VdK heißt institutionelle Investoren willkommen
Von Dr. Oliver Everling | 28.Oktober 2021
Der Verband deutscher Kreditplattformen (VdK) öffnet sich für institutionelle Investoren. Nach seiner Gründung im Jahr 2019 hat der Verband inzwischen 24 Mitglieder aus allen Teilen des Ökosystems. Für die inhaltliche Arbeit in seinen Ausschüssen beruft der Vorstand außerdem Zorana Bejtovic, Head of Risk bei creditshelf, zur neuen Vorsitzenden des Ausschusses für Risiko- und Compliancemanagement.
Der Verband deutscher Kreditplattformen setzt sich für die professionelle, integre und transparente Gestaltung des digitalen Investierens und Finanzierens ein. Nun können auch institutionelle Investoren die Vollmitgliedschaft anstreben. Dies können zum Beispiel Versicherungen, Pensionskassen und ihre Verwaltungsgesellschaften, Stiftungen, Banken, kirchliche Einrichtungen oder Family Offices sein, die in Fremdkapital über Kreditplattformen investieren und die Zwecke des Verbandes fördern wollen.
Constantin Fabricius, Geschäftsführer des Verbandes deutscher Kreditplattformen, freut sich über diese Entwicklung: “Die Öffnung unseres Verbandes für institutionelle Investoren als Ordentliche Mitglieder ist mit dem Ziel verbunden, insbesondere die hohe Qualität unserer Branchenstandards zu sichern. Das liegt im Interesse aller Anleger.”
Mit den Branchenstandards für die Compliance-Organisation, für angemessenes und diskriminierungsfreies Verhalten, für einheitliche Branchenangaben und Zahlen sowie für das Beschwerdemanagement hat die Mitgliederversammlung als höchstes Organ des Verbandes bereits vier Branchenstandards verabschiedet. Entwürfe für vier weitere Standards zum Risikomanagement, Outsourcing und Forderungsmanagement sowie zum Thema ESG/CSR sind aktuell in Arbeit. Die Standards bilden die Grundlage auf dem Weg zu einem einheitlichen Gütesiegel. Dieses werden nach der Fertigstellung aller Standards nur solche Mitglieder tragen dürfen, die die Einhaltung durch eine externe Stelle unabhängig haben überprüfen lassen.
Der VdK sieht sich als Vertretung der Interessen von Schuldnern und Gläubigern als Kunden der Kreditplattformen und stellt Informationen über die wirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz des digitalen Finanzierens und Investierens in Deutschland zur Verfügung.
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Kunstauktionen auf Rekordkurs
Von Dr. Oliver Everling | 27.Oktober 2021
Die Artnet AG, der führende Anbieter von Online Kunstauktionen, Kunstmarktdaten und -nachrichten, erzielte mit der jüngsten Premier Prints & Multiples-Auktion von Artnet Auctions den zweithöchsten Umsatz in der Geschichte des Unternehmens.
„Nach einer herausragenden Auktion im vergangenen Frühjahr, die weiterhin den Spitzenplatz einnimmt, bestätigt Artnet Auctions erneut seine Relevanz im Print-Bereich“, schreibt der Vorstand des börsennotierten Unternehmens Artnet AG. „Mit einem Warenumsatz von mehr als 1,3 Millionen USD erzielte die Auktion diesen Monat eine Steigerung der Gesamtverkäufe um 44% im Vergleich zur Premier Prints & Multiples -Auktion im Herbst 2020.“ Der durchschnittliche Transaktionswert habe 36.000 USD betragen, was 54% höher als der durchschnittliche Angebotswert war.
„Dass unser Prints-Team für Keith Haring, Robert Longo und Mel Bochner neue Auktionsrekorde aufgestellt hat, ist ein Beweis für die Stärke dieser Kategorie und die Nachfrage nach hochwertigen Werken“, sagte Conner Williams, Head of Prints & Multiples bei Artnet Auctions. „Der große Bochner-Monodruck und die Longo Lithographien aus der legendären Serie Men in the Cities sind Rekordergebnisse für diese Kunstdrucke.“
Die Auktion sah Gebote aus 14 Ländern in Asien, Europa und Nordamerika. Nach mehr als 200 konkurrierenden Geboten übertrafen alle 32 verkauften Lose ihren unteren Schätzpreis. Es gab fünf Ergebnisse im sechsstelligen Bereich.
