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Plädoyer für pro-europäische Politik

Von Dr. Oliver Everling | 24.September 2012

„Wir tragen nicht nur für Europa eine Verantworung, sondern auch für die Welt an sich“, sagt Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister des Auswärtigen und Vizekanzler a.D. der Bundesrepublik Deutschland, auf dem Deutschen Derivate Tag 2012 in Frankfurt am Main. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges sei Deutschland mit den Amerikanern verbündet worden und „wir haben uns verbündet“, sagt Genscher mit Blick auf Fragen nach dem Zusammenhalt Europas und der Europäischen Währungsunion.

Genscher betont, dass eine Weltordnung wichtig sei, die überall als gerecht empfunden wird. Genscher lobt ein Wort des früheren US-amerikanischen Präsidenten Bill Clinton, der als Leitgedanken ausgesprochen habe, dass die Weltordnung so gestaltet werden müsse, dass sich die USA auch noch dann darin wohlfühlen könnten, wenn die USA keine Führungsrolle mehr habe.

Das ihm vorgegebene Thema „Europa am Scheideweg: Abwicklung oder Vertiefung“ hätte er sich zum Ende seiner Amtszeit nicht vorstellen könne, so Genscher, zwanzig Jahre später einmal darüber diskutieren zu müssen. Tatsächlich seien von den großen Motoren der Entwicklung nach Europa Fehler gemacht worden. Die Nichteinhaltung der Stabilitätskriterien von Maastricht hätten den anderen Teilnehmerländern der Europäischen Union ein schlechtes Beispiel gegeben.

„Die europäische Einigung ist Verpflichtung“, sagt Genscher mit Blick auf die Rettungsschirme, an denen sich verfassungsrechtliche Bedenken entzünden. „Ich bin kein Freund des Begriffs ‚Kerneuropa'“, erläutert Genscher und unterstreicht, dass es zwar eine Vorreiterrolle geben könne, aber die Gemeinsamkeit im Vordergrund stünde. Genscher spricht aber für eine flexible Fortentwicklung, denn man könne sich nicht von Einzelnen abhängig machen.

Nicht nur der Gang der europäischen Politik, sondern auch die Art, wie sich die Parteien an der Diskussion beteiligen, werde den nächsten Bundestagswahlkampf entscheiden, prophezeit Genscher. Er sei aber überzeugt, dass eine klare Mehrheit den Weg nach Europa weitergehen wolle. „Europa sind wir. Überall sei auch Deutschland in den europäischen Gremien vertreten.“ Staatsbürgerliche Feigheit lenke von den eigentlichen Problemen ab. Hier fordert Genscher mehr Bekennermut zur europäischen Politik.

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