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Zertifikate-Emittenten für risikofreudige Sparer

Von Dr. Oliver Everling | 8.September 2025

Die aktuelle Marktstatistik des Bundesverbands für strukturierte Wertpapiere für August 2025 erlaubt einen tiefen Einblick in die Frage, welche Emittenten von Zertifikaten in Deutschland als besonders risikofreudig einzustufen sind. Die Unterscheidung zwischen sicheren Anlageprodukten mit Kapitalschutz und hochspekulativen Hebelprodukten macht die unterschiedlichen Risikoprofile der Banken deutlich sichtbar.

Wer die Zahlen betrachtet, erkennt, dass HSBC an der Spitze der risikoreichen Produkte steht. Mit einem Marktanteil von fast 17 Prozent im Bereich der Hebelprodukte und über 20 Prozent bei Knock-out-Optionsscheinen stellt das Haus die größte Anlaufstelle für Anleger dar, die auf schnelle und überproportionale Gewinne aus sind. Diese Produkte sind jedoch zugleich mit dem Risiko verbunden, dass Anleger ihr eingesetztes Kapital innerhalb kürzester Zeit vollständig verlieren können. HSBC agiert damit als einer der aggressivsten Emittenten im Markt und positioniert sich bewusst in jenem Segment, in dem die Gewinn- und Verlustchancen am stärksten schwanken.

Unmittelbar dahinter folgen UniCredit, Goldman Sachs und Morgan Stanley. Auch sie erzielen zweistellige Marktanteile bei den Hebelprodukten und treten damit als wichtige Anbieter im spekulativen Segment auf. Diese Banken haben ihre Rolle am Markt in den vergangenen Jahren gezielt ausgebaut, indem sie Anlegern Produkte offerieren, die es erlauben, mit kleinen Einsätzen große Marktbewegungen zu hebeln. Damit schaffen sie hohe Umsätze, gehen jedoch auch das Risiko ein, dass bei Marktverwerfungen die Reputation des Emittenten leidet, da Privatanleger oftmals erhebliche Verluste erleiden.

Das Gegenstück zu dieser risikofreudigen Positionierung findet sich bei den klassischen deutschen Instituten. Die DZ BANK ist Marktführer bei Anlageprodukten und erreicht hier einen Anteil von 19 Prozent. Besonders bei Discount- und Express-Zertifikaten sowie bei Aktienanleihen zeigt sie ihre Stärke. Diese Produkte bergen zwar ebenfalls Risiken, bieten Anlegern aber im Vergleich zu Knock-outs oder klassischen Optionsscheinen eine kalkulierbarere Chance-Risiko-Struktur. Auch die LBBW und die Deutsche Bank treten eher konservativ auf. Mit über 25 Prozent beziehungsweise 26 Prozent Marktanteil im Bereich der Anlageprodukte mit Kapitalschutz adressieren sie gezielt Anleger, die weniger an spekulativen Gewinnen interessiert sind, sondern einen soliden Kapitalschutz bevorzugen.

Die Analyse der Marktanteile verdeutlicht, dass sich das Verhalten der Emittenten klar nach Risikoneigung differenziert. Internationale Investmentbanken wie HSBC, Goldman Sachs, Morgan Stanley und UniCredit dominieren das Segment der hochriskanten Produkte. Sie schöpfen in einem Umfeld, das von spekulativ orientierten Anlegern geprägt ist, besonders hohe Umsätze ab. Demgegenüber agieren deutsche Institute wie DZ BANK, LBBW und DekaBank stärker im konservativen Bereich und positionieren sich als Anbieter für sicherheitsorientierte Kunden. Eine Zwischenstellung nehmen Banken wie Société Générale, BNP Paribas und Vontobel ein, die sowohl in den risikoreicheren als auch in den sichereren Segmenten nennenswerte Marktanteile halten und damit ein ausgewogeneres Geschäftsmodell verfolgen.

Auffällig ist, dass die risikofreudigen Häuser mit ihrer Strategie zwar hohe Marktanteile im spekulativen Geschäft gewinnen, jedoch auch einer stärkeren öffentlichen Kritik ausgesetzt sind. Denn die Vermarktung von Produkten mit hohem Verlustpotenzial wirft stets die Frage auf, ob Banken die Verantwortung gegenüber ihren Kunden ausreichend wahrnehmen. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass gerade internationale Investmentbanken durch ihre globale Präsenz und ihre Produktpalette in der Lage sind, risikofreudige Anlegergruppen gezielt zu bedienen, während deutsche Institute traditionell stärker den sicherheitsorientierten Teil des Marktes abdecken.

Die Frage, welche Emittenten sich als besonders risikofreudig erweisen, lässt sich damit klar beantworten. HSBC, Goldman Sachs, Morgan Stanley und UniCredit stehen im Zentrum der hochriskanten Produktsegmente und setzen auf das Geschäft mit Knock-outs, Faktor-Zertifikaten und Optionsscheinen. Die DZ BANK und andere deutsche Häuser suchen hingegen ihre Stärke in den konservativeren Produktkategorien, während französische und schweizerische Anbieter wie Société Générale, BNP Paribas und Vontobel eine Balance zwischen beiden Welten anstreben. Damit ist der Markt für strukturierte Wertpapiere in Deutschland nicht homogen, sondern spiegelt die sehr unterschiedlichen Strategien und Risikoneigungen der beteiligten Banken wider.

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