Zu den Top-Losen aus dem Verkauf gehörten Robert Longos Meryl and Jonathan (kompletter Satz von 2 Werken aus Men in th e Cities) (1988), die 150.000 USD erzielten. Mel Bochners Ha Ha (2014) erlöste 137.500 USD und Keith Harings Pop Shop II: one print (1988) 57.500 USD – alle Preise inklusive Aufschlag.
„Wir haben in diesem Jahr zwei unserer umsatzstärksten Verkäufe erzie lt und stellen regelmäßig Rekorde für Kunstwerke auf. Das zeigt die Bedeutung und das Ansehen von Artnet Auctions“, sagte Artnet-Vorstand Jacob Pabst. „Käufer und Verkäufer schätzen die unübertroffene Liquidität von Online-Auktionen. Der Online-Kunstmarkt befindet sich an einem Wendepunkt – und unser Team führt diesen Wandel an.“
Der Erfolg dieser Auktion läutet für das Team von Artnet Auctions den Höhepunkt der Herbstsaison ein. Zu den weiteren bevorstehenden Verkäufen gehören ein erster NFT – Verkauf und ein erster Sofortkauf (Buy Now), bei dem Werke zu einem Festpreis erhältlich sein werden. Weitere Spitzenlose der Saison werden im November in einer eigenen Auktion für Nachkriegskunst und Zeitgenössischen Kunst angeboten.
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So lange abstimmen, bis das Ergebnis passt
Von Dr. Oliver Everling | 22.Oktober 2021
„Vor fast 25 Jahren legte die HypoVereinsbank mit dem HFS Deutschland 12 einen der größten Immobilienfonds aller Zeiten auf. Ich habe den Fonds damals massiv kritisiert,“, schreibt der Rosenheimer Stefan Loipfinger in seinen neuesten Investmentcheck-News KW 42/2021, „weil meines Erachtens vor allem das größte Fondsobjekt in Magdeburg nicht funktionieren würde. Damit hatte ich Recht. Was ich aber nicht erahnen konnte, war das Managementversagen der heute zur UniCredit gehörenden WealthCap. Klar, die gab es damals auch noch nicht.“
Stefan Loipfinger fasst kurz zusammengefasst: Das City Carrée in Magdeburg wurde damals für 300 Millionen Euro gekauft und 2017 für 145 Millionen Euro verkauft. Der Käufer 2017 hat sich gefreut und zwischenzeitlich das Objekt mit tollem Gewinn weiter verkauft.
„Noch schlimmer finde ich aber den Vorgang um das Blautal-Center in Ulm. Für das 1997 fertiggestellte Einkaufszentrum zahlten die AnlegerInnen damals gut 125 Millionen Euro. 2012 hat eine WealthCap-Gesellschaft das Centermanagement übernommen. Seit dem geht es steil bergab und kürzlich stimmten die AnlegerInnen über einen Verkauf zum Preis von 37 Millionen Euro ab“, so Stefan Loipfinger. Der von den gut 5.000 FondsanlegerInnen eingesetzte Beirat kritisiere mittlerweile die UniCredit-Tochter recht deutlich und spreche vornehm von „vielen unglücklichen Entscheidungen der WealthCap“, berichtet der Experte aus Rosenheim.
