China als Anker der Stabilität: Yiyang Huang auf dem 10th China Day der Euro Finance Week

Von Dr. Oliver Everling | 18.November 2024

Auf dem 10th China Day, einer zentralen Veranstaltung der 27. Euro Finance Week, sprach Yiyang Huang, Vertreter des chinesischen Generalkonsulats, über die Rolle Chinas in einer Welt, die zunehmend von Unsicherheit geprägt ist. Huang legte dar, warum China in diesen unruhigen Zeiten als stabiler und kontinuierlicher Partner wahrgenommen werden kann und welche Stärken das Land in die Waagschale des globalen Dialogs wirft.

Unsicherheit als prägendes Merkmal unserer Zeit: Huang eröffnete seine Rede mit der Frage, was das dominierende Kennzeichen der heutigen Weltlage sei. Seine Antwort: Unsicherheit. Zur Untermauerung dieses Arguments zitierte er den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz, der in Bezug auf die aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen von einer „Zeitenwende“ gesprochen hatte. Diese Unsicherheit betreffe alle Bereiche des globalen Zusammenlebens – von Politik und Wirtschaft bis hin zu Umweltfragen.

Chinas Stärke sieht Huang in der Stabilität und Kontinuität. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern betonte Huang, habe China über Jahrzehnte hinweg politische Stabilität bewiesen. „In China geht es nicht darum, ‚Make China Great Again‘ zu propagieren“, erklärte Huang und distanzierte sich damit von nationalistischen Tendenzen anderer Großmächte. Vielmehr biete China ein Modell, das auf Kontinuität und Verlässlichkeit basiere.

China verfolge nicht das Ziel, andere Länder zu verändern oder ihnen ein bestimmtes Gesellschaftsmodell aufzuzwingen. Stattdessen sei das Hauptanliegen Chinas, seinen Anteil am internationalen Handel zu erhöhen. Dieser Ansatz verdeutliche Chinas konstruktive Rolle im globalen System, ohne die Souveränität anderer Staaten in Frage zu stellen.

Der Ozean des Welthandels: Huang nutzte ein eindrucksvolles Bild, um die Bedeutung des freien Handels zu verdeutlichen: Er verglich den Welthandel mit einem Ozean. „Das Wasser des Ozeans lässt sich nicht kanalisieren oder regulieren“, so Huang. Protektionistische Bestrebungen, wie sie zuletzt auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos thematisiert wurden, seien kontraproduktiv und stünden im Widerspruch zu den Prinzipien einer offenen und vernetzten Weltwirtschaft. Der Versuch, Handelsflüsse künstlich zu begrenzen, sei weder nachhaltig noch glaubwürdig.

Als Beleg für Chinas Beitrag zur globalen Entwicklung führte Huang mehrere Erfolge an, insbesondere im Bereich der Energiewende. Seit 2020 habe sich der Anteil erneuerbarer Energien in China vervielfacht. Dies zeige, dass China nicht nur politisch und wirtschaftlich stabil sei, sondern auch aktiv daran arbeite, ökologische Herausforderungen anzugehen. Das Land übertreffe regelmäßig seine eigenen Ziele.

Mit seiner Rede zeichnete Huang ein Bild von China als einem Anker der Stabilität und einem Verfechter des freien Handels. In einer Welt, die zunehmend von Unsicherheit geprägt ist, betonte er die Bedeutung von Zusammenarbeit und Offenheit. Chinas Fokus auf Stabilität, Kontinuität und nachhaltige Entwicklung mache das Land zu einem unverzichtbaren Partner im globalen Kontext.

Der 10th China Day der Euro Finance Week bot somit nicht nur eine Plattform für den Austausch über wirtschaftliche Beziehungen, sondern auch eine Möglichkeit, Chinas Perspektive auf die Herausforderungen unserer Zeit besser zu verstehen.

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Eine zweite Trump-Präsidentschaft als Chance für Europa

Von Dr. Oliver Everling | 12.November 2024

„Die Reaktion der Kapitalmärkte auf den Wahlsieg Trumps zeigte eindeutig, wie die Akteure dort die Folgen für Europa einschätzen“, schreibt Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe: „negativ. Die Aussicht, dass Waren aus Europa generell mit Importzöllen belegt werden, könnte sich tatsächlich als zusätzliche Belastung für eine bereits schwach wachsende Wirtschaft darstellen. Die Möglichkeit, dass eine neue US-Administration die NATO infrage stellt oder ultimativ höhere Verteidigungsausgaben von den europäischen Mitgliedern fordert, wird manchem Finanzminister jetzt schon Sorgen bereiten. Und eine Einstellung der US-amerikanischen Unterstützung für die Ukraine sowie ein nachfolgender Deal zwischen Trump und Putin über die Köpfe der Ukrainer hinweg birgt das Risiko, dass die Sicherheitsinteressen der EU übergangen werden.“

Mit einer Mischung aus Angst und Besorgnis auf Trump zu schauen, greife jedoch zu kurz. „Vielmehr muss sich Europa jetzt endlich mit den eigenen strukturellen Schwächen auseinandersetzen. Diese sind schon seit langem bekannt, aber spätestens seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine mit erheblich negativen Konsequenzen verbunden: Die hohe Abhängigkeit europäischer Volkswirtschaften von Exporten ist zunehmend problematisch in einer Welt, in der vom Welthandel kaum noch positive Impulse ausgehen und die Herausbildung voneinander abgekoppelter Blöcke droht, zwischen denen Europa mit seinen bislang umfassenden Handelsbeziehungen zu beiden Seiten hin und her navigieren müsste. Handelsabkommen mit anderen Partnern, die das Problem lindern könnten, sind in der Vergangenheit aus ideologischen Gründen verworfen worden und kommen auch jetzt nicht wirklich voran. Dass die EU eigene geopolitische Interessen definieren, zu deren Vertretung veränderte Abstimmungsprozesse und institutionelle Vorkehrungen treffen und zu ihrer Umsetzung auch Ressourcen bereitstellen muss, ist inzwischen eine Binse – in der praktischen Politik hat sich dies bislang aber weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene niedergeschlagen.“

