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„The Squaire“ Großprojekt auf wackeligen Füßen

Von Karl-Heinz Goedeckemeyer | 11.März 2011

An Superlativen hat zu Europas größtes Gewerbeimmobilienprojekt nie gemangelt. Mal wurde es mit einem Raumschiff, mal mit einem beschrieben, auch von einen Zeppelin war die Rede. Doch das monströse Prestigeobjekt des Immobilienkonzerns IVG und des Flughafenbetreibers Fraport stand zu oft in den Schlagzeilen, wobei vor allem die lokale Presse oftmals die Entwicklung dieses Kolosses oftmals mit kritischen Kommentaren begleitet hat. Angesichts der vielen Pleiten und Pannen kann nicht verwundern, dass statt der geplanten 660 Mio. Euro das ehrgeizige Bauprojekt am Ende wohl mehr als eine Milliarde Euro kosten wird.

Denn wie viele andere Großvorhaben wurde der Bau nicht rechtzeitig fertig und auch viel zu teuer. Die Probleme begannen frühzeitig mit dem Austausch des Bauunternehmens. Mitte April 2008 hat die vormalige Airrail Center Frankfurt GmbH der Alpine Bau Deutschland AG überraschend den Auftrag entzogen. Die Gesellschaft begründete dies mit dem wiederholt rechtswidrigen Verhalten der Alpine. Als Ersatz wurde daraufhin die Schweizer Baufirma Züblin mit der Fertigstellung des Rohbaus am Frankfurter Flughafen beauftragt. Nach dem Austausch des Generalauftragnehmers musste die Stahlkonstruktion wegen minderwertigem Stahl aus China erneuert werden, danach die fehlerhaften Rolltreppen, die auch aus der Volksrepublik geliefert wurden. Jüngst tauchten Gerüchte auf, dass ausgerechnet an einer so unfall- und terrorgefährdeten Zielscheibe wie dem zwischen stark befahrenen Autobahnen eingekeilten Bau nun auch noch der Brandschutz fehlt und Fluchtwege nicht ausreichend durchdacht wurden.

Diese Gerüchte sind Folge einer unzureichenden Informationspolitik betreibt, die auch schon bei der früheren Airrail-Betreibergesellschaft zu vernehmen waren. Bemerkenswert ist des Weiteren, dass „The Squaire“ nach nunmehr vier Jahren Bauzeit immer noch nicht bezugsfertig ist. So müssen Reisende, die eine Hotelbuchung in eines der Hilton-Hotels vornehmen wollten, sich inzwischen bis auf September 2011 vertrösten. Wer kommt eigentlich für den damit einhergehenden Einnahmeausfall auf – der Hotelbetreiber? Immerhin ist Hilton neben KPMG eine der Ankermieter des Projekts.

Hinzu kommt, dass nach der Absage des Logistikunternehmens DB Schenker immer noch rund ein Drittel der vermietbaren Fläche des Gebäudekomplexes mit einer Gesamtmietfläche von insgesamt 140.000 Quadratmetern leer stehen. Das ist ein schwerer Schlag für die IVG, zumal die Deutsche Bahn im vergangenen Juli entschieden hatte, ihre derzeit auf drei Standorte verteilte Logistiksparte in Frankfurt zu bündeln. DB Schenker wolle statt dessen im Bürohaus Alpha Rotex nahe des Frankfurter Flughafens einziehen, hieß es aus Presseberichten.

IVG – Mit „The Squaire” zum Erfolg verdammt: Auf die IVG – die zu 97 % am „Squaire“-Projekt beteiligt, die restlichen 3 % hält der Flughafenbetreiber Fraport – wartet somit eine Herkules-Aufgabe, muss sie doch in kurzer Zeit noch rund ein Drittel der freien Fläche vermieten.

