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Zahlungsmoral steigt in der Krise

Von Dr. Oliver Everling | 20.Januar 2009

Das Zahlungsverhalten deutscher Unternehmen hat sich Ende 2008 leicht verbessert. Trotz Finanzkrise und drohender Wirtschaftsflaute zahlten im 4. Quartal 2008 knapp 80 Prozent aller Firmen in Deutschland ihre Rechnungen vereinbarungsgemäß. Die im Rahmen des D&B DunTrade® Programms jährlich ausgewerteten 540 Millionen Rechnungen belegen, dass trotz Finanzkrise, Autokrise und Rezessionsängsten die Liquidität der Unternehmen in den letzten drei Monaten gesichert war. „Die viel zitierte Zurückhaltung der Banken bei der Vergabe von Krediten hat aktuell keinen spürbaren Einfluss auf die Zahlungsmoral deutscher Unternehmen“, erläutert Thomas Dold, Geschäftsführer D&B Deutschland. „Im Schnitt bezahlte die deutsche Wirtschaft ihre Rechnungen 8,9 Tage zu spät. Damit liegt Deutschland beispielsweise deutlich vor der Schweiz mit durchschnittlich 17,3 Tagen Zahlungsverzug.“

Die Auswirkungen der Finanzkrise sind jedoch auch bei der Zahlungsmoral spürbar. Unternehmen nutzen verstärkt Lieferantenkredite, um die eigene Liquidität zu erhalten. Sie handeln in diesem Zusammenhang bei Geschäftspartnern längere Zahlungsziele aus. Dieses Phänomen ist derzeit vor allem in Branchen festzustellen, berichtet D&B, die wirtschaftlich stark angeschlagen sind, wie beispielsweise die Automobilindustrie und deren Zulieferer.

In 9 von 12 untersuchten Branchen verbesserte sich die Zahlungsmoral gegenüber dem 3. Quartal – trotz Krise. An der Spitze liegen nach wie vor Pharmaunternehmen und Banken, auch wenn beide Branchen kleine Einbußen hinnehmen mussten. Mit mehr als 94 und 87 Prozent vereinbarungsgemäß bezahlter Rechnungen liegen sie aber immer noch weit über dem deutschen Durchschnitt. Dritte Branche mit Verlusten im 4. Quartal war die Verlagswirtschaft. Hier war die Veränderung von 82 auf 80,5 Prozent mit Abstand am größten.

Die größten Veränderungen bei den ernsthaften Beanstandungen gab es nach Feststellungen von D&B bei Verlagen, Banken, Versicherungen und der Automobilindustrie – Branchen, die aktuell schon von der Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen sind. Allein für die Automobilbranche hat sich die Zahl der ernsthaften Beanstandungen in den vergangenen 12 Monaten verdoppelt. Das unterstreicht auch die Insolvenzquote im Automobilbereich. Mit 1,45 Prozent liegt sie weit über dem Durchschnittswert der deutschen Wirtschaft (1,18 Prozent).

D&B konnte im 4. Quartal 2008 für Unternehmen aller Bundesländer eine Verbesserung der Zahlungsmoral verzeichnen. Über 82 Prozent aller Zahlungen leisteten die Bayern vereinbarungsgemäß. Damit belegt Bayern wieder Platz 1 dicht gefolgt von Baden-Württemberg. Sachsen konnte mit knapp 80 Prozent Platz 3 weiter festigen und liegt damit unangefochten an der Spitze der ostdeutschen Bundesländer. Bremen ist mit einer Verbesserung um acht Plätze der Aufsteiger 2008. Bei einem Zahlungsverzug von nur 7,9 Tagen hat Bremen sogar die beste Quote aller Bundesländer.

Am anderen Ende der Rangliste rangieren wie im Quartal zuvor die Länder Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Berlin bleibt das Schlusslicht. Hier zahlen nur 72 Prozent der Unternehmen ihre Rechnungen fristgerecht. Damit ist das Zahlungsverhalten Berliner Unternehmen das erste Mal seit zwölf Monaten wieder gestiegen.

Die D&B Studie lässt den Schluss zu, dass trotz Finanzkrise und schwächelnder Weltwirtschaft Unternehmen in Deutschland offenbar weiterhin über ausreichend Liquidität verfügen. Auswirkungen der Krise werden erst 2009 ihre Spuren bei der Zahlungsmoral hinterlassen. „Wie robust sich die Zahlungsmoral zeigt, ist hierbei abhängig von vielen Faktoren. Für Deutschland wird sich zeigen, wie effektiv die derzeit geplanten Konjunkturpakete der Bundesregierung greifen“, so die Einschätzung von Thomas Dold. „Auch die äußeren Einflüsse, wie der Ölpreis, die wirtschaftliche und politische Entwicklung in den USA oder das Vertrauen in die Finanzwirtschaft weltweit, werden auf die Konjunktur 2009 in Deutschland und somit auch die Zahlungsmoral wirken.“

Themen: Unternehmensrating | Kein Kommentar »

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