Im Falle eines Wahlsiegs von Kamala Harris wäre zu befürchten gewesen, dass sich die europäischen Regierungen erleichtert zurückgelehnt und so weitergemacht hätten wie bisher. „Dies ist nun für jeden sichtbar als Illusion enttarnt. So gesehen bietet der Wahlsieg Trumps die Chance, dass die europäischen Regierungen endlich das tun, was sie auch ohne Trump schon längst hätten tun müssen“, so Angermann: „deutlich stärker in die eigene Verteidigungs- und Wettbewerbsfähigkeit zu investieren.“

Europa muss jetzt in kurzer Zeit die Versäumnisse der Vergangenheit nachholen. Das Jahr 2025 wird daher von entscheidender Bedeutung. Eine positive Prognose könnte so aussehen, folgert der Chef-Volkswirt: „Europa einigt sich auf ein EU-weites, schuldenfinanziertes Programm in erheblichem Umfang zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit Europas, zum Ausbau der Rüstungskapazitäten und zur Koordinierung diesbezüglicher Aktivitäten zwischen den EU-Staaten. Möglicherweise wird dieses Programm durch ein weiteres für Infrastrukturinvestitionen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen ergänzt. Aus ökonomischer Sicht bliebe dabei festzuhalten: Schulden auf EU-Ebene mit gemeinschaftlicher Haftung der Mitgliedsländer sind kein Rezept aus dem ordnungspolitischen Lehrbuch und bergen auch Risiken. Umso wichtiger wäre es sicherzustellen, dass die Mittel tatsächlich zielgerichtet für eine Stärkung der eigenen Handlungsfähigkeit respektive Wettbewerbsfähigkeit eingesetzt würden und, noch wichtiger, dass sie ergänzt würden durch einen umfassenden Bürokratieabbau. Wenn dies gelänge, könnten wir Ende des kommenden Jahres vielleicht sagen: Europa hat unter dem Druck einer Trumpschen Präsidentschaft endlich Schritte in die richtige Richtung unternommen.“

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Die kulturelle Kluft zwischen Deutschland und den USA

Von Dr. Oliver Everling | 12.November 2024

Zu den eigenartigen kulturellen Phänomenen in Deutschland zählen „eine verklärende Putin-Sympathie auf der einen [und] ein verbreiteter Antiamerikanismus auf der anderen Seite.“ Diese „Bizarrerien“, so argumentiert Dr. Christoph Bruns in seinem Text aus Chicago, sind in seinen Augen „das Ergebnis fehlender Geschichtskenntnisse und gegebenenfalls auch von Neid.“ In Bezug auf die amerikanische Politik beschreibt Bruns, wie der „eindeutige Wahlsieg Donald Trumps“ diese ambivalenten Gefühle vieler Deutscher vermutlich weiter verstärken wird.

Bruns erklärt, dass Deutschland oft übersieht, dass die USA „die älteste Demokratie der Neuzeit“ sind und dass „der Souverän ein klares Mandat erteilt hat.“ Seiner Meinung nach haben viele deutsche Beobachter das Wahlergebnis verkannt: „Die Mehrzahl der amerikanischen Wähler fühlt sich in ihren Anliegen und Sorgen besser bei den Republikanern aufgehoben als bei den Demokraten.“ Besonders bemerkenswert findet er, dass die Unterstützung für Trump bei „schwarzen und hispanischen und vor allem jungen Wählern“ zunahm, was sich entgegen den Erwartungen der Demokraten zeigte.

„Entgegen der Wünsche der Demokraten hat sich das Thema Wirtschaft einmal mehr als Haupttriebfeder für den Wahlausgang gezeigt“, stellt Bruns fest. Die Wähler haben sich, ungeachtet von Trumps Charakterdefiziten, davon überzeugen lassen, dass er „eine Dynamisierung der keineswegs schlecht laufenden amerikanischen Konjunktur“ erzielen könne. Bruns hebt hervor, dass „vor allem beim Thema Deregulierung“ unter Trump „rasche Veränderungen“ zu erwarten seien.

Dr. Bruns beschreibt Trump als Politiker, „der weder Freihändler noch Globalist ist“ und der „im amerikanischen Dickicht bürokratischer Einschränkungen kräftig aufräumen“ werde. Dies wolle er mit der Unterstützung von „erfahrenen und erfolgreichen Männern und Frauen aus der Wirtschaft“ erreichen. Bruns merkt an, dass es in den USA Tradition habe, qualifizierte Quereinsteiger aus der Wirtschaft in die Politik zu holen, da „Parteibücher […] in Amerika bekanntlich keine herausgehobene Rolle“ spielen.

