europas Investment-Bereich sorgen“ auf der Handelsblatt Tagung „BankenTech 2025″ machte deutlich, dass Europas Finanzmärkte längst von einer kaum sichtbaren, aber tiefgreifenden infrastrukturellen Abhängigkeit geprägt sind.
Max Linden, CEO von lemon.markets, und Chris Püllen, CEO von NaroIQ, skizzierten eindrucksvoll, wie stark globale Tech-Konzerne bereits heute zentrale Bausteine der europäischen Wertschöpfung dominieren – von Cloud-Diensten über Social-Media-Plattformen bis hin zu Zahlungstechnologien. Während die sicherheitspolitische Debatte über 5G und Huawei öffentlich geführt werde, bleibe die Diskussion über die Abhängigkeit der Finanzinfrastruktur fast unsichtbar, obwohl sie strategisch ebenso bedeutsam sei.
Linden und Püllen zeigten drei mögliche Zukunftsszenarien für Europas digitale Finanzarchitektur: eine vollständige Dominanz globaler Player, politische Ausschlüsse nicht-europäischer Anbieter oder – im ambitioniertesten Fall – europäische Technologieführerschaft.
Nur das dritte Szenario sichere langfristige digitale Souveränität, Innovationskraft und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Wie diese Vision praktisch aussehen kann, erläuterten die Referenten anhand einer Case Study zu NaroIQ. Der ETF-Markt wächst rasant, während klassische Publikumsfonds Marktanteile verlieren. Doch viele Kapitalverwaltungsgesellschaften können mangels moderner digitaler Infrastruktur keine eigenen ETF-Produkte anbieten. Auf ihren häufig veralteten, analogen Systemen lassen sich ETFs schlicht nicht effizient abbilden – ein struktureller Wettbewerbsnachteil, der die Abhängigkeit von wenigen großen, globalen ETF-Anbietern verstärkt.
NaroIQ setzt genau hier an: Das FinTech entwickelt ETF-Infrastruktur “made in Europe”, die es KVGen ermöglicht, auf ihrer bestehenden Systemlandschaft ETF-fähig zu werden. Damit entsteht eine souveräne europäische Alternative, die den Zugang zum ETF-Markt demokratisiert, Innovation fördert und Wettbewerb stärkt.
Der Impuls machte klar, dass die Zukunft nicht nur im sichtbaren Frontend des Bankings entschieden wird, sondern im unsichtbaren Backend – dort, wo Infrastruktur, Effizienz und Kontrolle über Datenströme den Spielraum für Innovation bestimmen. Europas Fähigkeit, eigene Infrastruktur-FinTechs aufzubauen und zu skalieren, wird damit zu einem entscheidenden Faktor für digitale Resilienz und wirtschaftliche Unabhängigkeit.
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Private Markets für alle – warum NAO den Zugang zu alternativen Anlagen neu definiert
Von Dr. Oliver Everling | 3.Dezember 2025
Der Vortrag von Robin Binder auf der Handelsblatt-Konferenz BankenTech 2025 widmete sich einer Frage, die derzeit viele Marktteilnehmer beschäftigt: Sind Private Markets ein kurzfristiger Hype oder bilden sie das Fundament einer neuen Investmentära? Binder, Gründer und CEO des Fintechs NAO, ließ in seinem Impuls keinen Zweifel daran, dass alternative Anlagen für Endverbraucher weit mehr als ein Trend sind – sie markieren einen strukturellen Wandel, der durch Regulierung, Technologie und ein verändertes Anlegerverhalten zugleich ermöglicht und beschleunigt wird.
