« | Home | »

Rezession dank politischer Fehler

Von Dr. Oliver Everling | 20.Mai 2022

Nach einem recht robusten ersten Quartal, rechnet die Union Bancaire Privée (UBP) mit einer deutlichen Verlangsamung der globalen Wirtschaftstätigkeit in den nächsten Monaten. „Die Kombination aus höherer Inflation, dem anhaltenden Ukraine-Krieg und den Covid-Lockdowns in China, dürfte zu einer Abschwächung von Angebot und Nachfrage weltweit führen“, schreibt Norman Villamin, Chief Investment Officer (CIO) Wealth Management und Head of Asset Allocation bei UBP, in einem aktuellen Marktkommentar.

Die wichtigsten Zentralbanken, mit Ausnahme von China und Japan, hätten eine restriktivere Haltung eingenommen und die Märkte auf eine aggressivere Straffung in den kommenden Monaten vorbereitet, beobachtet der Experte.

„Steigende langfristige Inflationserwartungen scheinen der Fed zunehmend Sorgen zu bereiten. Die Märkte erwarten nun mehrere Zinsanpassungen um 50 Basispunkte auf den nächsten FOMC-Sitzungen“, so Villamin. Um die inflationsbereinigten Zinssätze über die gesamte Renditekurve mit der restriktiven Politik der Fed in Einklang zu bringen, könnte ein Anstieg der Renditen für 10-jährige US-Staatsanleihen auf 3,0-3,5 Prozent bis zum Sommer erforderlich sein.

Die europäischen Renditen stünden angesichts der Forward Guidance der EZB ebenfalls unter Aufwärtsdruck. In diesem Umfeld setzt Villamin auf alternative Strategien: „Für die Generierung von Alpha in volatilen Märkten sind Hedgefonds-Strategien besonders geeignet. Wir haben einige unserer Bestände sowohl im Aktien- als auch im Anleihebereich in diese Anlageklasse umgeschichtet. Auf der Rentenseite setzen wir weiter auf Unternehmensanleihen guter Bonität mit kurzen Laufzeiten.“

Die Kursverluste an den Aktienmärkte kontrastierten in den letzten Monaten mit den Gewinnwachstumsschätzungen in den USA für das laufende Quartal – unverändert bei etwa 6-7 Prozent und in Europa stieg sogar die prognostizierte Wachstumsrate für das zweite Quartal dank der rohstoffbezogenen Sektoren auf 14 Prozent.

Doch Villamin warnt, dass die Entwicklungen in China und der Ukraine die Gewinnaussichten zunehmend belasten. „Europa steht vor einem erhöhten Risiko eines starken Konjunktureinbruchs nach dem Ukraine-Krieg, und stark steigenden Energiekosten“, erläutert Villamin. In China machen die Gebiete, die von den Covid-Lockdowns betroffen sind, 20 Prozent des chinesischen BIPs aus.

Die Bank rechnet damit, dass China das schwächste Wachstum noch bevorstehe, und hat ihre Wachstumsprognose für das zweite Quartal daher auf 3,5 Prozent (Konsens: 4,6 Prozent) reduziert. „Bei den Aktien haben wir uns von unseren wachstumsstarken Beständen getrennt, die in einem Umfeld steigender Zinsen stärker unter Druck geraten. Auch aus unserem China-Engagement haben wir uns infolge der zunehmenden Unsicherheit im Zusammenhang mit den Covid-Lockdowns vollständig zurückgezogen. Stattdessen konzentrieren wir uns auf Unternehmen mit soliden Bilanzen mit einer hohen Visibilität der Erträge.“

Angeheizt durch die restriktivere Rhetorik der Zentralbanken, einem starken US-Arbeitsmarkt und verbleibenden Aufwärtsrisiken bei der Inflation, setzte sich der Ausverkauf von Anleihen und Aktien im April fort. „Die Märkte sind zunehmend besorgt über eine durch einen politischen Fehler ausgelöste Rezession“, führt Villamin aus. Aufgrund geopolitischer Unsicherheiten und Energiepreisschocks scheine Europa kurzfristig am stärksten von Rezessionsrisiken betroffen zu sein. „Als Absicherung gegen das Rezessionsrisiko haben wir all unseren Portfolios US-Dollar beigemischt. Die US-Wirtschaft ist die widerstandsfähigste unter den Industrieländern und schneidet bei Marktausverkäufen in der Regel besser ab“, erklärt Villamin.

Themen: Ratings | Kein Kommentar »

Kommentare

Sie müssen eingelogged sein um einen Kommentar zu posten.