Besonders lobend erwähnt er Trumps Vorschlag, Elon Musk mit der Effizienzsteigerung des amerikanischen Regierungswesens zu betrauen. „Ohne Zweifel ist Trump ein Coup mit dem Vorschlag gelungen, Elon Musk mit der Aufgabe zu betrauen, das amerikanische Regierungswesen auf Effizienz zu trimmen,“ schreibt Bruns. Für ihn gibt es keinen besseren Kandidaten als den Chef von Tesla und SpaceX, denn „Musks unternehmerische Erfolge fußen nicht zuletzt auf schlanken und kostengünstigen Strukturen.“

Mit einem Blick auf die deutsche Politik fragt Bruns, ob nicht auch in Deutschland mehr Wirtschaftskompetenz und eine schlankere Verwaltung vorteilhaft wären. Im Vergleich zum Deutschen Bundestag mit „aktuell 733 Parlamentarier[n]“ arbeitet das US-Repräsentantenhaus mit nur „435 Abgeordneten“, obwohl die USA „fast viermal so groß“ sind und ein „Bruttosozialprodukt [haben], das sechsmal so groß wie jenes in Deutschland“ ist.

Im Unterschied zu Deutschland herrscht in den USA eine tiefe Skepsis gegenüber staatlichen Eingriffen. Bruns erläutert, dass „die meisten Bürger [in den USA] den Staat und dessen Beglückungsphantasien mit Skepsis“ betrachten. Die amerikanische Verfassung erlaubt „das Waffenbesitzrecht für Privatleute“ ausdrücklich mit der Begründung, dass Bürger ihre Waffen nötigenfalls gegen eine tyrannische Regierung einsetzen dürfen.

Das Wahlsystem zeigt außerdem, dass amerikanische Wähler „Angst vor zu starker Machtballung für längere Zeit haben.“ Die in der Verfassung festgelegte „Amtszeitbegrenzung“ trägt ebenfalls zu einer „zeitlichen Beschränkung von Macht“ bei, was für die meisten Amerikaner ein wichtiger Schutzmechanismus ist.

Abschließend verweist Dr. Bruns auf eine tief verwurzelte kulturelle Differenz: „Der in Deutschland weit verbreitete Glaube, der Staat erzeuge Wohlstand, ist in den USA so gut wie nicht anzutreffen.“ Während kollektivistische Ideen in Deutschland Zustimmung finden, stehen die Amerikaner „zwischen New York und Los Angeles“ ihnen eher ablehnend gegenüber. Amerika bleibt seinem „Leitstern“, der Unabhängigkeitserklärung von 1776, verpflichtet. Die in diesem Dokument „niedergelegten Werte“ sind für die Amerikaner „unverändert gültig“ und könnten „als Vorbild für die gesamte Welt“ dienen.

Mit einem Hauch von Resignation beendet Dr. Bruns seine Analyse und fragt sich, „ob der aktuellen Generation deutscher Politiker dieser Text bekannt ist.“

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Ein überfälliger Neustart für Deutschland

Von Dr. Oliver Everling | 7.November 2024

In einer Zeit des Wandels äußerte sich Carsten Mumm, Chefvolkswirt der Privatbank DONNER & REUSCHEL, zu den politischen Entwicklungen in Deutschland. Das Ende der Ampel-Regierung sei seiner Meinung nach „überfällig“ gewesen und „kam insofern nicht allzu überraschend.“ Mit Blick auf das internationale Umfeld merkte Mumm an: „Eventuell hätte man nicht den Tag der Wiederwahl Donald Trumps nehmen sollen, um ihm nicht einen ersten vermeintlichen Triumph zu gönnen? Allerdings dürften die USA derzeit kaum Notiz von einer Regierungskrise in Deutschland nehmen.“

Dies führt ihn zu einer grundlegenden Sorge: „Womit wir bei einem der größten Probleme der Politik und des Standorts Deutschlands sind: die drohende Bedeutungslosigkeit.“ Ein politischer Neuanfang in Berlin sei daher „zu begrüßen“, da die Ampel-Koalition lange Zeit keine wesentlichen Entscheidungen habe treffen können – ein Versäumnis, das gerade in dieser Epoche von entscheidender Bedeutung sei, so Mumm.

„Wir gehen davon aus, dass eine neue Regierung bei einigen Themen gänzlich andere Akzente und Schwerpunkte setzen wird – selbst, wenn eine der heutigen Ampel-Parteien dieser angehören sollte,“ sagte Mumm. Insbesondere betonte er die Dringlichkeit in den Bereichen: „Energiewende, Sicherheit, Migration, Infrastruktur, Technologie – man könnte die Liste der dringend anzupackenden To-dos noch verlängern.“

Für Mumm ist klar: „Ein schnellstmöglicher Neustart wäre wünschenswert, denn die Zeit drängt.“ In Ländern wie den USA, China, Russland und Israel würden tagtäglich Fakten geschaffen, während Deutschland „gerade nicht aktiv mitgestalten“ könne. Vor dem Hintergrund einer bevorstehenden neuen US-Regierung am 20. Januar sei es entscheidend, dass auch Deutschland „idealerweise ebenfalls wieder voll handlungsfähig“ sei.

Sein Fazit: „Jetzt besteht die Chance eines ökonomischen und politischen Aufbruchs, idealerweise in enger Koordination mit der Wirtschaft, aber auch zusammen mit der neuen EU-Kommission und anderen Staaten Europas.“

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Christian Lindners Entlassung – ein Bundesfinanzminister mit Rückgrat

Von Dr. Oliver Everling | 6.November 2024

Mit der Entlassung von Finanzminister Christian Lindner erlebt die deutsche Politik eine Zäsur, die weit über seine Person hinausgeht. Lindner, der seit seinem Amtsantritt als Bundesminister der Finanzen an einer klaren und stringenten Wirtschaftsagenda festhielt, weigerte sich bis zuletzt, von seinem Plan für den „Zukunftshaushalt 2025“ und der dringenden wirtschaftspolitischen Neuausrichtung abzuweichen. Seine Standhaftigkeit und Aufrichtigkeit in dieser kritischen Phase verdienen Respekt – und machen seine Entlassung umso tragischer für den wirtschaftspolitischen Kurs Deutschlands.

