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Späte Einsicht des Gesetzgebers

Von Dr. Oliver Everling | 19.März 2010

„Erforderlich sind auf Ratingverfahren abgestimmte aufsichtsrechtliche Strukturen, die es ermöglichen, den derzeit noch ausschließlich durch die Anwendung der zivilrechtlichen Haftungsinstrumente ansatzweise erreichten Schutz zu verbessern. Insbesondere ist die heutige privatrechtliche Ausformung des Ratingverfahrens nicht geeignet, aufsichtsrechtliche Regelungen zu substitutieren.“

Dieses Zitat stammt nicht etwa erst aus einer der zahlreichen Veröffentlichungen nach Ausbruch der Finanzkrise, sondern aus dem Beitrag von Prof. Dr. Dr. Carsten Thomas Ebenroth (†) und Dr. Stefan Koos zum Thema „Juristische Aspekte des Rating“ im „Handbuch Rating“, das ich 1996 mit Prof. Dr. Hans E. Büschgen herausgab (Seite 509). An dem vor 14 Jahren festgestellten und wissenschaftlich belegten Erfordernis, für Ratingagenturen einen geeigneten Rechtsrahmen zu schaffen, hat sich nichts geändert, nur haben die Schäden aus der Finanzkrise zwischenzeitlich das Versäumnis der Gesetzgebung unter Beweis gestellt, rechtzeitig die weitreichende Bedeutung und Funktionsweise von Ratingagenturen zu erkennen und eine befriedigende Rechtslage zu schaffen.

Die Feststellungen aus den 1990er Jahren im „Handbuch Rating“ haben unveränderte Aktualität: „Durch Schaffung von auf Ratingagenturen zugeschnittene aufsichtsrechtliche Vorschriften kann die Wahrscheinlichkeit von Schäden durch Fehlratings gesenkt werden. Zwar beachten die großen Ratingagenturen schon jetzt die zu fordernden Verhaltensrichtlinien und sind darauf bedacht, größtmögliche Unabhängigkeit zu wahren; doch besteht die Gefahr, dass dies nach Erreichen einer völligen Akzeptanz des Ratings auf dem Anlagemarkt nachlassen könnte. Für diesen Fall muss der Gesetzgeber Vorkehrungen treffen.“

„Insbesondere der Schutz des durch ein Fehlrating geschädigten Anlegers ist derzeit unzureichend ausgestaltet“, stellen Ebenroth und Koos schon damals fest und folgern: „Es ist daher erforderlich, dass Schutzvorschriften in Form von Verhaltensmaßregeln für Ratingagenturen formuliert und mittels Sanktionsvorschriften aufsichtsrechtlich durchsetzbar gemacht werden.“

Mit dem Gesetzentwurf zur Ausführung der EU-Ratingverordnung wird neben der Zuständigkeitsregelung ein lange geforderter Katalog von Bußgeldvorschriften eingeführt, der bei Verstößen gegen die diversen in der EU-Ratingverordnung festgelegten Pflichten greift. Mit den vorgesehenen Maßnahmen in den Bereichen Interessenkonflikte, Ratingqualität, Transparenz und interne Führungsstruktur der Ratingagenturen werden oft konstatierte Lücken der Finanzaufsicht geschlossen.

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