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Von der Nische zum Mainstream: Wie ETFs und digitale Angebote den Vermögensaufbau neu definieren

Von Dr. Oliver Everling | 1.Juli 2025

In der Diskussionsrunde „Mit wenigen Klicks zum Vermögensaufbau: Von der Nische zum Mainstream?“ auf der Handelsblatt Jahrestagung „Zukunft Retail Banking 2025“ diskutierten Christian Bimüller (BlackRock), Katharina Lüth (Raisin) und Dr. Gabriele Widmann (DekaBank) unter der Moderation von Prof. Dr. Christiane Weiland (DHBW Karlsruhe) über die veränderten Rahmenbedingungen und Perspektiven für den Vermögensaufbau in Zeiten digitaler Selbstbestimmung und wachsender Produktvielfalt.

Im Zentrum der Diskussion standen ETFs – börsengehandelte Indexfonds – als Paradebeispiel für ein Produkt, das den Nerv der Zeit trifft. Für Dr. Gabriele Widmann sind ETFs „klassische Selbstentscheider-Produkte“, die nicht nur im Privatkundengeschäft, sondern auch im institutionellen Bereich stetig an Bedeutung gewinnen. Die einfache Struktur, geringe Kosten und hohe Transparenz haben sie zu einem bevorzugten Mittel der Kapitalanlage gemacht. Gleichzeitig äußerte sie Bedenken über die wachsende Dominanz passiver Produkte, da diese Informationen nicht aktiv verarbeiten und Marktineffizienzen nicht ausgleichen können.

Christian Bimüller von BlackRock widersprach dem direkt – für ihn steht das Vehikel ETF nicht zwingend im Gegensatz zu aktiven Strategien. Vielmehr könnten ETFs auch Teil aktiv gemanagter Lösungen sein. Er hob die Wandelbarkeit, steuerlichen Vorteile und Transparenz des Produkts hervor. Auch in der Honorarberatung sei das Management von ETF-Portfolios längst etabliert. Für Bimüller ist klar: „Wir stehen erst am Anfang dieser Entwicklung.“ Insbesondere jüngere Kundinnen und Kunden würden durch ETFs überhaupt erst den Zugang zum Kapitalmarkt finden – einfach, verständlich und vertrauenswürdig.

Katharina Lüth, Chief Client Officer bei Raisin, betonte die Bedeutung von Kosten als Renditetreiber. Digitale Modelle ohne persönliche Beratung und mit schlanker Kostenstruktur könnten ETFs einem breiteren Publikum zugänglich machen. Die Pandemie habe dabei als Beschleuniger gewirkt – viele Menschen, die sich zuvor nicht mit digitalen Anlageformen beschäftigt hätten, seien in dieser Zeit in Online-Modelle eingestiegen. Lüth beschrieb unterschiedliche Kundengruppen: Von Skeptikern, die dennoch an der Marktentwicklung teilhaben wollen, bis hin zu Digital Natives, die ganz selbstverständlich mit ETF-Sparplänen starten – ohne je in eine Bankfiliale gegangen zu sein.

Ein weiteres Thema war das Spannungsverhältnis zwischen Self-Directed Investing und persönlicher Beratung. Während Bimüller den Trend zur Eigenverantwortung unterstreicht, sieht Lüth weiterhin eine Nachfrage nach Orientierung – nicht notwendigerweise durch klassische Beratung, aber durch kuratierte Angebote und digitale Hilfestellungen. Dr. Widmann warnte davor, die Rolle der Beratung vorschnell abzuschreiben – gerade bei langfristigen Entscheidungen oder bei hoher Komplexität spiele sie weiterhin eine zentrale Rolle.

Auch Kryptowährungen wurden diskutiert – allerdings mit deutlich mehr Zurückhaltung. Widmann sieht hier eine kleine, renditegetriebene Klientel, die hohe Risiken bewusst in Kauf nimmt. In der langfristigen Vermögensplanung spiele Krypto bislang nur eine marginale Rolle. Auch Lüth bestätigte, dass Raisin wenig Nachfrage in diesem Bereich sehe – als Beimischung sei es denkbar, für ein tragfähiges Portfolio aber kaum entscheidend.

Zum Abschluss betonte Bimüller noch einmal die Relevanz von breiter Diversifikation, während Widmann daran erinnerte, dass Aktien langfristig die höchsten Renditeerwartungen bieten – ein hoher Aktienanteil sei daher auch für junge Menschen sinnvoll. Einigkeit herrschte in einem Punkt: Bildung ist der Schlüssel. Banken und Finanzdienstleister müssten mehr tun, um finanzielle Bildung in den Alltag zu integrieren – niedrigschwellig, digital, zielgruppengerecht.

Die Diskussionsrunde zeigte: Der Vermögensaufbau befindet sich im Wandel – weg von elitären Produkten, hin zu offenen Plattformen, die es jedem ermöglichen, mit wenigen Klicks zu investieren. ETFs sind dabei nicht nur Finanzprodukte, sondern Symbole einer neuen Anlagementalität: transparent, selbstbestimmt, digital – und zunehmend alltäglich.

Themen: Bankenrating | Kommentare deaktiviert für Von der Nische zum Mainstream: Wie ETFs und digitale Angebote den Vermögensaufbau neu definieren

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