Lindners „Zukunftshaushalt 2025“ stellte einen ambitionierten Plan dar, der darauf abzielte, die deutsche Wirtschaft von Grund auf zu stärken und zugleich den fiskalpolitischen Kurs auf eine nachhaltige und generationengerechte Basis zu stellen. In einer Zeit, in der sich Deutschland mit stagnierendem Wirtschaftswachstum, einer ungenügenden Investitionsrate und einem tiefgreifenden Fachkräftemangel konfrontiert sieht, hatte Lindner konkrete Maßnahmen ausgearbeitet, um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken. Er setzte auf den Abbau von bürokratischen Hemmnissen, die Priorisierung von Zukunftsinvestitionen in Bildung, Digitalisierung und Infrastruktur und die Reduktion konsumtiver Ausgaben, die den Haushalt langfristig belasten.

Dabei stellte sich Lindner von Beginn an gegen ein weiteres Aufweichen der Schuldenbremse und plädierte stattdessen für eine zielgerichtete Mittelverwendung. Unter ihm sollten die Finanzmittel dort ankommen, wo sie das wirtschaftliche Potenzial stärken – und nicht durch kurzfristige Konsumsteigerungen und Subventionen verpuffen. Er zeigte sich überzeugt, dass nur durch eine konsequente Haushaltsdisziplin und eine langfristig orientierte Wirtschaftspolitik das Vertrauen der Bürger und Unternehmen zurückgewonnen werden könne. Sein Konzept umfasste unter anderem die Abschaffung ineffizienter Subventionen und die gezielte Förderung von Forschung und Innovation, anstatt in kurzfristige, politisch opportunistische Maßnahmen zu investieren.

Bis zuletzt blieb Lindner standhaft und widersetzte sich auch zunehmendem Druck aus der Regierung und dem Kanzleramt, von seinen Prinzipien abzuweichen. Besonders in der Frage der Schuldenbremse und der Förderung zukunftsorientierter Investitionen zeigte sich Lindners Weitsicht: Er argumentierte eindringlich, dass eine weitere Lockerung der Schuldenregel nicht nur die Haushaltsdisziplin untergraben, sondern auch die Generationengerechtigkeit in Gefahr bringen würde. Dieser Kurs führte allerdings zu Spannungen mit dem Kanzleramt, das kurzfristige Wachstumsimpulse und höhere Ausgaben forderte – eine Linie, die Lindner konsequent ablehnte.

Es ist kein Geheimnis, dass die Gespräche mit dem Kanzleramt hitzig verliefen und Lindners wirtschaftspolitisches Konzept auf großen Widerstand stieß. Seine Standhaftigkeit und sein Durchhaltevermögen, nicht vor kurzfristigen politischen Forderungen einzuknicken, zeugen jedoch von politischer Aufrichtigkeit und Verantwortung. Lindner war bereit, für seine Überzeugungen die politische Konsequenz zu tragen und damit ein Zeichen zu setzen, das die deutsche Politik nur selten sieht: Prinzipientreue und das Wohl der kommenden Generationen über kurzfristige Popularität zu stellen. Seine Entlassung ist ein Verlust für den Reformkurs, den Deutschland so dringend benötigt, und sie wirft die Frage auf, ob die aktuelle Regierung bereit ist, den Mut zu langfristig tragfähigen Entscheidungen aufzubringen.

Christian Lindner hat in seiner Zeit als Finanzminister Rückgrat gezeigt und eine Linie verfolgt, die Deutschland nachhaltig wirtschaftlich stabilisieren könnte. Seine Vision von einem „Zukunftshaushalt“ – ein Haushalt, der durch Investitionen in Zukunftstechnologien, Bildung und Infrastruktur auf Wachstum setzt und zugleich die finanzpolitische Stabilität wahrt – bleibt ein Modell für verantwortungsvolle Haushaltsführung. Dass er für diese Überzeugungen seine Position aufgibt, wird vielen als Beleg seiner Integrität in Erinnerung bleiben.

Während der Haushalt 2025 ohne Lindners Einfluss nun wahrscheinlich ein anderes Gesicht erhalten wird, ist seine Botschaft klar: Deutschland kann sich wirtschaftliche Weitsicht und Disziplin nicht nur leisten – es braucht sie dringend. Lindner hat mit seiner Standhaftigkeit Maßstäbe gesetzt, und seine Entlassung zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, Politiker mit Rückgrat und einer klaren Vision in der Regierung zu haben. Deutschland verliert einen Finanzminister, der den Mut hatte, den Kanzler auf den notwendigen Kurs hinzuweisen, selbst wenn dies zu seiner Entlassung führte.

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Altersvorsorge nach dem pAV-Reformgesetz

Von Dr. Oliver Everling | 6.November 2024

Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) äußert sich in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf des pAV-Reformgesetzes grundsätzlich positiv. Sie begrüßt die geplanten Reformen zur steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge, die sie als wichtigen Schritt zur Attraktivitätssteigerung für Anleger und zur Sicherung des Lebensstandards im Alter betrachtet. Ein zentraler Punkt der DK ist die Einführung eines flexiblen Altersvorsorgedepots ohne Beitragsgarantien. Dieses Depot ermöglicht es den Anlegern, kostengünstig in eine Vielzahl von Wertpapieren zu investieren und damit eine langfristige Wertsteigerung zu erzielen. Die DK sieht in dieser Maßnahme einen wichtigen Beitrag zur Förderung einer breiten Wertpapierkultur, besonders für Berufseinsteiger, Familien und Personen mit geringerem Einkommen. Die Kreditwirtschaft schlägt jedoch vor, eine einheitliche Risikobegrenzung für alle Produktkategorien im Altersvorsorgedepot einzuführen, um den Erwerb zu riskanter Anlagen durch die Anleger zu vermeiden. So sollte der SRI-Wert (Sustainability Risk Indicator) auf maximal 5 beschränkt werden, unabhängig davon, ob es sich um Fonds, Anleihen oder Aktien handelt. Die DK fordert zusätzlich, nicht nur Staatsanleihen, sondern auch klassische Bank- und Unternehmensanleihen im Depot zuzulassen, da diese teilweise als ebenso sicher angesehen werden.