Wegen dem Missmanagement im Rahmen der Krisenbewältigung des Flughafenprojekts und den hohen Finanzschulden wäre das „Squaire“-Objekt der IVG fast zum Verhängnis geworden. Immerhin ist „The Squaire“ das mit Abstand größte Objekt im IVG-Portfolio. Nur dank des Supports von Sal Oppenheim, die letztlich auch den kompletten Austausch des Vorstands und die Restruktuierung des angeschlagenen Unternehmens vorangetrieben hat, konnten sich die Bonner aus der Krise winden. Unterm Strich blieb aber dennoch ein Verlust von knapp 452 Mio. Euro in 2008 übrig. Maßgeblich dazu beigetragen haben unrealisierte Wertveränderungen von -944 Mio. Euro. Auch im vergangenen Jahr sind die Bonner nicht aus den roten Zahlen herausgekommen, per Ende 2009 blieb ein Verlust von 158 Mio. Euro übrig. Inzwischen schreibt nicht nur der Gesamtkonzern, sondern auch die Developmentsparte mit einem EBIT von 30 Mio. Euro (Stand: 9 Monate 2010) wieder leicht schwarze Zahlen.

Aus Finanzkreisen ist zu hören, dass bis Mitte 2011 „The Squaire“ in den hauseigenen Fonds Euroselect der IVG gepackt werden soll, wo er nicht mehr die Konzernbilanz belastet. Die Immobilienfirma hofft, für das Projekt Verwaltungsgebühren von Investoren einzustreichen, die in den Fonds einzahlen sollen. Ein Verkauf an Fondsanleger würde auch die Refinanzierungssituation des Konzerns verbessern. Denn bis 2012 muss das Unternehmen laut Finanzchef Wolfgang Schäfers Kredite von rund 2,5 Mrd. Euro verlängern. Das Darlehen für „The Squaire“ von derzeit weniger als 500 Mio. Euro, das noch 2010 verlängert werden muss, würde später bei entsprechenden Mittelzuflüssen in den Fonds obsolet.

Durch den Verkauf an den eigenen Fonds gerät das Unternehmen aber in einen Interessenkonflikt: Einerseits muss die IVG als Immobilienunternehmen die Gebäude möglichst teuer verkaufen. Als Fondsinitiator muss sie für ihre Anleger andererseits einen möglichst günstigen Preis erzielen. Dass die IVG den Bau nun ihrem eigenen Fonds verkaufen will, zeigt, dass sie die Chancen einer Veräußerung als gering einschätzt. Bei 760 Mio. Euro Objektvolumen, die bei der IVG nach Baufertigstellung in den Büchern stehen werden, dürfte es nicht viele Investoren geben, die das alleine stemmen können.

Stadt unter einem Dach – New Work City: Um diesem Projekt dennoch einen Hauch von Zukunftsfantasie zu verleihen, soll in „The Squaire“ mit dem New Work City-Konzept eine neue Arbeits- und Lebenswelt entstehen. Im Zentrum des Konzeptes soll der Mensch als wichtigster Erfolgsfaktor in der heutigen Wissensgesellschaft stehen, heiß es auf der Webseite. Begründet wird dies damit, dass rund 80 % aller innovativen Ideen und wichtigen Entscheidungen in persönlichen Gesprächen entstehen. Dazu biete das New Work City Raum für jede Gelegenheit – in ihren Atrien, Restaurants und Cafés, in der Business-Lounge sowie im Business- und Conference-Center. Zum Konzept gehören ferner ein Concierge-Service sowie Medical-Center, Fitness-Center, Wellness-Angebote und Shoppingmöglichkeiten mit insgesamt 3.100 Parkplätzen.

Bei dem inzwischen ohnehin großen Flächenangebot am Flughafen mit Gateway Gardens und dem Main Airport Center von insgesamt 427.000 Quadratmetern – ganz zu schweigen von den hohen Leerständen in der City – drängt sich die Frage auf, ob mit „The Squaire“ nicht ein zu hohes künstliches Angebot geschaffen wird. Denn immerhin sollen nach Angaben des Immobilienberaters Colliers rund 20 % der Flächen am Flughafen im Januar 2011 leer stehen. Colliers traut dem IVG-Großprojekt trotzdem gute Chancen zu: Grund dafür seien die kurzen Wege von den Flugsteigen bis zu den Büros der Unternehmen. Derzeit erscheinen die Aussichten des Objekts mit Blick auf den guten Konjunkturverlauf und den Passagier-Boom bei der Fraport günstig. Doch die nächste Krise kommt bestimmt – und die wird sich nicht nur auf dem Vermietungsmarkt in der City, sondern auch auf den Flughafen auswirken.

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