Stefan Loipfinger will nun gehört haben, dass die Anlegerinnen und Anleger dem Verkauf zu einem „Fire-Sale-Price“, wie ihn der Beirat bezeichnete, nicht zustimmen: „Darüber ist das Fondsmanagement nicht glücklich und bereitet angeblich gerade eine weitere Abstimmung vor. Wir kennen das ja aus der Politik, wenn einfach so lange abgestimmt wird, bis das Ergebnis passt.“
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Sackgasse Schuldenpolitik
Von Dr. Oliver Everling | 22.Oktober 2021
Das unabhängige Schweizer Kreditresearch-Unternehmen Independent Credit View (I-CV) nahm in der Länderstudie 2021 die fundamentale Kreditqualität von 51 Staaten unter die Lupe. Die Beurteilung und Überwachung der Länderbonitäten ist und bleibt für Anleiheninvestoren von höchster Bedeutung. Insbesondere vor dem Hintergrund einer rund um den Globus enormen Verschuldung und angesichts einer Sondersituation hinsichtlich der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie.
Die I-CV Länderstudie 2021 entstand in einem noch nie gesehenen Umfeld. Denn zur Eindämmung der sozialen und wirtschaftlichen Folgeschäden haben Notenbanken ein „Inflationsexperiment“ und die Industriestaaten Stimulierungsprogramme von beispiellosem Ausmaß lanciert. Dadurch konnte die Erholung beschleunigt und eine Ausweitung der Krise in soziale und wirtschaftliche Sphären bisher erfolgreich eingedämmt werden.
„Als Folge sind aber auch die globalen Verschuldungszahlen weiter in die Höhe geschossen. Nur wenige Staaten erfüllen die Voraussetzungen, diese Schuldenlast bei normalisiertem Zinsniveau tragen beziehungsweise über die Zeit reduzieren zu können. Die Schuldenpolitik ist demnach vielerorts in der Sackgasse“, so René Hermann, Lead-Autor der I-CV Länderstudie.
Die rasante wirtschaftliche Erholung aufgrund der Verfügbarkeit von Impfstoffen und der Entladung von Aufholeffekten dürfte noch dieses Jahr und 2022 anhalten, gebremst jedoch durch Angebotsschocks. Während die Maßnahmen notwendig waren, bleibt deren Zurückschrauben politisch heikel.
„Mit staatlicher Investitionslenkung soll die Wirtschaft nachhaltiger werden, oft ist aber auch dünn verschleierter Protektionismus anzutreffen. Entsprechend geht die ‚Zombifizierung‘ der Wirtschaft weiter. Die hohe Verschuldung von Staaten, Haushalten und Unternehmen stellt die Achillesferse der Länderbonität dar. Erneute Schocks (China, Inflation, Häusermärkte) könnten die positive Dynamik ausbremsen. Länder, welche mit robusten Bilanzen in die Krise gingen, zeigen eine schnelle Erholung, während sich die Situation bei Staaten mit hoher Verschuldung weiter verschlimmert hat“, sagt Hermann.
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Der große Finanzbloggerpreis für die DACH-Region
Von Dr. Oliver Everling | 18.Oktober 2021
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Jahresendrallye noch möglich
Von Dr. Oliver Everling | 18.Oktober 2021
„Trotz der angespannten Marktlage bestehen weiterhin gute Aussichten auf eine Jahresendrallye an den Börsen“, urteilt Dr. Eduard Baitinger, seit 2015 Head of Asset Allocation in der FERI Gruppe. „Der aktuelle Inflationsdruck und die Wachstumsschwäche sind zum erheblichen Teil Nachwirkungen der seit dem Sommer grassierenden Delta-Virusvariante. Neue Coronafälle führten etwa in China in den zurückliegenden Monaten zu Hafenschließungen, die die globalen Lieferketten und die Industrieproduktion erheblich belastet haben.“
Auch der Konsum litt nach Beobachtung von Baitinger spürbar unter der Delta-Virusvariante: „Seit dem Spätsommer hat sich die globale Covid-19-Situation allerdings merklich entspannt. Damit verbessern sich die Perspektiven für die Wiederaufnahme eines weitgehend reibungslosen Warenverkehrs und einer verstärkten Industrieproduktion noch in diesem Jahr. Sollten Wirtschaftswachstum und Konsum in den kommenden Monaten steigen, ist ein versöhnlicher Jahresausklang an den Märkten durchaus möglich.“
Aufgrund weltweiter Lieferengpässe und steigender Rohstoffpreise verzeichnen die Industrieländer vielfach die höchsten Preissteigerungsraten seit Jahren. In hohen Produzentenpreise sieht Baitinger zudem eine spürbare Hintergrundinflation, die den Druck auf die bereits steigenden Verbraucherpreise weiter erhöhen könnte. Gleichzeitig habe die Wachstumsdynamik der globalen Wirtschaft abgenommen und könnte gänzlich zum Erliegen kommen, falls die Störungen in den weltweiten Lieferketten weiter andauern.