Weiterhin äußert sich die DK zur Reichweite der staatlichen Förderung und spricht sich dafür aus, dass auch Selbstständige, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind, von der Förderung profitieren können. Sie hebt zudem hervor, dass bestehende Altersvorsorgeverträge mit nachgelagerter Besteuerung keine Anteile enthalten sollten, die jährlich besteuert werden müssen, da dies den Verwaltungsaufwand und die Komplexität erhöhen würde. Des Weiteren sollten Regelungen zur Steuerfreiheit von Altersvorsorgeprodukten vereinfacht und einheitlich gestaltet werden, um den Verwaltungsaufwand für die Institute zu reduzieren und die Handhabung für den Verbraucher zu erleichtern. Die DK schlägt vor, dass Anbieter Altverträge nur einvernehmlich an die neuen Bedingungen anpassen dürfen, um den Aufwand für Anbieter zu minimieren, die lediglich Bestandsverträge verwalten. In Bezug auf die Erhöhung des Eintrittsalters für die Auszahlungsphase von 62 auf 65 Jahre unterstützt die DK diesen Vorschlag, da er langfristig zu einer höheren Rente beiträgt. Auch die Vorgaben für den Auszahlungshöhenstabilisierungsmechanismus bei Auszahlplänen werden von der DK als sinnvoll erachtet, jedoch plädiert sie für eine flexiblere Regelung, um monatliche Schwankungen abzufedern. Kritisch sieht die DK die geplante Kostenfreiheit bei der Übertragung des gekündigten Kapitals nach einer fünfjährigen Frist, da sie eine unfaire Belastung der Anbieter darin sieht.

Die DK begrüßt ferner, dass ein breites Spektrum an Wertpapieren für das Altersvorsorgedepot zugelassen werden soll, fordert jedoch eine Überarbeitung der Beschränkungen für bestimmte Wertpapiere, wie etwa Fonds, deren SRI-Wert Schwankungen unterliegt. Diese Schwankungen können dazu führen, dass Anleger häufig Anpassungen in ihrem Depot vornehmen müssen, was die Verwaltungsaufwände erhöht. Der Vorschlag, dass Fonds beim Erwerb einen SRI-Wert von maximal 5 haben sollten, würde die Flexibilität der Anlage stärken und sicherstellen, dass die Risikoklasse im Laufe der Vertragslaufzeit nicht zu einer unfreiwilligen Umschichtung führt. Ein „vereinfachtes Altersvorsorgedepot“ speziell für Neukunden wird ebenfalls als positiv erachtet, wobei die DK eine Erweiterung der Auswahl auf bis zu vier Fonds empfiehlt, um eine bessere Risikosteuerung zu ermöglichen. In Bezug auf die Kostentransparenz hält die DK die Umstellung auf den PIA-Standard für sinnvoll, da sie eine vergleichbare Darstellung von Kosten und Risiken ermöglicht. Die DK hebt jedoch hervor, dass eine Prognose der Kosten für selbstverwaltete Depots nur schwer möglich ist, da diese von den individuellen Anlageentscheidungen des Kunden abhängt. Auch wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Kosten im Falle von selbstverwalteten Depots anders zu regeln, da herkömmliche Mechanismen, wie sie in der klassischen Anlageberatung angewandt werden, hier nicht umsetzbar sind.

Abschließend fordert die DK einige Klarstellungen für die Übergangsregelungen im Hinblick auf Altverträge, insbesondere Riester-Verträge. So sollte beispielsweise die Übertragung bestehender Verträge in das neue System vereinfacht und ein Wechsel der Anlageform in der Auszahlungsphase ermöglicht werden. Die DK sieht in den geplanten Änderungen des pAV-Reformgesetzes insgesamt eine wichtige Gelegenheit, die private Altersvorsorge für eine breitere Bevölkerungsschicht zugänglich und attraktiver zu gestalten.

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Klare Ergebnisse bei den US-Wahlen: Eine Analyse von Carsten Mumm

Von Dr. Oliver Everling | 6.November 2024

Der überraschend klare Ausgang der jüngsten Präsidentschafts- und Kongresswahlen in den USA bringt aus Sicht der Kapitalmärkte zwei positive Aspekte mit sich. Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL, kommentiert die aktuellen Entwicklungen und ihre potenziellen Auswirkungen auf die Märkte und die Wirtschaft.

„Keine Unklarheit über das Wahlergebnis“, stellt Mumm fest. Die klare Entscheidung hat das Risiko langwieriger Neuauszählungen und juristischer Konflikte um das Wahlergebnis abgewendet. „Länger andauernde Neuauszählungen, juristische Auseinandersetzungen mit einer möglichen finalen Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof oder gar Ausschreitungen hätten für erhebliche Verunsicherung an den Börsen gesorgt,“ so Mumm. Die Kapitalmärkte profitieren von der Tatsache, dass solche Szenarien ausgeblieben sind und die politische Zukunft des Landes – zumindest vorerst – feststeht.

