« | Home | »

Wechselhafte politische Kommunikation der USA gegenüber China

Von Dr. Oliver Everling | 9.April 2024

In der jüngsten Vergangenheit hat die politische Kommunikation der Vereinigten Staaten, insbesondere im Hinblick auf das Verhältnis zu China, eine bemerkenswerte Wechselhaftigkeit an den Tag gelegt. Die von US-Finanzministerin Janet Yellen während ihres Staatsbesuchs in China ausgesprochene Aufforderung, die Weltmärkte nicht mit billig produzierten, hoch subventionierten chinesischen Waren – darunter Solarpaneelen, Batterien und Elektrofahrzeugen – zu überschwemmen, steht emblematisch für die derzeitigen Spannungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt. Yellens Appell, die Binnennachfrage zu stärken, mag auf den ersten Blick wie ein plausibler Lösungsansatz wirken, doch spiegelt er eine tiefere Problematik wider: eine wechselhafte und teils widersprüchliche politische Kommunikation der USA.

Diese Inkonsistenzen manifestieren sich nicht nur in der Handelspolitik, sondern auch in der Haltung zu chinesischen Importen, die nach Ansicht der US-Regierung heimische Jobs und Industrien gefährden. Parallel dazu sorgt sich Washington um Exporte nach China, insbesondere um die Lieferung von Hochleistungschips, die aus Sicherheitsgründen eingeschränkt wurde. China sieht darin einen Versuch der USA, seinen wirtschaftlichen Aufstieg zu blockieren, und hat seinerseits Einschränkungen für US-Produkte und Dienstleistungen sowie die Lieferung wichtiger Rohstoffe eingeführt.

Die Liste der Streitpunkte zwischen den USA und China ist lang und vielschichtig, angefangen bei handels- und wettbewerbsrelevanten Fragen bis hin zu tiefgreifenden Differenzen in Bezug auf politische und soziale Themen wie TikTok, die Ukraine-Krise, Taiwan, Fentanyl, Klimawandel und künstliche Intelligenz. Diese Komplexität und Breite der Themen zeigen, dass die Herausforderungen in den bilateralen Beziehungen weit über einfache Handelsfragen hinausgehen und fundamentale geopolitische und technologische Machtkämpfe widerspiegeln.

Positiv hervorzuheben ist, dass nach einem Tiefpunkt in den US-chinesischen Beziehungen Mitte 2023 wieder ein regelmäßiger und ausführlicher Austausch auf verschiedenen Ebenen stattfindet. Die Wiederaufnahme des Dialogs zwischen hochrangigen Vertretern beider Staaten, darunter Gespräche zwischen Präsident Joe Biden und Präsident Xi Jinping sowie auf militärischer Ebene, ist ein wichtiger Schritt, um Missverständnisse zu klären und eine Eskalation zu verhindern. Dennoch bleibt die Sorge, dass ein anhaltender Protektionismus, Sanktionen oder gar militärische Auseinandersetzungen nicht nur politische Spannungen verschärfen, sondern auch erhebliche wirtschaftliche Schäden verursachen könnten.

Die derzeitige Situation legt offen, dass sowohl die USA als auch China vor der schwierigen Aufgabe stehen, einen Weg zu finden, ihre Differenzen konstruktiv zu adressieren, ohne dabei die globalen Wirtschaftsbeziehungen zu destabilisieren. Für Deutschland und Europa bedeutet dies, dass ein kritischer, aber konstruktiver Austausch mit beiden Ländern von entscheidender Bedeutung ist, insbesondere angesichts der zunehmenden geopolitischen Spannungen und der potenziellen Auswirkungen auf die internationale Ordnung.

„Schon heute klagen US-Chipproduzenten über verlorene Marktanteile,“ berichtet Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL, „fehlende Umsätze und Gewinne aus dem Chinageschäft. In China hingegen werden die staatlich unterstützten Bemühungen verstärkt, um den technologischen Rückstand aufzuholen und weniger abhängig von kritischen Produkten aus der US-Produktion zu sein. Für alle Beteiligten bedeutet der Verzicht auf komparative Kostenvorteile internationaler Arbeitsteilung jedoch steigenden Inflationsdruck und den Verlust von Wohlstand.“

Die wechselhafte politische Kommunikation der USA gegenüber China stellt nicht nur eine Herausforderung für die bilateralen Beziehungen beider Länder dar, sondern wirft auch Fragen bezüglich der Stabilität und Vorhersehbarkeit internationaler Politik auf. Es bleibt zu hoffen, dass durch Dialog und Kooperation Wege gefunden werden können, die es ermöglichen, gemeinsame Interessen zu fördern und Konflikte friedlich zu lösen.

Themen: Länderrating, Unternehmensrating | Kein Kommentar »

Kommentare

Sie müssen eingelogged sein um einen Kommentar zu posten.