„Im schlimmsten Fall“, warnt Baitinger, „könnte daraus ein Stagflationsszenario entstehen, das durch rückläufige Unternehmensgewinne und – als Reaktion auf die höheren Inflationsraten – steigende Zinsen charakterisiert ist. In diesem Fall drohen negative Konsequenzen sowohl für Aktien- als auch Anleihenmärkte. Zur Portfolioabsicherung stünden dann nur noch vereinzelte Marktsegmente wie Energieaktien, Finanzwerte und Rohstoffe zur Verfügung.“
In der Fragilität der vergangenen Wochen sieht Baitinger ein Zeichen dafür, dass die Märkte in Teilen damit begonnen haben, das Stagflationsszenario einzupreisen: „Da Stagflation in der jüngeren Vergangenheit jedoch praktisch keine Rolle gespielt hat, fehlt den Marktteilnehmern die Erfahrung, um angemessen auf diese Entwicklung reagieren zu können. Damit steigt in naher Zukunft das Risiko angstgetriebener Reaktionen und somit abrupter Korrekturen. Hinzu kommt, dass die Marktbreite an den globalen Börsen abgenommen hat. Bei steigendem Abverkaufsdruck hätten die Aktienmärkte deshalb wenig Widerstandskraft.“
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Mittelstand: Mit Kreditgebern auf Augenhöhe verhandeln
Von Dr. Oliver Everling | 12.Oktober 2021
„Unternehmen müssen ihre Verhandlungsposition realistisch einschätzen können, um erfolgreich Kreditgespräche zu führen.“ Das ist die Kernaussage des Buches „Mit Kreditgebern auf Augenhöhe verhandeln“ des UnternehmerBeraters Carl-Dietrich Sander. Das Praxishandbuch zur Bankenkommunikation liefert Unternehmern und Beratern das dafür notwendige Hintergrundwissen und praktische Handlungsempfehlungen. Das Buch ist jetzt in einer vollständig überarbeiteten und erweiterten dritten Auflage im NWB Verlag erschienen.
„Es gibt drei entscheidende Kriterien für eine positive Kreditentscheidung: eine gute Ratingnote, eine Kapitaldienstfähigkeitsberechnung mit klarer Überdeckung und von der Bank als werthaltig eingeschätzte Sicherheiten“ sagt Carl-Dietrich Sander, der seit 20 Jahren Unternehmen zu Liquidität und Finanzierung berät.
In seinem Buch schildert er die Hintergründe von Bankentscheidungen in ihrer ganzen Breite. „Mit meinem Praxishandbuch will ich Unternehmen eine Vorstellung davon geben, wie Banker ticken“, so Sander. Das helfe beim Vorbereiten und Führen von erfolgreichen Kreditverhandlungen sowie bei der Nachbereitung. Für alle drei Aspekte gibt der Autor in seinem Buch konkrete Handlungstipps.
Eine zentrale Empfehlung des Autors ist dabei: „Kein Unternehmen sollte von nur einer kreditgebenden Hausbank abhängig sein!“ Daher stellt er dar, wie Unternehmen eine für sie passende Finanzierer-Landschaft aufbauen können und beschreibt die ganze Palette der Finanzierungsarten, die sich in den letzten Jahren besonders durch die Portale im Internet stark erweitert haben.
Auch aktuelle Veränderungen in der Praxis von Banken und Sparkassen sind Thema des Buches: Reduzierung der persönlichen Betreuung, Einsatz elektronischer Kommunikationskanäle, automatisierte Kreditentscheidungen, zunehmende Bedeutung der Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit in Kreditentscheidungen sowie die Auswirkungen der Corona-Krise.