Zusätzlich hebt Mumm hervor, dass die politischen Ausrichtungen der neuen Regierung aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Kongress weitgehend absehbar sind. Die Mehrheit in beiden Kammern ermöglicht eine klare politische Agenda. Dennoch verweist Mumm auf die Unberechenbarkeit von Donald Trump, der als neuer Präsident eine zentrale Rolle spielen wird. „Eine kleine Einschränkung ist in diesem Kontext nur die Unberechenbarkeit des künftigen US-Präsidenten Donald Trump, bei dem man weniger als bei anderen davon ausgehen kann, dass Ankündigungen aus dem Wahlkampf tatsächlich auch umgesetzt werden.“

Mumm erwartet eine Fortsetzung und Intensivierung der wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die unter Trump bereits begonnen wurden. „Trotzdem werden die großen wirtschaftspolitischen Leitlinien weitere Steuersenkungen für Unternehmen, eine Verlängerung der Einkommenssteuersenkungen des Jahres 2017 sowie ein Ausbau der Förderung fossiler Energierohstoffe und ggf. weitere Deregulierungen in einigen Branchen (wie der Finanzindustrie) sein,“ erläutert der Chefvolkswirt. Diese Perspektive hat bereits jetzt Auswirkungen auf bestimmte Branchen an den Finanzmärkten. „So haben sich in den vergangenen Wochen bereits deutliche Kursgewinne in den betroffenen Branchen (sog. ‚Trump-Trades‘) eingestellt und dürften vorerst weiter ausgebaut werden.“ Auch der US-Dollar hat sich aufgewertet, was Mumm auf die optimistischen Markterwartungen zurückführt.

Dennoch gibt es aus wirtschaftlicher Sicht kritische Punkte, insbesondere im Bereich der Handelspolitik. Ob und in welchem Ausmaß Trump protektionistische Maßnahmen wie Zollanhebungen und Handelsbeschränkungen durchsetzen wird, bleibt unklar. „Offen ist hingegen, in welchem Ausmaß Trump die massiven Zollanhebungen und die Ausweitung anderer Handelsbeschränkungen vornehmen wird,“ betont Mumm. „Diese hätten deutlich negative Auswirkungen auf wichtige Handelspartner wie China oder Deutschland.“ Auch innerhalb der USA könnten die Maßnahmen mittel- bis langfristig spürbare Konsequenzen haben. Steigende Importpreise infolge von Zöllen könnten die Inflation ankurbeln und so den Handlungsspielraum der Federal Reserve für künftige Zinssenkungen einschränken.

In Bezug auf die Migrationspolitik sieht Mumm ebenfalls Risiken. „Auch massenhafte Abschiebungen von Migranten und eine Begrenzung der Einwanderung würden der US-Wirtschaft erheblich schaden.“ Da die US-Wirtschaft auf eine hohe Anzahl von Arbeitskräften angewiesen ist, könnten solche Maßnahmen das Wachstum bremsen und die Marktstabilität gefährden.

Auch geopolitische Unsicherheiten spielen eine Rolle. Mumm verweist insbesondere auf mögliche Konflikte im Nahen Osten und bezüglich der Ukraine, bei denen die Position der US-Regierung unklar ist. „Hinzu kommt eine erhöhte Unsicherheit über die Positionierung der US-Regierung bei geopolitischen Konfliktlagen, vor allem bzgl. der Ukraine und im Nahen Osten.“

Für Europa sieht Mumm in den aktuellen Entwicklungen eine verstärkte Notwendigkeit zur Eigenständigkeit. „Aus europäischer Sicht erhält die hinlänglich bekannte Erkenntnis neuen Auftrieb, dass man sich deutlich stärker emanzipieren und für eigene Positionen – auch finanziell – einstehen muss.“ Europa muss sich zunehmend unabhängig von den USA aufstellen, insbesondere in wirtschafts- und sicherheitspolitischen Fragen.

Abschließend rät Mumm Anlegern, die weitere Entwicklung der US-Politik genau zu beobachten. Die derzeitige Euphorie an den Märkten könnte schnell abkühlen, wenn die ersten Risiken der neuen US-Administration spürbar werden.

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Zukunftshaushalt als Grundlage der Wirtschaftswende

Von Dr. Oliver Everling | 1.November 2024

In einem wegweisenden Konzept skizziert Bundesfinanzminister, Christian Lindner, den Zukunftshaushalt: Der Zukunftshaushalt 2025 markiert eine zentrale Weichenstellung für Deutschlands wirtschaftliche Ausrichtung in den kommenden Jahren und setzt auf die Konsolidierung der Staatsfinanzen sowie gezielte Investitionen, um die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft nachhaltig zu stärken. Angesichts der drängenden wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen fokussiert sich der Haushaltsentwurf auf finanzpolitische Stabilität und Effizienz, ohne die langfristige Wachstumsfähigkeit der Wirtschaft zu gefährden.

Ein zentrales Ziel des Zukunftshaushalts 2025 ist es, den Aufwuchs der Staatsausgaben, wie er in den Krisenjahren notwendig war, zurückzuführen und gleichzeitig eine qualitative Verbesserung der Ausgabenstruktur zu erreichen. Die Schuldenbremse wird dabei als Garant für solide Staatsfinanzen strikt eingehalten. Durch diese Begrenzung werden Ausgaben priorisiert, die als Kernkompetenzen des Staates gelten und die Zukunftsfähigkeit der Volkswirtschaft fördern sollen. Vor allem Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Forschung sollen gestärkt und gegenüber konsumtiven Ausgaben bevorzugt behandelt werden, um die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der deutschen Wirtschaft langfristig zu erhöhen.