Binder sprach aus einer doppelten Erfahrung heraus: aus seiner Zeit bei der UniCredit, in der er MidCap-Unternehmen begleitete, und aus seinen Jahren als Gründer des Neo-Family-Office ZEITGEIST GROUP sowie als Managing Director des Venture-Capital-Fonds Zeitgeist X Ventures. Er hat Fintech-Entwicklungen aus nächster Nähe erlebt, an Investments in Bling, Timeless oder UnitPlus mitgewirkt und gleichzeitig die strukturellen Hürden beobachtet, die Privatanleger am Zugang zu privaten Märkten hindern. Aus dieser Erkenntnis entstand NAO – eine Multi-Asset-Plattform, die per App Investitionen ab einem Euro in Private Equity, Venture Capital, Infrastruktur oder Hedgefonds ermöglicht und dafür auf Co-Investments setzt. Das Ziel ist klar: eine Welt institutioneller Anlagemöglichkeiten für alle zugänglich machen, unabhängig vom Vermögen.
Binder erinnerte daran, dass Private Markets in institutionellen Portfolios bereits heute eine dominante Rolle spielen: 44 Prozent ihrer Anlagen sind dort gebunden. Für Privatanleger hingegen waren sie lange nahezu unzugänglich – aufgrund hoher Mindestbeträge, komplexer Strukturen und fehlender technischer Lösungen. Dies hat sich mit dem regulatorischen Rahmen von ELTIF 2.0 grundlegend verändert. Während ELTIF 1.0 noch von hohen Einstiegshürden, komplexen Geeignetheitsprüfungen, strengen Portfolioquoten und begrenzter Flexibilität geprägt war, bringt ELTIF 2.0 deutlich vereinfachte Zugangsvoraussetzungen, eine breitere Palette zulässiger Vermögenswerte, mehr Handlungsspielraum im Portfolioaufbau sowie eine deutlich verbesserte Vertriebsfähigkeit für Retail-Anleger. Die Mindestanforderungen an das investierbare Vermögen und die Beschränkung auf bestimmte Investorengruppen sind entfallen, gleichzeitig lassen die neuen Regeln eine diversifiziertere Struktur, Zwischenliquidität und moderne Fondsmechanismen zu. Für den Markt bedeutet das: Was früher ein Produkt für Wohlhabende war, wird nun massentauglich.
Diese Öffnung verbindet NAO mit einer besonders niedrigen Einstiegsbarriere: dem „Drei-Klick-Einstieg“ in Private Markets. Binder betonte, dass es nicht genügt, lediglich Zugang zu schaffen. Private Markets allein seien nicht die Zukunft; entscheidend sei die richtige Guidance. Anleger benötigen Transparenz, Einordnung, eine klare Navigation durch Anlageklassen, Risiken und Chancen. Genau hier setzt NAO an: Die Plattform verspricht institutionelle Qualität, vollständige Portfoliotransparenz, einen nachweisbaren Track Record des Fondsmanagements, faire und verständliche Kostenstrukturen, technologische Innovation und größtmögliche Flexibilität für Retail-Investoren.
Binder formulierte sein Fazit in einem einfachen Gedanken: Die Demokratisierung der Private Markets funktioniert nur, wenn man deren Qualität, die zuvor wenigen vorbehalten war, mit echter Nutzerorientierung verbindet. Private Markets werden so nicht zu einem Hype, sondern zu einem natürlichen Bestandteil einer modernen Anlegerwelt. Entscheidend sei, dass Menschen nicht nur investieren können, sondern auch verstehen, wie und warum sie investieren. Mit diesem Anspruch positioniert NAO sich als Wegbereiter für eine neue Ära des Retail-Investierens – niedrigschwellig, transparent und qualitativ auf institutionellem Niveau.