Die Basis für das „Praxishandbuch“ sind die 20-jährige Bankerfahrung des Autors sowie seine 20-jährige Erfahrung aus Training und Beratung von Unternehmen zu Liquidität und Finanzierung. Sein Praxishandbuch hat er als Nachschlagewerk aufgebaut: Die Leser:innen finden nach jedem Abschnitt konkrete Handlungstipps, ergänzende Arbeitshilfen im Download-Bereich zum Buch, viele Querverweise, ein ausführliches Stichwortverzeichnis und Hinweise auf vertiefende Quellen im Internet. Verständliche Texte ohne Fachchinesisch und erläuternde Abbildungen erleichtern den Zugang zu den vielfältigen Themen. Sander’s Credo dazu: „Mir ist wichtig, dass Unternehmen mit den Impulsen aus dem Buch direkt in die Umsetzung von Verbesserungen starten können.“
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Ratingdruck durch Rückkehr öffentlicher Protestbewegungen
Von Dr. Oliver Everling | 6.Oktober 2021
„Mit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie wurden zahlreiche sozioökonomische und politische Protestbewegungen im vergangenen Jahr jäh gestoppt“, berichtet die Niederlassung in Deutschland der Coface, dem französischen Kreditversicherer Compagnie Française d’Assurance pour le Commerce Extérieur S.A.
Nach dem Arabischen Frühling 2011 ging die Zahl der weltweiten Massenaufstände zunächst bis zum Jahr 2016 stetig zurück. Zwischen 2017 und 2019 folgte dann vor allem in Schwellenländern ein deutlicher Anstieg. Kurz vor Ausbruch der Pandemie gab es Unruhen in Hongkong, Algerien, dem Libanon und lateinamerikanischen Ländern wie Chile und Ecuador.
„Durch die Aufhebung von Corona-Restriktionen dürften viele Bewegungen und Aufstände zurückkehren. Darüber hinaus hatte die Pandemie selbst vielerorts verheerende soziale und ökonomische Auswirkungen und sollte neue Konflikte anfachen und bestehende befeuern. Die Erfahrungen mit früheren Epidemien und Pandemien zeigen, dass solche Bewegungen im Durchschnitt ein Jahr nach der Gesundheitskrise auftauchen“, sagt Coface-Volkswirt Samuel Adjutor. In mehreren Ländern Asiens, Lateinamerikas, Afrikas und Osteuropas hat die neue Protestwelle bereits begonnen. Neben den gesellschaftlichen Folgen der Pandemie, zum Beispiel in Brasilien, Kolumbien oder Malaysia, standen in einigen Ländern auch politische Krisen im Zentrum der Bewegungen – unter anderem in Peru, Myanmar oder Montenegro. In Schwellenländern wie Südafrika, Guatemala und Tunesien fanden Proteste statt, die sowohl gesellschaftlich als auch politisch motiviert waren.
Die neue Welle von Protestbewegungen sollte negative Auswirkungen auf den globalen Handel der betroffenen Länder haben, vor allem auf die Warenausfuhren. Coface schätzt, dass die Exporte im Jahr der Unruhen im Schnitt um 4,2% niedriger sind als sie es ohne Massenproteste gewesen wären. Auch in den drei Folgejahren bleibt der Abstand beträchtlich, da die Ausfuhren weiterhin zwischen 6,3% und 8,9% niedriger bleiben. Die negative Wirkung bei den Einfuhren ist hingegen schwächer und eher vorübergehend, so dass sie schnell wieder ihr Potenzialniveau erreichen. Die beschriebenen Auswirkungen sind auf ein schwindendes Vertrauen der Haushalte und Unternehmen sowie zunehmende politische Unsicherheit zurückzuführen. Dies lässt auf der Angebotsseite die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungssektor sinken und führt auf der Nachfrageseite zu einem geringeren Privaten Konsum. Davon abgesehen lässt die politische Unsicherheit die Transaktionskosten zwischen dem betroffenen Land und Handelspartnern steigen.
