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Zweite Konferenz für Finanztechnologie

Von Dr. Oliver Everling | 20.September 2016

Am 14. September 2016 fand im House of Finance der Goethe-Universität Frankfurt am Main die 2. Konferenz für Finanztechnologie statt. Während sich bei der ersten Konferenz die traditionellen Finanzdienstleister (Banken und Versicherungen) und die technologiegetriebenen Finanzdienstleister (FinTechs) noch recht fremd gegenüberstanden, berichtet Dr. Ingo Natusch aus der Konferenz, hat mittlerweile eine (erste) Annäherung stattgefunden. Deutlicher Beleg hierfür ist die Internetseite paymentandbanking.com zur Zusammenarbeit von FinTechs und Banken in Deutschland, die in mehreren Vorträgen erwähnt wurde.

Ebenso wurde die (deutliche) Aussage von BaFin-Chef Huffeld zum Thema FinTechs aus regulatorischer Sicht mehrmals herangezogen: „Gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regeln.“ Der Informationsbedarf ist auf beiden Seiten nach wie vor sehr hoch. Die zweite Konferenz deckte daher ein breites Themenspektrum ab. Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung in das Thema durch Herrn Prof. Bühl gab Herr Prof. Hackerthal (beide Goethe-Universität Frankfurt) einen Überblick über den anlaufenden digitalen Strukturwandel in der deutschen Finanzdienstleistungsbranche, die derzeit im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften (noch) im Mittelfeld positioniert ist. Wenngleich noch große Unsicherheit darüber herrscht, welches konkrete Geschäftsmodell sich durchsetzen wird und welche Unternehmen sich zu den wesentlichen Playern in der digitalisierten Finanzdienstleistungsbranche entwickeln werden, so herrscht doch Einigkeit über die hohe Bedeutung der strategischen Positionierung. Herr Peeters, ING-DiBa AG, zeigte in seinem Vortrag auf, dass „Direktbank“ nicht automatisch „Digitalbank“ bedeutet und beim Digitalbanking das Phänomen „hybrider Kunde“ zu beachten ist. Viele Kunden akzeptieren zwar eine Auswertung ihrer Daten (z.B. bei der Nutzung von Amazon, Google etc.), lehnen dies jedoch bei ihren Finanztransaktionen strikt ab. Dies hat die ING-DiBa vor einigen Jahren leidvoll erfahren müssen.

Danach berichtete Herr Weßling, Allianz Lebensversicherungs-AG, von den besonderen Herausforderungen bei einem „Tanker“ wie der Allianz Lebensversicherungs-AG digitale Informations- und Beratungsangebote zu entwickeln. In der anschließend intensiv geführten Podiumsdiskussion wurden regulatorische Aspekte bei traditionellen Finanzdienstleistern und FinTechs diskutiert. Dabei kristallisierte sich Folgendes heraus: Viele Versicherungen haben den digitalen Strukturwandel etwas später aufgenommen als die Banken. Viele FinTechs haben sich bewusst Nischen/Grauzonen gesucht, um (noch) nicht von bestimmten regulatorischen Vorschriften (z.B. der Prospektpflicht) erfasst zu werden. FinTechs bringen mit ihrem „try and error-Ansatz“ eine bislang ungewohnte Veränderungsdynamik in die Finanzdienstleistungsbranche.

Danach teilten sich die 130 Konferenzteilnehmer zu nahezu gleichen Anteilen auf drei Sessions auf. In der Session „Finanzierung“ wurden Online-Kreditvergabeplattformen, Crowdinvesting, B2B-Fintech, Digitalisierung der Unternehmensfinanzierung und digitalisierter Konsumentenkredit vorgestellt. Auch hier wurde nochmals deutlich, dass die deutsche Finanzdienstleistungsbranche nunmehr Produkte/Dienstleistungen entwickelt, die in anderen Volkswirtschaften bereits deutlich größere Relevanz erlangt haben. Eine besondere Herausforderung besteht darin, für das neue Produkt/die neue Dienstleistung die jeweilige Rolle im Finanzierungsmix des Kunden zu finden.

Schwerpunkte bei der Session „Versicherung“ waren der digitalisierte Versicherungsvertrieb, die Entwicklung neuer Benchmarks, der Einsatz von Robo-Advisory sowie die Anforderungen an die IT. Schließlich möchten sich immer mehr Kunden nicht nur online über Versicherungen informieren, sondern auch Verträge abschließen und das Thema Finanzen online tageszeitabhängig über verschiedene Medien (Smartphone vormittags, PC tagsüber und Tablets abends) mit hoher „Convenience“ aktiv managen.

Die dritte Session war der Geldanlage gewidmet, d.h. den Erfolgsfaktoren von FinTechs, der digitalisierten Vermögensverwaltung und der Nutzung von Robo Advisory. Hier wurden insbesondere Erfolgsfaktoren bei der Kooperation von Banken und FinTechs herausgearbeitet. Hier gilt es, die alten (z.B. Marke, langjährige Erfahrung mit der Regulatorik, Vertrauen der Kunden) und neuen Stärken (technologische Kompetenz) von Banken und FinTechs dem Kundenbedarf entsprechend miteinander zu kombinieren.

In der abschließenden Podiumsdiskussion wurden Reifegrad und Kooperationschancen in den verschiedenen Geschäftsfeldern diskutiert. Einigkeit herrschte darüber, dass Banken und Versicherungen derzeit vor einem gravierenden Wandel stehen und die Finanzdienstleistungsbranche in 10 bis 15 Jahren ganz anders aussehen wird als heute. Wie der Weg dahin aussehen wird, ist noch unklar. Die besondere Herausforderung liegt für die Finanzdienstleister darin, bei der Entwicklung von digitalen Lösungen auch stets deren Risiken ausreichend zu berücksichtigen. Hieraus resultieren auch neue Anforderungen an die (interne und externe) Aufsicht. Insofern werden wohl genug Themen für die dritte Konferenz zur Finanztechnologie bleiben.

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