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BNPL und Instant Payments im Wandel des modernen Zahlungsverkehrs
Von Dr. Oliver Everling | 3.Dezember 2025
Die Diskussionsrunde „Schnell, flexibel, kundenorientiert: BNPL & Instant Payments im Zahlungsverkehr der Zukunft“ zeigte eindrucksvoll, wie stark sich die Erwartungen der Verbraucher und Händler an moderne Zahlungsmethoden verändern – und wie unterschiedlich die Rollen von „Buy Now, Pay Later“ (BNPL) und Instant Payments im Alltag tatsächlich sind. Unter der Moderation von Handelsblatt-Bankenkorrespondentin Elisabeth Atzler diskutierten Cihan Duezguen (Green Banana), Sabrina Flunkert (Ratepay) und Katja Lehr (J.P. Morgan Payments) über Chancen, Risiken und neue Kundenbedürfnisse.
Gleich zu Beginn machte Sabrina Flunkert deutlich, dass BNPL und Instant Payments nicht miteinander verwechselt werden sollten: BNPL sei ein völlig anderer Use Case, denn hier gehe es für Kunden oft darum, die Ware zuerst zu prüfen – ob Kleidung richtig sitzt oder Produkte den Erwartungen entsprechen. Instant Payments spielen dagegen eher dann eine Rolle, wenn es um finanzielle Sicherheit im Moment des Kaufs geht – etwa die Frage, ob ausreichend Guthaben auf dem Konto ist. Katja Lehr erinnerte dabei an die deutsche Traditionslösung des Dispokredits, der seit Jahrzehnten eine Art Vorläufer flexibler Zahlungsmodelle darstellt.
Cihan Duezguen betonte die starke Nachfrage nach Instant Payments auch im Zusammenhang mit Ratenkäufen. Händler hätten ein ureigenes Interesse daran, Liquidität sofort zu erhalten – insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit oder knapper Margen. Instant Payments könnten hier ein zentraler Baustein der Abwicklung werden, selbst wenn der Kunde in Raten zahlt.
Moderatorin Elisabeth Atzler warf anschließend die moralische Frage auf, ob es sinnvoll sei, Mode wie Sneaker auf Raten zu kaufen. Gehe es hier noch um Kundennutzen oder mehr um Konsumanreize? Sabrina Flunkert entgegnete, dass sich solche Formen des Konsums meist von selbst regulierten: Eine schlechte Kundenerfahrung – etwa wenn teure Sneaker auf Raten die finanzielle Lage belasten – liege weder im Interesse des Verbrauchers noch des Händlers. Für Anschaffungen wie eine kaputte Spül- oder Waschmaschine hingegen sei Ratenzahlung oft existenziell und absolut nachvollziehbar, fügt Cihan Duezguen hinzu.
Katja Lehr lenkte den Blick auf das kulturelle Umfeld. Sie erzählte von früheren Zeiten, in denen größere Anschaffungen erst dann getätigt wurden, wenn genug Geld gespart war – etwas, das für viele heute nicht mehr realistisch ist. In verschiedenen Ländern sei der Gedanke des Ratenkaufs tief verankert. Entscheidungen basierten dort weniger auf der Frage, ob man sich den vollen Preis leisten kann, sondern darauf, ob die monatliche Rate tragbar ist. Hier brauche es mehr finanzielle Bildung, um Konsumenten zu befähigen, verantwortungsbewusste Entscheidungen zu treffen.
Am Ende waren sich die Panelisten in einem Punkt einig: Der Kunde entscheidet. Händler gestalten ihr Angebot, Verbraucher wählen – und moderne Payment-Lösungen müssen so flexibel sein, unterschiedliche Lebensrealitäten abzubilden. Ob BNPL oder Instant Payment: Beide Modelle werden im Zahlungsverkehr der Zukunft eine Rolle spielen, aber mit klar voneinander abgegrenzten Funktionen und jeweils spezifischem Nutzen.