Im Rahmen der Modellrechnung der Coface zeigt sich auch, dass Aufstände mit rein politischen Forderungen im Durchschnitt schwächere Auswirkungen auf die Exporte und Importe haben als sozioökonomisch motivierte Proteste. Nach politischen Unruhen kehren Ein- und Ausfuhren nach zwei bzw. drei Jahren wieder auf den Weg zurück, den sie ohne den Schock genommen hätten.
In der Folge von sozioökonomisch motivierten Aufständen liegen Exporte und Importe auch drei Jahre später noch 20,7% bzw. 5,6% unter ihrem Potenzial. Dieser Unterschied ist darauf zurückzuführen, dass es für die Regierungen schwieriger ist, zeitnah auf soziale Forderungen zu reagieren. „Diese Erkenntnis ist umso wichtiger, als die Bewegungen, die infolge der Gesundheitskrise entstehen dürften, wahrscheinlich durch die Verschlechterung der sozioökonomischen Bedingungen motiviert sein werden und es gleichzeitig weder für die Fiskal- noch für die Geldpolitik einen Reaktionsspielraum gibt. Die Zentralbanken können den Leitzins aufgrund der hohen Inflation nicht senken und die Regierungen haben bereits einen großen Schuldenberg angehäuft. Die Politik steht mit dem Rücken zur Wand“, sagt Samuel Adjutor.
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Erste Böen eines perfekten Sturmes
Von Dr. Oliver Everling | 6.Oktober 2021
Aus dem Haus des FERI Cognitive Finance Institute in Bad Homburg kommen bedenkenswerte Warnungen: Die westliche Welt befinde sich in der Spätphase eines monetären Superzyklus, der seit 50 Jahren in mehreren Wellen stark expandiere. „Seine Treiber sind expansive Notenbankpolitik und exzessiv steigende Geldmengen. Die Dynamik des Superzyklus hat sich ab 2020 dramatisch beschleunigt, stößt nun jedoch an Grenzen“, so die Warnung.
Mittelfristig drohe ein „perfekter Sturm“, der das globale Finanzsystem erschüttern und gravierende wirtschaftliche und soziale Verwerfungen nach sich ziehen könnte. Dies sind die Kernaussagen der neuen Studie des FERI Cognitive Finance Institute „The Monetary Supercycle – Ursachen, Bedeutung und mögliche Konsequenzen der massiven monetären Aufblähung“.
„Die enorme monetäre Aufblähung des globalen Systems birgt hohe Risiken. Vermögenswerte sind bereits stark inflationiert, doch nun droht auch der Realwirtschaft steigende Inflation. Setzt sich die Preisdynamik fort, wird das Vertrauen in Geldwerte und Währungen – aber auch in Notenbanken – schnell erodieren“, warnt Dr. Heinz-Werner Rapp, Gründer und Leiter des FERI Cognitive Finance Institute.
Betrachte man die Entwicklung aus einer übergeordneten Perspektive, so zeige sich das beunruhigende Muster einer zunehmenden Eskalation. Die „monetären Wellen“ kommen demnach in immer kürzeren zeitlichen Abständen; gleichzeitig übertrifft jede neue Welle die jeweils vorhergehende in Ausmaß und Intensität um ein Mehrfaches. Die Instrumente der monetären Aufblähung reichten von einfacher Geldmengenexpansion über notenbankinduzierte Wertpapierkäufe (Quantitative Easing) bis hin zu offener Monetisierung staatlicher Schulden und Defizite durch Notenbanken (Overt Monetary Financing).
Ein Blick auf die großen Zentralbanken zeige, wie brisant die Lage ist: So habe sich seit 2008 die Bilanzsumme der US-Notenbank durch das gewaltige Volumen neu gedruckten Geldes verzehnfacht; die EZB verbuche heute sechsmal so viele Aktiva in ihrer Bilanz wie vor 13 Jahren. „Diese massive Aufblähung des Finanzsystems ist extrem beunruhigend. Gleichzeitig sorgen Notenbanken durch großvolumige Übernahme von Staatsschulden für monetäre Staatsfinanzierung durch die Hintertür“, so Rapp.