Trotz der fiskalischen Disziplin bleibt die Herausforderung bestehen, dem gestiegenen Konsolidierungsbedarf gerecht zu werden. Aufgrund der nach unten korrigierten Steuerschätzung wird die Einnahmebasis im Haushalt 2025 voraussichtlich geringer ausfallen als ursprünglich geplant. Daher ist eine konsequente Priorisierung von Investitionen über konsumtive Ausgaben unabdingbar, um die knappen Mittel effizient einzusetzen. Steuererhöhungen sind in diesem Entwurf nicht vorgesehen, da sie in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage die Belastungen für Unternehmen und Privathaushalte weiter erhöhen und das Wachstum schwächen würden. Vielmehr wird der Abbau der sogenannten „kalten Progression“ sowie der Einstieg in die Abschaffung des Solidaritätszuschlags angestrebt, um Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen und gleichzeitig Impulse für die Wirtschaft zu setzen.

Der Entwurf sieht auch die Reduktion ineffizienter Subventionen vor, um die Haushaltsmittel besser einsetzen zu können. Besonders im Bereich der klimapolitischen Subventionen und im Rahmen des Klima- und Transformationsfonds (KTF) sollen Kürzungen vorgenommen werden. Beispielsweise wird die Subventionierung einzelner Großunternehmen kritisch hinterfragt, und es wird vorgeschlagen, die freigewordenen Mittel in Zukunft verstärkt für Forschungsförderung einzusetzen. Forschung und Entwicklung gelten als zentrale Treiber für Innovation und Produktivität und sind daher ein unverzichtbares Element des Zukunftshaushalts. Zusätzlich wird die Förderung von Spitzenforschung erhöht, um den technologischen Fortschritt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu sichern.

Ein weiterer Bestandteil des Zukunftshaushalts ist die Neuausrichtung der Sozialausgaben, insbesondere im Bereich der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Durch Reformen sollen Anreize für eine gesteigerte Arbeitsmarktpartizipation geschaffen und die Generationengerechtigkeit in den Sozialversicherungssystemen gewährleistet werden. Eine flexiblere Rentenpolitik, die einen individuellen Renteneintritt ermöglicht, sowie Anpassungen bei der Grundsicherung sollen die soziale Sicherung zukunftsfähig gestalten und gleichzeitig den Bundeshaushalt entlasten.

Zusammenfassend zielt der Zukunftshaushalt 2025 darauf ab, eine stabile finanzpolitische Grundlage zu schaffen, die Deutschland sowohl auf europäischer als auch auf globaler Ebene wettbewerbsfähig hält. Durch eine klare Prioritätensetzung auf Zukunftsinvestitionen, die Reduktion ineffizienter Ausgaben und eine wachstumsorientierte Steuerpolitik wird eine solide Basis für nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum und finanzielle Stabilität gelegt. Dieser Weg der Konsolidierung und Neuausrichtung ist der entscheidende Schritt in der „Wirtschaftswende“, die Deutschland langfristig wieder in die Position eines führenden Innovations- und Industriestandorts bringt.

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Wirtschaftspolitische Neuausrichtung zur Stärkung des Potenzialwachstums

Von Dr. Oliver Everling | 1.November 2024

Um Deutschlands wirtschaftliches Potenzial zu stärken und die strukturellen Schwächen zu überwinden, fordert das Bundesministerium der Finanzen ein Sofortprogramm in drei zentralen Handlungsfeldern. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Wachstumsdynamik zu entfesseln, eine wettbewerbsfähige Klimapolitik zu gestalten und den Arbeitsmarkt zu mobilisieren. Sie setzen klare Prioritäten in der Wirtschaftspolitik, um die Innovationskraft, Produktivität und langfristige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nachhaltig zu fördern.

Das erste Handlungsfeld adressiert die Notwendigkeit, der deutschen Wirtschaft neuen finanziellen und regulatorischen Spielraum zu verschaffen. Ein zentrales Element ist ein dreijähriges Moratorium für neue Regulierungen, das sämtliche bürokratischen Hürden überdenkt und die Bürokratielast senken soll. Auch im Bereich des „Green Deals“ sollen Nachweis- und Berichtspflichten auf ein Mindestmaß beschränkt werden, um Unternehmensressourcen besser auf wertschöpfende Tätigkeiten konzentrieren zu können. Ein weiterer Vorschlag betrifft die Unternehmensbesteuerung. Das Programm plädiert für einen schrittweisen Abbau des Solidaritätszuschlags und eine Senkung der Körperschaftsteuer, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und mehr Anreize für private Investitionen zu schaffen. Darüber hinaus ist die Förderung von Innovationssprüngen durch Wagniskapital ein Schwerpunkt. Hier sollen Start-ups und wachsende Unternehmen gestärkt und mehr privates Risikokapital mobilisiert werden.