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SME Banking neu gedacht: Wie Holvi den Finanzalltag kleiner Unternehmen revolutioniert
Von Dr. Oliver Everling | 3.Dezember 2025
Auf der Handelsblatt Tagung BankenTech 2025 gab Tuomas Toivonen, Co-Founder und CEO von Holvi, im Fireside Chat „SME Banking: What Do Companies Expect from Modern Banking?“ spannende Einblicke in die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen und zeigte, warum viele etablierte Banken diese Erwartungen bis heute nur unzureichend erfüllen. Toivonen, der seit mehr als 15 Jahren Regierungen und globale Mobilfunkbetreiber zu Zahlungssystemen berät, erkannte bereits früh eine strukturelle Lücke im Markt: Selbstständige, Freelancer und kleine Unternehmen haben komplexe Anforderungen, aber wenig Zeit und Ressourcen, um sich mit umständlichen Finanzprozessen auseinanderzusetzen.
Holvi wurde genau aus diesem Problem heraus geboren. Die Plattform vereint Geschäftskonto, Buchhaltung, Ausgabenmanagement und E-Invoicing in einem einzigen digitalen Ökosystem – eine integrierte Lösung, die Bürokratie reduziert und Unternehmern Freiraum gibt, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Toivonen beschreibt Holvi nicht als Bank im klassischen Sinne, sondern als Betriebsbetriebssystem für Selbstständige, das Finanzprozesse end-to-end automatisiert und administrative Aufgaben so weit wie möglich eliminiert. Besonders prägend sei die Organisationsstruktur von Holvi: Das Unternehmen arbeitet im Wesentlichen mit zwei klar abgegrenzten, hochspezialisierten Teams. Das eine ist vollständig auf regulatorische Anforderungen ausgerichtet und gewährleistet, dass Holvi die hohen europäischen Standards in Compliance, Sicherheit und Zahlungsverkehr erfüllt. Das andere konzentriert sich ausschließlich auf den Kunden, auf Nutzererlebnis, Produktfunktionalität und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Services entlang der realen Bedürfnisse von Kleinunternehmen. Diese Balance aus regulatorischer Stabilität und radikaler Kundenzentrierung sei der Kern des Erfolgsmodells, so Toivonen.
In der Diskussion wurde deutlich, dass KMUs heute weit mehr erwarten als ein funktionierendes Konto oder eine Kreditlinie. Sie wünschen sich digitale Services, die in ihren täglichen Geschäftsablauf integriert sind, Transparenz bieten, Routineaufgaben automatisieren und den administrativen Aufwand spürbar reduzieren. Genau diese Lücke schließen neue Anbieter wie Holvi, indem sie traditionelle Bankleistungen mit Tools aus Buchhaltung, Steuer, Zahlungsverkehr und Liquiditätsmanagement verschmelzen. Toivonen machte klar, dass modernes SME Banking vor allem ein Produkt- und Technologieproblem ist: Wer die fragmentierte Toollandschaft kleiner Unternehmen zusammenführt, gewinnt ihr Vertrauen und langfristige Bindung.
Der Fireside Chat zeigte, wie stark sich der Markt für Unternehmenskunden wandelt. Klassische Banken bleiben wichtige Partner, doch spezialisierte Digitalanbieter setzen neue Standards – insbesondere bei Bedienkomfort, Integrationsfähigkeit und Prozessautomatisierung. Toivonens Botschaft war unmissverständlich: Die Zukunft des KMU-Bankings gehört jenen, die Komplexität reduzieren und die Bedürfnisse kleiner Unternehmen wirklich verstehen. Holvi sieht sich genau an dieser Schnittstelle und will damit die Art und Weise verändern, wie Selbstständige und KMUs in ganz Europa ihre Finanzen organisieren.
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Wer hat den Draht zum Kunden? Daten, KI und Plattformen als neues Machtzentrum im Banking
Von Dr. Oliver Everling | 3.Dezember 2025
Auf der Handelsblatt Tagung BankenTech 2025 diskutierten Tino Benker-Schwuchow von der Consorsbank, Susanne Krehl von wealthAPI und Tobias Kugler von Google unter der Moderation von Dr. Stefanie Auge-Dickhut eine der zentralen Fragen des digitalen Zeitalters: Wer besitzt eigentlich noch den Draht zum Kunden – und wie lässt er sich in einem zunehmend daten- und plattformgetriebenen Markt behaupten? Die Runde zeigte, wie sehr sich Kundenzugang, Erwartungshaltung und Wettbewerb verändert haben und dass Daten und KI längst zum entscheidenden Faktor für Relevanz geworden sind.