Das globale Finanzsystem sei durch die Folgen des monetären Superzyklus zunehmend anfällig für systemische Krisen. Besonders das Inflationsrisiko werde derzeit stark unterschätzt. „Politik und Notenbanken nehmen Geldentwertung kaum noch als Problem wahr. Sie sehen darin vielmehr eine Lösung, etwa um sich der hohen Staatsverschuldung zu entledigen“, erklärt Rapp. Diese verzerrte Wahrnehmung resultiere daraus, dass strukturelle Effekte wie der Aufstieg Chinas, die demografische Entwicklung und die Digitalisierung in den letzten 20 Jahren preisdämpfend gewirkt hätten.
„Diese Faktoren verlieren inzwischen jedoch stark an Wirksamkeit“, so Rapp. Zuletzt habe die Inflationsrate in den USA mit über 5 Prozent den höchsten Wert seit 13 Jahren erreicht, auch in Deutschland zeige sich ein starker Anstieg der Preistendenz auf einen 28-Jahres-Höchstwert. Die Kombination hoher Inflationsraten mit niedrigem Wirtschaftswachstum könnte die Risiken für das Finanzsystem in den nächsten Jahren signifikant erhöhen. „Die Notenbanken hätten dann erstmals ein ernstes Problem, das durch erneutes Gelddrucken nicht mehr gelöst werden kann“, warnt Rapp. Investoren und Vermögensinhaber sollten sich dieser Brisanz bewusst sein und entsprechend kritisch und mit strategischer Perspektive agieren.
Die Studie „The Monetary Supercycle – Ursachen, Bedeutung und mögliche Konsequenzen der massiven monetären Aufblähung“ ist zum Download unter https://www.feri-institut.de/content-center zu finden.
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Noch mehr Gesetze für Ratingagenturen
Von Dr. Oliver Everling | 30.September 2021
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat eine Stellungnahme dazu veröffentlicht, wie der Zugang zu und die Nutzung von Ratings in der EU verbessert werden kann. In der Stellungnahme hebt die ESMA die Schwierigkeiten der Nutzer von Ratings hervor und empfiehlt dem Gesetzgeber, die Verordnung über Ratingagenturen zu ändern oder alternative gesetzgeberische Maßnahmen zu ergreifen.
Ratings werden auf den Websites der Ratingagenturen (CRAs) sowie auf der European Rating Platform (ERP) veröffentlicht. Die Verwendbarkeit dieser Ratings ist jedoch stark eingeschränkt, da sie nicht in einem maschinenlesbaren Format abgerufen oder in ausreichender Anzahl heruntergeladen werden können, um für regulatorische Zwecke verwendet zu werden.
In der Praxis greifen Nutzer hauptsächlich über Lizenzen für Daten-Feeds und Plattformdienste, die von anderen Unternehmen in den Unternehmensgruppen von Ratingagenturen angeboten werden, auf Kreditratings und zugehörige Forschungsberichte zu und nutzen diese. Diese Unternehmen unterliegen derzeit keiner Regulierung, und ihre Lizenzierungspraktiken und die hohen Gebühren werfen sowohl Bedenken hinsichtlich des Anlegerschutzes als auch der Wettbewerbsfähigkeit auf.
Nutzer von Ratings haben berichtet, dass die Bedingungen der Lizenzvereinbarungen, die sie für die Verwendung von Ratings eingehen müssen, häufig geändert werden und dass sie häufig zusätzliche Lizenzen abschließen müssen, um im Laufe der Zeit ein konsistentes Niveau der Datennutzung aufrechtzuerhalten. Benutzer berichten auch von den Schwierigkeiten, die Bedingungen für den Zugang zu Datenfeeds auszuhandeln, und von mangelnder Transparenz bei Preiserhöhungen.
ESMA kommt zu dem Schluss, dass Gesetzesänderungen erforderlich sind, um den Zugang zu und die Nutzung von Ratings zu verbessern, und betont, dass diese durch Änderungen der Verordnung oder durch die Annahme alternativer Rechtsvorschriften umgesetzt werden könnten.
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