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Positive Impulse und dennoch vorsichtig bleiben

Von Dr. Oliver Everling | 7.Mai 2024

Die Wirtschaftsleistung im Euroraum ist im ersten Quartal um 0,3 % gegenüber dem Schlussquartal 2023 gestiegen und erreichte damit „den höchsten Wert seit eineinhalb Jahren“, wie Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe, feststellt. Trotz dieser positiven Entwicklung blieb das Wachstum im Euroraum bereits zum siebten Mal in Folge hinter dem der USA zurück.

Zwei entscheidende Faktoren trugen zum Aufschwung bei: „Erstens legt der private Konsum wieder zu. Die sinkende Inflation sorgt zusammen mit relativ hohen Nominallohnzuwächsen für eine positive Entwicklung der Realeinkommen.“ Tatsächlich wurden Realeinkommenszuwächse von mehr als 2 % zuletzt Ende 2020 verzeichnet. Obwohl das Konsumentenvertrauen „immer noch auf einem niedrigen Niveau liegt, hat es sich seit einem Tiefpunkt im Oktober 2023 spürbar verbessert.“ Angermann geht davon aus, dass diese positive Entwicklung „dem Konsum auch in den kommenden Quartalen positive Impulse geben“ wird.

Ein weiterer Treiber für das Wachstum ist die „Trendwende im globalen Zyklus der Industrieproduktion.“ Indikatoren wie „die Exporte Singapurs und Taiwans, die Einkaufsmanagerindizes für die Industrie und hier besonders die Differenz zwischen den Auftragseingängen und den Fertigwarenlagern sind ins Positive gedreht.“ Die europäische Industrie profitiert bereits davon, und die Produktion ist in den ersten Monaten des Jahres um 1,6 % gestiegen. „Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass sich auch diese Entwicklung fortsetzen und möglicherweise an Dynamik gewinnen wird“, betont Angermann.

In den kommenden Quartalen erwartet er daher ein Wachstum der Wirtschaftsleistung „mindestens in der Größenordnung des ersten Quartals.“ Rückenwind könnte „die Wirtschaft von Zinssenkungen der EZB erhalten.“ Zwar würde die realwirtschaftliche Wirkung verzögert eintreten, doch „die Notenbank wird wahrscheinlich vorsichtig agieren.“ Angermann schätzt, dass das Wachstum 2024 „in die Nähe der 1 %-Marke“ kommen könnte.

Gleichzeitig betont er jedoch, dass „es eindeutig zu früh ist, einen neuen, nachhaltigen Aufschwung auszurufen.“ Die Entwicklung der US-Wirtschaft bleibt ein entscheidender Unsicherheitsfaktor. Aufgrund der restriktiven Geldpolitik wird dort „eine deutliche Abschwächung der konjunkturellen Dynamik bis hin zu einer moderaten Rezession um die Jahreswende 2024/25 herum“ erwartet. „Der insgesamt noch fragile Aufschwung könnte dadurch einen Rückschlag erleiden“, warnt Angermann.

Er sieht in der langfristigen Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft eine wesentliche Aufgabe. Der Rückstand gegenüber den USA verdeutlicht „die Notwendigkeit dazu eindrucksvoll.“ Eine neue EU-Kommission sollte „dieser Aufgabe mehr Priorität widmen als bisher und dabei stärker auf marktwirtschaftliche Kräfte als auf eine detailliert regulierte Steuerung von politisch gewollten Transformationsprozessen setzen.“

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