Susanne Krehl veranschaulichte zunächst sehr plastisch, wie Kunden ihr Geld in der Realität bewegen. Eine Depotmigration sei selten ein radikaler Schritt, sondern ein sukzessiver Prozess: liquidierte Positionen werden an den neuen Anbieter überwiesen, neue Instrumente dort aufgebaut, Schritt für Schritt entsteht ein neues Portfolio. Entscheidend sei dabei nicht, woher ein Anbieter die Daten bekommt, wie mühsam deren Anbindung ist oder wie kompliziert die technische Integration läuft. Für den Kunden zähle ausschließlich der konkrete Nutzen: bessere Entscheidungsgrundlagen, personalisierte Empfehlungen und ein möglichst einfacher Zugang zu passenden Anlageprodukten. Deshalb werde künftige Portfoliooptimierung zu 80 Prozent daten- und KI-basiert sein, während nur noch 20 Prozent auf menschlicher Intuition beruhen.
Tino Benker-Schwuchow rückte den Aspekt des Vertrauens in den Mittelpunkt. Für Banken gehe es weniger darum, ständig mit Kunden zu interagieren, sondern zur richtigen Zeit relevant zu sein. Gamifizierte Elemente könnten zwar Engagement erzeugen, doch entscheidend bleibe die sogenannte Trustline – das Vertrauen, dass die Bank zuverlässig, beratend und unaufdringlich präsent ist. Externe Datenquellen würden dabei genauso wichtig wie eigene, denn der Kunde erwarte eine ganzheitliche Sicht unabhängig von der Herkunft der Informationen. Benker-Schwuchow betonte zudem den Wert des persönlichen Kontakts, der trotz Digitalisierung nicht verschwinde: Ein jährliches Beratungsgespräch sei für viele Kunden weiterhin ein geschätzter Moment, um zentrale Finanzentscheidungen abzusichern.
Tobias Kugler brachte die Perspektive eines Hyperscalers ein und relativierte die Erwartung einer rasanten Umwälzung der Kundenbeziehungen. Er glaube nicht an eine Revolution binnen fünf oder zehn Jahren, sondern an eine graduelle Veränderung, getrieben durch bessere Dateninfrastruktur, KI-Tools und skalierbare Plattformen. HyperScaler spielten dabei eine Doppelrolle: Sie seien Technologie-Enabler für Banken und zugleich Orientierungspunkt für Kundenerwartungen, denn Plattformökonomie definiere für viele Menschen, wie digitale Einfachheit aussehen müsse. Dennoch bleibe der direkte Kundenzugang bei Banken, wenn sie Relevanz, Vertrauen und intelligente Nutzung ihrer Daten kombinieren.
Einig waren sich alle Teilnehmer in einem Punkt: Die größte gesellschaftliche Herausforderung im Finanzsektor sei es, möglichst viele Menschen sinnvoll an den Kapitalmarkt heranzuführen. Daten, KI und Plattformstrategien sind dafür Werkzeuge, aber der Kern sei ein nutzerzentriertes Angebot, das Finanzwissen, Transparenz und Zugänglichkeit stärkt. Die Diskussion zeigte, dass der Draht zum Kunden nicht von einer einzelnen Technologie abhängt, sondern von der Fähigkeit der Banken, datenbasierte Intelligenz, partnerschaftliche Modelle und menschliche Nähe zu verbinden.
Themen: Bankenrating | Kommentare deaktiviert für Wer hat den Draht zum Kunden? Daten, KI und Plattformen als neues Machtzentrum im Banking
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