Im zweiten Handlungsfeld zielt das Sofortprogramm auf eine europäisch ausgerichtete Klimapolitik, die Deutschland vom alleinigen nationalen „Klimaschutz-Sonderweg“ abbringt und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit erhöht. Deutschland soll sich stärker an den EU-Klimazielen orientieren, anstatt sich durch nationale Alleingänge zu belasten. Ein weitreichender Vorschlag ist der Ersatz nationaler Klimaziele durch europäische, um wirtschaftliche Verwerfungen und vermeidbare Kosten im Bereich der Dekarbonisierung zu reduzieren. Zusätzliche sektorale Ziele für Emissionen sollen abgeschafft werden, um das Gesamtsystem nicht unnötig zu verteuern. Darüber hinaus empfiehlt das Sofortprogramm den Ausstieg aus der Förderung erneuerbarer Energien durch staatlich garantierte Vergütungen, da diese Maßnahmen nicht nur ineffektiv, sondern auch finanzpolitisch belastend seien. Stattdessen soll die volle Bandbreite an Technologien zugelassen werden, beispielsweise Carbon Capture and Storage (CCS), um die Energiekosten langfristig zu stabilisieren und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Das dritte Handlungsfeld konzentriert sich auf die Mobilisierung des Arbeitsmarktes und den Abbau von Fehlanreizen. Ein erster Ansatz ist die Beseitigung von Hürden, die der Ausweitung der Arbeitszeit entgegenstehen, um die effektiven Arbeitsstunden zu erhöhen und mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Vorschläge umfassen auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeitregelungen, etwa durch die Umstellung von der täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit. Ein weiterer Ansatz ist die Bekämpfung der „kalten Progression“, die Lohnerhöhungen oft durch höhere Steuern entwertet und damit das Einkommen nicht nur gleichmäßig, sondern auch fairer verteilen soll. Ebenso soll die Rentenpolitik den demografischen Herausforderungen angepasst werden, um sicherzustellen, dass junge Generationen durch das Umlagesystem nicht unverhältnismäßig belastet werden.

Das Sofortprogramm betont die Dringlichkeit einer wirtschaftspolitischen Neuausrichtung, die auf einem starken Ordnungsrahmen basiert. So sollen die Bedingungen für Unternehmen geschaffen werden, die es ihnen ermöglichen, eigenverantwortlich auf die veränderten globalen und regionalen Marktanforderungen zu reagieren. Das Konzept einer marktwirtschaftlich orientierten Reform setzt dabei auf einen Ordnungsrahmen, der statt zentraler Steuerung Wettbewerb und Eigenverantwortung stärkt und die wirtschaftlichen Gestaltungsspielräume ausweitet. Dieses Programm zielt auf eine stabile, langfristig tragfähige Basis, die den Wirtschaftsstandort Deutschland stärkt und seine Attraktivität im globalen Wettbewerb sichert.

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Deutschland schwächt sich selbst

Von Dr. Oliver Everling | 1.November 2024

Deutschland verfügt über bedeutende wirtschaftliche Stärken: Innovationskraft, geistiges Eigentum, hochqualifizierte Fachkräfte und einen soliden Mittelstand. Dennoch zeigt sich, dass Deutschland sein Potenzial nicht voll ausschöpft. Kurz- und mittelfristige Prognosen wurden bereits nach unten korrigiert, und konjunkturelle Schwächen verschärfen die Problematik nur teilweise. Die eigentliche Ursache liegt in strukturellen Herausforderungen und politischen Entscheidungen, die das Wirtschaftswachstum nachhaltig hemmen.

Das Produktivitätswachstum, entscheidend für die wirtschaftliche Dynamik, hat sich deutlich verlangsamt. Ein dichtes Netz aus Bürokratie und Regulierung bremst Unternehmen aus und beeinträchtigt Innovationskraft sowie Unternehmergeist. Hinzu kommt der demografische Wandel, der durch den bevorstehenden Austritt der Baby-Boomer aus dem Erwerbsleben beschleunigt wird. In Deutschland sind die Arbeitsstunden pro Beschäftigtem im internationalen Vergleich gering, und mangelnde Arbeitsanreize verschärfen den Fachkräftemangel. Die Konsequenzen spüren die sozialen Sicherungssysteme, die unter der Last des demografischen Wandels leiden.

Ein weiterer Faktor ist Deutschlands ambitionierter Sonderweg beim Klimaschutz. Das Land plant, schon bis 2045 klimaneutral zu sein und dabei vollständig auf Kernenergie zu verzichten. Dies führt zu einem vorzeitigen Wertverlust „fossiler“ Kapitalgüter in Unternehmen und Haushalten, wie etwa Maschinen, Fahrzeugen und Heizungen. Zugleich steigen die Energiekosten massiv an. Diese politischen Entscheidungen schaffen Unsicherheit, belasten Standortbedingungen und bremsen Investitionen, da sowohl Haushalte als auch Unternehmen angesichts dieser Risiken zurückhaltender agieren. Darüber hinaus herrscht ein erheblicher Investitionsstau. In den vergangenen Jahren wurden dringend notwendige staatliche Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und Verteidigung nicht ausreichend genutzt, was teilweise durch die Priorisierung des Wohlfahrtsstaates verursacht wurde. Trotz einer erhöhten Investitionsquote bleiben die Rückstände in diesen Bereichen gravierend, und es ist eine langfristige Strategie erforderlich, um die Defizite zu beseitigen.

Auch die fragmentierte Weltwirtschaft wirkt sich negativ auf Deutschland aus. Geopolitische Spannungen und protektionistische Tendenzen treffen die stark exportorientierte Volkswirtschaft überproportional. Der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit schadet den Wachstumsaussichten und gefährdet die Möglichkeit, von Produktivitätsvorteilen in anderen Regionen zu profitieren.

Insgesamt ist eine grundlegende Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik notwendig. Die bestehenden strukturellen Schwächen gefährden die Stabilität der Staatsfinanzen und die Position Deutschlands in der Eurozone. Nur durch nachhaltiges Potenzialwachstum und eine gezielte Wirtschaftswende können langfristige Risiken für Finanzstabilität, Inflation und Generationengerechtigkeit abgewendet werden. Ein entschlossener Fokus auf Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und Verteidigung sowie eine Vereinfachung der bürokratischen Vorgaben sind notwendig, um die wirtschaftliche Basis zu stärken und die Wachstumsfähigkeit zu sichern.

Themen: Länderrating | Kommentare deaktiviert für Deutschland schwächt sich selbst

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