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Wer hat den Draht zum Kunden? Daten, KI und Plattformen als neues Machtzentrum im Banking

Von Dr. Oliver Everling | 3.Dezember 2025

Auf der Handelsblatt Tagung BankenTech 2025 diskutierten Tino Benker-Schwuchow von der Consorsbank, Susanne Krehl von wealthAPI und Tobias Kugler von Google unter der Moderation von Dr. Stefanie Auge-Dickhut eine der zentralen Fragen des digitalen Zeitalters: Wer besitzt eigentlich noch den Draht zum Kunden – und wie lässt er sich in einem zunehmend daten- und plattformgetriebenen Markt behaupten? Die Runde zeigte, wie sehr sich Kundenzugang, Erwartungshaltung und Wettbewerb verändert haben und dass Daten und KI längst zum entscheidenden Faktor für Relevanz geworden sind.

Susanne Krehl veranschaulichte zunächst sehr plastisch, wie Kunden ihr Geld in der Realität bewegen. Eine Depotmigration sei selten ein radikaler Schritt, sondern ein sukzessiver Prozess: liquidierte Positionen werden an den neuen Anbieter überwiesen, neue Instrumente dort aufgebaut, Schritt für Schritt entsteht ein neues Portfolio. Entscheidend sei dabei nicht, woher ein Anbieter die Daten bekommt, wie mühsam deren Anbindung ist oder wie kompliziert die technische Integration läuft. Für den Kunden zähle ausschließlich der konkrete Nutzen: bessere Entscheidungsgrundlagen, personalisierte Empfehlungen und ein möglichst einfacher Zugang zu passenden Anlageprodukten. Deshalb werde künftige Portfoliooptimierung zu 80 Prozent daten- und KI-basiert sein, während nur noch 20 Prozent auf menschlicher Intuition beruhen.

Tino Benker-Schwuchow rückte den Aspekt des Vertrauens in den Mittelpunkt. Für Banken gehe es weniger darum, ständig mit Kunden zu interagieren, sondern zur richtigen Zeit relevant zu sein. Gamifizierte Elemente könnten zwar Engagement erzeugen, doch entscheidend bleibe die sogenannte Trustline – das Vertrauen, dass die Bank zuverlässig, beratend und unaufdringlich präsent ist. Externe Datenquellen würden dabei genauso wichtig wie eigene, denn der Kunde erwarte eine ganzheitliche Sicht unabhängig von der Herkunft der Informationen. Benker-Schwuchow betonte zudem den Wert des persönlichen Kontakts, der trotz Digitalisierung nicht verschwinde: Ein jährliches Beratungsgespräch sei für viele Kunden weiterhin ein geschätzter Moment, um zentrale Finanzentscheidungen abzusichern.

Tobias Kugler brachte die Perspektive eines Hyperscalers ein und relativierte die Erwartung einer rasanten Umwälzung der Kundenbeziehungen. Er glaube nicht an eine Revolution binnen fünf oder zehn Jahren, sondern an eine graduelle Veränderung, getrieben durch bessere Dateninfrastruktur, KI-Tools und skalierbare Plattformen. HyperScaler spielten dabei eine Doppelrolle: Sie seien Technologie-Enabler für Banken und zugleich Orientierungspunkt für Kundenerwartungen, denn Plattformökonomie definiere für viele Menschen, wie digitale Einfachheit aussehen müsse. Dennoch bleibe der direkte Kundenzugang bei Banken, wenn sie Relevanz, Vertrauen und intelligente Nutzung ihrer Daten kombinieren.

Einig waren sich alle Teilnehmer in einem Punkt: Die größte gesellschaftliche Herausforderung im Finanzsektor sei es, möglichst viele Menschen sinnvoll an den Kapitalmarkt heranzuführen. Daten, KI und Plattformstrategien sind dafür Werkzeuge, aber der Kern sei ein nutzerzentriertes Angebot, das Finanzwissen, Transparenz und Zugänglichkeit stärkt. Die Diskussion zeigte, dass der Draht zum Kunden nicht von einer einzelnen Technologie abhängt, sondern von der Fähigkeit der Banken, datenbasierte Intelligenz, partnerschaftliche Modelle und menschliche Nähe zu verbinden.

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